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Gustav Wilhelm Franz Kuschinsky 10 Januar 1904 in Berlin 17 November 1992 in Wiesbaden war ein deutscher Arzt und Pharmakologe Unter seiner Leitung wurde das Pharmakologische Institut der Johannes Gutenberg Universitat Mainz das Zentrum der Pharmakologie in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg 1 2 3 4 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werk 2 1 Forschung 2 2 Lehre 2 3 Die Mainzer Fruhjahrstagungen 2 4 Schuler 3 Anerkennung 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben BearbeitenGustav Kuschinskys Eltern waren der Kaufmann Gustav Kuschinky und seine Frau Johanna geborene Witmoser Der Sohn besuchte das humanistische Friedrichwerdersche Gymnasium in Berlin Nach dem Abitur 1922 studierte er in Berlin und je ein Semester in Tubingen Marburg und Innsbruck Medizin In Berlin beeindruckten ihn besonders die Vorlesungen des Toxikologen Louis Lewin 1928 wurde er in Kiel auf Grund einer bei dem Internisten Alfred Schittenhelm angefertigten Dissertation zum Dr med promoviert Nach Praxisvertretungen arbeitete er ab 1929 bei Paul Trendelenburg am Pharmakologischen Institut der Friedrich Wilhelms Universitat Berlin wo er unter anderen Hans Gremels 1896 bis 1949 Otto Krayer Edith Bulbring und Marthe Vogt kennenlernte Wahrend Trendelenburgs schwerer Tuberkulose und nach seinem fruhen Tod 1931 leitete Otto Krayer das Institut kommissarisch bis Wolfgang Heubner 1932 den Lehrstuhl ubernahm Bei ihm hat sich Kuschinsky 1933 habilitiert Noch im gleichen Jahr vermittelte ihm die Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft die Vorgangerin der Deutschen Forschungsgemeinschaft eine Professur fur Pharmakologie an der Tongji Universitat in Shanghai die 1907 als Deutsche Medizinschule fur Chinesen gegrundet worden war und deutschsprachig unterrichtete 1936 musste er seine Tatigkeit in China aufgrund einer schweren Tuberkulose vorzeitig abbrechen und ein halbes Jahr in einem Sanatorium in Davos verbringen Gustav Kuschinsky kehrte dann als Oberassistent von Heubner nach Berlin zuruck Heubner war Gegner des Nationalsozialismus Bei ihm arbeiteten sowohl Gegner wie Otto Krayer und Robert Havemann als auch uberzeugte Anhanger wie Hermann Druckrey und Norbert Brock Kuschinsky trat 1937 in die NSDAP ein Im Wintersemester 1938 39 vertrat er den Pharmakologie Lehrstuhl in Graz der nach dem Anschluss Osterreichs durch die rassistisch begrundete Vertreibung Otto Loewis frei geworden war Zuruck in Berlin folgte er einem Ruf auf den Pharmakologie Lehrstuhl der damals so genannten Deutschen Karls Universitat in Prag auch von diesem Lehrstuhl war der Inhaber Emil Starkenstein aus rassistischen Grunden vertrieben worden Die tschechische Universitat in Prag wurde 1939 geschlossen und ihr Pharmakologisches Institut dem der Deutschen Karls Universitat zugeschlagen Kuschinsky war in Prag bis 1944 Dozentenbundfuhrer im Nationalsozialistischen Deutschen Dozentenbund 5 Er hatte nach dem Zeugnis der tschechischen Pharmakologin Helena Raskova 1913 bis 2010 die wesentlich zur Entwicklung der Pharmakologie in der Tschechoslowakei nach dem Zweiten Weltkrieg beigetragen hat 6 ein gutes Verhaltnis zu seinen tschechischen Mitarbeitern Die gesamte Ausstattung des tschechischen Instituts liess er in Kisten speichern so dass sie 1945 von den tschechischen Kollegen intakt ubernommen werden konnte 7 1938 hatte