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Die Ruckseite des Spiegels Versuch einer Naturgeschichte menschlichen Erkennens ist der Titel eines Buches Erstveroffentlichung 1973 von Konrad Lorenz 1903 1989 das er als sein Hauptwerk bezeichnet hat Lorenz erortert in diesem Werk das Zusammenspiel von genetischen und zivilisatorischen Einflussen auf das Erkenntnisvermogen des Menschen Seine philosophischen Betrachtungen entwickeln sich vor dem Hintergrund einer als Gen Kultur Koevolution beschreibbaren Sichtweise der zufolge von einer gegenseitigen Beeinflussung und Abhangigkeit zwischen biologischen Evolutionsfaktoren und soziokultureller Evolution ausgegangen wird Das Verhalten des Menschen insbesondere sein Erkenntnisvermogen der Spiegel wird dieser philosophischen Theorie zufolge sowohl durch angeborene Verhaltensweisen die Ruckseite als auch durch kulturelle Traditionen beeinflusst Wie andere Vertreter der Gen Kultur Koevolution vor ihm versucht Konrad Lorenz uber anekdotische Einzelfalle hinaus allgemein die zugrundeliegenden systematischen Beziehungen Wechselwirkungen und Gesetzmassigkeiten zwischen der biologischen und kulturellen Evolution bzw zwischen dem genetisch bedingten instinkthaften und dem gelernten kulturellen Verhalten zu bestimmen und zu klaren Ziel solcher Analysen ist eine umfassende Erklarung des menschlichen Verhaltens und hierauf grundend die Moglichkeit einer Voraussage der weiteren kulturellen Evolution Inhaltsverzeichnis 1 Die der Gen Kultur Koevolution zugrundeliegende Schichtung des Seins in der Evolution 2 Die Entstehung und der Vorteil der geistig kulturellen Schicht in der Evolution 3 Die Verhaltnisse zwischen der instinkthaften und der geistigen Schicht im menschlichen Sein als Gen Kultur Koevolution 4 Das Ende der genetischen Evolution beim Menschen und die Problematik der weiteren kulturellen Evolution 5 Eine mogliche bevorstehende Wende in der kulturellen Evolution des Menschen 6 LiteraturDie der Gen Kultur Koevolution zugrundeliegende Schichtung des Seins in der Evolution BearbeitenKonrad Lorenz vertritt in Anlehnung an den Philosophen Nicolai Hartmann die Theorie der Schichtung des Seins er bezieht das im Gegensatz zu Hartmann jedoch auf die Evolution Die Andersartigkeit von genetischem und kulturellem Sein verleitet dazu beide Bereiche als grundsatzlich getrennt und unvereinbar zu sehen die Theorie der geschichteten Systeme erklart diese Andersartigkeit und stellt zugleich beides als ein letztlich einheitliches und zusammengehoriges System dar Die Gen Kultur Koevolution versteht sich als Bestandteil dieses theoretischen Konzepts Die vier grossen Schichten des Seins in der Natur sind nach Nicolai Hartmann das Anorganische des Materiellen das Organisch Lebendige der Pflanzen das Seelisch Emotionale der Tiere und das Kulturell Geistige des Menschen Lorenz 1987 S 58 Die Schichtung ist dadurch bedingt dass unter bestimmten Bedingungen plotzlich vollig neue Eigenschaften entstehen konnen Lorenz benutzt hierfur den Begriff Fulguration fulgur der Blitz wie etwa das Lebendige aus dem Materiellen die vorher auch nicht in Andeutungen Lorenz 1987 S 49 vorhanden gewesen sind und die darin dann eine neue Schicht bedingen und bilden Als anschauliches Beispiel fuhrt Konrad Lorenz dazu eine elektrische Schaltung an Lorenz 1987 S 48 49 bei der durch das richtige Zusammenschalten eines Kondensators mit einer Spule die vollig neue Systemeigenschaft der elektrischen Schwingung entsteht Die neue Qualitat Schwingung ist weder bei dem Untersystem des Kondensators noch dem der Spule allein zu erkennen So stellt Konrad Lorenz mit den Worten von Nicolai Hartmann fest nun aber angewendet auf die Evolution dass die Welt bei aller Mannigfaltigkeit und Heterogenitat keineswegs der Einheitlichkeit entbehrt Das System der Welt ist ein Schichtenbau bei dem es von Schicht zu Schicht das Einsetzen neuer Gesetzlichkeiten und kategorialer