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Erich Ernst Luth 1 Februar 1902 in Hamburg 1 April 1989 ebenda war ein deutscher Publizist Er engagierte sich ab den 1920er Jahren in liberalen Parteien und war nach Kriegsdienst und Gefangenschaft eine Grosse des kulturellen und journalistischen Lebens in Hamburg unter anderem als Direktor der Staatlichen Pressestelle Hamburg Bekannt wurde er als er 1950 zum Boykott eines neuen Films des NS belasteten Regisseurs Veit Harlan aufrief Das daraufhin von Harlans Produktionsfirma angestrengte Verfahren gegen Luth endete im Luth Urteil in dem das Bundesverfassungsgericht seine Grundrechtsdogmatik vor allem in Bezug auf die Meinungsfreiheit festlegte Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Luth Urteil 3 Schriften Auswahl 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben BearbeitenLuth besuchte die Oberrealschule Eppendorf jetzt Gymnasium Eppendorf 1 und begann 1923 als Volontar in der Hamburger Redaktion des Ullstein Verlags Berlin seine Ausbildung Anschliessend war er Redakteur beim Hamburger Anzeiger und Vorsitzender der Hamburger Jungdemokraten 1928 wurde er fur die DDP Mitglied der Hamburger Burgerschaft Daneben war Luth in der Deutschen Friedensgesellschaft aktiv und gehorte in seiner Partei zum pazifistischen Flugel Als das enfant terrible der DDP 2 1929 zur Kriegsdienstverweigerung aufrief geriet er intern in die Kritik und trat im Fruhjahr 1930 aus der DDP aus Der Wilde aus Hamburg so Theodor Heuss 3 trat der sich im selben Jahr konstituierenden Radikaldemokratischen Partei RDP bei 4 und verabschiedete sich nach deren Scheitern endgultig aus der Parteipolitik Luth veroffentlichte 1932 einen Artikel in dem er die falsche Heldenverehrung Hitlers anprangerte was seinem Bruder spater Gestapo Haft einbrachte 5 Von 1933 bis 1935 fuhrte er die Geschafte des Verbandes Deutscher Nahmaschinenhandler 2 und wurde anschliessend Werbeleiter der G M Pfaff AG in Kaiserslautern 6 was ihn in eigenen Worten zum Homer der deutschen Nahmaschine 7 machte Dabei wurde er nach Einschatzung des Historikers Christof Brauers zu einem Mitlaufer 2 der sich als Geldsammler im Parteiauftrag von den Nationalsozialisten einspannen liess 1943 wurde er als Soldat ins Afrikakorps 2 einberufen und geriet als Gefreiter 1945 in Italien in Kriegsgefangenschaft wo er die Lagerzeitung Lagerpost von Ghedi herausgab 8 Als er 1946 freikam ubernahm er im Mai wie er selbst sagte als Staatsjournalist 5 den Direktorenposten der Staatlichen Pressestelle Hamburg und orientierte sich fortan in Richtung SPD 9 Nach der Burgerschaftswahl in Hamburg 1953 in die SPD eingetreten wurde Luth von der neuen konservativen Regierung des Hamburg Blocks im Marz 1954 in den einstweiligen Ruhestand versetzt 10 Er ubte das Amt wieder ab 1957 bis zu seinem Rucktritt 1964 aus 11 In der Zwischenzeit von 1954 bis 1957 leitete er das Pressereferat des Deutschen Buhnenvereins Luth war Grunder und Vorsitzender des Presseclubs Hamburg und Ende 1947 Mitbegrunder der Gesellschaft Cluny der Freunde deutsch franzosischer Geistesbeziehungen 12 nbsp Kissenstein fur Erich Luth auf dem Friedhof