www.wikidata.de-de.nina.az
Die sechs Fenster der Burgkirche oder Maria Magdalena Kirche galten bis zu ihrer weitgehenden Zerstorung im Zweiten Weltkrieg als Hauptwerke gotischer Glasmalkunst in Lubeck Inhaltsverzeichnis 1 Entstehung 2 Ausbau und Zerstorung 3 Beschreibung 3 1 Marien Magdalenen Fenster 3 2 Hieronymusfenster 3 3 Kreuzlegendenfenster 3 4 Petrusfenster 3 5 Paulusfenster 3 6 Kreuzigungsfenster 4 Reste 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseEntstehung BearbeitenDie Fenster gehorten zur Ausstattung der Maria Magdalenen Kirche des Lubecker Burgklosters Die Entstehung der Bildfenster fur den 1399 neu entstandenen Chor der Burgkirche ist durch zwei Stiftungen von Einzelfenstern in den Jahren 1407 und 1437 urkundlich belegt Da die sechs Fenster stilistisch als einheitlicher Entwurf mit einem auf die Geschichte der Burgkirche abgestimmten Bildprogramm angesehen werden gehen Kunsthistoriker davon aus dass die weiteren vier Fenster im gleichen Zeitraum entstanden sind Die Kartons fur diese damals monumentalen Gemalde werden einem namentlich nicht bekannten Gehilfen Schuler von Conrad von Soest zugeschrieben der zuvor auch am 1403 von Conrad von Soest fertiggestellten Wildunger Altar mitgewirkt haben muss und daher mit dem Notnamen Meister der Burgkirchenfenster oder mit Albrecht als Conrad von Soest Nachahmer bezeichnet wird 1 Seine Schaffenszeit kann anhand der vorgenannten Werke auf den Zeitraum von vor 1403 bis nach 1426 der jungsten dendrologischen Datierung einer seiner Lubecker Altartafeln nur annaherungsweise bestimmt werden Gerade fur Werke der Glasmalerei ist die arbeitsteilig getrennte Ausfuhrung der Kartons durch Glaswerkstatten bis heute nicht untypisch Aufsehen erregte insoweit zu Beginn des 19 Jahrhunderts die Veroffentlichung einer Urkunde aus Florenz wonach Francesco Livi als der beste Glaskunstler seiner Zeit in Europa von Lubeck nach Florenz berufen wurde um dort ab 1436 die Fertigung der Glasfenster fur den Dom zu ubernehmen Auch in Florenz wurden die Fenster fur die Kuppel des Doms arbeitsteilig erstellt die Glaskunstler setzten also die Vorlagen von Entwurfskunstlern um Sowohl in Lubeck wie auch in Florenz konnen Livi bis heute keine Werke zugeordnet werden Da aber die Burgkirchenfenster die herausragenden gotischen Bildfenster dieser Zeit in Lubeck waren wird er immer wieder mit ihnen in Verbindung gebracht weil anders sein Ruf als Kunstler nicht zu erklaren ware Zumindest fur das 1437 von der Fronleichnamsbruderschaft gestiftete Fenster scheidet er damit aber definitiv als Ausfuhrungskunstler aus weil er vor diesem Zeitpunkt schon in Florenz war Die Fenster der Burgkirche werden bereits in fruhen Darstellungen der Stadt Lubeck eigens erwahnt In den Fenstern findet sich auch noch der Alten schone Glass Bilder Art Johann Gerhard Kruger 1697Ausbau und Zerstorung Bearbeiten1806 wurden die Gottesdienste in der Burgkirche wegen Einsturzgefahr aufgrund statischer Probleme eingestellt Nach 1818 wurde die Kirche abgerissen Die Fenster verdankten ihren weiteren Erhalt ersten Initiativen zum Denkmalschutz in Lubeck zur Zeit des Abrisses Sie wurden zunachst im