Kuschinsky Ingeborg Maria geborene Stoehr geheiratet mit der er drei Kinder hatte Ein Sohn Klaus Udo 1939 wurde wie der Vater Pharmakologe die Tochter Gisela Renate 1942 Arztin am Bundesinstitut fur Arzneimittel und Medizinprodukte der jungere Sohn Wolfgang Rainer 1944 Physiologe Die Familie konnte vor dem Einmarsch sowjetischer Truppen Prag verlassen und fand in Erlangen und spater Wiesbaden Unterkunft Dort erreichte Kuschinsky der Ruf auf den Lehrstuhl fur Pharmakologie der am 22 Mai 1946 nach 123 jahriger Pause wiedergegrundeten Universitat Mainz Das Institut war zunachst beengt in einer ehemaligen Tuberkulosestation untergebracht Materialien zum Ausbau wurden aus den Ruinen der Stadt geholt oder auf dem Schwarzmarkt im Austausch gegen Wein erworben den die franzosische Besatzungsmacht beschlagnahmt und der Universitat als Aufbauhilfe uberlassen hatte Doch wuchsen Studenten Doktoranden und Akademikerzahlen schnell und 1970 zog das Institut in ein neues Hochhaus wie bisher kliniknah ausser der Pharmakologie anderen theoretisch medizinischen Fachern dienend und mit prachtigem Blick auf Stadt und Dom 3 Mainz wurde das Zentrum der deutschen Nachkriegs Pharmakologie mit dem ersten deutschsprachigen Nachkriegs Lehrbuch den wichtigsten Kongressen der deutschsprachigen Pharmakologen und der Tatigkeit vieler die pharmakologische Forschung pragender Forscher 1972 wurde Kuschinsky emeritiert arbeitete aber weiter an seinen Buchern Zwanzig Jahre spater starb er nach kurzer Krankheit Werk BearbeitenForschung Bearbeiten Um 1930 synthetisierte die pharmazeutische Firma Boehringer Ingelheim Abkommlinge des Adrenalins Die pharmakologische Untersuchung fand zum Teil im Pharmakologischen Institut Berlin statt Kuschinskys erstes wissenschaftliches Thema unter Paul Trendelenburg war die pharmakologische Analyse des Adrenalin Abkommlings Synephrin das lange unter dem Handelsnamen Sympatol zur Blutdrucksteigerung gebraucht wurde und des Phenylephrins das als selektiver Agonist an a1 Adrenozeptoren fur die Grundlagenforschung wichtig wurde Spater unter Heubner konzentrierte sich Kuschinsky auf die Sekretion von Hormonen In seiner Habilitationsschrift wies er 1933 erstmals nach dass das Schilddrusenhormon Thyroxin die Sekretion von Thyreotropin aus dem Hypophysenvorderlappen hemmt es war die Entdeckung des thyreotropen Regelkreises Ein weiterfuhrendes Problem konnte er nur andeuten Woher allerdings der primare Reiz zur Hormonproduktion des Hypophysenvorderlappens kommt bleibt dabei ungeklart 8 Heute ist mit der Entdeckung des hypothalamischen Freisetzungshormons Thyreoliberin das Problem gelost In Prag galt Kuschinskys besonderes Interesse der Beteiligung der tubularen Sekretion an der Bildung des Harns in der Niere Alle drei Themen hat er in Mainz weiter verfolgt Lehre Bearbeiten Kuschinsky legte grossen Wert auf gute Lehre fur die Studenten und gute Weiterbildung fur den wissenschaftlichen Nachwuchs Er richtete in Mainz einen von der damaligen Approbationsordnung fur Arzte nicht vorgeschriebenen Experimentalkurs fur Pharmakologie und Toxikologie ein Regelmassige Literatur Seminare in der Tradition von Paul Trendelenburg sollten die Assistenten kritisches Denken lehren 3 Mit seinem Mitarbeiter Heinz Lullmann verfasste er das erste Nachkriegs Lehrbuch seines Fachs Kurzes Lehrbuch der Pharmakologie Die erste Auflage erschien 1964 9 Bis 2010 sind 17 Auflagen erschienen dazu