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53 246594444444 7 391225 Koordinaten 53 14 47 7 N 7 23 28 4 O Fundplatz Bentumersielp1f1Lage Niedersachsen DeutschlandFundort BentumersielFundplatz Bentumersiel Niedersachsen Wann Romische KaiserzeitWo Bentumersiel Landkreis Leer NiedersachsenDer archaologische Fundplatz Bentumersiel befindet sich in der Nahe der Emsmundung am linken Ufer des Flusses auf dem Gebiet der heutigen Gemeinde Jemgum im niedersachsischen Landkreis Leer Es handelt sich um eine germanische Siedlung die um die Zeitenwende genutzt wurde Der Fluss markierte zur Zeitenwende die Grenze der Siedlungsgebiete der Friesen und der Chauken die damals auf dem Gebiet des heutigen Ostfrieslands lebten Der Fundplatz ist neben dem Romerlager Hedemunden der Fundregion Kalkriese dem Romischen Marschlager von Wilkenburg und dem Harzhornereignis eine der wenigen Fundstellen mit romischen Militaria im norddeutschen Raum 1 Die Ergebnisse verschiedener Grabungskampagnen legen nahe dass Bentumersiel um die Zeitenwende moglicherweise als Nachschubhafen der romischen Flotte und romischen Feldherren als Versorgungsstutzpunkt diente 2 Eindeutige Belege dafur dass in Bentumersiel ein romisches Militarlager bestand gibt es aber nicht 3 Inhaltsverzeichnis 1 Lage und Gebiet 2 Geschichte 2 1 Die germanische Siedlung 2 2 Mogliche Kontakte mit den Romern 2 3 Wiederentdeckung 3 Die Dame von Bentumersiel 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLage und Gebiet BearbeitenDer Fundplatz liegt links der unteren Ems auf dem leicht erhohten Uferwall in der Flussmarsch des Rheiderlands zwischen den heutigen Ortsteilen Bentumersiel und Jemgumkloster 4 Insgesamt bedeckte der bebaute Bereich der Flachsiedlung eine Flache von mehr als zwei Hektar Durch Bohruntersuchungen konnte die Ostfriesische Landschaft in den Jahren 1971 und 1972 belegen dass die Siedlung auf einer etwa 50 Meter breiten Landenge lag die von der Ems und zwei in sie einmundenden Prielen umschlossen war Ein bis in die romische Kaiserzeit offener Priel verband die Siedlung bei Bentumersiel mit der wenige hundert Meter nordlich gelegenen Wurt von Jemgumkloster und mundete nordostlich davon in die damals wahrscheinlich weiter ostlich verlaufende Ems 5 Geschichte BearbeitenDie germanische Siedlung Bearbeiten Bentumersiel war eine germanische Siedlung Aufgrund der Funde von Keramik und einigen Bronzegegenstanden vermutet das Niedersachsische Institut fur historische Kustenforschung dass die Besiedelung des Ortes bereits im dritten oder zweiten Jahrhundert vor Christus begann Spatestens ist die Siedlung im ersten Jahrhundert vor Christus gegrundet worden 6 Die Gebaude standen etwa zehn bis 15 Meter voneinander entfernt locker uber das Siedlungsgebiet verstreut und waren meist von Zaunen umgeben Auf der Westseite also zur Landseite hin war das Areal durch Palisade und Graben in der Art einer Abschnittsbefestigung geschutzt Diese Verteidigungsanlage haben die Siedler offenbar noch vor Errichtung der ersten Hauser angelegt 7 Unter den Funden aus der Fruhzeit der Besiedelung waren zwei Fibeln und ein Anhanger aus Bronze die keltische Anklange aufwiesen Dies deutet der Archaologe Erwin Strahl als Hinweis darauf dass die Marschbewohner des Rheiderlands schon fruh Beziehungen nach Suden gehabt haben 8 Die germanische Siedlung hatte bis in das zweite oder dritte Jahrhundert nach Christus Bestand 4 Vereinzelte Funde aus dem obersten bereits durch den Kleiabbau gestorten Boden datieren auf das vierte und funfte Jahrhundert 6 Die Siedlung wies grosse Unterschiede zu einer bauerlichen germanischen Marschsiedlung der Romischen Kaiserzeit auf So ist die zu ebener Erde angelegte Siedlung im Laufe ihres Bestehens nie