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Das Wort Huld hat seinen Ursprung im althochdeutschen huldi verwandt mit dem altenglischen hylda und dem altislandischen hylli 1 Bei dem Nomen Huld handelt es sich um ein Adjektiv Abstraktum zu hold Im Mittelhochdeutschen wurde es verwendet in der Bedeutung von Geneigtheit Wohlwollen Ergebenheit Treue Die Verben huldic machen und hulden wurden mit Dativerganzung benutzt und bedeuten jemandem treu ergeben sein und geneigt machen 2 Der Begriff Huld ist von seinem Ursprung her ein Wort des Rechts und entstammt dem germanischen Gefolgschaftswesen mit seinem Gedanken der Gegenseitigkeit von wohlwollender Geneigtheit und Leistung auf der einen Seite und von Ergebenheit und Zuverlassigkeit auf der anderen Seite Mit den ersten Ubersetzungen der Bibel und der Homilien wandert das Wort Huld in die religiosen Texte und wird ein Wort der kirchlichen Sprache So wird es sowohl im religiosen als auch im historischen Kontext benutzt Inhaltsverzeichnis 1 Huld in der Bibel 2 Huld in Kultur und Politik des Mittelalters 2 1 Die Bedeutung von Gottes Huld fur den Menschen des Mittelalters 2 2 Die Huldigung als juristischer Akt 2 3 Huldverweigerung Huldverlust und Wiedergewinnung von Huld 3 Literatur 4 Weblinks 5 AnmerkungenHuld in der Bibel BearbeitenDer Begriff Huld kommt in der Bibel im Alten Testament Tanach vor besonders haufig im Buch der Psalmen hebraisch ס פ ר ת ה ל ים sefaer tehillim 3 Mit dem Wort Huld wird das ubersetzt was im Lateinischen in der Vulgata mit misericordia bezeichnet wird In der hebraischen Ubersetzung der Psalmen findet man das Wort chesed ח ס ד Chesed ist ein Kernbegriff biblischer Ethik und beschreibt eine Haltung von Gute Barmherzigkeit und Liebe die immer mit einem Tun verbunden ist Erweist jemand einer anderen Person chesed so tut er oder sie mehr als das wozu man verpflichtet ware 4 Ein Beispiel findet sich im Buch Rut wo Rut und ihre Schwagerin Orpa ihren verstorbenen Mannern und ihrer Schwiegermutter Noomi chesed erwiesen haben und so wunscht ihnen Noomi Gott moge ihnen ebenso chesed erweisen Rut 1 8 EU 5 Grundlegend ist die Wechselseitigkeit der Beziehung der chesed Erweisenden und Empfangenden Gottes chesed gilt als eine seiner grundlegenden Eigenschaften sie ist die absolute und uneingeschrankte Gute des Ewigen 6 Chesed steht fur die liebevolle umsichtige und nachsichtige Treue zu Menschen und zum Volk Israel Mit chesed erweist Gott den Menschen seine Huld seine Zuwendung seinen Beistand und Schutz seine gutige und heilvolle Fuhrung ihres menschlichen Lebens So ist die Erde erfullt von der Huld des Herrn Ps 33 5 7 Wie Gott hat auch seine Huld kein Ende sie besteht fur immer und ewig Ps 89 3 Immer wieder bitten Menschen um die Huld Gottes Lass mich deine Huld erfahren am fruhen Morgen Ps 143 8 in deiner grossen Huld lass mich leben Ps 119 88 und hoffen damit auf die Zuwendung Gottes Mein huldreicher Gott kommt mir entgegen Ps 59 11 Im Gegenzug bringen die Menschen Gott ihr Vertrauen entgegen ihre Gottesfurcht denn ich vertraue auf dich Ps 143 8 und seine Huld ist uber denen die ihn furchten Ps 103 11 vgl auch Ps 147 11 So fuhlen sich die Menschen geborgen beschutzt sicher und Sie alle sollen dem Herrn danken fur seine Huld Ps 107 15 Der Psalm 136 wiederholt immer wieder Danket dem Herrn denn er ist gutig denn seine Huld wahrt ewig so dass der Psalmist im Gegenzug sagt Von den Taten deiner Huld Herr will ich ewig singen Ps 89 2 Haufig wird chesed zusammen mit dem Wort א מ ת amaet Ex 34 6 EU und in den Psalmen mit א מו נ ה amunah Ps 36 6 Ps 89 25 verwendet