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Der Dionysius Schatz auch Dionysschatz ist die Reliquien und Kleinodiensammlung des historischen Stiftes Enger in Westfalen Er ist benannt nach einem Patron des Stiftes dem Heiligen Dionysius von Paris Der Schatz besteht aus kunsthandwerklichen Gegenstanden des Mittelalters Herausragend ist ein mit Goldblechen und antiken Gemmen versehenes Bursenreliquiar aus dem 8 Jahrhundert welches zu den Arbeiten hochsten Ranges karolingischer Goldschmiedekunst gezahlt wird sogenannte Engerer Burse Engerer Burse Bursenreliquiar mit Schmucksteinen und antiken Gemmen 8 Jahrhundert Inhaltsverzeichnis 1 Bestand und Verwahrung 2 Geschichte 3 Kunsthistorische Bedeutung 4 Bezug zu Widukind und Widukind Tradition 5 Bestandteile des Dionysius Schatzes 6 Einzelnachweise 7 Literatur 8 WeblinksBestand und Verwahrung BearbeitenDer Dionysius Schatz besteht aus heute 16 von ehemals 32 Gegenstanden die seit 1885 im Besitz des Berliner Kunstgewerbemuseums sind 14 Stucke werden in der Sammlung am Kulturforum Potsdamer Platz gezeigt Zwei zugehorige Bande eines Missale von 1486 werden in der Handschriftensammlung der Staatsbibliothek Berlin verwahrt Teile des Schatzes sind seit 1945 verschollen und vermutlich bei Kriegsende verbrannt darunter die aus dem 13 14 Jahrhundert stammende Eichenholztruhe in welcher der Schatz bis zu seiner Uberfuhrung nach Berlin verwahrt worden ist Die kostbarsten und kunsthistorisch bedeutsamsten Stucke sind erhalten Historische Standorte des Schatzes waren bis 1414 die Stiftskirche St Dionysius in Enger und bis 1885 die St Johanniskirche in Herford Geschichte BearbeitenDas Stift Enger wurde 947 von Konigin Mathilde gegrundet Ihr Sohn Konig Otto I stattete es zwischen 947 und 968 mehrfach belegt durch Schenkungen aus darunter Reliquien des Heiligen Dionysius von Paris Es ist zu vermuten dass in dieser Zeit koniglicher Zuwendungen auch wertvolle kunsthandwerkliche Stucke in den Besitz des Stiftes gelangt sind in denen die Reliquien verwahrt wurden und die den Kernbestand des Schatzes bildeten Einzelheiten sind nicht dokumentiert Die alteste Benennung des Schatzes findet sich in einem Verzeichnis aus der ersten Halfte des 12 Jahrhunderts das dem zugehorigen Evangelistar beigefugt wurde und das mit einem christlichen Bannfluch Anathema versehen ist darin wird all jenen die Strafe der Holle angedroht die dem Schatz des Heiligen Dionysius etwas fortnehmen Zwischen dem 11 und 15 Jahrhundert kamen weitere Stucke zu dem Schatz hinzu deren Erwerbsumstande aber unbekannt sind 1414 wurde das Stift Enger aus Sicherheitsgrunden in die befestigte Stadt Herford verlegt Neuer Verwahrungsort des Dionysius Schatzes wurde die dortige St Johanniskirche Nach dem 15 Jahrhundert wurde der Schatz nur noch um wenige meist bescheidene Gegenstande erweitert Im Zuge der Reformation die das Stift im 16 Jahrhundert erfasste muss der liturgische Gebrauch der Reliquien geendet haben 1810 erfolgte auf Grundlage des Reichsdeputationshauptschlusses die Auflosung des Stiftes Neuer Eigentumer des Schatzes wurde das Konigreich Westphalen und nach dessen Auflosung 1813 der Preussische Staat Dieser beliess den Schatz in der Johanniskirche wo er vom Presbyterium nur gelegentlich interessierten und hochgestellten Personen gezeigt wurde so 1833 dem preussischen Kronprinzen Anlasslich seiner Thronbesteigung 1840 ubersandte die Stadt Herford dem preussischen Konig Friedrich Wilhelm IV aus dem Schatz die kleine Schale welche als Taufschale Widukinds bekannt war als ein Huldigungsgeschenk das dieser 1845 der Koniglich Preussischen Kunstkammer