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In der Mathematik ist ein Filter eine nichtleere nach unten gerichtete Oberhalb Menge innerhalb einer umgebenden halbgeordneten Menge Der Begriff des Filters geht auf den franzosischen Mathematiker Henri Cartan 1 zuruck Anschaulich betrachtet enthalt ein Filter Elemente die zu gross sind als dass sie den Filter passieren konnten Ist x ein Filterelement so ist auch jedes in der gegebenen Ordnungsrelation grossere Element y ein Filterelement und je zwei Filterelemente x und y haben einen gemeinsamen Kern z der selbst schon zu gross ist als dass er den Filter passieren konnte Filter in der umgekehrten Halbordnung heissen Ideale der Ordnung oder Ordnungsideale Inhaltsverzeichnis 1 Anwendungen 2 Allgemeine Definitionen 2 1 Filter in Verbanden 2 2 Hauptfilter 2 3 Primfilter 2 4 Ideale 3 Beispiele 3 1 Teilbarkeit 3 2 Nullstrahlen 4 Mengenfilter 4 1 Definition 4 2 Beispiele fur Mengenfilter 4 3 Anwendungen in der Topologie 5 Siehe auch 6 Literatur 7 Einzelnachweise und AnmerkungenAnwendungen BearbeitenFilter treten in der Theorie der Ordnungen und Verbande auf Ein wichtiger Spezialfall sind Mengenfilter d h Filter in der durch die Mengeninklusion halbgeordneten Potenzmenge einer Menge Mengenfilter werden besonders in der Topologie verwendet und erlauben dort die Verallgemeinerung des Begriffs der Folge fur topologische Raume ohne abzahlbare Umgebungsbasis So bildet das System der Umgebungen U x displaystyle mathcal U x nbsp eines Punktes x displaystyle x nbsp in einem topologischen Raum einen speziellen Filter den Umgebungsfilter Umgebungsfilter konnen in Raumen die kein Abzahlbarkeitsaxiom erfullen zur Definition von Netzen verwendet werden die die Rolle der Folgen aus der elementaren Analysis teilweise ubernehmen Man fasst dazu einen Filter als gerichtete Menge auf und betrachtet Netze auf dieser gerichteten Menge Mit einem Ultrafilter der kein Hauptfilter ist auf den naturlichen Zahlen lassen sich die hyperreellen Zahlen der Nichtstandardanalysis konstruieren Allerdings wird die Existenz solcher Filter selbst nur durch das Auswahlaxiom also nicht konstruktiv gesichert Allgemeine Definitionen BearbeitenEine nichtleere Teilmenge F displaystyle F nbsp einer Quasiordnung P P displaystyle boldsymbol P P leq nbsp 2 heisst Filter wenn folgende Bedingungen erfullt sind F displaystyle F nbsp ist eine Oberhalb Menge x F y P x y y F displaystyle forall x in F forall y in P colon x leq y Rightarrow y in F nbsp D h alle mit x displaystyle x nbsp in Relation stehenden Elemente die grosser als x displaystyle x nbsp sind sind Teil des Filters F displaystyle F nbsp ist nach unten gerichtet x y F z F z x displaystyle forall x y in F exists z in F colon z leq x nbsp und z y displaystyle z leq y nbsp D h F displaystyle F nbsp ist bzgl der Umkehrrelation der betrachteten Halbordnung gerichtet Der Filter F displaystyle F nbsp heisst eigentlicher oder echter Filter wenn er nicht gleich P displaystyle P nbsp ist sondern eine echte Teilmenge F P displaystyle F subset P nbsp 3 Jeder Filter auf einer quasi oder halbgeordneten Menge P displaystyle P nbsp ist Element der Potenzmenge von P displaystyle P nbsp Die Menge der auf derselben schwach 4 halbgeordneten Menge definierten Filter wird durch die Inklusionsrelation displaystyle subseteq nbsp ihrerseits halbgeordnet Sind F 1 displaystyle F 1 nbsp und F 2 displaystyle F 2 nbsp Filter auf derselben schwach halbgeordneten Menge P displaystyle P nbsp so heisst F 2 displaystyle F 2 nbsp feiner als F 1 displaystyle F 1 nbsp F 1 displaystyle F 1 nbsp grober als F 2 displaystyle F 2 nbsp wenn F 1 F 2 displaystyle F 1 subseteq F 2 nbsp Ein maximal feiner echter Filter heisst Ultrafilter Filter in Verbanden Bearbeiten Wahrend diese Definition von Filter die allgemeinste fur beliebige quasi oder halbgeordnete Mengen ist wurden Filter