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Hermann Albert Cuhorst 22 Juli 1899 in Ellwangen 5 August 1991 in Kressbronn am Bodensee war Jurist und im nationalsozialistischen Deutschen Reich Vorsitzender des Sondergerichts in Stuttgart Hermann Cuhorst wahrend der Nurnberger Prozesse Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Richterliche Tatigkeit in der Zeit des Nationalsozialismus 3 Nachwirkung 4 Trivia 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseLeben BearbeitenCuhorst wuchs in Stuttgart auf wo sein Vater Hermann Cuhorst seit 1903 als Staatsanwalt tatig war 1 Er studierte Rechtswissenschaften in Tubingen und wurde 1919 Mitglied der Studentenverbindung A V Igel Tubingen aus der er 1950 austrat Von 1926 bis 1929 war Cuhorst im wurttembergischen Justizdienst tatig und fungierte anschliessend als Amtsrichter in Stuttgart Zum 1 Dezember 1930 trat er der NSDAP bei Mitgliedsnummer 376 214 2 war seit 1931 Kreisredner ab dem 1 Januar 1933 Gauredner 1933 erfolgte Cuhorsts Ernennung zum Oberregierungsrat im wurttembergischen Justizministerium Seit 1934 war er forderndes Mitglied der SS 3 Im selben Jahr wurde er zum Senatsprasident des Oberlandesgerichts Stuttgart befordert 3 Am 1 Oktober 1937 wurde ihm daruber hinaus die Leitung des im April 1933 eingerichteten Stuttgarter Sondergerichts ubertragen eine Institution die schon in der Weimarer Republik bestanden hatte seit 1931 aber erst im Dritten Reich einen signifikanten Anteil an der Rechtsprechung ubernahm Als Sondergerichtsvorsitzender leitete Cuhorst mehrere Prozesse gegen Mitglieder der Familie Scholl Nachdem er selbst schon langere Zeit um Ablosung von seinem Posten ersucht hatte wurde Cuhorst am 20 November 1944 wegen seiner z T unertraglich milden weit unter dem Reichsmassstab liegenden Urteile 4 durch den Reichsjustizminister seines Amtes enthoben und zur Wehrmacht einberufen Bis zum Kriegsende im April 1945 war er in Norwegen eingesetzt und kam dann in franzosische Kriegsgefangenschaft nach Mulsanne bei Le Mans 5 Aufgrund von Hinweisen des spateren Stuttgarter Oberburgermeisters Arnulf Klett 6 wurde er im November 1946 nach Nurnberg uberstellt und dort im Rahmen des Juristenprozesses angeklagt Am 4 Dezember 1947 wurde er in allen Anklagepunkten freigesprochen und erhielt freies Geleit in die franzosische Besatzungszone Daraufhin drohte der Minister fur politische Befreiung des Landesteils Wurttemberg Baden Gottlob Kamm von seinem Amt zuruckzutreten 7 die Mitglieder verschiedener Spruchkammern und die Angestellten des Befreiungsministeriums traten in Streik 8 Wenige Tage spater wurde Cuhorst erneut verhaftet und ins Internierungslager Ludwigsburg verbracht Im Entnazifizierungsverfahren im Oktober 1948 stufte ihn die Spruchkammer V von Stuttgart Bad Cannstatt in die Gruppe der Hauptschuldigen ein und verurteilte ihn zu vier Jahren und drei Monaten Arbeitslager weitgehender Vermogenseinziehung und eingeschrankter Berufsausubung Cuhorst ging vor der Zentral Berufungskammer von Nordwurttemberg in Revision Diese bestatigte nicht nur das Urteil sondern verlangerte seine Haftstrafe auf sechs Jahre von denen er jedoch unter Anrechnung der Dauer von Kriegsgefangenschaft und Untersuchungshaft nur funfeinhalb verbussen musste Er wurde am 20 Dezember 1950 vorzeitig entlassen 20 Jahre lang bemuhte sich Cuhorst um eine Revision der Folgen des Spruchkammerurteils Er stellte insgesamt sieben Gnadenantrage und klagte bis in die 1960er Jahre um Versorgungsbezuge Ein Gnadenerweis wurde vom baden wurttembergischen Ministerrat am 21 Mai 1968 endgultig verworfen und er erhielt nur eine