www.wikidata.de-de.nina.az
Wolfgang Otto Leonhard Heubner 18 Juni 1877 in Leipzig 26 Februar 1957 in Heidelberg war ein deutscher Pharmakologe 1 Wolfgang Heubner 1911 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Ehrungen Mitgliedschaften 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseLeben BearbeitenHeubners Vater war der Padiater Otto Heubner Sein Grossvater war der Jurist und Politiker Otto Leonhard Heubner Wolfgang besuchte die Thomasschule zu Leipzig und danach das Joachimsthalsche Gymnasium in Berlin Nach dem Abitur begann er an der Georg August Universitat Gottingen Medizin zu studieren 1897 wurde er mit Hans Bahrdt im Corps Bremensia recipiert 2 Als Inaktiver wechselte er an die Friedrich Wilhelms Universitat zu Berlin die Philipps Universitat Marburg und die Kaiser Wilhelms Universitat Strassburg In Strassburg legte er 1901 das Staatsexamen ab Gepragt von dem Pharmakologen Oswald Schmiedeberg wurde er 1903 zum Dr med promoviert 3 Auch habilitierte er sich hier 1907 4 Nach funf Jahren in Strassburg wechselte er 1908 als Privatdozent zu Arthur Heffter an das Pharmakologische Institut der Charite Noch im selben Jahr wurde er an das Pharmakologische Institut der Georg August Universitat berufen wo er alsbald o Professor wurde nbsp Heubner als Mitglied des Corps Bremensia 1897 Hauptthema von Heubners Forschung war die Pathologie des Hamoglobins besonders der Mechanismus der Methamoglobin Bildung durch Stoffe wie Anilin und Nitrobenzol Im Ubrigen hat er Doyen seines Faches viele Gebiete bearbeitet Als Nachfolger von Arthur Heffter hat er von 1927 bis 1950 Band 3 Teil 1 bis Band 10 das Handbuch der experimentellen Pharmakologie herausgegeben heute Handbook of Experimental Pharmacology Von 1947 bis 1957 Band 204 bis 230 war er Mitherausgeber von Naunyn Schmiedebergs Archiv fur experimentelle Pathologie und Pharmakologie heute Naunyn Schmiedeberg s Archives of Pharmacology der altesten bis heute existierenden pharmakologischen Fachzeitschrift 1911 initiierte er die Arzneimittelkommission der deutschen Arzteschaft 5 Bereits wahrend des Ersten Weltkriegs forschte Heubner an chemischen Kampfstoffen Dabei blieb er bis ans Ende des NS Systems 6 Zu Beginn der Weimarer Republik hatte Heubner die Grundung der linksliberalen Deutschen Demokratischen Partei DDP offentlich begrusst 7 1927 1928 war er Rektor der Gottinger Universitat 1929 ubernahm er das Pharmakologische Institut der Medizinischen Akademie Dusseldorf 1930 wechselte er an die Ruprecht Karls Universitat Heidelberg Er leitete von 1932 bis 1945 das deutsche Pharmakologische Institut in Berlin 8 Bei ihm arbeiteten scharfe Gegner des Nationalsozialismus wie Otto Krayer und Robert Havemann und auch uberzeugte Anhanger wie Hermann Druckrey und Norbert Brock Krayers Standhaftigkeit und konsequente Haltung kommentierte Heubner in seinem Tagebuch mit Grossartig 9 Havemann wurde 1943 von Volksgerichtshof zum Tode verurteilt Auf Drangen von Heubner und Wolfgang Wirth wurde die Vollstreckung des Urteils aufgeschoben und fur Havemann im Zuchthaus wegen kriegswichtiger Forschungen ein eigenes Labor eingerichtet 10 Heubners handschriftliche Tagebucher von 1917 bis 1956 hat der Mainzer Pharmakologe Erich Muscholl transkribiert und einem Berliner Forschungsprojekt zur Charite im Dritten Reich zur Verfugung gestellt Udo Schagen interpretiert diese Selbsterklarungen so hier aus dem Englischen ubersetzt Man urteilt zuweilen es sei unter dem totalitaren Regime nicht moglich gewesen