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Hugo Iltis 11 April 1882 in Brunn Osterreich Ungarn 22 Juni 1952 in Fredericksburg Virginia war ein osterreichischer spater tschechoslowakischer Botaniker der als erster und uber Jahrzehnte massgeblicher Biograph Gregor Mendels und als Begrunder und langjahriger Leiter des Museum Mendelianum in Brunn hervortrat Eine gewisse Bedeutung erlangte er auch als Popularisierer der Rassenkunde und als Kritiker des Rassismus Hugo Iltis 1910 Inhaltsverzeichnis 1 Herkunft und Ausbildung 2 Wirken in Brunn 3 Emigration 4 Kritik 5 Werke 6 Literatur 7 EinzelnachweiseHerkunft und Ausbildung BearbeitenHugo Iltis entstammte einer alteingesessenen judischen Familie in Brunn in der Provinz Mahren des osterreich ungarischen Kaiserreichs Sein Vater Moritz Iltis war Arzt 1 Wahrend seiner Schulzeit stiess Hugo 1899 beim Lesen eines Brunner naturhistorischen Journals auf einen alten Forschungsartikel Gregor Mendels dessen Person fortan sein Leben beeinflusste Iltis studierte Botanik in Brunn Zurich und Prag 1 In Zurich war er Assistent von Arnold Dodel Port Am Prager Botanischen Institut machte er Versuche zum Wurzellangenwachstum von Wasserpflanzen welches nach seiner Feststellung bei Dunkelheit um das 1 5 bis 7 5 fache gegenuber Tageslicht beschleunigt war 2 Er promovierte dort 1903 bei Hans Molisch Wirken in Brunn Bearbeiten nbsp Enthullung des Mendel Denkmals im Jahre 1910 Iltis organisierte die Finanzierung des Denkmals Von 1905 bis 1938 war Iltis als Biologielehrer am Brunner Deutschen Gymnasium tatig Daneben lehrte er als Privatdozent fur Botanik und Genetik an der Deutschen Technischen Hochschule 1 Nach dem Ersten Weltkrieg grundete Iltis in Brunn nunmehr Tschechoslowakei das Museum Mendelianum fur das er erhebliche Mengen an Originaldokumenten Mendels in der Heimatstadt zusammenkaufte und das er bis 1938 leitete 3 1921 grundete er die Masaryk Volkshochschule die er ebenfalls bis 1938 leitete 1 Eine seiner Schulerinnen dort Anne Liebscher wurde seine Ehefrau Er gehorte auch dem Kuratorium der Deutschen Gesellschaft fur Wissenschaft und Kunst an die sich fur den Erhalt der deutschen Kultur in Brunn einsetzte nbsp Hugo Iltis in der Volkshochschule Brunn 1927 Vom 22 bis 24 September 1922 fand in Brunn eine Mendel Jahrhundertfeier statt die Iltis organisierte und fur die er eine Festschrift herausgab 4 1924 publizierte Iltis seine Biografie Gregor Johann Mendel die 1932 auch in englischer Ubersetzung erschien und lange Zeit als Standardwerk zu Mendel galt Neben der wissenschaftlichen Darstellung meint Iltis darin dass Mendel Rationalist gewesen sei und Priester nur wurde um ungestort forschen zu konnen Von 1927 bis 1938 gab er im Rahmen der Volkshochschule die Vierteljahresschrift Licht ins Volk heraus 1 Auch der Erwerb eines eigenen Gebaudes fur die Volkshochschule ging massgeblich auf Iltis Initiative zuruck und er warb auch einen Grossteil der finanziellen Mittel dafur ein Die damals noch wenig verbreitete Erwachsenenbildung war ihm als einem aktiven Sozialisten ein grosses Anliegen In ihr sah er die Grundlage fur die kunftige Errichtung einer sozialistischen Gesellschaft 1 Iltis war eng mit Paul Kammerer befreundet der aufgrund seiner Versuche am Beispiel der Geburtshelferkrote eine Erblichkeit erworbener Merkmale im Sinne Lamarcks nachzuweisen gegen den Darwinismus argumentierte Wegen dieser Beziehung zu Kammerer und wegen seiner judischen Herkunft wurde er 1929 von dem antisemitischen Neodarwinisten Fritz Lenz massiv angegriffen 5 Ab Mitte der 1920er Jahre befasste sich Iltis mit dem Thema Menschenrassen 1930 publizierte er seine Volkstumliche Rassenkunde die weit verbreitet wurde Darin vertrat er selbst eine Einteilung der Menschheit in funf