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Epirigenys ist eine ausgestorbene Gattung aus der Familie der Anthracotheriidae Sie steht daruber hinaus den Flusspferden nahe und wird als deren Schwestergruppe angesehen Bekannt ist sie aber nur uber einige wenige Backenzahne und einen Unterkieferrest die im ostlichen Afrika aufgefunden wurden Die Fossilreste datieren in den Beginn des Oberen Oligozans und sind somit rund 28 Millionen Jahre alt Die wissenschaftliche Erstbeschreibung der Gattung erfolgte im Jahr 2015 Mit der Entdeckung von Epirigenys konnte die bisher nur vermutete Verwandtschaft der Anthracotherien mit den Flusspferden abgesichert werden Daruber hinaus lasst sie einen Ursprung der Flusspferde in Afrika annehmen und zeigt auf dass diese Gruppe eine lange evolutive Entwicklungsgeschichte auf dem Kontinent besitzt EpirigenysZeitliches AuftretenOberes Oligozan28 Mio JahreFundorteLokichar Becken Kenia SystematikLaurasiatheriaPaarhufer Artiodactyla HippopotamoideaAnthracotheriidaeBothriodontinaeEpirigenysWissenschaftlicher NameEpirigenysLihoreau Boisserie Manthi amp Ducrocq 2015 Inhaltsverzeichnis 1 Beschreibung 2 Fundstelle 3 Systematik 4 Entdeckungsgeschichte 5 EinzelnachweiseBeschreibung BearbeitenEpirigenys reprasentierte einen mittelgrossen Vertreter der Anthracotheriidae und wies schatzungsweise ein Korpergewicht von 78 bis 91 kg auf Bekannt ist die Gattung aber nur uber ein linkes Unterkieferfragment mit den anhaftenden Zahnen vom letzten Pramolar bis zum zweiten Molar und uber knapp zwei Dutzend isolierte Zahne und Zahnbruchstucke Bis auf einen einzelnen spatelformigen Schneidezahn handelt es sich in allen Fallen um Reste des hinteren Gebisses Die Molaren zeigten Merkmale die sowohl typisch fur die Anthracotherien aber auch fur die fruhen Flusspferde sind Sie besassen niedrige brachyodonte Zahnkronen und ein Kauflachenmuster das zwischen bunodont hockerig und selenodont mit langs der Zahnachse verlaufenden Leisten vermittelte bunoselenodont Die Hocker waren breit gewolbt mit dazwischen liegenden stumpf gestalteten Leisten wodurch diese nicht ganz so ausgepragt erschienen wie beim nahe verwandten Bothriogenys Die oberen Molaren zeichneten sich durch funf Haupthocker aus drei davon bildeten im hinteren Zahnbereich eine Einheit Eine ahnliche Zahngestaltung wiesen sowohl die fruhen Flusspferde als auch die fruhen Anthracotherien auf Das Cingulum der oberen Backenzahne ein zungenseitiger Wulst der an der Zahnbasis ansetzt lag bei Epirigenys deutlich hoher als bei Bothriogenys etwa auf halber Hohe zu den Hockerspitzen und ahnelte somit ebenfalls den fruhen Flusspferden Abweichend von den Flusspferden traten aber auf der Wangenseite der Molaren noch einige zusatzliche kleinere Hockerchen wie der Parastyl und der Mesostyl auf Die unteren Molaren besassen eine deutlich breitere und kurzere Gestalt im Vergleich zu Bothriogenys was vor allem am zweiten hinteren Backenzahn den Flusspferden gleicht Insgesamt wiesen die hinteren unteren Backenzahne nur vier niedrige Hockerchen mit leicht eingedellten Talern dazwischen auf Der obere zweite Molar wurde 2 0 cm lang und 2 1 cm breit der untere zweite mass entsprechend 1 8 cm in der Lange und 1 2 cm in der Breite 1 Fundstelle BearbeitenAlle bisher bekannten Funde von Epirigenys wurden an den Lokone Hugeln Lokone Horst im Lokichar Becken sudwestlich des Turkanasees im nordlichen Kenia entdeckt Das Lokichar Becken liegt heute bei rund 615 m uber dem Meeresspiegel und zeichnet sich durch ein sehr trockenes Klima mit jahrlich rund 180 mm Niederschlag aus Es gehort zu einer Serie von funf Sud Nord orientierten Becken im Ostafrikanischen Graben Lokichar Nord Lokichar Nord Kerio Lothidok und Turkana Becken in denen sich Sedimente vom Palaogen bis zum Pliozan abgelagert haben Sie verdanken ihre Entstehung