so ergibt sich hier wie auch in anderssprachigen Ubersetzungen ein festes Wortpaar von Gottes unverbruchlicher Huld und Treue zum Beispiel ח ס ד ו א מ ת ḥaesaed wae amaet 8 Huld in Kultur und Politik des Mittelalters BearbeitenDie Bedeutung von Gottes Huld fur den Menschen des Mittelalters Bearbeiten Den meisten ist das Lied des Dichters Walther von der Vogelweide Der Wahlstreit von 1198 bekannt wegen seiner Anfangszeilen die ihn nachdenklich auf einem Stein sitzend beschreiben so wie ihn auch eine Abbildung der Manesseschen Handschrift zeigt Im Wesentlichen geht es in diesem Text aber um nichts weniger als um wie man zer welte solte leben wie man sein Leben leben sollte Drei Dinge sind dem Dichter im Leben essentiell ere varnde guot und gotes hulde Ehre zeitliches Gut und Gottes Huld wobei letztere die ersten beiden in der Bedeutung noch ubertreffen wurde 9 Die Huldigung als juristischer Akt Bearbeiten Huld ist ein Zentralbegriff der mittelalterlichen Herrschafts und Lebensordnungen ein Wort des Rechts das aus dem germanischen Gefolgschaftswesen stammt In merowingischer und frankischer Zeit leisteten die Untertanen bei der Huldigung dem Landesherrn gegenuber einen Treueid Solche Treueversprechen wurden vom jeweiligen Landesherrn eingeholt indem er durch das Land ritt um in Dorfern und Stadten die Huldigung seiner Untertanen entgegenzunehmen Dies wurde per Handschlag oder durch die Unterzeichnung einer Huldigungsakte vollzogen Durch die Huldigung versicherten die Untergebenen dem Herrscher gegenuber Loyalitat und Treue Er wiederum sagte den Menschen ihren Dorfern und Stadten Schutz und die Einhaltung und Sicherung ihrer Privilegien und Freiheiten zu So beinhaltet der Begriff Huld eine wechselseitige Verpflichtung Starb ein Landesherr wurde seinem Nachfolger erneut gehuldigt und damit die bestehenden gegenseitigen Verpflichtungen bestatigt und das Treueverhaltnis bekraftigt Ein Beispiel fur eine solche feierlich vollzogene Erbhuldigung ist in der Geschichte der Stadt Hachenburg im Westerwald beschrieben als nach dem Tod von Burggraf Georg Friedrich Burggraf Wilhelm Ludwig am 15 August 1749 den Huldigungseid von 122 Burgern der Stadt in Form eines Handgelobnisses entgegennahm 10 Ergaben sich infolge von Heiraten oder aufgrund gewonnener Kriege neue Herrschaftsverhaltnisse so musste dem jeweils neuen Herrscher gehuldigt werden So haben in der Stadt Pavia die Grossen Italiens 876 Kaiser Karl dem Kahlen und 951 der ostfrankisch deutsche Konig Otto I gehuldigt Vor allem aus der Geschichte der reichsfreien Stadte sind Huldigungen bekannt Als die Kaiser im 14 Jahrhundert wiederholt ihre Stadte verpfandeten um ihre Schulden zu begleichen mussten die Vertreter der Stadte immer wieder dem jeweils neuen Herrn huldigen so die rheinhessischen Stadte Ingelheim und Oppenheim gegenuber dem Erzbischof von Speyer die Stadt Kaiserslautern gegenuber dem Erzbischof von Trier Alle drei Stadte gingen spater an den Pfalzgrafen zu Rhein Wie er erweiterten auch andere pfandnehmende Reichsfursten durch diese Massnahmen ihr Territorium die Stadte wurden vom Kaiser nicht mehr ausgelost Weitere Huldigungen gab es dann in Form von Erbhuldigungen In der Beziehung zwischen einzelnen Personen beinhaltet Huld den Gedanken der Gegenseitigkeit von Verpflichtungen und Leistungen Es bezeichnet einerseits die wohlwollende Gesinnung des Gefolgsherrn gegenuber dem Gefolgsmann zum anderen die treue Ergebenheit des Gefolgsmannes gegenuber seinem Gefolgsherrn die sich zeigt in Gehorsam und Zuverlassigkeit Der Hulderweis wurde im Mittelalter unter anderem durch