Refektorium des Burgklosters dann 1827 auf dem Hochchor der Katharinenkirche eingelagert Aufgrund eines Senatsbeschlusses von 1836 wurden sie durch den Restaurator Carl Julius Milde in Zusammenarbeit mit dem Glasermeister Johann Jacob Achelius aufgearbeitet und in der Zeit von 1840 bis 1868 in wiederverwendungsfahigen Teilen und zum Teil in leicht veranderter Anordnung ihrer Einzelsegmente in die Marienkirche neu eingebaut Milde war mit dem fur Baumassnahmen zustandigen Mitglied des Kirchenvorstands der Marienkirche und Mazen Christian Adolf Nolting befreundet der in grossem Umfange Erneuerungsarbeiten an der Marienkirche durchfuhrte Hier gingen die Glasfenster dann gut hundert Jahre spater obwohl bereits 1941 vorsorglich ausgebaut bis auf Reste des Kreuzlegendenfensters aufgrund der grossen Hitzewelle an ihrem Lagerort in der Burgermeisterkapelle beim Luftangriff auf Lubeck 1942 endgultig verloren Beschreibung BearbeitenMarien Magdalenen Fenster Bearbeiten Das sechsbahnige Maria Magdalena Fenster war das zentrale und von der Flache her grosste Glasfenster der Maria Magdalena Kirche Es war eine Stiftung des 1406 verstorbenen Burgermeisters Henning von Rentelen als sechsteiliges Fenster in der Mitte des ostlichen Chorabschlusses der Burgkirche 2 Die Bildfolge beschrieb legendarische Szenen aus dem Leben der Heiligen wie sie die Legenda Aurea uberlieferte Wegen der Grosse wurden die Bildscheiben beim Einbau in die Marienkirche auf drei Fenster verteilt Nach der Restaurierung von 1840 erfolgte 1843 der Einbau an der Ostseite des Abschlusses des hohen Mittelschiffs der Marienkirche verteilt auf drei dreiteilige Fenster im Obergaden 3 nbsp Ursprungliche Anordnung in der Mitte des ostlichen Chorabschlusses 1819 links das Paulusfenster und rechts das Petrusfenster nbsp Zustand 1819 in der Burgkirche von Johann Baptist Hauttmann nbsp Marienkirche 1843 nbsp Rest im Burgkloster Europaisches Hansemuseum nbsp Rest im Burgkloster Hansemuseum Hieronymusfenster Bearbeiten Das Hieronymusfenster zeigte Szenen aus dem Leben des heiligen Hieronymus Es befand sich ursprunglich gemeinsam mit dem Kreuzigungsfenster an der Nordseite des Chors der Burgkirche Nach der Restaurierung 1840 wurde das Hieronymusfenster als ostliches Fenster in die Sangerkapelle der Marienkirche auch Marientiden oder Beichtkapelle eingesetzt 4 nbsp Zusammensetzungsplan 1840 nbsp 1840 in der Marienkirche nbsp Detail 1840 in der Marienkirche nbsp Kreuzlegendenfenster Bearbeiten Das Kreuzlegendenfenster dessen Bildprogramm Szenen der Kreuzauffindung Kreuzerhohung und der Schlacht an der Milvischen Brucke umfasste befand sich an der Sudseite der Burgkirche es wurde in der Marienkirche in das nordostliche Fenster der Sangerkapelle eingesetzt 5 Etwa ein Drittel des Bildprogramms dieses Fensters uberstand den Zweiten Weltkrieg und befand sich lange unrestauriert im Magazin des St Annen Museums Ab 2019 sind zwei Teilstucke restauriert ausgestellt nbsp Ausschnitt Schlacht an der Milvischen Brucke nbsp Schlacht an der Milvischen Brucke 2019 nbsp Helena bedroht die Juden 2019 Petrusfenster Bearbeiten Das Petrusfenster ursprunglich das nordliche der