durch eine Warft zum Schutz gegen Wasser erhoht worden Bauten Zaune und Wege waren aufeinander ausgerichtet so dass Bentumersiel wohl planvoll angelegt wurde Zudem handelte es sich bei den wenigen bislang freigelegten Gebauden um kleine Hauser ohne Stallteil 9 Die speicherartigen Bauten bei Bentumersiel bildeten kleine lockere Baugruppen zu denen jeweils ein dreischiffiges Hallenhaus gehorte das wohl ausschliesslich Wohnzwecken diente 10 Dies fuhrte zu der Annahme dass die Siedlung zeit ihres Bestehens nur saisonal als Stapel und Handelsplatz genutzt worden ist da die Moglichkeit der Aufstallung des Viehes uber den Winter fehlte Moglicherweise stand Bentumersiel in enger Beziehung zu der wenige hundert Meter nordlich gelegenen Wurt Jemgumkloster Diese war in der alteren vorromischen Eisenzeit dann seit etwa 100 v Chr bis in das 2 3 Jahrhundert n Chr und schliesslich seit dem 8 9 Jahrhundert besiedelt Dort begannen die Bewohner bereits zu Anfang des 1 Jahrhunderts v Chr mit dem Bau einer Wurt wahrend die Bewohner von Bentumersiel wahrend der gesamten romischen Kaiserzeit zu ebener Erde lebten 5 Der Archaologe Rolf Barenfanger von der Ostfriesischen Landschaft nimmt an dass die Einwohner von Jemgumkloster den Warenverlauf uber die Ems kontrollierten Auffallig sind auch die im Vergleich zum restlichen Ostfriesland uberdurchschnittlich vielen romischen Funde darunter Militaria Denkbar ist dass die Romer 15 16 nach Christus die verkehrsgunstig gelegene Siedlung als Stapelplatz nutzten Fragmente der Ausrustung romischer Legionare aus Metall und vor allem zahlreiche Scherben von Amphoren und anderer romischer Schwer und Feinkeramik lassen darauf schliessen dass es hier einen Kontakt zwischen Germanen und Romern gegeben hat 8 Spuren einer militarischen Anlage konnten die Archaologen aber bislang nicht entdecken 4 Abgesehen von einem abknickenden Graben sind keine eindeutigen Funde gemacht worden die auf eine solide Lagerumwehrung schliessen lassen Befunde mit denen sich ein romisches Versorgungslager oder ein Flottenstutzpunkt nachweisen liessen fehlen ebenso Durch den Tonabbau waren die oberen Bodenschichten im 20 Jahrhundert abgetragen worden so dass drei Siedlungshorizonte Begehungshorizont untersucht werden konnten In den beiden untersten Siedlungsschichten konnten die Reste von dreischiffigen Hausern ohne Stallteil sowie von Speicherbauten sowie Spuren von befestigten Wegen Zaunen und Graben freigelegt werden Im jungsten Siedlungshorizont stellten die Archaologen gegenuber den alteren deutlich weniger Bebauungsspuren fest In dieser Schicht fand sich aber eine grossere Menge an Fundmaterial provinzialromischer Herkunft 11 Mogliche Kontakte mit den Romern Bearbeiten Unter dem Feldherren Drusus erreichten die Romer 12 v Chr erstmals Ostfriesland Dieser erste der Drusus Feldzuge 12 9 v Chr diente der Erforschung der rechtsrheinischen Gebiete und der Beruhigung des Nordabschnitts der Grenze Moglicherweise wollte Drusus auch die Chauken unterwerfen was aber misslang weil die Flotte strandete Die Schiffe mussten von den zu Lande mitgezogenen verbundeten Friesen gerettet werden 12 nbsp Die Drususfeldzuge in den Jahren 12 und 11 v Chr Moglicherweise spielte die Emsmundung im Zuge des immensum bellum 1 bis 5 n Chr erneut eine Rolle Tiberius konnte 4 5 n Chr sein Winterlager in Bentumersiel aufgeschlagen haben dies konnte jedoch noch nicht nachgewiesen werden 6 Nach der Niederlage der Romer in der Varusschlacht begann Germanicus im Jahr 14 n Chr einen grossangelegten Feldzug gegen die Germanen Germanicus Feldzuge bis 16 n Chr Im Sommer 16 n Chr landete eine grosse romische Flotte in der Ems Die Datierung der Funde in das fruhe erste Jahrhundert nach Christus spricht dafur