zuwies aus der spater das Kunstgewerbemuseum hervorging Zwischen 1866 und 1880 wurde der Schatz wissenschaftlich erfasst und durch Veroffentlichungen in Buchern Zeitschriften und durch Ausstellungen in Munchen Munster und Dusseldorf weithin bekannt Nach einem Diebstahlsversuch wurde der Schatz 1885 in das Kunstgewerbemuseum Berlin uberfuhrt Kunsthistorische Bedeutung BearbeitenAls bedeutendste Teile des Schatzes gelten das Bursenreliquiar das goldene Reliquienkreuz die Taufschale Widukinds das Evangelistar das Reliquiar mit grossem Bergkristall und das Sirenen Aquamanile Das Bursenreliquiar Engerer Burse wird von Kunsthistorikern beurteilt als eines der kostbarsten Werke der Goldschmiedekunst die sich aus dem fruhen Mittelalter erhalten haben 1 es zeige als eines der ganz wenigen Zeugnisse den hohen Stand der fruhkarolingischen Goldschiedekunst und sei auch eines der wichtigsten Denkmaler abendlandischer Emailkunst 2 Das Sirenenaquamanile gilt als erstrangiges Werk mittelalterlichen Bronzegusses und als einziges Exemplar dieses Typus 3 Auffallend am Dionysius Schatz ist seine heterogene Zusammensetzung Er umfasst sowohl einfache handwerkliche Arbeiten wie auch Goldschmiedewerke von hochstem Rang Bedenkenswert ist dass er nicht der Schatz einer Bischofskirche war sondern der eines kleinen und abgelegenen Stiftes das nicht uber grosse Eigenmittel verfugte Der Schatz spiegelt somit die wechselvolle Geschichte des Stiftes und seiner Zuwendungen durch furstliche Gonner wider Erwahnenswert ist dass das Stift Enger noch uber weitere bedeutende Kunstwerke verfugte die zwar nicht zu dem Dionysius Schatz gezahlt werden in diesem Zusammenhang aber beachtet werden sollten das sogenannte Widukindepitaph eine der altesten Grabplastiken Deutschlands aus dem 11 Jahrhundert und der Codex Wittekindeus ein Hauptwerk Ottonischer Buchmalerei Bei archaologischen Ausgrabungen in der Engerer Stiftskirche 1971 73 wurden zwei wertvolle Goldschmiedestucke gefunden eine Fibel und ein Zierknopf die wie die Bursa ins 8 Jahrhundert datiert werden und deren einstige Zugehorigkeit zum Stiftsschatz vermutet wird 4 Die Stucke werden im Widukindmuseum Enger verwahrt Bezug zu Widukind und Widukind Tradition BearbeitenNeben der Verehrung des Heiligen Dionysius pflegte das Stift Enger seit dem 12 Jahrhundert auch eine sich verstarkende heiligenartige Verehrung des bereits aus dem 8 Jahrhundert stammenden sachsischen Herzogs Widukind dessen Kirchgrundung und Grablege in Enger man vermutete 5 Aufgrund dieser Widukind Tradition Balzer wurden auch Stucke des Stiftsschatzes mit dem sachsischen Adligen in Verbindung gebracht insbesondere galt die Taufschale als eines jener Geschenke Karls des Grossen an Widukind die in zeitgenossischen frankischen Quellen erwahnt sind Die Fassung der Schale ist jungeren Datums das Alter ihres Serpentinsteins unbestimmbar vermutlich antik Fur die Bursa ist ein solcher Zusammenhang kunsthistorisch zwar moglich aber nicht beweisbar er wurde erst von der Forschung des 19 Jahrhunderts formuliert Bestandteile des Dionysius Schatzes BearbeitenNr Bild Bezeichnung Erlauterung Herkunft1 nbsp Bursenreliquiar Engerer Burse Gold und Silberblech Steine Perlen Zellenschmelz Holzkern Das Reliquiar ist von unten zu offnen heute leer Frankisches Reich 8 Jahrhundert 2 nbsp Schale und Futteral Taufschale Widukinds Gruner Serpentin Bronze vergoldet Fassungsinschrift MUNERE TAM CLARO DITAT NOS AFFRICA RARO Mit so prachtiger und seltener Gabe beschenkt uns Afrika Futteral aus Lindenholz bemalt Deutschland 12 Jahrhundert 3 nbsp Goldenes Reliquienkreuz Goldblech Perlen Steine