drei Fenster der Ostfassade des Chors der Burgkirche zur Grossen Burgstrasse kam 1840 in das sudostliche Fenster der Sangerkapelle der Marienkirche 6 Paulusfenster Bearbeiten Das Paulusfenster wurde 1840 restauriert und durch Carl Julius Milde vermehrt um eine Szene der Bekehrung des Paulus im Zuge der neugotischen Renovierung der Westfassade 1868 in das Fenster der Greveradenkapelle in der Westfront der Marienkirche eingesetzt 7 nbsp 1868Kreuzigungsfenster Bearbeiten Das Kreuzigungsfenster befand sich ursprunglich gemeinsam mit dem Hieronymusfenster an der Nordseite des Chors der Burgkirche Einbau uber dem Westportal der Marienkirche in der Bergenfahrer Kapelle Es wurde erganzt mit der 1521 vom Lubecker Rat zur Erinnerung an den verstorbenen Burgermeister Tideman Berck aus Mitteln seines Nachlasses geschaffenen Marienkronung die 1839 aus der Sangerkapelle ausgebaut worden war um dort Platz fur die Fenster der Burgkirche zu schaffen nbsp Reste Bearbeiten nbsp Erhaltene zwei Bildfelder des Kreuzlegendenfensters Ausschnitt aus der Zeichnung von Hauttmann 1818 19Nach dem Bombenangriff war von den eingelagerten Fensterscheiben nur noch ein grosser schwarzer Schutthaufen 8 vorhanden Daraus liessen sich Reste bergen darunter 24 Scheiben aus dem Kreuzlegendenfenster Sie wurden von der Kirchengemeinde 1959 an das St Annen Museum verkauft wo sich schon von Milde im 19 Jahrhundert nicht verwandte Bildfragmente im Magazin befanden 9 Durch unsachgemasse Lagerung im Magazin stark beschadigt wurden die geretteten Scheiben des Kreuzlegendenfensters 1979 von der Glasmalereiwerkstatt Oidtmann in Linnich restauriert Im Einzelnen handelt sich um die folgenden vier Felder sieben Scheiben und Fragmente 10 aus dem Kreuzlegendenfenster die beiden Bildfelder Die Schlacht an der Milvischen Brucke und Helena erfahrt die Stelle an der das Heilige Kreuz zu finden ist eine Scheibe aus dem architektonischen Rahmen und ein Rankenfragment 11 eine weitere Rahmen Scheibe sowie ein Kopf aus dem Helena Feld 12 aus dem Maria Magdalenen Fenster das Bildfeld Maria Magdalena predigt in Marsilia sowie zwei Scheiben Davids Sieg uber Goliath und Engel mit Psalterium sowie eine Scheibe mit Rahmenornament und zwei aus Fragmenten zusammengesetzten Scheiben 13 aus dem Hieronymus Fenster das Bildfeld Christus und die Apostel erscheinen dem im Fieber von Teufeln gepeinigten Hieronymus 14 aus dem Paulusfenster figurliche und ornamentale Fragmente 15 Einige weitere Fragmente lassen sich nicht zuordnen Literatur BearbeitenJohann Gerhard Kruger Die begluckte und geschmuckte Stadt Lubeck Das ist kurtze Beschreibung der Stadt Lubeck so wol vom Anfang und Fortgang derselben in ihrem Bau Herrschaften und Einwohnern als sonderlich merckwurdigen Begebenheiten und Veranderungen Zuletzt ist die Geschichte von Bertram Morgenweg nebst einigen andern merckwurdigen so allhie vorgangen angehenckt J G Kruger 1697 S 176 Digitalisat Carl Julius Milde Denkmaler bildender Kunst in Lubeck gezeichnet und herausgegeben von C J Milde und begleitet mit erlauterndem historischen Text von Ernst Deecke Heft II Glasmalereien und Ziegelfussboden Lubeck Selbstverlag 1847 