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Heinrich Hossli 6 August 1784 in Glarus 24 Dezember 1864 in Winterthur auch Hossli oder Hosli geschrieben war ein Schweizer Putzmacher Tuchhandler und Schriftsteller Er schrieb mit Eros Die Mannerliebe der Griechen die erste wichtige Verteidigung der Homosexualitat Der junge Heinrich Hossli zu Beginn des 19 JahrhundertsInhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Der Eros 3 Sohne 4 Tod und Nachwirken 5 Werke 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseLeben BearbeitenHossli wurde als erstes von 14 Kindern des Hutmachers Hans Jakob Hossli 1758 1846 und dessen Ehefrau Margreth Vogel 1757 1831 geboren Er erlernte das Handwerk seines Vaters in Bern 1 Zuruck in Glarus konzentrierte er sich auf die Produktion modischer Damen und Herrenhute und begann den Handel mit Stoffen fur Damenkleider Er war stets Neuem gegenuber offen und laut Ferdinand Karsch besass er einen ausgebildeten weiblichen Geschmack den so genannten Schick Fur seine Damenhute und Dekorationen war er weithin bekannt und die Geschafte liefen so gut dass er Immobilien erwerben und ein ansehnliches Kapital ansparen konnte 1811 heiratete er die Haushaltsgehilfin Elisabeth Grebel Mit ihr hatte er zwei Sohne die spater beide in die Vereinigten Staaten auswanderten Seine Gattin von der er fast zeitlebens getrennt lebte wohnte in einer Zurcher Wohnung wo auch die Sohne aufwuchsen und Heinrich sie oft besuchte Hossli blieb dagegen in Glarus und entwickelte sich zu einem Eigenbrotler und Sonderling der bekannt war fur sein ungepflegtes Aussehen seine narrische Liebe zu Brillen und seine freimutigen kirchenkritischen Kommentare Von Berufung her war er liberaler Freigeist und Buchernarr Seinen Lesehunger stillte er in damals mannerbundischen Lesegesellschaften und er suchte Freundschaften zu Pfarrern und Lehrern Grossen Respekt hatte er vor Akademikern die Latein und Griechisch Philosophie oder Theologie studiert hatten Hossli wurde zum Anhanger einer Naturphilosophie die keine Vorurteile kennt und sich unter anderem aus Ideen von Troxler Schelling und viel Platon zusammensetzt Manchmal am Abend sah sich der Autodidakt spater selbst als Filosof Ob Hossli selbst homosexuell war ist nicht bekannt 2 Der Eros Bearbeiten nbsp Heinrich Hossli gezeichnet Caspar Muller in den spaten 1830er JahrenAm 30 September 1817 wurde der Rechtsanwalt Franz Desgouttes als einer der letzten Menschen in Europa nach Strangulierung geradert Ursache war sein Mord an seinem Schreiber und Freund aufgrund unerfullter Leidenschaft Die Leidensgeschichte Desgouttes beschaftige Hossli sehr und er verfasste eine Apologie der Mannerliebe Geschlechtsverhaltnisse Einerseits waren in der Antike bestimmte Formen der Mannerliebe gesellschaftlich akzeptiert zum anderen wurden zur Lebenszeit Hosslis viele Dinge der antiken Kultur sehr hoch bewertet und als Vorbild fur die eigene Zeit erachtet So lag die Argumentation nahe dass Volker die eine so grossartige Kultur und Literatur hervorgebracht hatten nicht sittlich verdorben gewesen sein konnen Diese Argumente wurden auch in spaterer Zeit in absteigendem Masse immer wieder herangezogen Auf Vermittlung des spateren Philosophieprofessors Ignaz Paul Vitalis Troxler reiste Hossli mit ihm im Sommer 1819 nach Aarau um den angesehenen Politiker und