Formungen gibt zwar in Abhangigkeit von der niederen aber doch in aufweisbarer Eigenart und Selbstandigkeit gegen sie Lorenz 1987 S 58 Die speziellen Eigenschaften des niederen Systems sind dabei in den Hoheren enthalten aber nie umgekehrt Das alles gilt dann auch fur das geistig kulturelle Sein des Menschen d h es ist ebenso wie die Schwingungen der elektrischen Schaltung oder die Lebendigkeit des organischen Seins in der speziellen Neuheit und Andersartigkeit bezuglich des Vorangegangenen Instinkthaften nicht auf ubernaturliche Einflusse zuruckzufuhren Obwohl auch hier vollig neue Eigenschaften praktisch wie aus dem Nichts entstanden sind sind sie letztlich doch nur mit Hilfe und aufgrund des Vorangegangenen bzw der Untersysteme verstehbar wenn auch dort in keiner Weise als solche zu finden Die Entstehung und der Vorteil der geistig kulturellen Schicht in der Evolution BearbeitenWahrend der Ubergang und die Kluft zwischen Pflanze und Tier die bis heute ratselhafte Neuerung darstellt in der aus chemisch physikalischen Strukturen und Gesetzen das Empfinden Erleben und Raum Zeit Bewusstsein entsteht Lorenz 1987 S 215 betreffen die beiden anderen Ubergange oder Kluften zwischen den Schichten also die zwischen dem materiellen und dem lebendigen Sein sowie die zwischen Tier und Mensch beide die Informationsgewinnung speicherung und weitergabe Lorenz 1987 S 216 Fur das Entstehen des lebendigen Seins seine Weiterentwicklung und damit fur den Prozess der Evolution selbst war das Gewinnen und die Speicherung von Informationen nach Lorenz unabdingbar sondern ist sogar damit gleichzusetzen Lorenz 1987 S 216 Das wurde von den ersten Anfangen des Lebendigen bis zum Tier allein durch das genetische System geleistet erfuhr in dem Ubergang zum geistigen Sein des Menschen dann jedoch eine revolutionierende Neuerung Konrad Lorenz beschreibt das Entstehen der neuen Schicht des spezifisch menschlichen Seins und seines grossen evolutionaren Vorteils folgendermassen Wahrend all der gewaltigen Epochen der Erdgeschichte wahrend deren aus einem tief unter den Bakterien stehenden Vor Lebewesen unsere vormenschlichen Ahnen entstanden waren es die Kettenmolekule der Genome denen die Leistung anvertraut war Wissen zu bewahren und es mit diesem Pfunde wuchernd zu vermehren Und nun tritt gegen Ende des Tertiars urplotzlich ein vollig anders geartetes organisches System auf den Plan das sich unterfangt dasselbe zu leisten nur schneller und besser Es ist daher keine Ubertreibung zu sagen dass das geistige Leben des Menschen eine neue Art von Leben sei Kursive Hervorhebung durch K L Lorenz 1987 S 217 Der entscheidende evolutionare Vorteil des neuen Systems oder der neuen Schicht betrifft nicht die aussere korperliche Form des Seins die wird weiterhin ausschliesslich genetisch bestimmt sondern nur das Verhalten Der Vorteil ist der dass eine notwendige Verhaltensanpassung zu der das alte genetische System mit seiner Technik von Mutation bzw der Neu Kombination in der Verschmelzung der Geschlechtszellen und Selektion auf der Gen Ebene unter Umstanden Zehntausende oder mehr von Jahren benotigt hatte mit dem neuen geistigen System im Idealfall in Sekunden zu bewerkstelligen ist Das neue geistige System abstrahiert die sinnlich wahrgenommene Welt und fuhrt Anpassungen und Verbesserungen auf dieser begrifflichen Abstraktionsebene aus letztlich durchaus auch nach der Technik von zufalligem Probieren und Selektieren nur eben viel schneller und effektiver als auf der korperlichen und genetischen Ebene Genauso wie eine Verhaltensanpassung und verbesserung im neuen System nicht auf der genetischen Ebene gefunden wird wird sie auch nicht dort gespeichert und weitergegeben Das geschieht alles auf der Abstraktionsebene der neuen Schicht die von jedem Individuum erst wahrend des Lebens aufgebaut und erweitert wird und zwar durch das was wir Lernen nennen Das Mittel insbesondere der