Formenkreise vor allem aber warnte er vor den Gefahren der Rassenbiologie 6 Seit dem Ende des Krieges seien rassistische Irrlehren die fruher von Laien wie Arthur de Gobineau und Houston Stewart Chamberlain vertreten worden waren in Deutschland auch in die Wissenschaft vorgedrungen wo sie vor allem von Hans F K Gunther verbreitet wurden 7 Dessen Lehren bezeichnete Iltis als unwissenschaftlich und politisch gefahrlich 8 und er wollte ihnen eine neutrale und kritische Darstellung des Standes der Wissenschaft entgegenstellen 7 Seiner eigenen Beschreibung der Menschenrassen schickte Iltis die Bemerkung voraus dass fast jeder Autor die Abgrenzung der Rassen anders vornimmt und dass scharfe Grenzen zwischen den Rassen nicht vorhanden seien 9 Eine typologische Untergliederung hielt er jedoch fur sinnvoll Dabei unterschied er einen europaiden einen mongoloiden einen nigritischen und einen australoiden Formenkreis sowie die Zwergrassen Bei der weiteren Untergliederung des europaiden Formenkreises beschrieb er einen nordischen einen mediterranen einen alpinen einen dinarischen Typ und eine Ostrasse Das Postulat einer judischen Rasse bezeichnete er unter Berufung auf Felix von Luschan als uberholt 10 Bei den Juden handele es sich um eine Mischung mehrerer europaider Rassen wie sie auch fur viele andere Volker Europas kennzeichnend sei Vor allem jedoch aus der sogenannten vorderasiatischen und orientalischen Rasse Zweige der dinarischen und mediterranen Rasse die selbstverstandlich auch in anderen sowohl europaischen als auch asiatischen Kulturkreisen vorkommen Auch die auf Gobineau zuruckgehende These eine Vermischung von Rassen sei schadlich wies Iltis ab 11 Iltis gehorte zu den ersten Autoren die den Begriff des Rassismus pragten 12 Dabei fasst er diesen Begriff relativ weit Fur ihn gehorte auch der Kolonialismus und die imperialistische Aufteilung und Ausbeutung der Welt hinzu Sein Hauptwerk uber den Rassismus war das 1936 erschienene Buch Der Mythus von Blut und Rasse Iltis pladierte dafur den Rassenbegriff rein korperlich zu fassen 13 und schrieb allen grossen Rassen die Fahigkeit zu Hochkulturen zu entwickeln 14 Die von ihm konstatierte kulturelle Uberlegenheit der Europaer in heutiger Zeit fuhrte er unter anderem auf die grauenvolle Geschichte des Kolonialismus und Imperialismus zuruck die nach seiner Darstellung mit der Eroberung Amerikas begann Emigration BearbeitenMit Hilfe von Franz Boas den Albert Einstein nach der Okkupation Osterreichs durch Nazi Deutschland auf Iltis als einen hochgradig bedrohten Wissenschaftler aufmerksam gemacht hatte emigrierte dieser nach dem Munchener Abkommen 1938 uber das judische New Yorker Emergency Committee In Aid of Displaced Foreign Scholars in die USA 3 Boas konnte ihm zunachst nur eine unbezahlte Stelle an der Washington State University vermitteln da er ja hauptberuflich nur Gymnasiallehrer war und nicht selber experimentell forschte aber das ermoglichte Iltis kurz vor dem Uberfall Deutschlands auf die Tschechoslowakei mit seiner Frau den beiden Sohnen und dem Inventar des Mendel Museums in Sicherheit zu gelangen Schliesslich fand er am Mary Washington College in Fredericksburg eine feste Anstellung als Dozent fur Biologie 1 Dort richtete er auch wieder ein Mendel Museum ein in das er seine Sammlung aus Brunn einbrachte und als dessen Kuratorin seine Frau Anne Liebscher Iltis eingesetzt wurde Heute befinden sich Materialien aus Iltis Nachlass als Iltis Mendeliana Collection in den University of Illinois Archives 15 Iltis Sohne waren der Entomologe Fred Iltis 1923 2008 und der Botaniker Hugh Iltis 1925 2016 In Brunn wurde inzwischen ein Mendel Museum of Genetics neu eroffnet Kritik BearbeitenDer Soziologe Wulf D Hund bemangelt dass Iltis in seiner