Geschenke die ehrenvolle Hervorhebung und Bevorzugung in aller Offentlichkeit und das vertrauliche Gesprach ausgedruckt Das vertraulich huldvolle Gesprach eroffnete die Chance fur die Einflussnahme auf eine herrscherliche Entscheidung und war ein besonderer Hulderweis Die auffallige Sonderbehandlung beim Hulderweis konnte bei anderen Grossen mindestens invidia erzeugen Huldverweigerung Huldverlust und Wiedergewinnung von Huld Bearbeiten Wer die Macht eines anderen nicht anerkennen wollte verweigerte die Huldigung So weigerte sich 937 Bayernherzog Eberhard Kaiser Otto zu huldigen unterlag dann aber in zwei Feldzugen und verlor sein Herzogtum Ottokar von Bohmen verweigerte 1273 die Huldigung gegenuber dem neu gewahlten Rudolf von Habsburg und erkannte damit dessen Wahl zum Kaiser nicht an Der wiederum forderte daraufhin die Ruckgabe aller angeeigneten Reichsterritorien und verhangte die Reichsacht uber Ottokar Auch die Stadte waren haufig mit einem neuen Landesherrn nicht einverstanden So versuchte 1742 der Pfalzgraf zu Rhein die Herrschaft uber die Stadt Hachenburg an sich zu reissen und die Huldigung der Stadt zu erzwingen Die Burger widersetzten sich dieser Machtubernahme erfolgreich indem sie die Huldigung verweigerten 11 Verpfandete reichsfreie Stadte konnten sich der Huldigung gegenuber neuen Besitzern nicht versagen man haderte aber damit So musste Kaiser Ludwig 1340 die Kaiserslauterer Burger erneut auffordern Erzbischof Balduin zu huldigen und den durch Balduin eingesetzten Amtmann anzuerkennen 12 Huldverlust konnte nur dort eintreten wo zuvor Huld geherrscht hatte Es betraf somit nur Personenkreise die zuvor herrschaftlich freundschaftlich oder verwandtschaftlich miteinander verbunden waren 13 Zum Verlust der Huld war kein formliches Gerichtsverfahren notwendig Der Huldverlust konnte zugleich zum Verlust der Amter Lehen oder sogar aller Guter fuhren Der Verlust der Huld grenzte aus und machte ein Zusammengehen in einer Gruppe in der gegenseitige Huld herrschte unmoglich Das Verbleiben oder Erscheinen in der Nahe des Herrn wurde schwierig Der Konig oder Herr ubersah ihn oder redete nicht mit ihm Weitere Kontakte mit dem in Ungnade Gefallenen konnten als Affront gegenuber den Herren gewertet werden Allerdings blieb der beabsichtigte Effekt der Isolierung oft genug wirkungslos da sich genug Verwandte und Freunde fur den vom Huldverlust betroffenen verwendeten Jedoch wurde das Verbleiben in der Nahe des Herrn schwierig Zahlreiche Beispiele vom 10 bis zum 12 Jahrhundert zeigen dass verlorene Huld nur wiederzuerlangen war durch einen demonstrativen Akt der dem Herrscher in aller Offentlichkeit Genugtuung fur die zuvor erlittene Beleidigung verschaffte 14 Bei Huldverlust wurde die direkte Begegnung vermieden und indirekt uber Vermittler oder weisungsgebundene Unterhandler miteinander kommuniziert 15 Die Vermittler legten auch die angemessene Genugtuung die der Huldsuchende zu leisten hatte fest Die Wiederaufnahme der Huld konnte sich in einem demonstrativen Akt der offentlichen bedingungslosen Unterwerfung vollziehen Der vom Huldverlust Betroffene naherte sich dabei dem Konig barfuss und im Bussergewand in grosstmoglicher Offentlichkeit Mehrfach wird uberliefert dass der Huldsuchende seine bedingungslose Unterwerfung mit dem Satz ausdruckte Mache mit mir was du willst 16 Solche Akte vollzogen sich an kirchlichen Hochfesten beim Gang des Herrschers zum Gottesdienst und vor allem an feierlichen Anlassen wie etwa der Kronung oder Hochzeit des Herrschers In aller Regel erhielt der Unterworfene die Huld des Herrschers zuruck