Informationsweitergabe und des Informationsaustausches ist hierbei nicht das Genom und die geschlechtliche Fortpflanzung sondern es ist die Sprache Ein Schritt der Informationserneuerung und verbreitung dauert nun nicht mehr mindestens eine Generation sondern liegt bei der Sprache im Bereich von Sekunden Das entspricht bei einer etwa 20 jahrigen Generationenfolge einer mehrere millionenfachen zeitlichen Beschleunigung und das nicht nur zwischen zwei Individuen wie bei der genetischen Informationsweitergabe und anderung sondern mit der heutigen Technik im Extremfall zwischen Millionen oder gar Milliarden von Individuen Konrad Lorenz druckt es mit einem einfachen Beispiel aus Wenn ein Mensch der Urzeit Pfeil und Bogen erfand so besass fortan nicht nur seine Nachkommenschaft sondern seine gesamte Sozietat und in weiterer Folge vielleicht sogar die ganze Menschheit diese Werkzeuge Lorenz 1987 S 218 Am Genom anderte sich dabei nicht das Geringste Wenn die Informationsgewinnung und verbreitung als entscheidender Aspekt des evolutionaren Lebens betrachtet wird so ist es tatsachlich keine Ubertreibung wie Konrad Lorenz nach dem obigen Zitat das geistige Sein des Menschen als eine neue Art von Leben zu betrachten Die Errungenschaften des menschlichen Seins waren nur mit diesem neuen geistigen System moglich das dabei nicht auf ubernaturlichen Einflussen beruht sondern auf einer revolutionierenden Neuerung der Informationsgewinnung und verbreitung Die Verhaltnisse zwischen der instinkthaften und der geistigen Schicht im menschlichen Sein als Gen Kultur Koevolution BearbeitenDas durch die altere Schicht unseres Seins bedingte Verhalten ist genetisch gespeichert und die Verhaltenssteuerung geschieht auf dieser Ebene oder Schicht durch die Emotionen Die emotionale Sphare mit ihren vielen phylogenetisch fixierten geerbten Elementen spielt dabei nach Konrad Lorenz eine wesentliche Rolle bei der Motivation unseres sozialen Verhaltens Lorenz 1987 S 229 In der geistigen Schicht des Menschen werden die sinnhaften Wahrnehmungen der darunterliegenden Schicht in den Begriffen des Denkens und der Sprache abstrahiert und die dabei gefundenen Informationen auch nur in dieser Weise angewendet und tradiert Beide Systeme funktionieren nach ihren eigenen Gesetzmassigkeiten was mit den Worten von Konrad Lorenz leicht zu der Vorstellung fuhrt dass es sich um zwei Prozesse handele die vikariierend fur einander eintreten konnen aber sonst beziehungslos nebeneinander herlaufen und ursachlich nichts miteinander zu tun hatten Lorenz 1987 S 226 Verstarkt wird diese falsche Vorstellung dadurch dass allgemein nicht gesehen wird dass das emotionale menschliche Verhalten von den Genen gesteuert wird So wird die naturliche Evolution nur auf das korperliche Sein des Menschen bezogen und das geistige und kulturelle Sein wird davon strikt getrennt gesehen und oft auf ubernaturliche Ursachen zuruckgefuhrt Nach Lorenz wird so die kulturelle Entwicklung mit einer gewissermassen horizontalen Abgrenzung scharf von den Ergebnissen der vorangegangenen Stammesgeschichte abgesetzt Lorenz 1987 S 226 Doch beide Prozesse haben trotz ihrer Verschiedenartigkeit sehr wohl etwas miteinander zu tun So schreibt Konrad Lorenz dass in Wirklichkeit der Mensch durch ein typisches stammesgeschichtliches Werden zu dem Kulturwesen geworden ist das er heute ist Die Umkonstruktion die das menschliche Gehirn unter dem Selektionsdruck des Kumulierens von traditionellem Wissen erfahren hat ist kein kultureller sondern ein phylogenetischer Vorgang Lorenz 1987 S 226 227 Das betrifft dann nicht nur etwas in einer fernen evolutionaren Vergangenheit Liegendes sondern es betrifft die Sprache als den tragenden Bestandteil unseres geistigen und kulturellen Seins im Hier und Jetzt Lorenz stellt fest dass gewisse Strukturen des Denkens bei allen Volkern und Kulturen gleich und daher angeboren sind Lorenz 1987 S 229 Jedes Kind hat