Rudolf Struck Zur Kenntnis lubeckischer Familien und ihrer Beziehungen zu einheimischen und auswartigen Kunstdenkmalern in Museum fur Kunst und Kulturgeschichte zu Lubeck Jahrbuch 1914 1915 Band II III H G Rahtgens Lubeck 1915 S 41 73 S 64 ff III Die von Rentelen die Glasmalereien der Burgkirche und der Altarschrein der Siechenhauskapelle in Schwartau Gustav Schaumann Friedrich Bruns Bearbeiter Die Bau und Kunstdenkmaler der Freien und Hansestadt Lubeck Hrsg von der Baudeputation Band 2 Teil 2 Die Marienkirche Nohring Lubeck 1906 Digitalisat Johannes Baltzer Friedrich Bruns Hugo Rahtgens Die Bau und Kunstdenkmaler der Hansestadt Lubeck Band IV Die Kloster Die kleineren Gotteshauser der Stadt Die Kirchen und Kapellen in den Aussengebieten Denk und Wegekreuze und der Leidensweg Christi Nohring Lubeck 1928 S 167 280 Faksimile Nachdruck 2001 ISBN 3 89557 168 7 Hans Wentzel Meisterwerke der Glasmalerei Dt Verein f Kunstwissenschaft Berlin 1951 S 52 53 Denkmaler deutscher Kunst Jurgen Wittstock Die mittelalterlichen Bildfenster der Burgkirche zu Lubeck In Der Wagen 1978 S 120 135 Gerhard Gerkens Das Schone soll man schatzen Carl Julius Milde Lubecks erster Denkmalpfleger zeichnet nach mittelalterlicher Kunst Lubeck 1987 ISBN 3 9800517 8 1 Ausstellungskatalog Uwe Albrecht Jorg Rosenfeld Christiane Saumweber Corpus der Mittelalterlichen Holzskulptur und Tafelmalerei in Schleswig Holstein Band I Hansestadt Lubeck St Annen Museum Ludwig Kiel 2005 ISBN 3 933598 75 3 Monika Boning Die mittelalterlichen Glasmalereien aus der ehemaligen Dominikanerkirche in Lubeck Diss Freie Univ Berlin 1996 DNB 948867175 Bernd Carque Hedwig Rockelein Das Hochaltarretabel der St Jacobi Kirche in Gottingen Veroffentlichungen des Max Planck Instituts fur Geschichte 213 Studien zur Germania Sacra 27 Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 2005 ISBN 3 525 36284 6 online Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Lubecker Burgkirchenfenster Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wikisource Burgkloster zu Lubeck Quellen und Volltexte nbsp Wikisource St Marien zu Lubeck Quellen und Volltexte Archiv der Hansestadt Lubeck Bau und Architekturgeschichte Stadtentwicklung in Lubeck Datenbank BASt Burgkloster PDF 352 kB Einzelnachweise Bearbeiten Nach Wittstock malte er auch Altarflugel fur Marien vgl Albrecht 2005 Nr 28 Alteres Retabel der Bergenfahrer und Nr 29 dort mit Hinweis auf stilistische Gemeinsamkeiten mit dem Meister des Jakobialtars Buk S 177 Abbildung des mittleren Fensters in Buk II S 181 Abbildung BuK II S 179 Abbildung in BuK II S 178 Abbildung in BuK II S 188 Abbildung Buk II S 183 Wentzel Lit lt S 53 Wittstock S 134 Nach Jurgen Wittstock Hrsg Kirchliche Kunst des Mittelalters und der Reformationszeit die Sammlung im St Annen Museum Lubecker Museumskataloge Bd 1 Museum fur Kunst u Kulturgeschichte Lubeck 1981 ISBN 3 9800517 0 6 S 51f Inv Nr 7533 7534 und 7535 Inv Nr 1959 12 und 1959 13 alle Inv Nr 6717 die Zuordnung der Fragmenten Scheiben ist unsicher Inv Nr 1909 355 Inv Nr 7536 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Fenster der Lubecker Burgkirche amp oldid 229378604