OhlsdorfBesonderes Gewicht hatte fur Luth das deutsche Verhaltnis zum Judentum und zum Staat Israel Er war im August 1951 Initiator 13 der Aktion Friede mit Israel 14 die sich im Herbst 1952 mit der Gesellschaft fur Christlich Judische Zusammenarbeit zusammenschloss 15 Sein Aufsatz Wir bitten Israel um Frieden stiess 1951 erstmals eine Beschaftigung der bundesrepublikanischen Offentlichkeit mit diesem Thema an und wurde in verschiedenen Zeitungen abgedruckt 16 Luth verfasste zahlreiche Bucher uber Israel und setzte sich bei Vortragen u a in Jerusalem Haifa und Tel Aviv fur eine Verstandigung zwischen Deutschland und Israel ein 17 Auf dem Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg befindet sich bei Planquadrat Q 30 nordlich von Kapelle 10 ein Kissenstein fur Erich Luth 18 1984 verlieh ihm der Hamburger Senat die Burgermeister Stolten Medaille Luth Urteil Bearbeiten Hauptartikel Luth Urteil Luth wird heute vor allem in Verbindung mit einem 1950 einsetzenden Gerichtsverfahren genannt dessen abschliessendes Urteil von 1958 seinen Namen tragt Er hatte im September 1950 zum Boykott des Filmes Unsterbliche Geliebte aufgerufen da er den Regisseur Veit Harlan als Nazifilm Regisseur Nr 1 betrachtete Der Schopfer von Jud Suss sei am wenigsten von allen geeignet den Ruf des deutschen Films wiederherzustellen 19 weshalb er das deutsche Publikum dazu aufrief Harlans ersten Nachkriegsfilm eine Verfilmung der Novelle Aquis submersus von Theodor Storm nicht anzusehen Die Produktionsfirma verklagte daraufhin Erich Luth auf Unterlassung dieser Aussage da sie gemass 826 BGB gegen die guten Sitten verstosse Der Fall durchlief alle Instanzen bis zum Bundesverfassungsgericht das Anfang 1958 das beruhmt gewordene Luth Urteil sprach Darin wurde die Klage gegen Erich Luth zuruckgewiesen da sein Verhalten vom Recht auf Meinungsfreiheit Art 5 Abs 1 GG gedeckt sei die Grundrechte wirken demnach als objektive Wertordnung auch in Normen des burgerlichen Rechts hinein Ausstrahlungswirkung die deshalb im Sinn einer Guterabwagung im Lichte der vorrangigen Verfassungsnormen auszulegen seien 20 Das Urteil gilt heute als die wohl wirkmachtigste Entscheidung des Gerichts 21 Schriften Auswahl BearbeitenMein Freund Philipp Auerbach In Hans Lamm Hrsg Von Juden in Munchen Ein Gedenkbuch Ner Tamid Munchen 1958 S 364 368 Israel Heimat fur Juden und Araber Gesellschaft fur christlich judische Zusammenarbeit Hamburg 1958 Redaktion und Beitrag in Die Reichskristallnacht Der Antisemitismus in der deutschen Geschichte 2 Auflage Friedrich Ebert Stiftung Bonn 1960 Luftbild Hamburg Deutsche Luftbild W Seelmann Bong Munchen 1961 Text und Bilderlauterungen von Erich Luth Hamburger Theater 1933 1945 Ein theatergeschichtlicher Versuch Verlag der Werkberichte Hamburg 1962 Der Bankier und der Dichter Zur Ehrenrettung des grossen Salomon Heine Tambour Bucherei Bd 1 Der gute Tambour Hamburg Altona 1964 Der Hungerwinter 1946 47 und die erste Regierungszeit Burgermeister Max Brauers In Miterlebtes Berichte aus funf Jahrzehnten hamburgischer Geschichte Christians Hamburg 1979 ISBN 3 7672 0667 6 S 49 75 Ein Hamburger schwimmt gegen