ursprunglich fur Verbande definiert In diesem Spezialfall ist ein Filter eine nichtleere Teilmenge F displaystyle F nbsp des Verbandes P displaystyle P leq nbsp die eine Oberhalb Menge ist und abgeschlossen unter endlichen Infima d h fur alle x y F displaystyle x y in F nbsp ist auch x y F displaystyle x wedge y in F nbsp Hauptfilter Bearbeiten Der kleinste Filter der ein vorgegebenes Element p displaystyle p nbsp enthalt ist x P p x displaystyle x in P mid p leq x nbsp Filter dieser Form heissen Hauptfilter und p displaystyle p nbsp ein Hauptelement des Filters Der zu p displaystyle p nbsp gehorende Hauptfilter wird als p displaystyle operatorname uparrow p nbsp geschrieben Primfilter Bearbeiten Ein echter Filter F displaystyle F nbsp in einem Verband P displaystyle P nbsp mit der Zusatzeigenschaft a b F a F o d e r b F displaystyle a vee b in F iff a in F mathrm oder b in F nbsp heisst Primfilter Ideale Bearbeiten Der zum Filter duale Begriff ist der des Ideals Ein Ideal auch Ordnungsideal ist eine gerichtete Unter Halbmenge in einer Quasi oder Halbordnung 3 Betrachtet man in einer halbgeordneten Menge P P displaystyle boldsymbol P P leq nbsp die Umkehrrelation 1 displaystyle leq 1 geq nbsp so ist auch P displaystyle P geq nbsp wieder eine halbgeordnete Menge Die so durch Dualisierung entstehende Struktur als P opp P displaystyle boldsymbol P text opp P geq nbsp notiert Ein Filter in P opp displaystyle boldsymbol P text opp nbsp ist ein Ideal in P displaystyle boldsymbol P nbsp und umgekehrt Ebenso erhalt man aus einem distributiven Verband P displaystyle P vee wedge nbsp durch Vertauschen der beiden Verbandsverknupfungen Supremum displaystyle vee nbsp und Infimum displaystyle wedge nbsp wieder einen distributiven Verband Sind in P displaystyle P nbsp ein kleinstes Element 0 und ein grosstes Element 1 vorhanden so werden sie ebenfalls vertauscht Beispiele BearbeitenTeilbarkeit Bearbeiten In N displaystyle mathbb N mid nbsp dem beschrankten Verband der naturlichen Zahlen unter Teilbarkeit ist fur alle n N displaystyle n in mathbb N nbsp die Teilermenge T n displaystyle T n nbsp von n displaystyle n nbsp ein Ideal T n n displaystyle T n setminus n nbsp ist genau dann ein Ideal wenn n 0 displaystyle n 0 nbsp Nullstrahlen Bearbeiten Wir betrachten in der sogenannten punktierten komplexen Ebene C C 0 displaystyle mathbb C times mathbb C setminus 0 nbsp die Teilmengen s a z C Arg z a displaystyle s alpha z in mathbb C times mid operatorname Arg z alpha nbsp fur 0 a lt 2 p displaystyle 0 leq alpha lt 2 pi nbsp der offenen Strahlen aus der Null kurz Nullstrahlen Auf C displaystyle mathbb C times nbsp definieren wir nun eine Halbordnung displaystyle trianglelefteq nbsp indem wir z 1 C displaystyle z 1 in mathbb C times nbsp als kleiner gleich z 2 C displaystyle z 2 in mathbb C times nbsp betrachten falls z 1 displaystyle z 1 nbsp und z 2 displaystyle z 2 nbsp auf demselben Strahl liegen und z 1 displaystyle z 1 nbsp betraglich kleiner gleich z 2 displaystyle z 2 nbsp ist D h z 1 z 2 Arg z 1 Arg z 2 u n d z 1 z 2 displaystyle begin aligned z 1 trianglelefteq z 2 amp Leftrightarrow amp operatorname Arg z 1 operatorname Arg z 2 amp mathrm und amp left z 1 right leq left z 2 right end aligned nbsp fur z 1 z 2 C displaystyle z 1 z 2 in mathbb C times nbsp In der halbgeordneten Menge C displaystyle left mathbb C times trianglelefteq right nbsp sind nun alle Filter gegeben durch die Nullstrahlen und deren offene und abgeschlossene Teilstrahlen s z z C z z z z s z z C z z s a displaystyle s z z in mathbb C times mid z trianglelefteq z z neq z subset bar s z z in mathbb C times mid z trianglelefteq z subset s alpha nbsp fur alle z C displaystyle z in mathbb C times nbsp mit a Arg z displaystyle alpha operatorname Arg z nbsp Jeder dieser Filter ist echt Ausserdem folgt aus z 1 z 2 displaystyle z 1 trianglelefteq