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Haingeraide auch Heingereide Heimgereide und andere leicht abweichende Schreibweisen waren genossenschaftlich organisierte bauerliche Verbande die im Mittelalter und in der Fruhen Neuzeit gemeinsamen Wald nutzten ahnlich einer Allmende und die dafur eine eigene Gerichtsbarkeit besassen Grenzstein im Wollmesheimer Wald Rothenburger GeraideRitterstein im Pfalzerwald in Reminiszenz an die Teilung der HaingeraideDenkmal zur Teilung der funften HaingeraideInfotafel Haingeraiden im Wald von Frankweiler Inhaltsverzeichnis 1 Verbreitung 2 Geschichte 2 1 Legendare Ursprunge 2 2 Fakten 3 Wissenswert 4 Literatur 5 Anmerkungen 6 EinzelnachweiseVerbreitung BearbeitenHaingeraiden gab es im Gebiet des Oberrheins an dessen linkem Ufer an den Abhangen der Vogesen und der Haardt insgesamt 16 Die sudlichste war die Wanzenau in der Nahe von Strassburg die nordlichste lag in der Pfalz im Bereich von Bad Durkheim 1 Im Einzelnen waren das 2 Wanzenau Brumather Wald Hagenauer Forst Weissenburger Mundat daran waren 21 Gemeinden beteiligt Bergzaberner Geraide Rothenburger Geraide Eschbach Leinsweiler und Ilbesheim Anm 1 Ober oder Erste Haingeraide Landau Nussdorf Godramstein Siebeldingen Birkweiler Albersweiler St Johann Frankweiler Queichhambach Grafenhausen Gossersweiler Zweite Haingeraide Burrweiler Flemlingen Gleisweiler Bochingen Walsheim Roschbach Dernbach Ramberg Dritte Haingeraide Edesheim Rhodt Hainfeld Weyher Vierte Haingeraide Edenkoben Venningen Altdorf Bobingen Gommersheim Funfte Haingeraide Maikammer Kirrweiler Diedesfeld St Martin Erste Hartgeraide Hambach Lachen Zweite Hartgeraide Neustadt Winzingen Haardt Dritte Hartgeraide Deidesheim Mussbach Lobloch Gimmeldingen Vierte Hartgeraide Wachenheim und andere Funfte Hartgeraide Durkheim Freinsheim Lambsheim Geschichte BearbeitenLegendare Ursprunge Bearbeiten Nach der Grundungslegende soll der austrasische Konig Dagobert I um 639 nach Rettung aus Todesgefahr den Bauern die Waldungen durch Testament vermacht haben Verfestigt wurde die Legende durch eine Schrift des Chronisten Jakob Beyrlin aus der Zeit um 1600 die in der Form eines Weistums die Rechte der Gereidgenossen auffuhrte Diese betrachteten die Legende als verschriftlichte Form ihrer Anspruche 3 Dabei handelte es sich im Wesentlichen um handschriftlich gefertigte Kopien aber auch im Druck soll die Schrift im 18 Jahrhundert unter dem Titel Jacobi Beyerlins Klein Frankreichs Beschreibung bei Georg Paul Hoof in Hanhofen bei Speyer erschienen sein 4 Anm 2 Eine erste Deutung ausserhalb dieser Legende war romantisch und germanentumelnd Aufgrund der altertumlichen klingenden Bezeichnung wurde diese als Gericht im Hain gedeutet und von Georg Ludwig von Maurer gar zum Musterbeispiel der altgermanischen Markgenossenschaft stilisiert 5 Die Bezeichnung leitet sich allerdings nicht von Hain Wald ab sondern von Heim also von der dorflichen Siedlung 6 Fakten Bearbeiten Es gibt keine zeitgenossischen Nachweise der Einrichtung vor der Mitte des 13 Jahrhunderts Die Gerichte die uber die Marknutzung entschieden tagten in den zugehorigen Dorfern 7 Eine Forstwirtschaft im modernen Sinn betrieben die Haingeraiden nicht Sie nutzten einfach den vorhandenen Wald und das nicht immer nachhaltig Bei erhohtem Bevolkerungsdruck wurden Teile der Flache im 18 Jahrhundert auch