den Driftbewegungen die auch zur Bildung des Grossen Afrikanischen Grabenbruchs fuhrten Intensive seismische Untersuchungen ergaben fur das Lokichar Becken eine halbgrabenformige Struktur von 60 km Lange 30 km Breite und 7 km Tiefe Im Westen wird das Becken durch die Lokichar Falte Lokichar Fault begrenzt im Osten bilden die Hugelketten des Lokone Horsts Lokone Fault die Grenze Jenseits der Hugelkette erstreckt sich das strukturell ahnliche Nord Kerio Becken 2 3 Die 7 km machtige Beckenfullung lagert auf prakambrisch gebildeten Gneisen und Amphiboliten Sie besteht aus einer Folge von groben und feinen Sandsteinen die teilweise mit Kerogen angereichert sind Bei den mitunter mehrere hundert Meter machtigen Sandsteinlagen kann zwischen Lokone Sandstein und Auwerwe Sandstein Formation unterschieden werden Die altere Lokone Sandstein Formation besteht wiederum aus dem Loperot Shale Member und dem Lokone Shale Member Dabei ist das untere Schichtglied etwa eozanen bis oligozanen Alters die obere Folge datiert vom Oberen Oligozan bis in das Untere Miozan Die Sandsteine lagerten sich in einem ausgedehnten Susswassersee ab dessen Grosse im Minimum bei 50 km Lange und 20 km Breite betrug Er bestand unter feuchten Klimabedingungen mit jahrlichen Niederschlagen von wenigstens 1000 mm Pollenanalysen ergaben dass die Uferbereiche des Sees mit Waldern mit zum Teil laubabwerfenden Baumen und mit feuchten Regenwaldern bewachsen waren Die damalige Landschaft ahnelte etwa der die heute am Sudrand des Kongobeckens besteht 2 4 3 Bisher sind mehrere fossilfuhrende Fundstellen im Lokichar Becken bekannt LOK 1 2 12 und 13 die jeweils dem Lokone Shale Member angehoren Sie befinden sich alle am Ostrand des Beckens im Bereich des Lokone Horsts Die Fundstellen LOK 1 2 und 12 stehen dabei mit groben bis sehr groben teilweise fest verbackenen quarzreichen Sandsteinen in Verbindung die mehrere Dezimeter machtig sind und moglicherweise auf ehemalige Flusslaufe in den See zuruckzufuhren sind LOK 13 korrespondiert zu feinkornigeren molluskenreichen Sandsteinen die einen ursprunglichen Uferbereich anzeigen In den Fundstellen kamen mehr als 100 Fossilreste zum Vorschein Das umfangreiche Saugetiermaterial uberwiegend isolierte Zahne gehort zu funf Tierordnungen Neben Epirigenys das das bei weitem haufigste Saugetier in Lokone darstellt und in beiden Fundstellenfazies auftritt wurden unter anderem Nagetiere wie Metaphiomys ursprungliche Fleischfresser wie Apterodon aus der Gruppe der Hyaenodonta oder das urtumliche Russeltier Phiomia entdeckt Des Weiteren kommen Fische und Schildkroten vor Zwei weitere Fundschichten im Hangenden der bereits genannten enthalten zwar kein Saugetiermaterial dafur treten dort Krokodile auf Die Zusammensetzung der Fauna lasst auf eine Stellung im Oberen Oligozan schliessen und durfte somit rund 28 Millionen Jahre alt sein Damit gehort Lokone neben dem Fayyum in Agypten Chilga in Athiopien oder dem ebenfalls im nordlichen Kenia gelegene Lothidok zu den wenigen Fundstellen mit oligozaner Zeitstellung die bisher aus Afrika bekannt sind 3 5 1 Systematik BearbeitenInnere Systematik der Hippopotamoidea nach Lihoreau et al 2015 1 Hippopotamoidea Siamotherium Anthracotheriidae Anthracotheriinae Microbunodontinae Bothriodontinae Bothriogenys orientalis Epirigenys Hippopotamidae Flusspferde Afromeryx Sivameryx Merycopotamus Libycosaurus Elomeryx Bothriodon Aepinacodon Bothriogenys BrachyodusVorlage Klade Wartung StyleEpirigenys ist eine Gattung aus der Familie der Anthracotheriidae einer ausgestorbenen Gruppe von Saugetieren die als die nachsten Verwandten der Flusspferde Hippopotamidae angesehen werden Beide Familien die Anthracotheriidae und die Hippopotamidae formen zusammen eine monophyletische Gruppe die die Bezeichnung Hippopotamoidea tragt und so den Status einer