www.wikidata.de-de.nina.az
Gunter Maschke 15 Januar 1943 in Erfurt 7 Februar 2022 in Frankfurt am Main 1 war ein deutscher Autor und Herausgeber der anfangs linker politischer Aktivist war spater Privatgelehrter und Publizist der Neuen Rechten wurde 2 und auch in rechtsextremen Medien publizierte Gunter Maschke 2015 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Wirken 3 Rezeption 4 Veroffentlichungen Auswahl 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseLeben BearbeitenMaschke kam 1949 als Adoptivkind mit seiner Familie von Erfurt nach Trier wo er nach der mittleren Reife eine Lehre als Versicherungskaufmann absolvierte 1960 trat er in die Deutsche Friedens Union kurz darauf in die seit 1956 illegale KPD ein An der Technischen Hochschule in Stuttgart horte er bei Max Bense Im Kreis um Bense und Ludwig Harig lernte er Gudrun Ensslin und spater deren Schwester Johanna kennen 3 Maschke und Johanna Ensslin zogen nach Tubingen und heirateten 1965 Dort studierte Maschke Philosophie bei Ernst Bloch und war von 1963 bis 1964 Redakteur der Studentenzeitung Notizen 1964 fand er Anschluss an die radikal linke situationistische Subversive Aktion Tubingen Nach deren Auflosung 1966 engagierte sich Maschke im Sozialistischen Deutschen Studentenbund SDS 1965 erhielt er von der Bundeswehr den Gestellungsbefehl und erklarte dass er den Kriegsdienst ebenso wie den Ersatzdienst aus politischen Grunden verweigern wolle Am 28 Oktober 1965 wurde er von Feldjagern festgenommen Nachdem er wieder auf freiem Fuss in zwei Instanzen nicht als Kriegsdienstverweigerer anerkannt wurde entzog er sich einer drohenden Verhaftung durch die Ausreise zunachst nach Paris dann nach Zurich und schliesslich nach Osterreich wo er der Kommune Wien um Robert Schindel beitrat In Wien verdiente er sein Einkommen als freier Mitarbeiter fur Volksstimme und Wiener Tagebuch Nach einer Rede auf einer Demonstration gegen den Vietnamkrieg wurde Maschke am 9 Oktober 1967 festgenommen und als unerwunschter Auslander fur siebzehn Tage inhaftiert Mit medienwirksamen Demonstrationen gelang es der Kommune Wien die drohende Auslieferung an die Bundesrepublik zu verzogern bis Maschke im Februar 1968 nach Kuba ausreisen konnte wo er politisches Asyl erhielt Die Erfahrungen seines zweijahrigen Aufenthalts in Kuba von 1968 bis 1969 bewirkten eine politische Neuorientierung 4 Maschke ubte offene Kritik verweigerte sich Karriereofferten des Regimes und wurde in Havanna verhaftet und in einem Flugzeug nach Moskau abgeschoben Er berichtete spater mehrere kubanische Bekannte seien kurz darauf als angeblich an einem Attentatsplan auf Fidel Castro beteiligte Verschworer hingerichtet und er selbst in Abwesenheit zu zehn Jahren Haft verurteilt worden 5 Er kehrte in die Bundesrepublik zuruck Hier verbusste er eine einjahrige Haft wegen Fahnenflucht zunachst in Munchen und dann in Landsberg Der Amtsrichter der ihn im Januar 1970 verurteilt hatte war wenige Wochen spater Ziel eines Brandbombenanschlags Die Aktion wurde der terroristischen Gruppe Tupamaros Munchen zugeschrieben die zuvor in einem Drohbrief Maschkes Freilassung gefordert hatte 6 Auf Vermittlung von Hans Magnus Enzensberger erschien in der edition suhrkamp der von Maschke ubersetzte Gedichtband Ausserhalb des Spiels von Heberto Padilla 7 Als Resumee seiner Kuba Erfahrungen veroffentlichte er eine Darstellung der kubanischen Okonomie im Kursbuch und in der Reihe Fischer den Essay Kritik des Guerillero 1973 In den folgenden Jahren war er Dozent an der Marineschule von La Punta Peru wo er Theorie und Strategie der Partisanenbekampfung