und wurde entweder sofort in Amt und Wurden wieder eingesetzt oder nach einer kurzen symbolischen Haft Allerdings musste der Huldsuchende materielle Einbussen hinnehmen Literatur BearbeitenGerd Althoff Huld Uberlegungen zu einem Zentralbegriff der mittelalterlichen Herrschaftsordnung In Fruhmittelalterliche Studien 25 1991 S 259 282 wieder in Gerd Althoff Spielregeln der Politik im Mittelalter Kommunikation in Frieden und Fehde Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1997 ISBN 3 534 12997 0 S 199 228 Karl Friedrich Krieger Huld Huldverlust In Lexikon des Mittelalters LexMA Band 5 Artemis amp Winkler Munchen Zurich 1991 ISBN 3 7608 8905 0 Sp 183 Bernhard Diestelkamp Hulde Huldeverlust In Handworterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte 2 vollig uberarb und erw Aufl II Berlin 2011 Sp 1155 1159 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Huld Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme UbersetzungenAnmerkungen Bearbeiten Duden Herkunftsworterbuch Etymologie der deutschen Sprache In Dudenredaktion Hrsg Duden 3 Auflage Band 7 Duden Verlag Mannheim u a S 348 Matthias Lexers Mittelhochdeutsches Taschenworterbuch 33 Auflage Stuttgart 1972 S 95 chasad Vorkommen in der Bibel In Elberfelder Bibelubersetzung Edition csv Abgerufen am 23 Februar 2021 Glossar Chesed Abgerufen am 23 Februar 2021 Glossar Chesed Abgerufen am 23 Februar 2021 Rabbinerin A Yael Deusel Glossar Chesed In Judische Allgemeine Abgerufen am 23 Februar 2021 Vinzenz Hamp Meinrad Stenzel Josef Kurzinger Die Heilige Schrift des Alten und Neuen Testamentes Aschaffenburg 1966 Siehe Psalmen S 644 721 Werner Urbanz Sachwort Treue In WiBiLex Deutsche Bibelgesellschaft August 2012 abgerufen am 23 Februar 2021 Walther von der Vogelweide Der Wahlstreit In Projekt Gutenberg Abgerufen am 23 Februar 2021 Huldigungen der Burger von Hachenburg Abgerufen am 23 Februar 2021 Huldigungen der Burger von Hachenburg In Regionalgeschichte net Abgerufen am 23 Februar 2021 Vinzenz Hamp Meinrad Stenzel Josef Kurzinger Die Heilige Schrift des Alten und Neuen Testamentes Aschaffenburg 1966 S 644 721 Gerd Althoff Huld Uberlegungen zu einem Zentralbegriff der mittelalterlichen Herrschaftsordnung In Spielregeln der Politik im Mittelalter Kommunikation in Frieden und Fehde Darmstadt 1997 S 199 228 hier S 205 Gerd Althoff Das Privileg der deditio Formen gutlicher Konfliktbeendigung in der mittelalterlichen Adelsgesellschaft In Ders Spielregeln der Politik im Mittelalter Kommunikation in Frieden und Fehde Darmstadt 1997 S 99 125 Gerd Althoff Huld Uberlegungen zu einem Zentralbegriff der mittelalterlichen Herrschaftsordnung In Ders Spielregeln der Politik im Mittelalter Kommunikation in Frieden und Fehde Darmstadt 1997 S 199 228 Gerd Althoff Das Privileg der deditio Formen gutlicher Konfliktbeendigung in der mittelalterlichen Adelsgesellschaft In Ders Spielregeln der Politik im Mittelalter Kommunikation in Frieden und Fehde Darmstadt 1997 S 99 125 Gerd Althoff Huld Uberlegungen zu einem Zentralbegriff der mittelalterlichen Herrschaftsordnung In Ders Spielregeln der Politik im Mittelalter Kommunikation in Frieden und Fehde Darmstadt 1997 S 199 228 Ausfuhrlich Hermann Kamp Friedensstifter und Vermittler im Mittelalter Darmstadt 2001 Vgl dazu die Quellenstellen bei Gerd Althoff Huld Uberlegungen zu einem Zentralbegriff der mittelalterlichen Herrschaftsordnung In Ders Spielregeln der Politik im Mittelalter Kommunikation in Frieden und Fehde Darmstadt 1997 S 199 228 hier S 212 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Huld amp oldid 229157894