Uberfamilie innehat Da die heutigen Flusspferde als Vertreter der Ordnung der Paarhufer Artiodactyla zudem die Schwestergruppe der Wale Cetacea innerhalb des ubergeordneten Taxons Cetartiodactyla darstellen werden diese wiederum unter der Gruppe der Cetancodonta zusammengefasst Innerhalb der Anthracotherien steht Epirigenys den urtumlichen Formen aus der Gruppe der Bothriodontinae nahe denen unter anderem auch Bothriogenys angehort Aufgrund der an den Backenzahnen auftretenden gemeinsamen Kombination von Merkmalen dieser stammesgeschichtlich fruhen Anthracotherien mit denen der Flusspferde wird Epirigenys gemass phylogenetischen Untersuchungen als Schwestergruppe der Flusspferde angesehen Allerdings hat die nun tiefe Einbettung der Flusspferde innerhalb der Anthracotherien zur Folge dass letztere als paraphyletisch zu betrachten sind 1 6 7 Der Ursprung der Flusspferde war lange Zeit ungeklart Zudem bestand eine gravierende zeitliche Lucke zwischen dem ersten Auftreten der Wale im Unteren Eozan vor rund 53 5 Millionen Jahren und dem der Flusspferde im Unteren Miozan vor rund 21 Millionen Jahren die eine uber 30 Millionen Jahren wahrende Geisterlinie annehmen liess Neben einer Herleitung der Flusspferde von den Schweineartigen Suina oder den ausgestorbenen Cebochoeridae urtumlichen Paarhufern aus dem Eozan galten hauptsachlich die Anthracotheriidae als favorisierte Ursprungsgruppe Diese traten erstmals zum Ausgang des Mittleren Eozans in Eurasien auf und verbreiteten sich alsbald nach Nordamerika sowie nach Afrika wo sie zuerst im Oberen Eozan mit Bothriogenys im Fayyum nachgewiesen sind Allgemein konnen die Anthracotherien als relativ grosse schweinartige Tiere beschrieben werden die sich vor allem durch ein typisch bunodont hockeriges bis selenodont mit mondsichelformig gestalteten Langsleisten ausgepragtes Kaulflachenmuster auf den Oberflachen der Backenzahne auszeichneten Dabei nahm die Selenodontie der Backenzahne im Laufe der Stammesgeschichte der Anthracotherien stark zu ebenso wie die Schadelgestaltung mit breiter werdenden Schnauzen deutlich flusspferdartiger wurde Die Flusspferde entwickelten dagegen nie ein deutlich selenodontes Zahnmuster und behielten weitgehend das hockerige Kaumuster bei Beiden Gruppen ist aber die Reduktion des funften Haupthockers auf den oberen Backenzahnen im Laufe der Entwicklung zu Eigen 1 6 7 Zentraler Diskussionspunkt war ob die Flusspferde von einer stammesgeschichtlich alteren bunoselenodonten oder jungeren selenodonten Entwicklungsphase der Anthracotherien abstammten Teilweise wurde ein relativ spates Abzweigen angenommen und die daraus resultierende Ruckentwicklung der selenodonten Kauflachengestaltung bei den Flusspferden uber ein starker plastisches Verhalten der Saugetierzahne wahrend der Evolution erklart Hierbei stellte sich auch die Frage ob der Ursprung der Flusspferde deren altester Fossilnachweis aus Afrika stammt moglicherweise in Eurasien lag und eine Einwanderung nach Afrika erst mit der Entstehung der Landbrucke uber den sich schliessenden Tethys Ozean im Untermiozan erfolgte 6 7 Die Entdeckung von Epirigenys zeigt nun dass die Abstammung der Flusspferde von eher urtumlichen Anthracotherien hergeleitet werden kann Sie konnte zudem nachweisen dass die Flusspferde in Afrika entstanden und sich aus den Nachkommen der ersten Einwanderer der Anthracotherien die den Kontinent noch weit vor der Bildung der Landbrucke von Eurasien aus erreichten entwickelt haben Demnach stellen die Flusspferde einen integralen Bestandteil der afrikanischen Fauna dar und blieben dort lange Zeit endemisch Erst im Verlauf des Oberen Miozans eroberten sie auch weite Gebiete Eurasiens Nicht zuletzt konnte mit der festen Einbindung der Flusspferde in die Entwicklungslinie der Anthracotherien die zeitliche Lucke zwischen dem ersten