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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig Zum agyptischen Politiker siehe Abdel Moneim Abul Futuh Futuh arabisch فتوح DMG futuḥ Eroberungen Siege Plural von فتح DMG fatḥ Erfolg Offnung Eroffnung Beginn bezeichnet die von islamisierten arabischen Stammesverbanden nach dem Tode des Propheten Mohammed 632 durchgefuhrten Eroberungen zuerst auf byzantinischem und sassanidischen Gebiet die zur Errichtung eines islamischen Staates und in weiterer Konsequenz zur fast vollstandigen Islamisierung des Vorderen Orients und des Mittleren Ostens sowie Nordafrikas fuhren sollten Inhaltsverzeichnis 1 Wortbedeutung 2 Geschichtlicher Ablauf 3 Chronologie 4 Kritik 5 Literatur 6 AnmerkungenWortbedeutung BearbeitenIm Verstandnis muslimischer Historiographen tragt der Terminus futuḥ eine stark religiose Konnotation und bezeichnet in diesem Sinne diejenigen Kriege die die nachprophetischen Muslime gegen die Unglaubigen kuffar fuhrten Die arabische Lexikographie bezeichnet das Verb synonym zum Verb ghalaba غلب عليه ġalaba ʿalaihi siegen besiegen sich bemachtigen 1 In diesem Sinne benutzt die islamische Historiographie den Begriff futuḥ als Eroberung bzw Eroberungen neuer Gebiete und ihr Anschluss an das islamische Reich Die Schriften die sich mit dieser Epoche der fruhislamischen Geschichte nach dem Tod Mohammeds beschaftigen nennt man entsprechend kitab al futuḥ Das Buch der Eroberungen futuḥ al buldan 2 Die Eroberung der Lander oder regional bezogen Futuḥ as Sam die Eroberung von Syrien usw Geschichtlicher Ablauf BearbeitenDie arabisch islamische Expansion schliesst sich relativ nahtlos an die bereits im Jahre 633 also nur ein Jahr nach dem Tode des Propheten zum Abschluss gekommenen ridda Apostasie Kampfe an in deren Zuge der erste der so genannten rechtgeleiteten Kalifen Abu Bakr reg 632 34 diejenigen arabischen tribalen Gruppen wieder an das noch junge Kalifat und die neu entstandene muslimische Gemeinde umma band die nach vorislamischer Sitte ihr Loyalitatsverhaltnis mit den Muslimen nach dem Tode des Propheten aufgekundigt hatten Diese neu gewonnenen tribalen Gruppen deren letztendliche Unterwerfung auch den Prozess der Islamisierung der Arabischen Halbinsel zum Abschluss brachte sollte auch im Verlaufe der futuḥ eine zentrale Rolle spielen 3 Vor allem die in den Grenzregionen zum byzantinischen und sassanidischen Reich siedelnden nomadischen Verbande stiessen bereits zu einem fruhen Zeitpunkt in die Territorien der beiden aufgrund innerer Streitigkeiten und vorheriger zwischenstaatlicher Kriegshandlungen geschwachten Grossreiche vor deren stehende Heere kaum die Flexibilitat besassen den schnell und dezentral operierenden arabischen Verbanden die Stirn zu bieten 4 Auch die Tatsache dass beide Reiche bereits durch fruhere nomadische Ubergriffe die meist lokal und zeitlich begrenzt waren Erfahrung mit den Razzien ġazawat Sg ġazwa arabischer Beduinen hatten und die Situation daher falsch einschatzten mag zur langsamen und nur unzureichenden Reaktion der Zentralregierungen der beiden Reiche und damit zu ihrem schnellen Sturz bzw ihrer grossflachigen territorialen Eindammung beigetragen haben 5 Ein weiterer Faktor der die rasche Expansion der unorganisierten und nur sehr mittelbar zentral gefuhrten arabischen Krafte erklaren mag liegt in der Haltung der lokalen Bevolkerungen in deren Siedlungsgebiete die futuḥ Kampfer zuerst vorstiessen Von ihren ihre Legitimation vornehmlich auf religiose Bezugssysteme aufbauenden Zentralregierungen oftmals aufgrund aus deren Perspektive heterodoxer sektiererischer Glaubensuberzeugungen marginalisiert und mit kriegsbedingt hohen Steuerabgaben belastet begrussten moglicherweise mehrere syrische und agyptische Christen aber auch Gruppen an der Peripherie des persischen Einflussgebietes die administrativ nur wenig geschulten und aufgrund des noch schwach entwickelten islamischen Dogmas religios eher indifferenten islamischen Eroberer die ihren neuen Untertanen im Vergleich zu den vorherigen Machthabern nur geringe Steuern auferlegten zu erwahnen ist in diesem Zusammenhang vor allem die sogenannte Dschizya Kopfsteuer