gegen politische Anweisungen zu protestieren Der Fall des Pharmakologen Wolfgang Heubner an der Berliner Medizinischen Fakultat beweist das Gegenteil Wenn Regierungsmassnahmen mit seinen Uberzeugungen nicht ubereinstimmten protestierte er nicht nur in privatem Gesprach sondern auch schriftlich gegenuber Nazi Potentaten und dem Reichsministerium fur Wissenschaft Erziehung und Volksbildung Er betonte Wissenschaft konne nur aus einer freiheitlichen Gesinnung heraus gedeihen Er bestand auf einem Pazifismus der es ihm nicht erlaube Kriegsvorbereitungen zu unterstutzen Er verweigerte klar allen nationalsozialistischen Ideen Gefolgschaft die seinem liberalen Geist widersprachen Sollten seine Ansichten seiner Professorenposition entgegenstehen schrieb er so wolle er zurucktreten Jedoch es geschah ihm nichts Er behielt seine Stelle und seinen Einfluss bis zum Ende des Nationalsozialismus Sein Fall zeigt dass es jedenfalls fur national und international anerkannte Wissenschaftler moglich war dem Nationalsozialismus eine Kooperation zu verweigern 11 Heubner behauptete dem Minister Bernhard Rust am 4 Oktober 1933 mitgeteilt zu haben es werde ihm niemals moglich sein den Nationalsozialismus innerlich und naturlich auch ausserlich zu bejahen soweit er mit den aus meiner angeborenen Veranlagung und meiner Lebenserfahrung erwachsenen Uberzeugungen im Widerspruch steht Er habe erklart es sei ihm unertraglich gewesen in einem offentlichen Amt nur deswegen zu verharren weil etwa bei der vorgesetzten Behorde ein Irrtum uber mein wahres Wesen besteht 12 Jenseits der biografischen Selbstdarstellung erfahrt Heubner in der Literatur auch andere Beurteilungen Er wird als fur die Weimarer Jahren wechselnd als liberal und als deutschnational geschildert und gilt als Experte auf dem Spezialgebiet der militarischen Giftgase seit den 1920er Jahren Nach dem Machtantritt der NSDAP und ihrer deutschnationalen Bundnispartner arbeitete sein Pharmakologisches Institut im Auftrag des Heereswaffenamts an chemischen Kampfstoffen 13 Heubner stieg zum Mitglied des wissenschaftlichen Beirats des Bevollmachtigten fur das Gesundheitswesen Karl Brandt auf der im Nurnberger Arzteprozess aufgrund zahlreicher Verbrechen zum Tode verurteilt und 1948 hingerichtet wurde 1944 war Heubner einer der Initiatoren der sog Meerwasserversuche 1944 fur die KZ Insassen verwendet wurden Die Versuche waren ausserordentlich qualvoll und die Organisatoren rechneten mit Toten und mit Dauerschaden der Uberlebenden Nach der Kapitulation hatte Heubner zunachst hohe Funktionen in der ostdeutschen Gesundheitsverwaltung war Ordinarius an der Humboldt Universitat wechselte aber 1949 an die Freie Universitat Berlin 14 15 16 Ehrungen Mitgliedschaften BearbeitenAkademie der Wissenschaften zu Gottingen 17 Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland Grosses Bundesverdienstkreuz 1952 Paracelsus Medaille 1954 Schmiedeberg Plakette 1956 Dr med vet h c Dr rer nat h c Literatur BearbeitenHeubner Wolfgang Otto Leonhard In Robert Volz Reichshandbuch der deutschen Gesellschaft Bd 1 A K Deutscher Wirtschaftsverlag Berlin 1930 DNB 453960286 S 742 Johanna Therese Kneer Primbs Wolfgang Heubner 1877 1957 Leben und Werk Tubingen 1989 Udo Schagen Von der Freiheit und den Spielraumen der Wissenschaft ler im Nationalsozialismus Wolfgang Heubner und die Pharmakologie der Charite 1933 bis 1945 In Sabine Schleiermacher Udo Schagen Hrsg Die Charite im Dritten Reich Paderborn Schoningh 2008 S 207 227 Eduard Seidler