dass die Romer die Siedlung wahrend der Feldzuge aufsuchten So ist von Tacitus uberliefert dass die Romer ihre Armee auf insgesamt 1 000 Schiffen in das Ems Gebiet transportierten und die Flotte dort auf die Ruckkehr der Legionare von den Feldzugen gegen die Germanen wartete Moglicherweise griff sie zu ihrer Versorgung und zum Schutz der Schiffe auf den Stapel und Lagerplatz in Bentumersiel zuruck Darauf deuten Funde von rund 30 Metallgegenstanden hin die von der Ausrustung romischer Legionare und ihrer Pferde stammen Darunter befanden sich Teile der Scheide eines Gladius Schwert sowie des Zaumzeugs In Grosser Zahl entdeckten die Archaologen auch romische Keramik so Scherben von feinen Waren wie etwa Terra Sigillata aber auch Amphoren und weitere romische Schwerkeramik in einer Anzahl wie sie bislang von keiner anderen Stelle in Nordwestdeutschland bekannt ist Zudem sehen die Archaologen in den Amphoren mit ihrem Inhalt an Wein Ol und Garum Gewurz keine germanischen Importe sondern bringen sie in Zusammenhang mit romischen Legionaren die so auch wahrend eines Feldzugs ihre gewohnte Verpflegung erhielten 6 Wiederentdeckung Bearbeiten 1928 stiess man beim Abbau von Ziegelton auf zahlreiche Funde darunter eindeutige Militaria und Importkeramik die sich in spataugusteisch fruhtiberische Zeit datieren liessen 1929 erfolgte eine erstmalige Erkundung des Gelandes durch Archaologen 1971 bis 1973 sowie von 2006 bis 2008 unter Leitung von Erwin Strahl liess das damalige Niedersachsische Landesinstitut fur Marschen und Wurtenforschung Wilhelmshaven heute Niedersachsisches Institut fur historische Kustenforschung umfangreiche Grabungen ausfuhren 4 Bisher hat das Institut etwa 20 Prozent der bebauten Flache von insgesamt mehr als 20 000 Quadratmetern untersucht Den Ergebnissen zufolge nahm der bebaute Bereich der Siedlung Bentumersiel uber 190 Meter in nord sudlicher und mindestens 100 Meter in ost westlicher Richtung ein 3 Spuren eines befestigten romischen Lagers liessen sich bis dato jedoch nicht feststellen Im Rahmen eines Forschungs und Publikationsprojektes zwischen dem Niedersachsischen Institut fur historische Kustenforschung und dem Zentrum fur Baltische und Skandinavische Archaologie sollen die Funde ab 2022 neu bewertet werden Dabei sollen eine genaue Datierung und Einordnung der Kleinfunde zur Klarung der Bedeutung des Fundplatzes fur das Weser Ems Gebiet als Anlaufpunkt fur die romischen Feldzuge des fruhen 1 Jhs n Chr beitragen 13 Die Dame von Bentumersiel BearbeitenBei der Dame von Bentumersiel handelt es sich um einen 2006 im Block geborgenen Grabfund aus der Zeit um 300 n Chr 14 Er hat nichts mit den fruhkaiserzeitlichen romischen Funden aus der Siedlung zu tun 15 Das Grab gilt als ein Beleg fur die soziale Differenzierung der Germanen an der unteren Ems 1 Die Bestattete war eine Germanin der fur die Gegend eher ungewohnlich weiter ostlich dagegen haufiger hochwertige romische Importstucke mit ins Grab gelegt wurden Zu den reichen Beigaben gehorten romische Importware wie drei Bronzegefasse sowie ein Kilogramm geschmolzenes Glas das vermutlich den Rest einer Anzahl an Glasgefassen darstellt 14 Siehe auch Dame von GrethemLiteratur BearbeitenKarl Ernst Behre Acker Grunland und naturliche Vegetation wahrend der romischen Kaiserzeit im Gebiet der Marschensiedlung Bentumersiel Unterems In Probleme der Kustenforschung im sudlichen Nordseegebiet 12 1977 S 67 84 Klaus Brandt Untersuchungen zur Kaiserzeitlichen Besiedlung bei Jemgumkloster und Bentumersiel Gem Hltgaste Kr Leer im Jahre 1970 In Neue Ausgrabungen und Forschungen in Niedersachsen 7 1970 S 145 163 Erwin Strahl Neue Forschungen zum germanischen Stapelplatz von Bentumersiel an der unteren Ems 2011 