lehrte 8 sowie als freier Mitarbeiter bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung tatig 9 Die antirevolutionare Wende ging einher mit dem Studium des Werkes von Carl Schmitt Maschke avancierte zu einem Kenner und personlichen Freund des wegen seines Eintretens fur das NS Regime in der Kritik stehenden Theoretikers Nach einer publizistischen Kontroverse mit Dolf Sternberger die sich an einem von Maschke verfassten Nachruf auf Schmitt entzundete schied Maschke 1985 aus der FAZ Mitarbeit aus Von 1980 bis 1982 gab er fur den Deutschen Arzteverlag die Edition Maschke heraus in der u a Werke Schmitts sowie Schriften von Bernard Willms und Agnes Heller veroffentlicht wurden 10 Seit seiner Abkehr von der radikalen Linken publizierte Maschke uberwiegend in Zeitschriften des rechtskonservativen bis rechtsextremen Umfeldes wie Staatsbriefe Criticon Junge Freiheit Empresas politicas wo im Jahr 2008 zu seinem 65 Geburtstag eine Sondernummer als Festschrift erschien oder Etappe wo er von 1993 an bis zur 20 Ausgabe 2010 als Mitherausgeber fungierte 11 12 Er veroffentlichte zahlreiche Beitrage insbesondere zu den Werken von Juan Donoso Cortes und Carl Schmitt Seine kommentierte Edition von Aufsatzen Carl Schmitts wird zwar als Werk eines dogmatischen Rechtsauslegers bezeichnet 13 zugleich aber wegen ihres Kenntnisreichtums ernst genommen 14 Maschke hatte in seinen letzten Lebensjahren Diabetes Probleme 15 Er starb im Februar 2022 im Alter von 79 Jahren in Frankfurt am Main Wirken BearbeitenGunter Maschke galt seit seiner in den 1970er Jahren vollzogenen Abkehr von der Linken und seiner Carl Schmitt Rezeption als Vordenker der Neuen Rechten Fur den Verfassungsschutz 16 war er ein bekennender Verfassungsfeind der das Grundgesetz als Gefangnis bewertete 17 Demokratische Werte bezeichnete er als Kannibalenhumanitat und Zigeunerliberalismus 18 In Maschkes Denken war die Demokratie totalitar 19 Analog den alten Rechten sprach er vom Diktat von Versailles 20 21 Zusammen mit dem vom Links zum Rechtsextremismus gewechselten Horst Mahler und Reinhold Oberlercher veroffentlichte Maschke auf der Website des Deutschen Kollegs am 24 Dezember 1998 22 und in der rechtsextremen Zeitschrift Staatsbriefe 1 1999 eine Kanonische Erklarung zur Bewegung von 1968 worin sie der 68er Bewegung eine nationalrevolutionare Deutung geben 23 Sie behaupteten dass die 68er Bewegung weder fur Kommunismus noch fur Kapitalismus weder fur drittweltliche oder ostliche noch fur westliche Konzepte und Machtinteressen eingetreten sei sondern allein fur das Recht eines jeden Volkes auf nationalrevolutionare und sozialrevolutionare Selbstbefreiung 24 Rezeption BearbeitenLaut Lorenz Jager war Maschke erst ganz links und dann ganz rechts alles mit ziemlich heftigen Ausschlagen Fur einen Rechten seien seine Schimpftiraden gegen die lieben Deutschen schwer ertraglich gewesen und fur einen Linken sein Sarkasmus gegenuber allen Utopien Eindrucksvoll sei seine geistige und am Ende die personliche Statur gewesen die eines literarischen Menschen der in den Siebzigerjahren Neudrucke von vergessenen Klassikern der nicht kommunistischen Linken auf den Weg brachte und der in der FAZ die politische Ideengeschichte auf dem hochsten Niveau ausgebreitet habe Ausserdem verdanke man ihm hervorragende Editionen der reaktionaren Denker Carl Schmitt und Donoso Cortes Sein Sinn fur Machtverhaltnisse sei so ausgepragt gewesen dass Rudi Dutschke ihn Maschkiavelli genannt habe In der spateren Phase seines Wirkens sei Maschke zum Ultra Reaktionar geworden der aber keine These seiner