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Ferdinand Weinhandl 21 Januar 1896 in Judenburg 14 August 1973 in Graz war ein osterreichischer Professor fur Philosophie Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Literatur 3 Weblinks 4 EinzelnachweiseLeben BearbeitenWeinhandl studierte an der Universitat Graz bei Alexius Meinong Christian von Ehrenfels und Vittorio Benussi Nach dem Abitur meldete er sich als Kriegsfreiwilliger schied 1916 als kriegsuntauglich aus studierte und promovierte 1919 bei Alexius Meinong in Graz im Fach Philosophie uber Experimentelle Untersuchungen zur Analyse des Verstehenserlebnisses Im selben Jahr heiratete er die funfzehn Jahre altere Margarete Weinhandl Er erhielt eine Anstellung am Munchener Psychologischen Institut publizierte eine Studie Zum evidenten Uberzeugungserlebnis und studierte mit Karlfried Durckheim Montmartin Meister Eckhart Weinhandl ubersetzte die Exercitien des Ignatius von Loyola Seine Habilitation Uber Urteilsrichtigkeit und Urteilswahrheit erfolgte 1922 an der Universitat Kiel bei Heinrich Scholz und vermutlich auch Moritz Schlick 1 Dort erhielt er die Stelle eines ausserordentlichen Professors im Jahr 1927 und eines ordentlichen Professors im Jahr 1935 Weinhandl setzte sich schon in den 1920er Jahren aktiv fur die volkische Bewegung ein 1929 wurde er Fachschaftsleiter des Kampfbundes fur deutsche Kultur und Redner fur dessen schleswig holsteinische Landesabteilung Weinhandl wurde 1933 Mitglied des NSLB und der SA am 1 Mai 1933 trat er der NSDAP bei Mitgliedsnummer 2 730 351 2 Am 10 Mai desselben Jahres war er einer der Hauptredner bei der Kundgebung zur Bucherverbrennung auf dem Kieler Wilhelmplatz In der Folgezeit ubte Weinhandl verschiedene Funktionen in der NS Organisation im Wissenschaftsbereich aus und trat auch mit Veroffentlichungen zur Unterstutzung des Nationalsozialismus und zur Rechtfertigung des Krieges z B Philosophie Werkzeug und Waffe 1940 hervor Von 1937 bis 1942 war er Leiter der Wissenschaftlichen Akademie des Nationalsozialistischen Deutschen Dozentenbundes in Kiel Wahrend des Krieges leitete er die Sparte Philosophie im Kriegseinsatz der Geisteswissenschaften Im Jahr 1942 wechselte er mit einer Empfehlung von Martin Heidegger an die Universitat Frankfurt Dort hielt er Vorlesungen uber Paracelsus Schelling Jakob Bohme Hegel Asthetik sein Spezialfach Gestaltanalyse und uber Goethes Metaphysik 3 Von Frankfurt ging er 1944 an die Universitat Graz Nach Angaben seiner ehemaligen Assistentin Brigitte A Rollett geriet Weinhandl in Differenzen uber seine konfessionelle Gebundenheit zum Katholizismus und uber sein Interesse an einer spirituellen Erneuerung im Sinne der deutschen Mystik Trotz entsprechenden Drucks trat er daher nach seiner Ruckkehr nach Osterreich nicht mehr in die Partei ein und galt infolgedessen nach Kriegsende zunachst als Minderbelasteter 4 An der Universitat Graz ist dem Brentano Schuler Alexius Meinong 1894 die Errichtung des ersten experimentalpsychologischen Laboratoriums an einer osterreichischen Universitat gelungen Diese Tradition wurde von Meinongs Nachfolgern Stephan Witasek zwischen 1914 und 1915 und Ernst Mally der Meinongs Lehrstuhl von 1925 bis 1942 innehatte fortgesetzt allerdings 1944 mit der Ubernahme des neu errichteten Psychologischen Institutes durch Otto Tumlirz beendet dieser war Vorstand des Padagogischen Seminars und engagierter Vertreter der Rassenideologie des NS Regimes Nach 1945 herrscht ein funfjahriges