z 2 nbsp dass s z 1 displaystyle bar s z 1 nbsp feiner s z 1 displaystyle s z 1 nbsp feiner s z 2 displaystyle bar s z 2 nbsp feiner s z 2 displaystyle s z 2 nbsp insbesondere ist s a 0 a lt 2 p displaystyle s alpha 0 leq alpha lt 2 pi nbsp ein maximal feiner echter Filter und damit ein Ultrafilter Fur jede komplexe Zahl z C displaystyle z in mathbb C times nbsp ist der abgeschlossene Strahl s z displaystyle bar s z nbsp ihr Hauptfilter z displaystyle operatorname uparrow z nbsp mit z displaystyle z nbsp als einzigem Hauptelement Die Ordnungsideale in C displaystyle left mathbb C times trianglelefteq right nbsp entsprechen den fehlenden Strahlenabschnitten zwischen der Null und dem Beginn jedes Teilstrahls Ist der Teilstrahl offen enthalt er also nicht seinen Aufpunkt so fehlt auch im entsprechenden Ordnungsideal der Aufpunkt analog ist er im abgeschlossenen Fall in Teilstrahl und Ideal jeweils enthalten Filter und Ordnungsideal sind also nicht disjunkt Aus dem Nullstrahl ergibt sich kein entsprechendes Ordnungsideal da der fehlende Strahlenabschnitt durch die leere Menge gegeben ware die kein Filter sein kann Die Ideale haben also die Form s 1 z s a s z z z C z z z z displaystyle s 1 z s alpha setminus s z setminus z z in mathbb C times mid z trianglerighteq z z neq z nbsp und s 1 z s a s z z z C z z displaystyle bar s 1 z s alpha setminus bar s z cup z z in mathbb C times mid z trianglerighteq z nbsp fur alle z C displaystyle z in mathbb C times nbsp und a Arg z displaystyle alpha operatorname Arg z nbsp Mengenfilter BearbeitenDefinition Bearbeiten Ein wichtiger Spezialfall eines Filters vor allem in der Topologie sind Mengenfilter Man geht in diesem Fall von der durch die Mengeninklusion halbgeordneten Potenzmenge P X displaystyle left mathcal P X subseteq right nbsp einer beliebigen nichtleeren Menge X displaystyle X nbsp aus Eine echte Teilmenge F P X displaystyle mathcal F subset mathcal P X nbsp ist genau dann ein Mengenfilter oder Filter wenn folgende Eigenschaften erfullt sind F displaystyle emptyset notin mathcal F nbsp und X F displaystyle X in mathcal F nbsp F G F F G F displaystyle F G in mathcal F Rightarrow F cap G in mathcal F nbsp F F G F G F displaystyle F in mathcal F G supset F Rightarrow G in mathcal F nbsp Ein Mengenfilter fur den gilt F X F F X F F displaystyle F subseteq X Rightarrow F in mathcal F lor X setminus F in mathcal F nbsp der also zu jeder Teilmenge diese selber oder ihr Komplement enthalt heisst Ultrafilter auf P displaystyle mathcal P nbsp 3 Diese Definitionen stimmen mit den oben gegebenen fur echte Filter in Verbanden uberein da die Potenzmenge von X displaystyle X nbsp einen Verband bildet Beispiele fur Mengenfilter Bearbeiten F C M X C M displaystyle mathcal F C M subseteq X mid C subseteq M nbsp heisst der von C X displaystyle C subseteq X nbsp erzeugte Hauptfilter Ist X t displaystyle X tau nbsp ein topologischer Raum mit Topologie t displaystyle tau nbsp dann heisst U x U X O t O U x O displaystyle mathcal U x left U subseteq X mid exists O in tau colon O subseteq U land x in O right nbsp Umgebungsfilter von x displaystyle x nbsp Ist S displaystyle S nbsp eine unendliche Menge dann heisst M S S M endlich displaystyle M subseteq S mid S setminus M text endlich nbsp Frechet Filter der Menge S displaystyle S nbsp Ist B displaystyle mathcal B nbsp ein nichtleeres Mengensystem von P X displaystyle mathcal P X nbsp mit folgenden Eigenschaften B displaystyle emptyset notin mathcal B nbsp und B 1 B 2 B B 3 B B 3 B 1 B 2 displaystyle forall B 1 B 2 in mathcal B exists B 3 in mathcal B colon B 3 subseteq B 1 cap B 2 nbsp so heisst B displaystyle mathcal B nbsp Filterbasis in X displaystyle X nbsp Ein solches Mengensystem erzeugt auf naturliche Weise einen FilterF B B M X B B B M displaystyle mathcal F mathcal B langle mathcal B rangle left M subseteq X mid exists