Kritik des Rassismus eine fatale Grenze gezogen habe indem er zugleich an einer nicht wertenden Rassenwissenschaft festhielt 16 Die damit verbundene Immunisierung der Rassentheorie habe der Rassismusanalyse eine Richtung gegeben die bis heute nachwirke Werke BearbeitenDissertation Uber den Einfluss von Licht und Dunkel auf das Langenwachstum der Adventivwurzel bei Wasserpflanzen In Berichte der Deutschen Botanischen Gesellschaft Bd 21 Nr 9 S 508 517 1903 Gregor Johann Mendel Leben Werk und Wirkung Herausgegeben mit Unterstutzung des Ministeriums fur Schulwesen und Volkskultur in Prag Julius Springer 1924 Life of Mendel Ubers von Eden Paul und Cedar Paul G Allen amp Unwin London 1932 Nachdruck 1966 Naturwissenschaft und Sozialismus Verlag der Wiener Volksbuchhandlung Wien 1925 Gregor Mendels Selbstbiographie In Genetica An International Journal of Genetics and Evolution vol 8 nos 3 4 pp 329 334 1926 Volkstumliche Rassenkunde Urania Verlag Jena 1930 Auszug online Rassenforschung und Rassenfrage In Der Kampf Sozialdemokratische Monatsschrift Wien Bd 24 S 220 225 1931 Der Mythus von Blut und Rasse Verlag Rudolf Harand Wien 1936 Gregor Mendel and His Work In Scientific Monthly vol 56 no 5 pp 414 423 1943 The Genes and Academician Lysenko In Journal of Heredity vol 41 no 6 1950 Race Genetics and Science Resisting Racism in the 1930s Masaryk University Press Brno 2017 Literatur BearbeitenL C Dunn Hugo Iltis 1882 1952 Science 117 S 3 f 1953 Wulf D Hund Die Befreiung der unterdruckten Rassen kann nur das Werk der unterdruckten Rassen selbst sein Marginalie zur Kritik des Rassismus durch Hugo Iltis in Das Argument 57 2015 4 5 314 S 493 502 Beitrag online Christian Stifter Der botanische Genetiker und Volksbildner Hugo Iltis 1882 1952 in Spurensuche 29 2020 S 202 209Einzelnachweise Bearbeiten a b c d e f g L C Dunn Hugo Iltis 1882 1952 Science 117 S 3 f 1953 Naturwissenschaftliche Rundschau 1904 Nr 14 XIX Jahrg S 179 a b Treasures of the American Philosophical Society Albert Einstein asks Franz Boas to help a colleague 2006 Die Festschrift zum Andenken an Gregor Mendel erschien in einem Band der Verhandlungen des Naturforschenden Vereines in Brunn Darin wurden zunachst drei Arbeiten Mendels Versuche uber Pflanzen Hybriden Ueber einige aus kunstlicher Befruchtung gewonnenen Hieracium Bastarde und Die Windhose vom 13 October 1870 original nachgedruckt worauf unmittelbar ein Artikel Kammerers folgte Weitere Beitrage der Festschrift stammten u a von Grossen wie Carl Fruwirth Erwin Baur Hermann Nilsson Ehle George Harrison Shull Tschermak Bateson und Punnett Veronika Lipphardt Das schwarze Schaf der Biowissenschaften In Dirk Rupnow amp al Hrsg Pseudowissenschaft Suhrkamp Frankfurt Main 2008 S 223 250 hier S 232 f Lipphardt S 233 f a b Iltis Volkstumliche Rassenkunde 1930 S 6 f Marius Turda Paul Weindling Blood And Homeland Central European University Press 2006 Iltis Volkstumliche Rassenkunde S 22 Iltis Volkstumliche Rassenkunde S 50 52 Iltis Volkstumliche Rassenkunde S 63 76 Wulf D Hund Die Befreiung der unterdruckten Rassen kann nur das Werk der unterdruckten Rassen selbst sein Marginalie zur Kritik des Rassismus durch Hugo Iltis in Das Argument 314 2015 S 493 502 online hier S 493 Volkstumliche Rassenkunde S 10 Hund S 495 http www library uiuc edu archives archon index php p collections controlcard amp id 3527 Hund S 393f Normdaten Person GND 11712950X lobid OGND AKS LCCN n87113358 NDL 00522847 VIAF 77085367 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Iltis HugoKURZBESCHREIBUNG US amerikanischer BotanikerGEBURTSDATUM 11 April 1882GEBURTSORT BrunnSTERBEDATUM 22 Juni 1952STERBEORT Fredericksburg Virginia USA Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hugo Iltis amp oldid 238666241