bestimmte Regeln der Satzbildung von vornherein zu eigen das Kind lernt so nicht im eigentlichen Sinne das Sprechen es lernt nur Vokabeln Lorenz 1987 S 231 Bezuglich des Falles eines taub und blind geborenen Kindes der von Lorenz namentlich erwahnten Helen Keller die trotz des Ausfalls der zwei wichtigsten Sinne uber die Tastempfindungen lesen lernte lernt ein Mensch die Sprache genau wie ein Vogel fliegen lernt der kann es namlich auch angeborenermassen Lorenz 1987 S 235 Dass der Sprache als tragender Bestandteil des neuen Informationssystems ein instinkthaftes Verhalten zugrunde liegt das hierbei in einem ganz bestimmten Zeitfenster ausgelost wird lasst sich auch an dem seltsamen Umstand erkennen dass allgemein die Sprache von jedem Kleinkind schneller und gleichzeitig besser gelernt wird als von jedem Erwachsenen auf dem Hohepunkt seiner geistigen Leistungsfahigkeit Der Mensch ist so mit einem Zitat von Arnold Gehlen von Natur aus ein Kulturwesen Lorenz 1987 S 238 Trotz der Verschiedenartigkeit sind beide Verhaltenssteuerungen des Menschen nicht nur im Fall der Sprache sondern allgemein eng miteinander verzahnt So finden nach Konrad Lorenz auch die erstaunlichen Widerspruche des sozialen menschlichen Verhaltens etwa der Kriege und Verbrechen eine zwanglose Erklarung und lassen sich luckenlos einordnen sowie man sich zu der Erkenntnis durchgerungen hat dass das soziale Verhalten des Menschen keineswegs ausschliesslich von Verstand und kultureller Tradition diktiert wird sondern immer noch allen jenen Gesetzlichkeiten gehorcht die in allem phylogenetisch entstandenen instinktiven Verhalten obwalten Gesetzlichkeiten die wir aus dem Studium tierischen Verhaltens recht gut kennen Lorenz 1984 S 223 Diese naturliche Erklarung erstreckt sich dann durch folgenden Umstand noch weiter Das geistig kulturelle Verhaltenssystem kann die genetisch gespeicherten Informationen nicht verandern wodurch ein unangepasstes genetisch codiertes Verhalten nicht eliminiert sondern nur kulturell uberdeckt wird Ein unangepasstes genetisch codiertes Verhalten stellt so eine andauernde Bedrohung oder Verfuhrung dar und kann jederzeit wieder hervorbrechen Der geistig kulturelle Fortschritt des Menschen bedarf daher einer stetigen kulturellen Kontrolle besonders in Situationen die die Auslosereize eines unangepassten instinktiven Verhaltens ansprechen Diese Kontrolle und Gewahrleistung wird einerseits durch die Religion geleistet und andererseits durch das Rechtswesen Die Sundhaftigkeit des Menschen findet hier eine ganz naturliche Erklarung die allein durch die speziellen Eigenschaften der verschiedenen Schichten seines Seins und Verhaltens bedingt und darin kennzeichnend fur die Gen Kultur Koevolution ist Das Ende der genetischen Evolution beim Menschen und die Problematik der weiteren kulturellen Evolution BearbeitenDer kulturelle Fortschritt der das instinkthafte Recht des Starkeren durch das kulturelle Rechtswesen ersetzt hatte zusammen mit dem weiteren technischen Fortschritt eine folgenreiche Auswirkung auf das alte evolutionare System die sich zwar kurzfristig in evolutionaren Massstaben so gut wie gar nicht bemerkbar macht die aber doch einen bedeutungsvollen und symboltrachtigen Schritt in dem Verhaltnis zwischen der biologischen und der kulturellen Evolution darstellt Es gibt auf der Ebene der Gene beim Menschen zwar noch Mutationen durch chemische und physikalische Belastungen heute wahrscheinlich sogar mehr als fruher doch es gibt durch das veranderte zwischenmenschliche Verhalten und die durch den technischen Fortschritt erreichte Unabhangigkeit von den Naturlaunen und gewalten so gut wie keine Selektion mehr Gewalt und Krieg als Mittel und Ausdruck des archaischen Rechts des Starkeren sind weitgehend uberwunden zumindest so weit dass sie keinen systematischen selektiven Einfluss auf die genetische Fortpflanzung mehr haben Eine genetische Selektion kann es nur