landwirtschaftlich genutzt 8 Als das linksrheinische Ufer des Rheins 1792 an das revolutionare Frankreich fiel schaffte die neue Verwaltung gegen zahen Widerstand der Bauern die Haingeraiden stufenweise ab versuchte alle noch vorhandenen Exemplare der Schrift von Jacob Beyrlin einzuziehen und eine nachhaltige moderne Forstwirtschaft einzufuhren 9 In einem ersten Schritt wurde der Gereid Schultheiss zuvor von den Gereidgenossen gewahlt nun vom Staat mit dem Titel Prasident eingesetzt Ab dem 10 Marz 1802 wurde der Wald unter staatliche Verwaltung gestellt wenn auch die Nutzungsrechte der Haingeraiden zunachst erhalten blieben Auch soweit die entsprechenden Gebiete nach einer Reihe von Zwischenschritten und dann 1816 endgultig an das Konigreich Bayern gelangten verfolgten sowohl die Zwischenadministrationen als auch die bayerische Regierung weiter eine moderne Forstpolitik und verhinderten die seitens der Bauern gewunschte Wiedereinfuhrung der Haingeraiden 10 Wissenswert BearbeitenIn der Wormser Mauerbauordnung einem Dokument von der Wende des 10 zum 11 Jahrhundert das allerdings nur in sehr viel spateren Abschriften uberliefert ist findet sich eine Passage in der von urbani qui Heimgereiden vocantur die Rede ist Anm 3 Nach einhelliger Ansicht der Forschung handelt es sich dabei aber um eine nachtragliche Anderung beim Abschreiben Vermutet wird dass dort ein dem Kopisten unverstandlicher hochmittelalterlicher Begriff stand den er durch einen ihm passend scheinenden zeitgenossischen Heimgereiden ersetzte 11 Literatur BearbeitenKarl Antes Die pfalzischen Haingereiden Thiemesche Kaiserslautern 1933 Adalbert Erler Heingereiden In Handworterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte Band 2 Erich Schmidt Berlin 1978 ISBN 3 503 00015 1 Sp 57f Wilhelm Steigelmann Die Verhaltnisse in der dritten Haingereide Unter Berucksichtigung der politischen Sonderstellung von Rodt unter Rietburg In Pfalzer Heimat 20 1969 S 14 20 Dieter Werkmuller Heingereiden In Handworterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte Band 2 Erich Schmidt Berlin 22010 ISBN 978 3 503 07911 7 nahezu textgleich mit Erler s o Hans Ziegler Die Auflosung der Haingereiden In Pfalzer Heimat 20 1969 S 20 23 Anmerkungen Bearbeiten Siehe auch Wollmesheimer Wald Der bibliografische Nachweis gestaltet sich schwierig In Hebis nachgewiesen ist ein Manuskript von 16 Blatt aus dem Jahr 1716 Grundlicher und Warhaffter Bericht Vom Ursprung des Fleckens Edenkoben sambt beygefugter aussfuhrlicher beschreibung der funff heingereiden darunter Edenkoben das haubt der Vierten mit ihren Loochen Waldtrechten Beneficijs und privilegijs Auss Dagoberti Quinti Konigs in Klein Frankreichs testaments Uhralten Copia einer getreulich genomen Der Gesamttext der Mauerbauordnung findet sich hier Einzelnachweise Bearbeiten Erler Sp 57 Angaben nach Steigelmann S 15 Steigelmann S 14 Steigelmann S 14 Erler Sp 57 Erler Sp 57 Erler Sp 57 Steigelmann S 16ff Erler Sp 58 Ziegler S 21 Gerold Bonnen Stadttopographie Umlandbeziehungen und Wehrverfassung Anmerkungen zu mittelalterlichen Mauerbauordnungen In Institut fur Geschichtliche Landeskunde an der Universitat Mainz Hg Stadt und Wehrbau im Mittelrheingebiet Mainzer Vortrage 7 Franz Steiner Stuttgart 2003 S 21 45 25 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Haingeraide amp oldid 235882141