Berufsunfahigkeitsrente Stefan Baur zufolge ist es Cuhorst nicht in erster Linie um Materielles gegangen er wollte die formelle Schuldzuweisung beendet wissen Von 1933 bis 1945 war Cuhorst Vorsitzender der Sektion Schwaben des Deutschen Alpenvereins Richterliche Tatigkeit in der Zeit des Nationalsozialismus BearbeitenCuhorsts richterliche Tatigkeit wahrend der NS Zeit wird kontrovers beurteilt Jungere journalistische Arbeiten kommen teilweise zu sehr kritischen Ergebnissen Er stand Freisler bei seinem verbrecherischen Tun in nichts nach 9 Geschichtswissenschaftliche und unmittelbar zeitgenossische Urteile fallen deutlich zuruckhaltender aus Da die Verfahrensakten der Stuttgarter Gerichte 1944 im Bombenkrieg verbrannt sind existieren nur noch relativ wenige Prozessunterlagen und Urteile Als Kritikpunkte werden haufig die geringe Verfahrensdauer Behinderung der Verteidigung sowie unangemessene verbale Ausserungen genannt Gerichtsassessoren und Nachbarn berichteten wie Cuhorst sie mit den Worten Voila meine Herren auf zur Schlachtbank oder Na heute haben wir drei Falle das muss mindestens zwei Kopfe geben zur Verhandlung rief 10 Unklar ist jedoch die Anzahl solcher Ausserungen ebenso wie die Frage ob Cuhorst sie auch offentlich oder im Gerichtssaal abgegeben hat 11 Ferner wird der Vorwurf des Positivismus erhoben da er das damals geltende Recht anstandslos zur Anwendung gebracht habe Von 2600 vor dem Stuttgarter Sondergericht insgesamt verhandelten Fallen fielen ca 1200 unter Cuhorsts Vorsitz von den ca 200 Todesurteilen werden Cuhorst zwischen 120 12 und 50 zugeschrieben 13 Davon bezogen sich jedoch in sieben Jahren nur sieben auf politische Tatbestande die ubrigen auf allgemeine Kriminalitat 14 Auf der anderen Seite werden Cuhorsts personliche Integritat 15 hervorgehoben sein Beharren auf der richterlichen Unabhangigkeit 16 z B bestrafte er korrupte NS Funktionare besonders hart 17 und sein Bemuhen zu einer objektiven Aufklarung der Sachverhalte zu gelangen 18 Baur betont die relative Milde und Massigkeit von Cuhorsts Strafzumessungen 19 Die Grunde fur Cuhorsts im Vergleich zu anderen Sonderrichtern relativ harte Bestrafung durch die Spruchkammer seien mehr in seinem personlichen Verhalten und seiner Verhasstheit und nicht in den konkreten Urteilen zu suchen was der Aufarbeitung der NS Justiz nach 1945 freilich kein gutes Zeugnis ausstellt 20 Cuhorst war Vorsitzender in drei Gerichtsverfahren gegen Mitglieder der Familie Scholl 1938 gegen Hans Scholl 1942 gegen dessen Vater Robert Scholl und 1943 gegen das Ehepaar Robert und Magdalene Scholl sowie Tochter Inge Magdalene Scholl bescheinigte Cuhorst nach dem Krieg korrekte Verhandlungsfuhrung 21 Als Hans Scholl angeklagt war sich an Schutzbefohlenen vergangen zu haben beschrieb Magdalene Scholl Cuhorsts Umgang mit ihrem Sohn als lieb und kameradschaftlich sowie sehr zartfuhlend 22 Ein fundierter Vergleich der Urteilspraxis des Stuttgarter Sondergerichts mit derjenigen anderer zeitgenossischer Gerichte des In und Auslandes steht noch aus Nachwirkung BearbeitenDie Handlung des US amerikanischen Spielfilms Das Urteil von Nurnberg Originaltitel Judgment at Nuremberg aus dem Jahre 1961 lehnt sich an den Nurnberger Juristenprozess an Hermann Cuhorst durfte dabei als Vorbild fur den angeklagten Stuttgarter Richter Friedrich Hofstetter gedient haben 23 Nach Angaben des Herausgebers der aktuellen Ausgabe war Cuhorst reales Vorbild fur den Staatsanwalt Dr Frey in dem Roman Das Schafott 1979 von Curt Letsche Trivia BearbeitenBei der Zusammenlegung der Gemeinden Hemigkofen und Nonnenbach im Jahre 1934 erhielt die