Heubner Wolfgang In Neue Deutsche Biographie NDB Band 9 Duncker amp Humblot Berlin 1972 ISBN 3 428 00190 7 S 39 f Digitalisat Kurzbiografie zu Heubner Wolfgang In Wer war wer in der DDR 5 Ausgabe Band 1 Ch Links Berlin 2010 ISBN 978 3 86153 561 4 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Wolfgang Heubner im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Werke von und uber Wolfgang Heubner in der Deutschen Digitalen BibliothekEinzelnachweise Bearbeiten Manfred Sturzbecher Heubner Wolfgang Otto Leonhard In Werner E Gerabek Bernhard D Haage Gundolf Keil Wolfgang Wegner Hrsg Enzyklopadie Medizingeschichte De Gruyter Berlin New York 2005 ISBN 3 11 015714 4 S 590 Kosener Korpslisten 1960 39 989 Dissertation Die Spaltung des Fibrinogens bei der Fibringerinnung Habilitationsschrift Ueber Vergiftung der Blutkapillaren Peter Holtz Eroffnungsansprache Naunyn Schmiedebergs Archiv fur experimentelle Pathologie und Pharmakologie 232 1957 S 1 11 Jens Thiel Der Lehrkorper der Universitat im NS in Heinz Elmar Tenorth Michael Gruttner Hrsg Geschichte der Universitat Unter den Linden Bd 2 Berlin 2012 S 465 538 hier S 500 Hans Joachim Dahms Die Universitat Gottingen von 1918 bis 1989 in Rudolf von Thadden Hrsg Gottingen von der preussischen Mittelstadt zur sudniedersachsischen Grossstadt 1866 1989 Gottingen 1999 S 395 456 hier S 398 Ernst Klee Das Personenlexikon zum Dritten Reich Wer war was vor und nach 1945 Koblenz 2012 S 251 509 Hitlers willige Professoren In Tagesspiegel 14 Juli 2013 Online https www spiegel de politik sie sind entlassen genosse a 3c9e0c48 0002 0001 0000 000044418142 Udo Schagen Von der Freiheit und den Spielraumen der Wissenschaft ler im Nationalsozialismus Wolfgang Heubner und die Pharmakologie der Charite 1933 bis 1945 in Sabine Schleiermacher und Udo Schagen Hrsg Die Charite im Dritten Reich Paderborn Ferdinand Schoningh 2008 S 227 ISBN 978 3 506 76476 8 Schagen Von der Freiheit und den Spielraumen der Wissenschaft ler im Nationalsozialismus S 219 Jens Thiel Der Lehrkorper der Universitat im NS in Heinz Elmar Tenorth Michael Gruttner Hrsg Geschichte der Universitat Unter den Linden Bd 2 Berlin 2012 S 465 538 hier S 520 Paul Weindling Unser eigener osterreichischer Weg Die Meerwasser Trinkversuche in Dachau 1944 in Herwig Czech Paul Weindling Osterreichische Arzte und Arztinnen im Nationalsozialismus Jahrbuch des Dokumentationsarchivs des osterreichischen Widerstandes Wien 2017 S 133 177 hier S 159 Ernst Klee Das Personenlexikon zum Dritten Reich Wer war was vor und nach 1945 Koblenz 2012 S 251 509 Karl Einhaupl Detlev Ganten Jakob Hein 300 Jahre Charite im Spiegel ihrer Institute Berlin 2010 S 163 Holger Krahnke Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Gottingen 1751 2001 Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Gottingen Philologisch Historische Klasse Folge 3 Bd 246 Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Gottingen Mathematisch Physikalische Klasse Folge 3 Bd 50 Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 2001 ISBN 3 525 82516 1 S 113 Normdaten Person GND 116779985 lobid OGND AKS LCCN no2008173026 VIAF 35216974 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Heubner WolfgangALTERNATIVNAMEN Heubner Wolfgang Otto LeonhardKURZBESCHREIBUNG deutscher Pharmakologe und HochschullehrerGEBURTSDATUM 18 Juni 1877GEBURTSORT LeipzigSTERBEDATUM 26 Februar 1957STERBEORT Heidelberg Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Wolfgang Heubner amp oldid 233333751