B in mathcal B colon B subseteq M right nbsp dd Dieser heisst der von B displaystyle mathcal B nbsp erzeugte Filter Ist f X Y displaystyle f colon X rightarrow Y nbsp eine Abbildung zwischen zwei nichtleeren Mengen und F displaystyle mathcal F nbsp ein Filter auf X displaystyle X nbsp so bezeichnet f F displaystyle f mathcal F nbsp den von der Filterbasis B Y F F f F B displaystyle B subseteq Y mid exists F in mathcal F colon f F B nbsp erzeugten Filter Dieser heisst Bildfilter von f displaystyle f nbsp 5 Anwendungen in der Topologie Bearbeiten Hauptartikel Filterkonvergenz In der Topologie ersetzen Filter und Netze die dort fur eine befriedigende Konvergenztheorie unzureichenden Folgen Insbesondere die Filter als sich verengende Mengensysteme haben sich hier als gut geeignet zur Konvergenzmessung erwiesen 6 Man erhalt auf diesem Wege oft analoge Satze zu Satzen uber Folgen in metrischen Raumen Ist X t displaystyle X tau nbsp ein topologischer Raum heisst ein Filter F displaystyle mathcal F nbsp genau dann konvergent gegen ein x X displaystyle x in X nbsp wenn U x F displaystyle mathcal U x subseteq mathcal F nbsp d h wenn F displaystyle mathcal F nbsp feiner ist als der Umgebungsfilter U x displaystyle mathcal U x nbsp von x displaystyle x nbsp d h alle es genugen offene Umgebungen von x displaystyle x nbsp enthalt Schreibweise F x displaystyle mathcal F rightarrow x nbsp Von der Verfeinerung von Zerlegungen spricht man besonders im Zusammenhang mit Integrationstheorien So ist zum Beispiel eine Abbildung f X Y displaystyle f colon X rightarrow Y nbsp zwischen zwei topologischen Raumen genau dann stetig wenn fur jeden Filter F displaystyle mathcal F nbsp mit F x displaystyle mathcal F rightarrow x nbsp gilt dass f F f x displaystyle f mathcal F rightarrow f x nbsp In einem nicht hausdorffschen Raum kann ein Filter gegen mehrere Punkte konvergieren Hausdorff Raume lassen sich sogar gerade dadurch charakterisieren dass in ihnen kein Filter existiert welcher gegen zwei verschiedene Punkte konvergiert 7 Siehe auch BearbeitenFiltrierung Wahrscheinlichkeitstheorie Anfangsstrecke Anfangsstuck Cauchy FilterLiteratur BearbeitenZu den allgemeinen ordnungs und verbandstheoretischen Begriffsbildungen und ihren Anwendungen Zu den Anwendungen in der mengentheoretischen Topologie Boto von Querenburg Mengentheoretische Topologie 3 neu bearbeitete und erweiterte Auflage Springer Berlin u a 2001 ISBN 3 540 67790 9 Thorsten Camps Stefan Kuhling Gerhard Rosenberger Einfuhrung in die mengentheoretische und die algebraische Topologie Berliner Studienreihe zur Mathematik Bd 15 Heldermann Lemgo 2006 ISBN 3 88538 115 X Lutz Fuhrer Allgemeine Topologie mit Anwendungen Vieweg Braunschweig 1977 ISBN 3 528 03059 3 Horst Schubert Topologie 4 Auflage B G Teubner Stuttgart 1975 ISBN 3 519 12200 6 Originalarbeiten Henri Cartan Theorie des filtres In Comptes rendus hebdomadaires des seances de l Academie des Sciences Band 205 1937 ISSN 0001 4036 S 595 598 Digitalisat Henri Cartan Filtres et ultrafiltres In Comptes rendus hebdomadaires des seances de l Academie des Sciences Band 205 1937 S 777 779 Digitalisat Einzelnachweise und Anmerkungen Bearbeiten Cartan Comptes rendus Band 205 S 595 598 777 779 d h einer Menge P displaystyle P nbsp mit einer reflexiven und transitiven Relation displaystyle leq nbsp auch Praordnung schwache Halbordnung oder schwache partielle Ordnung genannt Insbesondere fallt jede halbgordnete Menge unter diese Voraussetzung displaystyle leq nbsp a b c Stefan Bold AD und Superkompaktheit Mathematisches Institut der Rheinischen Friedrich Wilhelm Universitat Bonn April 2002 Seite 2 3 schwach halbgeordnet syn quasigeordnet Analog fur Ideale Fuhrer Allgemeine Topologie mit Anwendungen 1977 S 9 Schubert Topologie 1975 S 44 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Filter Mathematik amp oldid 231039229