Hausgotter ungepruft ubernommen habe Er sei ein Rechter aber kein Rechthaber gewesen Die fundamentale Distanz zum politischen System seiner Heimat die ihn als junger Mensch motivierte habe ihn bis zuletzt gepragt 25 Willi Winkler charakterisierte Maschke in einem Nachruf fur die Suddeutsche Zeitung als der Unberechenbarste unter den sogenannten Achtundsechzigern manche werden sagen der Verruckteste und mit Sicherheit in seinem selbstbewussten Irresein eine literarische Gestalt ein anderer Meursault der Fremde in Albert Camus Roman den er wieder und wieder las Die Konstanten in Maschkes Leben seien sein existenzieller Fundamentalismus sowie seine ungeruhrt antidemokratisch und antiamerikanisch getonte Haltung gewesen 26 Volker Weiss schrieb in einem Nachruf dass andere Uberlaufer von der Linken zur Rechten zwar lauter gewesen seien ihren Weg aber meist in der Holzklasse ihrer Ressentiments zurucklegten wahrend Maschke im Salonwagen der Theorie die Fronten gewechselt habe Dabei habe er durchgangig die elitare Haltung des Kaders gezeigt Jurgen Habermas habe gesagt dass Maschke der einzige wirkliche Renegat der 68er Bewegung gewesen sei Geistig sei Maschke eher in der romanischen Welt als in Deutschland zu Hause und mehr Reaktionar als Nationalist gewesen Er sei der letzte ernstzunehmende Theoriearbeiter der extremen Rechten in Deutschland gewesen Seine Forderung an die Rechte wieder ernsthafter intellektueller und wissenschaftlicher zu werden sei weitgehend ungehort geblieben 27 Veroffentlichungen Auswahl BearbeitenMonografien Kritik des Guerillero Zur Theorie des Volkskriegs Fischer Frankfurt am Main 1973 ISBN 3 10 047201 2 Der Tod des Carl Schmitt Apologie und Polemik Karolinger Wien 1987 ISBN 3 85418 030 6 Neuauflage Der Tod des Carl Schmitt Durchgesehene und um Texte aus den Jahren 1988 2007 vermehrte Ausgabe Karolinger Wien 2012 ISBN 978 3 85418 146 0 Das bewaffnete Wort Aufsatze aus den Jahren 1973 1993 Karolinger Wien Leipzig 1997 ISBN 3 85418 080 2 Verrater schlafen nicht Regin Verlag Kiel 2011 ISBN 978 3 941247 35 2 Herausgeberschaft Carl Schmitt Staat Grossraum Nomos Arbeiten von Carl Schmitt aus den Jahren 1916 1969 Duncker amp Humblot Berlin 1995 ISBN 3 428 07471 8 Carl Schmitt Frieden oder Pazifismus Arbeiten zum Volkerrecht und zur internationalen Politik 1924 1978 Duncker amp Humblot Berlin 2005 ISBN 3 428 08940 5 Juan Donoso Cortes Essay uber den Katholizismus den Liberalismus und den Sozialismus und andere Schriften aus den Jahren 1851 bis 1853 Dritte vermehrte Auflage Karolinger Wien Leipzig 2018 ISBN 978 3 85418 188 0 Ubersetzungen Heberto Padilla Ausserhalb des Spiels Gedichte Aus dem Spanischen ubersetzt Suhrkamp Frankfurt am Main 1971 Literatur BearbeitenWilli Winkler Die Versuchung Amok zu laufen Ein deutsches Milieu Wie lebt ein rechter Kommunist heute In Suddeutsche Zeitung 18 September 1998 S 3 Lorenz Jager Gelehrter ohne Amt Kriegstheorie Zum sechzigsten Geburtstag von Gunter Maschke In Frankfurter Allgemeine Zeitung 15 Januar 2003 S 35 Empresas Politicas Ano VII Numero 10 11 1 er 2 Semestre 2008 Numero especial Liber Amicorum ofrecido a Gunter Maschke Festschrift fur Gunter Maschke Sonderheft ISSN 1695 6117 Guillermo de Ujue Auswahlbibliographie Gunter Maschke In Festschrift fur Gunter Maschke S 325 331 Manuel Seitenbecher Mahler Maschke amp Co Rechtes Denken in der 68er Bewegung Schoningh Paderborn 2013 ISBN 978 3 506 77704 1 Lorenz Jager Der Verfassungsfeind als Intellektueller In Frankfurter Allgemeine Zeitung 10 Februar 2022 S 13 Willi Winkler Nachruf Im Kampf fuhlt man sich wohler In Suddeutsche Zeitung 