fur Schriftbesitzer ahl al kitab 6 Allerdings ist die These die christliche Bevolkerung Syriens und Agyptens hatte weil sie in religiosen Fragen oft in Opposition zur Reichskirche stand die Araber begrusst in der neueren Forschung wieder sehr umstritten da durchaus heftiger lokaler Widerstand gegen die arabischen Eroberer belegt ist 7 Chronologie BearbeitenZwar ist die genaue Chronologie der arabisch islamischen Expansion an vielen Stellen noch zweifelhaft doch lassen sich wichtige Etappen festhalten Bereits im Jahre 635 wird Damaskus eingenommen nachdem arabische Verbande zuerst ins sassanidisch kontrollierte Mesopotamien und ins byzantinische Sudpalastina eingefallen waren Nur ein Jahr spater 636 stehen sich arabische Kampfer und ein byzantinisches Heer am Yarmuk Syrien Palastina gegenuber im selben Jahr oder erst 637 treffen sie in der Schlacht von Qadisiyya westlich von Naḥaf Irak auf das Heer der Sassaniden in deren Gefolge deren Hauptstadt Ktesiphon fallt Durch die byzantinische Niederlage am Yarmuk waren bereits zuvor Syrien und Palastina faktisch unter muslimische Kontrolle gefallen eine Entwicklung die mit der Einnahme der letzten byzantinischen Aussenposten in diesem Gebiet im Jahre 640 endgultig besiegelt werden sollte Die Eroberung von Agypten unter der Leitung ʿAmr Ibn al ʿAs die sogenannte fatḥ Miṣr vollzog sich in den Jahren 639 642 Parallel hierzu von ca 640 642 erobern muslimische Verbande den sassanidischen Iran und schlagen das letzte persische Aufgebot in der Schlacht bei Nehawend Zagros Gebirge vernichtend Beginnend im Jahre 650 stossen muslimische Verbande nun immer tiefer nach Nordafrika vor Bereits 711 standen Muslime zum ersten Mal im Sudindus Gebiet und setzten von Tanger aus auf die Iberische Halbinsel uber wo sie den letzten Gotenkonig Roderich in der Schlacht am Rio Guadalete schlagen 8 Kritik BearbeitenDem Orientalisten Bernard Lewis zufolge betrachtete man futuḥ nicht als reine Eroberungen sondern als die Befreiung von gottlosen Regimes und die Errichtung der gottlichen Ordnung des Islam Dies kommt z B in einem Ultimatum zum Ausdruck das ein muslimischer Heerfuhrer an die Prinzen Persiens geschickt haben soll Lob sei Gott der eure Ordnung umgestossen eure ublen Plane durchkreuzt und eure Einheit entzweit hat 9 Dieser Sprachgebrauch ist Lewis zufolge vergleichbar mit dem Begriff Befreiung Entsprechend wurde er im 20 Jahrhundert haufiger von muslimischen Historikern der Moderne in der Darstellung des Fruhislams in diesem Zusammenhang genannt Diese Denkweise von legitimen Eroberungen begrundet sich Lewis zufolge auf dem Prinzip der fitra 10 nach dem es der Natur des Menschen entsprache Muslim zu sein Literatur BearbeitenBernard Lewis Die politische Sprache des Islam Rotbuch Rationen Berlin 1991 ISBN 3 88022 769 1 S 151 f Rudi Paret Die Bedeutungsentwicklung von arabisch fatḥ In Orientalia Hispanica Nr 1 1974 ISBN 90 04 03996 1 S 537 541 Albrecht Noth Fruher Islam In Ulrich Haarmann Hrsg Geschichte der arabischen Welt Beck Munchen 1987 ISBN 3 406 31488 0 S 11 100 Anmerkungen Bearbeiten al Muʿ ǧam al wasiṭ Band II Akademie der Arabischen Sprache Kairo 1972 S 178 Ibn Manẓur Lisan al ʿ arab s v f t ḥ Rudi Paret Der Koran Kommentar und Konkordanz Kohlhammer Stuttgart 1980 S 167 Albrecht Noth Fruher Islam In Ulrich Haarmann Hrsg Geschichte der arabischen Welt Munchen 1987 S 58 59 Albrecht Noth Fruher Islam In Ulrich Haarmann Hrsg Geschichte der arabischen Welt Munchen 1987 S 62 Albrecht Noth Fruher Islam In Ulrich Haarmann Hrsg Geschichte der arabischen Welt Munchen 1987 S 62 63 Albrecht Noth Fruher Islam In Ulrich Haarmann Hrsg Geschichte der arabischen Welt Munchen 1987 S 64 66 Zusammenfassend Wolfram Brandes Herakleios und das Ende der Antike im Osten Triumphe und Niederlagen In Mischa Meier Hrsg Sie schufen Europa Munchen 2007 S 248 258 hier S 257 Albrecht Noth Fruher Islam In Ulrich Haarmann Hrsg Geschichte der arabischen Welt Munchen 1987 S 59 60 At Tabari Ta riḫ Bd 1 2053 Abu Yusuf Kitab al ḫaraǧ 85 Abu Ubaid al Qasim b Sallam Kitab al amwal Kairo 1934 34 Lewis 1991 159 Fussnote 8 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Futuh amp oldid 218291619