englische spanische italienische japanische turkische und tschechische Ubersetzungen Der 17 Auflage 1999 nach Kuschinskys Tod erschienen 10 ist erstmals das Motto vorangestellt Ein Arzneimittel von dem behauptet wird dass es keine Nebenwirkungen habe steht im dringenden Verdacht auch keine Hauptwirkung zu besitzen Gustav Kuschinsky Im Jahr 1956 hatte Kuschinsky ein Taschenbuch der modernen Arzneibehandlung publiziert 11 Bis 2010 sind 13 Auflagen erschienen die neueren herausgegeben von Kuschinskys Schuler Hasso Scholz Die Mainzer Fruhjahrstagungen Bearbeiten Bei den Kongressen der Deutschen Pharmakologischen Gesellschaft heute Deutsche Gesellschaft fur Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie uberwogen in den 1950er Jahren die ausfuhrlichen Hauptreferate arrivierter Wissenschaftler so sehr dass die Jungeren ihre Ergebnisse kaum vorstellen konnten Kuschinsky lud deshalb im April 1960 zu einer Tagung nach Mainz ein mit ausschliesslich 10 Minuten Kurzvortragen denen 5 Minuten Diskussion folgten Hauptreferate und ein ausserwissenschaftliches Rahmenprogramm waren nicht vorgesehen Kurzfassungen der Vortrage wurden in Naunyn Schmiedebergs Archiv fur experimentelle Pathologie und Pharmakologie publiziert Zur 1 Fruhjahrstagung 1960 wurden 51 Abstracts gedruckt zur 50 Fruhjahrstagung 2009 12 waren es 508 Die 51 Fruhjahrstagung 2010 mit 450 Abstracts war die vorerst letzte in Mainz Spatere Fruhjahrstagungen fanden in wechselnden Stadten statt Die Tagungsserie war offensichtlich ein Erfolg Ihre Bedeutung wurde dadurch verstarkt dass ab 1971 die jahrlichen Mitgliederversammlung der Deutschen Pharmakologischen Gesellschaft im Zusammenhang mit den Fruhjahrstagungen nach Mainz einberufen wurden ebenso die Versammlungen der Herausgeber und Gutachter von Naunyn Schmiedebergs Archiv Schuler Bearbeiten Kuschinskys Engagement fur Lehre und Weiterbildung trug Frucht Zahlreiche erfolgreiche pharmakologische Forscher waren seine Schuler oder verbrachten einige Zeit in seinem Institut Dazu gehoren in der Reihenfolge ihres Eintretens ins Institut 13 Werner Forster spater Lehrstuhlinhaber in Halle Saale Heinz Lullmann dem er 1955 einen Forschungsaufenthalt bei der ihm aus Berlin bekannten Pharmakologin Edith Bulbring in Oxford vermittelte und der spater Lehrstuhlinhaber in Kiel wurde Erik Westermann spater Lehrstuhlinhaber in Hannover Erich Muscholl dem er 1956 einen Forschungsaufenthalt bei der ihm ebenfalls aus Berlin bekannten Pharmakologin Marthe Vogt in Edinburgh vermittelte und der spater sein Nachfolger in Mainz wurde Hellmut Brunner spater bei der Ciba Geigy AG in Basel Georges Peters spater Lehrstuhlinhaber in Lausanne Ullrich Trendelenburg spater Lehrstuhlinhaber in Wurzburg Wolfgang Klaus spater Lehrstuhlinhaber in Koln Harald Reuter spater Lehrstuhlinhaber in Bern Uwe Wollert spater Professor fur Pharmakologie in Mainz Hasso Scholz spater Lehrstuhlinhaber in Hamburg Karl Joachim Netter der in Mainz eine eigene Abteilung fur Toxikologie leitete und spater Lehrstuhlinhaber in Marburg wurde Josef Krieglstein spater ebenfalls Lehrstuhlinhaber in Marburg Konrad Loffelholz spater Professor fur Pharmakologie in Mainz Eberhard Jahnchen spater klinischer Pharmakologe in Bad Krozingen Georg Friedrich Kahl Mitarbeiter der Abteilung fur Toxikologie und spater Lehrstuhlinhaber in Gottingen Heinz Kilbinger und Hermann Nawrath spater Professoren fur Pharmakologie