Interregnum In seinen Vorlesungen an der Universitat Graz distanzierte sich Weinhandl nunmehr vom Nationalsozialismus Dennoch wurde er mit Wirkung vom 6 Juni 1945 ohne Versorgungsanspruche entlassen Obwohl sich Studenten 1946 und 1948 mit Unterschriftenlisten fur seine Wiederkehr an die Universitat einsetzten dauerte es bis 1950 bis er seine Lehrtatigkeit mit funf Vorlesungsstunden und zwei Praktikumsstunden wieder aufnehmen konnte Im Juni 1952 erhielt er die Vertretung fur die Lehrstuhle in Psychologie und Padagogik Die erneute Ernennung zum ordentlichen Professor an der Universitat Graz erfolgte 1958 Aufgrund einer schweren Erkrankung wurde er 1965 emeritiert Wahrend der NS Zeit kritisierte Weinhandl die rationalistische Zergliederung des Erkenntnisprozesses in der traditionellen Philosophie und setzte sich fur eine Erkenntnistheorie ein die vom Primat der lebendigen Anschauung ausgeht Im Rahmen seiner Forschungen nach dem Kriege entwickelte Weinhandl eine gestaltanalytische Methode als Instrument philosophischer Wirklichkeitsbetrachtung und in Anlehnung an die Arbeiten von Christian von Ehrenfels den Gestaltlegetest GLT mit dem die Gestaltanalyse auf dem Gebiet der Diagnose Eingang in die Psychologie fand 5 Neben seiner Tatigkeit an der Universitat arbeitete Weinhandl als Psychotherapeut mit gestaltanalytischen und logotherapeutischen Ansatzen In der Sowjetischen Besatzungszone wurden nach Kriegsende Weinhandls Schriften Philosophie Werkzeug und Waffe Wachholtz Neumunster 1940 und Geistesstromungen im Ostraum Eher Munchen 1942 auf die Liste der auszusondernden Literatur gesetzt 6 7 Der osterreichische Musikforscher Philosoph und Kritiker Harald Kaufmann 1927 1970 der bei Weinhandl in Graz studierte 8 wandte dessen gestaltanalytische Methoden auf die musikalische Analyse an 9 Weinhandl erhielt 1963 das Osterreichische Ehrenkreuz fur Wissenschaft und Kunst I Klasse und wurde im Juni 1965 zum korrespondierenden Mitglied der philosophisch historischen Klasse der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien gewahlt Der Nachlass Weinhandls wird seit 1987 von der Universitatsbibliothek Graz verwaltet Literatur BearbeitenJendris Alwast Akademische Philosophie im Dritten Reich und ihr Beitrag zur Normalisierung von Inhumanitat In Prahl Hans Werner u a Hrsg Uni Formierung des Geistes Universitat Kiel und der Nationalsozialismus Bd 2 Kiel 2007 S 8 59 Wolfgang Brezinka Padagogik in Osterreich Die Geschichte des Faches an den Universitaten vom 18 bis zum Ende des 20 Jahrhunderts Band 2 Padagogik an den Universitaten Prag Graz und Innsbruck Wien 2003 226 247 Michael Gruttner Biographisches Lexikon zur nationalsozialistischen Wissenschaftspolitik Synchron Wissenschaftsverlag der Autoren Heidelberg 2004 S 182 ISBN 3 935025 68 8 Frank Rutger Hausmann Deutsche Geisteswissenschaft im Zweiten Weltkrieg Die Aktion Ritterbusch 1940 1945 Studien zur Wissenschafts und Universitatsgeschichte 12 Syncron 3 erw Aufl Heidelberg 2007 419 463 ISBN 978 3 935025 98 0 Ernst Klee Das Personenlexikon zum Dritten Reich Wer war was vor und nach 1945 2 Auflage Fischer Taschenbuch Verlag Frankfurt am Main 2007 ISBN 978 3 596 16048 8 Ilse Korotin Deutsche Philosophen aus der Sicht des Sicherheitsdienstes des Reichsfuhrers SS Dossier Ferdinand Weinhandl In Jahrbuch fur Soziologiegeschichte 1999 Opladen 2001 Robert Muhlher Johann Fischl Hgg Gestalt und Wirklichkeit Festgabe fur Ferdinand Weinhandl zum 70 Geburtstag Berlin Duncker amp Humblot 1967 