den Strom Autobiografie Kayser Hamburg 1981 Das Atlantic Hotel zu Hamburg 1909 1984 Reiner Faber Verlag Munchen 1984 Literatur BearbeitenKirsten Heinsohn Luth Erich In Franklin Kopitzsch Dirk Brietzke Hrsg Hamburgische Biografie Band 6 Wallstein Gottingen 2012 ISBN 978 3 8353 1025 4 S 199 201 Fritz Kempe Foto Bernhard Meyer Marwitz Text Erich Luth In Hans Gunther Imlau Hrsg Hamburger Versuch einer Topographie Verlag des Hamburger Journal Hamburg 1963 S 76 Carsten Kretschmann Schuld und Suhne Annaherungen an Erich Luth In Thomas Henne Arne Riedlinger Hrsg Das Luth Urteil aus rechts historischer Sicht Die Konflikte um Veit Harlan und die Grundrechtsjudikatur des Bundesverfassungsgerichts Berliner Wissenschafts Verlag Berlin 2005 ISBN 3 8305 0922 7 S 47 63 Caren Miosga Der Kampf des politischen Publizisten Erich Luth gegen Veit Harlan Ein fruher Versuch zur Vergangenheitsbewaltigung in der Ara Adenauer Magisterarbeit Universitat Hamburg 1998 Maximilian Steinbeis Marion Detjen Erich Luth 1902 1989 In Stephan Detjen Hrsg In bester Verfassung 50 Jahre Grundgesetz Begleitband zur Wanderausstellung der Bundeszentrale fur Politische Bildung und der Bundesrechtsanwaltskammer O Schmidt Koln 1999 ISBN 3 504 10003 6 S 153 f Peter Reichel Harald Schmid Von der Katastrophe zum Stolperstein Hamburg und der Nationalsozialismus nach 1945 Dolling und Galitz Munchen Hamburg 2005 ISBN 3 937904 27 1 darin Der Fall Harlan Luth Arnold Sywottek Die Vorgeschichte der Friedensbitte fur Israel Zur Erinnerung an Erich Luth In Angelika Eder Gunter Gorschenek Hrsg Israel und Deutschland Voraussetzungen und Anfange einer komplizierten Partnerschaft Katholische Akademie Hamburg 2002 ISBN 3 928750 60 7 S 116 127 Armin Sandig Als Verstandigung noch Mut erforderte Erich Luth zum 100 Geburtstag In Vorstand der Gesellschaft fur Christlich Judische Zusammenarbeit in Hamburg Hrsg Annaherungen 50 Jahre christlich judische Zusammenarbeit in Hamburg Hamburg 2002 ISBN 3 00 009976 X S 45 48 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Erich Luth im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Kurzbiographie bei der Hamburger Film und Kino Chronik auf Cinegraph de Stand 7 November 2001 Ausschnitt aus dem biographischen Abriss In Internationales Biographisches Archiv 22 1989 vom 22 Mai 1989 Einzelnachweise Bearbeiten Erich Luth Hamburgs Juden in der Heine Zeit Hoffmann amp Campe Hamburg 1961 S 8 a b c d Christof Brauers Die FDP in Hamburg 1945 bis 1953 Start als burgerliche Linkspartei Mit einem Vorwort von Hildegard Hamm Brucher M Press Meidenbauer Munchen 2007 S 190 Christof Brauers Die FDP in Hamburg 1945 bis 1953 Start als burgerliche Linkspartei Mit einem Vorwort von Hildegard Hamm Brucher M Press Meidenbauer Munchen 2007 S 74 Friedrich Karl Scheer Die Deutsche Friedensgesellschaft 1892 1933 Organisation Ideologie Politische Ziele 2 verbesserte Auflage Frankfurt Main 1983 S 539 541 a b Gestorben Erich Luth In Der Spiegel Nr 15 vom 10 April 1989 Erich Luth G M Pfaff A G Kaiserslautern Musterbetriebe deutscher Wirtschaft 32 Die Nahmaschinenfabrikation Verlag Ubersee Post Leipzig 1936 Erich Luth Ein Hamburger