Volksschriftsteller Heinrich Zschokke in seinem neuen Domizil der Villa Blumenhalde zu besuchen Hossli unterbreitete Zschokke seinen Aufsatz um ihn zu einem Traktat zur Verteidigung der Mannerliebe zu uberreden da Hossli sich selbst so etwas noch nicht zutraute Zschokke entwickelte das Thema zum literarischen Streitgesprach Der Eros oder uber die Liebe welches 1821 erschien Hosslis Position wird von der Figur Holmar vertreten Desgouttes von Lukasson und Zschokkes von Beda Holmar rechtfertigt die Idee des griechischen Eros mit Verweis auf die Antike Beda dagegen verweist auf die Unmoglichkeit einer Liebe ohne Sinnlichkeit Schliesslich gesteht sogar Holmar ein dass das Einwilligen des Geistes in die vernunftlose Ubermacht einer Leidenschaft strafbar ist Hossli selbst war sehr enttauscht uber Zschokkes Arbeit Er begann nun selbst schriftstellerisch tatig zu werden und verfasste in 17 jahriger Arbeit eine zweibandige Monografie mit dem Titel Eros Die Mannerliebe der Griechen ihre Beziehungen zur Geschichte Erziehung Literatur und Gesetzgebung aller Zeiten und dem Untertitel Die Unzuverlassigkeit der ausseren Kennzeichen im Geschlechtsleben des Leibes und der Seele Der erste Band erschien 1836 in Glarus Der Verkauf des Werkes wurde auf Betreiben des ortlichen Evangelischen Rats 1837 von der Kantonsregierung verboten Der St Galler Publizist und Verleger Jakob Friedrich Wartmann welcher fur seine radikalliberale Haltung bekannt war regte sich uber das Bucherverbot in Glarus auf welches seinen Forderungen nach einer fortschrittlichen Pressefreiheit widersprach So wurde die restliche Auflage des ersten Bandes in St Gallen in Sicherheit gebracht und dort erschien auch 1838 der zweite Band Wartmann war der Meinung das Buch musse diskret in den Verkauf kommen und so blieb der zweite Band noch seltener als der erste In seinem Werk versuchte Hossli den Beweis zu erbringen dass der Eros zwischen Personen des gleichen Geschlechts eine reine unwandelbare sittlich hochstehende und gottliche Naturerscheinung ist Er argumentierte damit dass diese Liebe trotz jahrhundertelanger Verketzerung Verfolgung Bestrafung mit Gefangnis Folter und Hinrichtung nie habe ausgerottet werden konnen und dass sie darum als Anlage der Natur gesehen werden musse Die Naturlichkeit leitete er aus der kulturellen Autoritat ab Unsere ganze Behandlung dieser Erscheinung wie wir alle gar wohl wissen beruht lediglich aus dem Ausspruch sie ist nicht Natur Das menschlichste und in sich klarste Volk das je gelebt hat aber sagte sie ist Natur Band II S 182 Seine Folgerung daraus war dass diese Liebe weder als Verbrechen bestraft noch als Krankheit geheilt oder als Sunde verdammt werden konne Auch Desgouttes Schicksal kommt in der Schrift mehrmals zur Sprache Die Identitatsfindung seiner Zielgruppe wird durch zahlreiche Zitate aus Geschichte und Literatur nicht nur der Griechen und Romer sondern auch aus dem Orient erleichtert Sein Rekurs auf Platon zeigt dass ihm ebenso wie spater Karl Heinrich Ulrichs der Begriff der Venus Urania aus Platons Gastmahl gelaufig war Mit der Differenzierung zwischen der ausseren Erscheinung des Mannes und den Eigenschaften der mannlichen Seele nahm er Ulrichs Theorien uber die weibliche Seele im mannlichen Korper vorweg 3 Einen eigenen Begriff fur das Phanomen hatte Hossli noch nicht Er spricht uber die