In Siedlungs und Kustenforschung im sudlichen Nordseegebiet Bd 34 2011 S 293 306Weblinks BearbeitenBentumersiel Romer und Germanen beim Niedersachsischen Institut fur historische Kustenforschung mit Plan des Ausgrabungsgelandes Ausgewahlte Kleinfunde vom vermeintlich romischen Landeplatz Bentumersiel Zentrum fur Baltische und Skandinavische Archaologie 1 Einzelnachweise Bearbeiten a b Erwin Strahl Germanische Siedler Romische Legionare Die Siedlung Bentumersiel an der unteren Ems Abgerufen am 13 Juni 2013 Freerk van Lessen Ortschronisten der Ostfriesischen Landschaft Holtgaste Gemeinde Jemgum Landkreis Leer PDF 50 kB abgerufen am 13 Juni 2013 a b Erwin Strahl Die Siedlung Bentumersiel Reiderland Holtgaste FStNr 1 Bentumersiel Gde Jemgum Ldkr Leer eine Flachsiedlung der Vorromischen Eisenzeit und Romischen Kaiserzeit Memento vom 3 Dezember 2013 im Internet Archive PDF 1 MB In Nachrichten des Marschenrates zur Forderung der Forschung im Kustengebiet der Nordsee Heft 47 2010 Abgerufen am 13 Juni 2013 a b c d Erwin Strahl Strahl Bentumersiel Memento vom 1 Februar 2009 imInternet Archive hrsg Niedersachsisches Institut fur historische Kustenforschung Abgerufen am 13 Juni 2013 a b K Brandt Siedlungsarchaologische Untersuchungen im nordlichen Rheiderland In Ostfriesische Landschaft Ostfriesische Fundchronik 1970 Abgerufen am 26 Juni 2013 a b c d Erwin Strahl Die Siedlung Bentumersiel im Reiderland PDF 3 3 MB In Varus Kurier Zeitung fur Freunde und Forderer des Projekts Kalkriese Heft 11 2009 Abgerufen am 13 Juni 2013 Wolfgang Schwarz Hans Schwarz Klaus Brandt Hermann Haiduck und Hajo van Lengen Fundchronik 1973 Ostfriesische Landschaft Nicht mehr online verfugbar Ostfriesische Landschaft Regionalverband fur Kultur Wissenschaft und Bildung 1974 archiviert vom Original am 24 September 2015 abgerufen am 13 August 2023 a b Erwin Strahl Germanische Siedler Romische Legionare Die Siedlung Bentumersiel an der Ems Memento des Originals vom 20 Oktober 2013 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www kongress 2009 uni osnabrueck de abgerufen am 13 Juni 2013 Erwin Strahl Von Bauern zu Hauptlingen Neue Ergebnisse der Archaologie zur Besiedlungsgeschichte der Marschen Memento vom 29 Oktober 2013 im Internet Archive PDF 2 2 MB In Nachrichten des Marschenrates zur Forderung der Forschung im Kustengebiet der Nordsee Heft 46 2009 Abgerufen am 13 Juni 2013 Klaus Brandt Siedlungsarchaologische Untersuchungen bei Bentumersiel im Jahre 1973 In Wolfgang Schwarz und Hans Schwarz Emder Jahrbuch Bd 54 1974 Abgerufen am 26 Juni 2013 Ostfriesische Landschaft Romer in Ostfriesland Die Ausgrabungen in Bentumersiel In Land der Entdeckungen Die Archaologie des friesischen Kustenraums Internetangebot zur gleichnamigen Ausstellung Abgerufen am 13 Juni 2013 Klaus Peter Johne Die Romer an der Elbe Das Stromgebiet der Elbe im geographischen Weltbild und im politischen Bewusstsein der Griechisch romischen Antike 2006 ISBN 3 05 003445 9 S 90 Ausgewahlte Kleinfunde vom vermeintlich romischen Landeplatz Bentumersiel In Zentrum fur Baltische und Skandinavische Archaologie ZBSA Zentrum fur Baltische und Skandinavische Archaologie 10 Marz 2021 abgerufen am 27 Juni 2022 deutsch a b Kai Muckenberger und Erwin Strahl Ein Brandgrab des fruhen 4 Jahrhunderts n Chr mit reichem romischen Import aus Bentumersiel Lkr Leer Ostfriesland Memento vom 29 Oktober 2013 im Internet Archive In Archaologisches Korrespondenzblatt 39 2009 Heft 4 Abgerufen am 13 Juni 2013 Wilfried Haase Romer zwischen Ems und Elbe Bewegungslinien und Prasenzpunkte Memento vom 29 Januar 2016 im Internet Archive Abgerufen am 13 Juni 2013 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Fundplatz Bentumersiel amp oldid 236611790