Brigitte Rollett Ferdinand Weinhandl Leben und Werk in Thomas Binder Reinhard Fabian Ulf Hofer Jutta Valent Hrsg Bausteine zu einer Geschichte der Philosophie an der Universitat Graz Rodopi Amsterdam 2001 411 436 ISBN 978 9 042011519 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Ferdinand Weinhandl im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Universitat Kiel Ferdinand Weinhandl als Beispiel nationalsozialistischer Geisteswissenschaftler Universitatsbibliothek Graz Ferdinand Weinhandl 1896 1973 Philosoph Psychologe Padagoge Doris Griesser 1994 Meinong Weinhandl amp Co Das Institut fur Psychologie feiert 1994 seinen hundertsten Geburtstag uni graz at communication Memento vom 27 November 2012 im Webarchiv archive today Einzelnachweise Bearbeiten Vgl Christian Tilitzki Die deutsche Universitatsphilosophie in der Weimarer Republik und im Dritten Reich Teil 1 Akademie Berlin 2002 S 174 Bundesarchiv R 9361 IX KARTEI 47551315 Wolfgang Leydhecker Eine Jugend im Dritten Reich Nicht wie die anderen Eduard Roether Verlag Darmstadt 1992 ISBN 3 7929 0198 6 S 114 f Brigitte Rollett Ferdinand Weinhandl Leben und Werk in Thomas Binder Reinhard Fabian Ulf Hofer Jutta Valent Hrsg Bausteine zu einer Geschichte der Philosophie an der Universitat Graz Rodopi Amsterdam 2001 S 411 436 hier 413 vgl dazu A Lang Der Gestaltlegetest von Ferdinand Weinhandl sowie I Panagiotopoulos Der Gestaltlegetest GLT als Psychodiagnostikum bei Alkoholkranken beide in Muhlher amp Fischl Hrsg Gestalt und Wirklichkeit Festgabe fur Ferdinand Weinhandl Berlin Duncker amp Humblot 1967 Eldrid Abel Muller Der Gestaltlegetest GLT als therapeutisches Instrument In Gestalt Theory 21 1 1999 S 25 34 http www polunbi de bibliothek 1946 nslit w html http www polunbi de bibliothek 1948 nslit w html Kaufmann studierte laut Studienbuch Harald Kaufmann Archiv im Archiv der Akademie der Kunste Berlin Sig 84 vom Sommersemester 1945 bis zum Sommersemester 1948 an der Universitat Graz Philosophie im Hauptfach und Musikwissenschaft im Nebenfach Der Besuch von Vorlesungen Seminaren und Ubungen bei Weinhandl ist nur im Sommersemester 1946 belegt Kaufmanns Dissertation wurde von dem Philosophen und Soziologen Konstantin Radakovic betreut Radakovic trat aus der freiwilligen Emigration zuruckgekehrt 1946 die Nachfolge von Weinhandl an Dennoch betont Kaufmann in mehreren Veroffentlichungen seine enge Verbundenheit mit Weinhandl und dessen Idee einer physiognomischen Asthetik so unter anderem in Neue Musik in Steiermark S 73 oder in mehreren Wurdigungen in der Tageszeitung Neue Zeit 29 1 1956 und 29 1 1966 Dabei sparte er jeweils die problematische politische Vergangenheit von Weinhandl aus Gottfried Krieger Ein Pionier der Musikpublizistik in Osterreich Zum Leben und Wirken von Harald Kaufmann 1927 1970 In Osterreichische Musikzeitschrift 7 8 2010 S 4 12 sowie Gottfried Krieger Volksbildner und Philosoph Kritiker und kritischer Geist Zum Leben und Werk des osterreichischen Musikforschers Harald Kaufmann 1927 1970 Uberarbeitete Fassung des Vortrags auf dem Harald Kaufmann Symposion am 20 Oktober 2010 in Graz S 1 2 Archivierte Kopie Memento vom 31 Januar 2016 im Internet Archive Inhaber der Lehrstuhle fur Philosophie an der Universitat Graz 1 Lehrstuhl fur Praktische Philosophie Joseph Wilhelm Nahlowsky 1862 1878 Hugo Spitzer 1906 1925 Carl Siegel 1927 1937 Amadeo Silva Tarouca 1949 1969 Ernst Topitsch 1969 1991 Malte Hossenfelder 1991 2003 Lukas Meyer seit 2009 2 Lehrstuhl fur