Auftreten der Wale und den Vorlaufern der Flusspferde Hippopotamoidea auf rund 10 Millionen Jahre verkurzt werden 1 Entdeckungsgeschichte BearbeitenDie ersten fossilfuhrenden Fundschichten in Lokone LOK 1 wurden in den Jahren 1994 und 1995 von Meave Leakey entdeckt wobei wahrend dieser ersten Untersuchung bereits der teilweise erhaltene Unterkiefer zum Vorschein kam Daraufhin grundete sich die Forschungsgruppe Lokone Paleontological Research Project LPRP welche im November und Dezember 2007 eine erste intensive Erkundung der Region durchfuhrte Als Ergebnis konnten drei weitere Fundschichten LOK 2 12 und 13 verzeichnet werden Ebenso kam eine Vielzahl an Fossilmaterial zum Vorschein welches unter anderem auch weitere Reste von Epirigenys umfasste Einen ersten Vorbericht zu den aufgefundenen Fossilien publizierten die beteiligten Wissenschaftler im Jahr 2010 In diesem ordneten sie die heute zu Epirigenys verwiesenen Zahnreste allgemein den Anthracotheriidae bei bescheinigten ihnen aber aufgrund ihrer Gestaltung eine nahere Beziehung zu den Bothriodontinae und speziell zu Bothriogenys 3 Die wissenschaftliche Erstbeschreibung von Epirigenys erfolgte dann im Jahr 2015 durch Fabrice Lihoreau und Forscherkollegen Als Holotyp Exemplarnummer KNM LH 30375 wurde der linke Unterkieferast mit den erhaltenen Zahnen vom letzten Pramolaren bis zum zweiten Molar ausgewahlt der zu den ersten entdeckten Fundstucken gehort Er wird im Kenya National Museum aufbewahrt Bisher ist mit Epirigenys lokonensis eine Art bekannt Der Gattungsname Epirigenys setzt sich aus dem Turkana Wort epiri fur Flusspferd und dem griechischen Wort geneion oder genῠs geneion oder genys zusammen Dabei handelt es sich um ein Wortspiel da die Wortsilbe gen gen einerseits Ursprung oder Linie bedeuten kann das Wort genys aber auch das Kinn beziehungsweise den Unterkiefer meint In beiden Fallen spielt der Gattungsname auf die nahe Verwandtschaft zu den Flusspferden an Der Artname lokonensis ist eine Referenz auf die Fundstelle der Fossilien 1 Einzelnachweise Bearbeiten a b c d e f g Fabrice Lihoreau Jean Renaud Boisserie Fredrick Kyalo Manthi und Stephane Ducrocq Hippos stem from the longest sequence of terrestrial cetartiodactyl evolution in Africa Nature Communications 6 2015 S 6264 doi 10 1038 ncomms7264 a b Annie Vincens Jean Jacques Tiercelin und Guillaume Buchet New Oligocene early Miocene microflora from the southwestern Turkana Basin Palaeoenvironmental implications in the northern Kenya Rift Palaeogeography Palaeoclimatology Palaeoecology 239 2006 S 470 486 a b c d Stephane Durocq Jean Renaud Boisserie Jean Jaques Tiercelin Cyrille Delmer Eraldine Garcia Manthi Fredrick Kyalo Meave G Leakey Laurent Marivaux Olga Otero Stephane Peigne Pascal Tassy und Fabrice Lihoreau New Oligocene Vertebrate Localities from Northern Kenya Turkana Basin Journal of Vertebrate Paleontology 30 1 2010 S 293 299 M R Talbot C K Morley J J Tiercelin A Le Herisse J L Potdevin und B Le Gall Hydrocarbon potential of the Meso Cenozoic Turkana Depression northern Kenya II Source rocks quality maturation depositional environments and structural control Marine and Petroleum Geology 21 2004 S 63 78 Meave Leakey Ari Grossman Mercedes Gutierrez und John G Fleagle Faunal Change in the Turkana Basin during the Late Oligocene and Miocene Evolutionary Anthropology 20 2011 S 238 253 a b c Jean Renaud Boisserie Fabrice Lihoreau und Michel Brunet The position of Hippopotamidae within Cetartiodactyla PNAS 102 5 2005 S 1537 1541 a b c Maeva Orliac Jean Renaud Boisserie Laura MacLatchy und Fabrice Lihoreau Early Miocene hippopotamids Cetartiodactyla constrain the phylogenetic and spatiotemporal settings of hippopotamid origin PNAS 107 26 2010 S 11871 11876 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Epirigenys amp oldid 238736903