Gesamtgemeinde auf Cuhorsts Initiative hin den Namen Kressbronn 24 Literatur BearbeitenStefan Baur Rechtsprechung im nationalsozialistischen Geist Hermann Albert Cuhorst Senatsprasident und Vorsitzender des Sondergerichts Stuttgart In Michael Kissener Joachim Scholtyseck Hrsg Die Fuhrer der Provinz NS Biographien aus Baden und Wurttemberg Universitatsverlag Konstanz Konstanz 1997 ISBN 3 87940 566 2 Karlsruher Beitrage zur Geschichte des Nationalsozialismus 2 S 111 142 Fritz Endemann Hermann Cuhorst und andere Sonderrichter Justiz des Terrors und der Ausmerzung In Hermann G Abmayer Hrsg Stuttgarter NS Tater Vom Mitlaufer bis zum Massenmorder Schmetterling Verlag Stuttgart 2 Auflage 2009 ISBN 978 3 89657 136 6 S 332 345 Wolfgang Proske Blutrichter schlimmster Sorte Hermann Cuhorst in Wolfgang Proske Hrsg NS Belastete von der Ostalb Tater Helfer Trittbrettfahrer Band 1 2 durchgesehene Auflage Kugelberg Gerstetten 2016 ISBN 978 3 945893 05 0 S 53 58 Lizenzausgabe Weblinks BearbeitenVor dem Gerichtssaal Voila meine Herren auf zur Schlachtbank Landesarchiv Baden Wurttemberg Peter Poguntke Hermann Cuhorst 1899 1991 publiziert am 24 August 2020 in Stadtarchiv Stuttgart Digitales Stadtlexikon Einzelnachweise Bearbeiten Baur S 113f Bundesarchiv R 9361 IX KARTEI 5601327 a b Ernst Klee Das Personenlexikon zum Dritten Reich Wer war was vor und nach 1945 Fischer Taschenbuch Verlag Zweite aktualisierte Auflage Frankfurt am Main 2005 S 98 Herrmann Ulrich Vom HJ Fuhrer zur Weissen Rose Weinheim und Basel Beltz 2012 S 83 Baur S 132f Volkmar von Zuhlsdorf Ein Trummerdenkmal fur Klett In Die Zeit Nr 14 1954 S 2 Der befreite Minister In Der Spiegel Nr 6 1948 S 7 online Benigna Schonhagen Auf meine Herren zur Schlachtbank Das Stuttgarter Sondergericht unter Hermann Cuhorst In M P Miller Hrsg Stuttgart im Zweiten Weltkrieg Katalog zur Ausstellung vom 1 September 1989 bis zum 22 Juli 1990 Gierlingen 1990 S 227 Sindelfinger Zeitung 11 Marz 2005 Stuttgarter Zeitung 18 Juli 2005 Baur S 120f Fritz Endemann Hermann Cuhorst und andere Sonderrichter In Hermann G Abmayr Hrsg Stuttgarter NS Tater Stuttgart 2009 S 340 Formen des Widerstands im Sudwesten 1933 1945 Hrsg von der Landeszentrale fur politische Bildung Baden Wurttemberg Ulm 1994 S 257 Munzinger Archiv Internationales Biographisches Archiv 30 49 Schwabische Zeitung 20 Dezember 1947 Paul Sauer Wurttemberg zur Zeit des Nationalsozialismus Suddeutsche Verlagsgesellschaft Ulm 1975 S 323 Baur S 126f Baur S 131 Baur S 130f Baur S 126 Baur S 125f Armin Ziegler Es ging um Freiheit Die Geschichte der Widerstandsgruppe Weisse Rose Schonaich 2005 Sonke Zankel Mit Flugblattern gegen Hitler Koln Weimar Wien Bohlau 2008 S 56 siehe auch S 53 Francisco Munoz Conde Marta Munoz Aunion Das Urteil von Nurnberg Juristischer und filmwissenschaftlicher Kommentar zum Film von Stanley Kramer 1961 Juristische Zeitgeschichte Abt 6 Band 21 Berliner Wissenschafts Verlag Berlin 2006 S 10 Elmar L Kuhn Von Hemigkofen und Nonnenbach zur Gemeinde Kressbronn In Kressbronner Jahrbuch 2001 S 34 39 http elmarlkuhn de aufsaetze im volltext bodenseekreis von hemigkofen u nonnenbach zur gemeinde kressbronn namenspolitik eines blutrichters und werftdirektors Normdaten Person GND 142111740 lobid OGND AKS VIAF 244379799 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Cuhorst HermannALTERNATIVNAMEN Cuhorst Hermann Albert vollstandiger Name KURZBESCHREIBUNG deutscher JuristGEBURTSDATUM 22 Juli 1899GEBURTSORT EllwangenSTERBEDATUM 5 August 1991STERBEORT Kressbronn am Bodensee Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hermann Cuhorst amp oldid 238218539