Geschichte der Philosophie Alois Riehl 1870 1882 Alexius Meinong 1882 1920 Ernst Mally 1925 1942 Ferdinand Weinhandl 1944 1945 Konstantin Radakovic 1949 1965 Rudolf Freundlich 1965 1984 Reinhard Kamitz 1984 2008 Udo Thiel 2009 2019 Ursula Renz seit 2020 3 Lehrstuhl fur Theoretische Philosophie Rudolf Haller 1967 1997 Marian David seit 2012 Vertragsprofessuren Harald Stelzer 2014 2019 Sonja Rinofner Kreidl seit 2018 Christine Abbt seit 2020 Giuseppe Motta seit 2022 Inhaber der Lehrstuhle fur Psychologie an der Universitat Graz 1 Lehrstuhl fur Allgemeine Psychologie Ferdinand Weinhandl 1958 1965 Erich Mittenecker 1968 1990 Dietrich Albert 1993 2009 Anja Ischebeck seit 2009 2 Lehrstuhl fur Sozialpsychologie Gerold Mikula 1973 2008 Peter Fischer 2009 2011 Nilufer Aydin 2011 2012 Katja Corcoran seit 2013 3 Lehrstuhl fur Klinische Psychologie Helmuth Paul Huber 1980 2005 Anne Schienle seit 2005 4 Lehrstuhl fur Arbeits und Organisationspsychologie Erich Raab 1980 1998 Wolfgang Kallus 1998 2018 Bettina Kubicek seit 2018 5 Lehrstuhl fur Neuropsychologie I Gunter Schulter 1983 2005 Christa Neuper seit 2005 6 Lehrstuhl fur Differentielle Psychologie Aljoscha Neubauer seit 1998 7 Lehrstuhl fur Padagogische Psychologie Manuela Paechter seit 2003 8 Lehrstuhl fur Biologische Psychologie Elisabeth Weiss 2009 2019 9 Lehrstuhl fur Psychologische Diagnostik und Methodik Markus Buhner 2009 2011 Martin Arendasy seit 2011 10 Lehrstuhl fur Entwicklungspsychologie Karin Landerl seit 2010 11 Lehrstuhl fur Gesundheitspsychologie Andreas Schwerdtfeger seit 2011 12 Lehrstuhl fur Neuropsychologie II Guilherme Maia de Oliveira Wood seit 2011 13 Lehrstuhl fur Begabungsforschung Roland Grabner seit 2014 14 Lehrstuhl fur Neuroimaging Veronika Schopf 2014 2019 Inhaber der Lehrstuhle fur Padagogik an der Universitat Graz 1 Lehrstuhl fur Allgemeine Padagogik Eduard Martinak 1904 1930 Otto Tumlirz 1930 1945 Ferdinand Weinhandl 1952 1964 Psychologie und Padagogik Alois Eder 1964 1972 Ilse Brehmer 1994 2001 Gastprofessur Schwerpunkt Frauenforschung Johanna Hopfner seit 2002 2 Lehrstuhl fur Schulpadagogik Lehr und Lernforschung und innovatives Unterrichtsdesign Helmut Seel 1972 2001 bis 1982 Allgemeine Padagogik Bernhard Hackl 2003 2017 Kathrin Otrel Cass seit 2018 3 Lehrstuhl fur Padagogische Psychologie spater Integrationspadagogik und Heilpadagogische Psychologie Lilian Bloschl 1972 1997 bis 1982 Padagogik II Barbara Gasteiger Klicpera seit 2010 4 Lehrstuhl fur Erwachsenenbildung Werner Lenz 1984 2012 Elke Gruber seit 2014 5 Lehrstuhl fur Sozialpadagogik Josef Scheipl 1989 2011 Arno Heimgartner seit 2011 6 Lehrstuhl fur Empirische Lernweltforschung und Hochschuldidaktik Rudolf Egger seit 2010 7 Lehrstuhl fur Fruhkindpadagogik Cornelia Wustmann 2010 2016 Catherine Walter Laager seit 2016 8 Lehrstuhl fur Systematische Bildungswissenschaft und Schulforschung Agnieszka Czejkowska seit 2011 9 Lehrstuhl fur Empirische Bildungsforschung Heike Wendt seit 2019 10 Vertragsprofessuren Elementarpadagogik Lars Eichen seit 2019 Migration und Bildung Annette Sprung seit 2020 Timo Luke seit 2020 Normdaten Person GND 118766279 lobid OGND AKS LCCN nr2003030087 VIAF 3266599 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Weinhandl FerdinandKURZBESCHREIBUNG osterreichischer Philosoph und PsychologeGEBURTSDATUM 21 Januar 1896GEBURTSORT JudenburgSTERBEDATUM 14 August 1973STERBEORT Graz Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ferdinand Weinhandl amp oldid 231994408