schwimmt gegen den Strom Kayser Hamburg 1981 S 81 Erich Luth Abkehr vom Militarismus Die Leitartikel des Gefreiten von Ghedi Kulturpolitische Dokumente 2 Hamburger Kulturverlag Hamburg 1946 Erich Luth Vision von Ghedi Gedichte Rohr Kaiserslautern 1947 Christof Brauers Die FDP in Hamburg 1945 bis 1953 Start als burgerliche Linkspartei Mit einem Vorwort von Hildegard Hamm Brucher M Press Meidenbauer Munchen 2007 S 404 berichtet Luth sei nur deshalb lange nicht beigetreten weil Max Brauer nominell Unabhangige in seinem Umfeld gewollt habe um zum linken SPD Flugel ein Gegengewicht aufzubauen Siehe auch ebda S 190 und 442 Christel Oldenburg Tradition und Modernitat Die Hamburger SPD von 1950 1966 Lit Verlag Berlin 2009 S 210 Dazu Hans Robinsohn Ein Mann hat seine Schuldigkeit getan Personliche Bemerkungen zum Fall Luth In Die Zeit vom 28 Februar 1964 Margarete Mehdorn Franzosische Kultur in der Bundesrepublik Deutschland Politische Konzepte und zivilgesellschaftliche Initiativen 1945 1970 Bohlau Koln Weimar Wien 2009 S 103 105 Erich Luth Die Friedensbitte an Israel 1951 Eine Hamburger Initiative Mit Beitragen von Rudolf Kustermeier u a Christians Hamburg 1976 Werner Bergmann Antisemitismus in offentlichen Konflikten Kollektives Lernen in der politischen Kultur der Bundesrepublik 1949 1989 Campus Frankfurt am Main 1997 S 111 146 182 f Olaf Scholz 60 Jahre Gesellschaft fur christlich judische Zusammenarbeit in Hamburg In Olafscholz de vom 12 November 2012 Etwa Erich Luth Wir bitten Israel um Frieden In Rundbrief zur Forderung der Freundschaft zwischen dem Alten und dem Neuen Gottesvolk im Geiste der beiden Testamente 3 4 Folge 1951 1952 Nr 12 15 Freiburg Dezember 1951 Sonder Ausgabe Friede mit Israel PDF 9 8 MB S 7 f Zu einer Rede Luths im KZ Bergen Belsen 1957 Sprachstunde Null Wie die Bundesrepublik uber Juden und Israel zu sprechen lernte Memento vom 29 August 2012 im Internet Archive In Dok5 Das Feature bei WDR 5 vom 2 September 2012 Audio als mp3 Prominenten Graber Norbert Frei Transformationsprozesse Das Bundesverfassungsgericht als vergangenheitspolitischer Akteur in den Anfangsjahren des Bundesrepublik In Michael Stolleis Hrsg Herzkammern der Republik Die Deutschen und das Bundesverfassungsgericht C H Beck Munchen 2011 S 64 81 hier S 79 Robert Alexy Grundrechte Abwagung und Rationalitat In Martin Kriele Hrsg Vernunft und Interpretation Reasonableness and Interpretation Jahrbuch fur juristische Hermeneutik Lit Verlag Munster u a 2003 S 113 126 hier S 114 116 Matthias Jestaedt Meinungsfreiheit In Detlef Merten Hans Jurgen Papier Hrsg Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa Band 4 Grundrechte in Deutschland Einzelgrundrechte I C F Muller Heidelberg u a 2011 S 875 964 hier S 876 Normdaten Person GND 117321265 lobid OGND AKS LCCN n85198185 VIAF 17996759 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Luth ErichALTERNATIVNAMEN Luth Erich ErnstKURZBESCHREIBUNG deutscher Publizist und Politiker DDP RDP MdHBGEBURTSDATUM 1 Februar 1902GEBURTSORT HamburgSTERBEDATUM 1 April 1989STERBEORT Hamburg Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Erich Luth amp oldid 236372286