in Mainz Anerkennung BearbeitenKuschinsky war Ehrenmitglied der Deutschen Pharmakologischen Gesellschaft und der Deutschen Physiologischen Gesellschaft Auf dem zweiten Weltkongress der International Union of Pharmacology IUPHAR 1963 in Prag wurde ihm die Purkinje Medaille der tschechoslowakischen Purkinje Gesellschaft verliehen Es war die ihm liebste Anerkennung 1982 verlieh ihm die Deutsche Pharmakologische Gesellschaft die Schmiedeberg Plakette ihre hochste wissenschaftliche Auszeichnung Literatur BearbeitenMichael Gruttner Biographisches Lexikon zur nationalsozialistischen Wissenschaftspolitik Heidelberg 2004 S 105 Weblinks BearbeitenGustav Kuschinsky im Verzeichnis der Professorinnen und Professoren der Universitat Mainz 1477 1973 Einzelnachweise Bearbeiten H Greim Nachrufe Prof Dr med Gustav Kuschinsky In DGPT Mitteilungen 1993 Nr 13 S 12 13 Hedwig Langecker Pharmakologisch pharmakognostisches Institut Medizinische Fakultat der Deutschen Universitat Prag In Athineos Philippu Geschichte und Wirken der pharmakologischen klinisch pharmakologischen und toxikologischen Institute im deutschsprachigen Raum Berenkamp Verlag 2004 S 566 579 ISBN 3 85093 180 3 a b c Erich Muscholl Pharmakologisches Institut Fachbereich Medizin der Johannes Gutenberg Universitat Mainz In Athineos Philippu Geschichte und Wirken der pharmakologischen klinisch pharmakologischen und toxikologischen Institute im deutschsprachigen Raum Berenkamp Verlag 2004 S 465 476 ISBN 3 85093 180 3 G Kuschinsky 50 Jahre Arzt und Forscher In Therapie der Gegenwart 1978 117 975 1008 Michael Gruttner Biographisches Lexikon zur nationalsozialistischen Wissenschaftspolitik Synchron Verlag Heidelberg 2004 S 105 ISBN 3 935025 68 8 E Muscholl Nachruf auf Professor Helena Raskova 1913 2010 In Biospektrum 2010 16 S 466 Fred Lembeck Peter Holzer und Bernhard A Peskar Institut fur Experimentelle und Klinische Pharmakologie Medizinische Fakultat der Karl Franzens Universitat Graz In Athineos Philippu Geschichte und Wirken der pharmakologischen klinisch pharmakologischen und toxikologischen Institute im deutschsprachigen Raum Berenkamp Verlag 2004 S 256 270 ISBN 3 85093 180 3 G Kuschinsky Uber die Bedingungen der Sekretion des thyreotropen Hormons der Hypophyse In Naunyn Schmiedebergs Archiv fur experimentelle Pathologie und Pharmakologie 1933 170 510 533 G Kuschinsky H Lullmann Kurzes Lehrbuch der Pharmakologie Stuttgart Georg Thieme Verlag 1964 12 Auflage Kurzes Lehrbuch der Pharmakologie und Toxikologie ebenda 1989 Heinz Lullmann Klaus Mohr Pharmakologie und Toxikologie Georg Thieme Verlag Stuttgart 1999 G Kuschinsky Taschenbuch der modernen Arzneibehandlung Stuttgart Georg Thieme Verlag 1956 Klaus Starke Es kann die Spur von unseren Erdetagen on pharmacologists and pharmacology In Naunyn Schmiedeberg s Archives of Pharmacology 2009 380 465 471 Jurgen Lindner und Heinz Lullmann Pharmakologische Institute und Biographien ihrer Leiter Aulendorf Editio Cantor Verlag 1996 dort S 104 105 ISBN 3 87193 172 1Normdaten Person GND 106235931 lobid OGND AKS LCCN n50058433 VIAF 59571581 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Kuschinsky GustavALTERNATIVNAMEN Kuschinsky Gustav Wilhelm FranzKURZBESCHREIBUNG deutscher PharmakologeGEBURTSDATUM 10 Januar 1904GEBURTSORT BerlinSTERBEDATUM 17 November 1992STERBEORT Wiesbaden Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gustav Kuschinsky amp oldid 233017688