10 Februar 2022 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Gunter Maschke im Katalog der Deutschen NationalbibliothekEinzelnachweise Bearbeiten Lorenz Jager Der Verfassungsfeind als Intellektueller In FAZ net 9 Februar 2022 abgerufen am 9 Februar 2022 paywall Anton Maegerle Politischer und publizistischer Werdegang von Autoren der Jungen Freiheit In Stephan Braun Ute Vogt Hrsg Die Wochenzeitung junge Freiheit Kritische Analysen zu Programmatik Inhalten Autoren und Kunden Springer 2007 S 193 215 S 198 Peter Mosler Was wir wollten was wir wurden Rowohlt Taschenbuch 1977 S 176f Linke Ruckkehr vom Mond In Der Spiegel vom 7 Mai 1973 abgerufen am 21 Marz 2014 Timo Frasch Uberlebt In Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 20 Oktober 2013 S 10 Wolfgang Kraushaar Mordanklage Hans Magnus Enzensbergers boser Bruder Ulrich In Welt de vom 17 Juni 2013 abgerufen am 21 Marz 2014 Heberto Padilla 1932 2000 bekam fur seine Gedichtsammlung Fuera del Juego 1968 den hochsten kubanischen Literaturpreis wurde aber kurz darauf wegen des regimekritischen Gehalts seiner Gedichte zu Hausarrest verurteilt bis er 1980 in die USA emigrieren durfte Die Padilla Affare brachte dem Regime weltweiten Verlust an Sympathie unter Intellektuellen ein Lorenz Jager Deutscher Augenblick in FAZ 18 Juni 2013 S 25 Magazin Kunst Band 51 3 Quartal 1973 S 70 Autorenprofil beim Verlag Duncker amp Humblot Deutschland Archiv 1993 S 1398 Siehe Impressum der 20 Etappe Sommer 2010 s Rezension von Reinhard Mehring bei H Soz u Kult So etwa Michael Stolleis in Frankfurter Rundschau s auch die Zusammenfassung bei Perlentaucher R I P auf klonovsky de abgerufen am 10 Februar 2022 Verfassungsschutzbericht 2003 erschienen 2004 dort wird es scharfer formuliert Maschke der sich in einem fruheren JF Interview selbst als Verfassungsfeind bezeichnete und an anderer Stelle die Verfassung als Gefangnis bewertete diffamierte demokratische Werte als Kannibalenhumanitat und Zigeunerliberalismus S 90f Gunter Maschke im Interview Der Raum der geistigen Freiheit ist geradezu verdampft In Junge Freiheit 06 1991 S 3 Gunter Maschke Der Engel der Vernichtung In Junge Freiheit 15 2003 S 17 Gunter Maschke im Interview Mit der Jugend damals wurde diskutiert In Junge Freiheit 35 2000 S 7 Gunter Maschke im Interview Die Deutschen werden zu Vasallen der USA ohne Lohn In Junge Freiheit 14 1999 S 4f Rede vom Versailler Diktat ebenso in Maschke Der Tod des Carl Schmitt Wien 1987 S 133 Archivlink Memento vom 24 November 2016 im Internet Archive Jahrbuch Extremismus amp Demokratie Band 22 Bouvier Verlag 2010 S 247 Horst Mahler Gunter Maschke Reinhold Oberlercher Kanonische Erklarung zur Bewegung von 1968 In Staatsbriefe 1 1999 S 16 Das Zitat wurde in mindestens drei Sekundarquellen veroffentlicht hier Klaus Biesenbach Zur Vorstellung des Terrors Band 2 von Zur Vorstellung des Terrors Die RAF Ausstellung Steidl Verlag 2005 S 135 Lorenz Jager Der Verfassungsfeind als Intellektueller Frankfurter Allgemeine Zeitung 10 Februar 2022 S 13 Willi Winkler Im Kampf fuhlt man sich wohler Suddeutsche Zeitung 10 Februar 2022 Volker Weiss Von ganz links nach ganz rechts In Spiegel Kultur 11 Februar 2022 abgerufen am 11 Februar 2022 Normdaten Person GND 13027402X lobid OGND AKS LCCN n86137361 VIAF 51762308 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Maschke GunterKURZBESCHREIBUNG deutscher Publizist und HerausgeberGEBURTSDATUM 15 Januar 1943GEBURTSORT ErfurtSTERBEDATUM 7 Februar 2022STERBEORT Frankfurt am Main Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gunter Maschke amp oldid 238328993