Erscheinung Liebe Sodomiterei oder Paderastie Schon in der Einleitung zum ersten Band zieht er einen Vergleich zwischen der fruheren Verfolgung von Hexen und Haretikern und jener von Sodomiten in seiner Zeit Nach Meier erblickte Hossli in der Befreiung der Mannliebenden auch einen Prufstein fur Liberalismus und Demokratie kleinstaatlicher Pragung Trotz aller Ruckschlage arbeitete Hossli weiter und versuchte einen dritten Band folgen zu lassen der aber nie fertiggestellt wurde Um dafur frei zu sein verkaufte er 1852 seine Immobilien in Glarus und uberschrieb das Haus Ecke Barengasse seinem Lieblingsneffen Jakob Kubli Jogg den er wie einen Sohn aufgenommen hatte Es folgte ein unstetes Wanderleben rund um den Zurichsee wo er in diversen Hotels und Pensionen logierte Sohne BearbeitenSein alterer Sohn der 1812 geborene Ingenieur Jakob Rudolf Hossli Jogg lebte mit seiner Familie im Bundesstaat New York brach bald alle Kontakte zur Schweiz ab und wurde zuletzt in Otisco New York gesehen Der jungere Johann Ulrich Hossli Hansi John hatte des Vaters im Eros niedergelegte Ansichten geerbt 4 Nach verschiedenen Affaren in der Schweiz gelangte er in den Vereinigten Staaten durch Grundstucksspekulationen zu Wohlstand Aus dem Zeitraum von 1842 bis 1857 sind die Briefe an seinen Vater erhalten geblieben Ich wurde recht gut und angenehm in der Schweiz leben und wegen Dir ware es mir uber Alles aber siehe die mehreren Grunde dagegen ruhren von Einer Quelle her oder doch meist von einer Quelle Ich will sagen E ros Besonders die verflossenen Sachen von der Zeit des rothen Lowen in M herruhrend das war eine unangenehme Geschichte es wirkten dort viele Umstande zusammen Biografie von Ferdinand Karsch Haack 1903 S 104 Den verarmten jungen Heinrich Rosenberger holte John um 1842 uber den Atlantik liess ihn an seinen Geschaften teilhaben und dieser wurde spater Schweizer Konsul in Galveston Den damals 16 bis 17 jahrigen Henry Wilson aus New York nahm John um 1848 als Ziehsohn an und finanzierte ihm eine Lehre im Buchhandel Doch als dessen Vater 1853 die Verbindung untersagte und fur zahlreiche Verlaumdungen sorgte musste der Kontakt abgebrochen werden 1857 ausserte sich John uber das Werk des Vaters skeptisch Von Allem was aus dem Alterthum und auch fur Natur Anlage ich spreche immer speziell von diesem Falle bewiesen werden kann wird gesagt Das ist eine alte Sache das ist allbekannt und das macht die Sache nicht besser Die Meinung Einzelner gilt nicht viel Biografie von Ferdinand Karsch Haack 1903 S 106 Am 1 Mai 1861 ertrank John bei einer Schiffskatastrophe vor Halifax als er in die Schweiz zuruckkehren wollte 1 Tod und Nachwirken Bearbeiten nbsp Daguerreotypie Hosslis in reifem AlterEbenfalls im Jahr 1861 wurden die noch ubrig gebliebenen Bande des Eros im Brand von Glarus zerstort Hosslis Gattin war zu dieser Zeit schon verstorben 1864 verstarb er selbst in einem Spital in Winterthur Der originale Nachlass wurde 1902 vermutlich von Karsch Haack aufgekauft und ist seit dessen Tod verschwunden Im Todesjahr von Hossli veroffentlichte der Hannoveraner Karl Heinrich Ulrichs noch unter dem Pseudonym Numa Numantius die erste seiner zwolf Schriften uber die gleichgeschlechtliche Liebe Noch ohne Hosslis Werk zu kennen argumentierte auch er dass sein Begehren angeboren sei und bringt im Gegensatz zu Hossli seine