karolingischer Bergkristallschnitt Niello Holzkern Inschrift DE LIGNO DO MI NI Vom Holz des Herrn Westfalen oder Niedersachsen 12 Jahrhundert Kreuzfuss spatgotisch 4 nbsp Evangelistar Silber teilvergoldet Holzkern Liturgische Handschrift enthalt ein angefugtes Schatzverzeichnis mit Anathema Handschrift St Gallen 10 Jahrhundert Vorderdeckel Westfalen 12 Jahrhundert 5 nbsp Reliquiar mit grossem Bergkristall Silber teilweise vergoldet Der Bergkristall ist einer der fruhesten erhaltenen Hohlschliffe In der Hohlung befanden sich ursprunglich Reliquien Westfalen Osnabruck um 1220 6 nbsp Sirenen Aquamanile Bronze Rituelles Giessgefass in Gestalt einer Sirene Mischwesen aus Frau und Vogel Hildesheim um 1230 7 nbsp Pyxis Knochen Vermutlich Reliquienbuchse deren Deckel verloren sind Lothringen 10 Jahrhundert 8 nbsp Reliquienkapsel Silber vergoldet In zwei Halften zerschnittene Reliquienkapsel Die Bildgestaltung zeigt Beginn und Vollendung des Heilsgeschehens Norddeutschland 15 Jahrhundert 9 nbsp Zwei grosse Vortragekreuze Silberblech Holzkern Zwei weitgehend gleiche Prozessionskreuze einfacher Machart Norddeutschland 15 Jahrhundert 10 nbsp Kleines Reliquienkreuz Kupfer ehemals versilbert innen hohl Ruckwartige Offnung zur Bergung von Reliquien im Innern Norddeutschland 15 Jahrhundert 11 nbsp Duftkapsel Bisamapfel Duftapfel Silber getrieben graviert Zweihalftige Kugel zur Bergung von kostbaren Riechstoffen oder krankheitsabwehrenden Substanzen Vermutlich am Gurtel getragen Deutschland 15 Jahrhundert 12 nbsp Chormantelschliesse Silber getrieben teilweise vergoldet Eine Inschrift verweist auf den Kanoniker Heinrich Furstenau als Stifter Westfalen Osnabruck datiert 1512 13 nbsp Deckelbuchse Lindenholz bemalt Einfaches Behaltnis fur Hostien oder Reliquien Norddeutschland 15 Jahrhundert 14 nbsp Lederkastchen Leder geschnitten gepragt Eine Inschrift deutet auf einen ursprunglich profanen Zweck des Kastchens hin Deutschland 15 Jahrhundert 15 Kein Bild Zwei Seidenstickereien Korporalienkasten mit besticktem Uberzug zur Aufbewahrung von Kelchtuchern Langliches Kissen Norddeutschland 15 Jahrhundert 16 Kein Bild Missale zwei Bande Handschriften mit Malereien Einbande aus Leder auf Holz Die Bande beinhalten den Sommer und Winterteil aller im Laufe eines Jahres benutzten liturgischen Texte Gebete und Gesange Osnabruck 1486 Einzelnachweise Bearbeiten Kotzsche Der Dionysius Schatz In Stadt Enger Beitrage zur Stadtgeschichte 2 Enger 1983 S 43 Kotzsche Der Dionysius Schatz In Stadt Enger Beitrage zur Stadtgeschichte 2 Enger 1983 S 46 Kotzsche Der Dionysius Schatz In Stadt Enger Beitrage zur Stadtgeschichte 2 Enger 1983 S 55 vgl Uwe Lobbedey Die Ausgrabungen in der Stiftskirche zu Enger 1 Grabungsvorbericht In Denkmalpflege und Forschung in Westfalen S 179 vgl Ute Specht Kreusel Widukind Rezeptionsgeschichtliche Denkansatze zu einer historischen und unhistorischen Gestalt In Olaf Schirmeister Ute Specht Kreusel Hrsg Widukind und Enger Stadt Enger Beitrage zur Stadtgeschichte 8 Verlag fur Regionalgeschichte Bielefeld 1992 S 9f Literatur BearbeitenDietrich Kotzsche Der Dionysius Schatz In Stadt Enger Beitrage zur Stadtgeschicht Band 2 Enger 1983 S 41 62 Rainer Pape Der Verlust des Dionysiusschatzes In Rainer Pape Sancta Herfordia Geschichte Herfords von den Anfangen bis zu Gegenwart Herford 1979 S 269 272 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Dionysius Schatz Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Staatliche Museen zu Berlin Online Katalog Suchbegriff Dionysius eingeben Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Dionysius Schatz amp oldid 234127158