eigene Biographie als zentrales Beispiel Ulrichs erfuhr am 12 Februar 1866 von Hosslis Werk und konnte es in seinen weiteren Schriften berucksichtigen 4 Als Meier seine Doppelbiografie im Jahre 2001 herausbrachte wollte der Historische Verein des Kantons Glarus aus Rucksicht auf die Mehrheit der Mitglieder nichts von einer Veranstaltung wissen 5 Im Jahr 2014 leistete der Verein jedoch einen finanziellen Beitrag an ein Buch uber Heinrich Hossli und der Prasident des Vereins hielt einen Vortrag an der Buchvernissage Werke BearbeitenEros Die Mannerliebe der Griechen ihre Beziehungen zur Geschichte Erziehung Literatur und Gesetzgebung aller Zeiten 2 Bande 1 Band Glarus 1836 2 Band Sankt Gallen 1838 Neudruck Berlin Verlag Rosa Winkel 1998 Band 1 ISBN 3 86149 056 0 Band 2 ISBN 3 86149 057 9 neuer Band 3 Materialien zu Heinrich Hossli mit einem Vorwort von Manfred Herzer Kurzbiografien von Karsch und der Novelle Der Eros von Zschokke ISBN 3 86149 058 7 Hexenprozess und Glauben Pfaffen und Teufel Leipzig H Barsdorf 1892 archive org Digitalisat Literatur BearbeitenVeronika Feller Vest Hosli Hossli Heinrich In Historisches Lexikon der Schweiz Bernd Ulrich Hergemoller Mann fur Mann Biographisches Lexikon zur Geschichte von Freundesliebe und mannlicher Sexualitat im deutschen Sprachraum Band 1 Hamburg MannerschwarmSkript 1998 ISBN 3 928983 65 2 S 558 Uberarbeitete Taschenbuchausgabe Frankfurt am M Suhrkamp 2001 ISBN 3 518 39766 4 vollig neubearbeitete Ausgabe in zwei Banden Munster LIT Verlag 2010 ISBN 978 3 643 10693 3 Ferdinand Karsch Der Putzmacher von Glarus Heinrich Hossli ein Vorkampfer der Mannerliebe Ein Lebensbild Leipzig Max Spohr 1903 Nachdruck New York Arno Press 1975 Pirmin Meier Mord Philosophie und die Liebe der Manner Franz Desgouttes und Heinrich Hossli eine Parallelbiographie Zurich Pendo 2001 ISBN 3 86612 023 0 Rolf Thalmann Hrsg Keine Liebe ist an sich Tugend oder Laster Heinrich Hossli 1784 1864 und sein Kampf fur die Mannerliebe Zurich Chronos 2014 ISBN 978 3 0340 1255 3 Weblinks BearbeitenPublikationen von und uber Heinrich Hossli im Katalog Helveticat der Schweizerischen Nationalbibliothek Website der Heinrich Hossli StiftungEinzelnachweise Bearbeiten a b Hubert Kennedy Hossli Heinrich Memento vom 15 Mai 2008 im Internet Archive In glbtq An Encyclopedia of Gay Lesbian Bisexual Transgender and Queer Culture 2003 Version vom 3 Marz 2004 Christian Zurcher Ein Glarner ist der Urvater der Schwulenbewegung In Tages Anzeiger 30 September 2014 abgerufen am 15 September 2015 Bernd Ulrich Hergemoller Mann fur Mann Ein biographisches Lexikon Hamburg Suhrkamp Taschenbuch 2001 ISBN 3 518 39766 4 a b F erdinand Karsch Haack Quellenmaterial zur Beurteilung angeblicher und wirklicher Uranier II In Jahrbuch fur sexuelle Zwischenstufen V 1 1903 S 445 706 Pascale Ziltener Das erste Buch uber die Mannerliebe wurde in St Gallen gedruckt In St Galler Tagblatt 24 Dezember 2001 bei www rainbow at Normdaten Person GND 121325067 lobid OGND AKS LCCN nr98012486 VIAF 67319961 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Hossli HeinrichALTERNATIVNAMEN HosliKURZBESCHREIBUNG Schweizer Putzmacher und SchriftstellerGEBURTSDATUM 6 August 1784GEBURTSORT GlarusSTERBEDATUM 24 Dezember 1864STERBEORT Winterthur Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Heinrich Hossli amp oldid 233329493