geben wenn eine bestimmte und darin angepasste genetische Form systematisch grossere Chancen als andere hat sich fortzupflanzen und zu verbreiten Doch genau dieser Mechanismus wirkt beim modernen Menschen auf der genetischen Ebene nicht mehr hier ist die Selektion aufgehoben worden Monod S 143 Es gibt daher beim Menschen keine evolutionare Weiterentwicklung oder Veranderung mehr die uber die genetische Ebene erfolgt es gibt aber sehr wohl noch die Formung und Beeinflussung des menschlichen Seins und Verhaltens durch den bisher erreichten und nicht mehr zu verandernden Stand des Genoms u a dadurch dass das neue System durch das alte hervorgebracht wird Durch die kulturelle Weiterentwicklung und die Auseinandersetzung mit den nicht mehr veranderbaren instinktiven Verhaltensweisen von denen aufgrund der kulturellen Weiterentwicklung mehr und mehr unangepasst werden ist die weitere Gen Kultur Koevolution des Menschen bestimmt und bedingt Ein gutes Beispiel fur die Problematik dieser Art der Gen Kultur Koevolution ist etwa die Steuerung der Nahrungsaufnahme die in ihrer genetisch bedingten Justierung nicht mehr richtig auf die heutige Lebensweise passt Das Erkennen dieser Unangepasstheit des Verhaltens mitsamt den Konsequenzen und der Wille und Wunsch der Anpassung reicht oft nicht aus um die instinkthaften Einflusse zu berichtigen Die Folge ist dass die Menschen heute nicht mehr durch Naturgewalten und Kriege vorzeitig ums Leben kommen sondern durch Ubergewicht falsche Ernahrung und dadurch bedingte Zivilisationskrankheiten obwohl sie um die Ursachen und die Folgen wissen Das Scheitern der vielen willentlichen und darin geistig kulturellen Anpassungsmassnahmen wie etwa in Form der vielfaltigen Diaten ist in diesem einfachen und grundlegenden menschlichen Verhalten ein gutes und aussagekraftiges Beispiel fur die Macht des instinktgesteuerten Verhaltens und damit auch fur die Art und Problematik der heutigen Gen Kultur Koevolution Konrad Lorenz spricht eine weitere der neuen Gefahren an wenn er seinen Lehrer Oskar Heinroth mit den Worten zitiert dass das Arbeitstempo des westlichen Zivilisationsmenschen das dummste Produkt intraspezifischer Selektion sei Lorenz 1984 S 47 Das sei ein unangepasstes Verhalten das der Mensch allgemein nicht einmal in dieser Unangepasstheit erkannt hat Die Technik macht heute vieles moglich von der Atombombe bis zur kunstlichen genetischen Anderung des menschlichen Seins Doch nicht alle moglichen technischen Entwicklungen sind auch sinnvoll vernunftig und angepasst und zwar in Hinblick auf das Gesamtsystem des Lebens Das exzessive Streben nach immer mehr wirtschaftlichem Wachstum wird von Konrad Lorenz als Hast bezeichnet in die sich die industrialisierte und kommerzialisierte Menschheit als kultureller Wettbewerb zwischen Artgenossen hineingesteigert hat Lorenz 1984 S 47 Angesichts eines uberbevolkerten und begrenzten Okosystems Erde ist dieses Verhalten besonders langfristig gesehen ausserst unvernunftig und unangepasst Das wird heute zum Teil durchaus auch erkannt wobei die Beibehaltung oder gar Steigerung dieses Verhaltens den Verdacht nahelegt dass hier instinktive archaische Verhaltensweisen die Faden in der Hand halten wie besonders die nach wie vor dominanten nach Macht Reichtum und Rang Diese sind oder werden so durch die heutigen Umstande genau wie eine exzessive Nahrungsaufnahme unvernunftig und unangepasst obwohl sie uns als diese Verhaltensweisen und Werte so vertraut sind und gefuhlsmassig weiterhin als bewahrt gut und richtig erscheinen eine Sackgasse der Evolution Eine mogliche bevorstehende Wende in der kulturellen Evolution des Menschen BearbeitenKonrad Lorenz schreibt dass der Mensch als Spezies an einer Wende der Zeiten steht dass eben jetzt potentiell die Moglichkeit zu ungeahnter Hoherentwicklung der Menschheit besteht Lorenz 1987 S 304 Diese Hoherentwicklung und Wende kann angesichts der bisherigen Gen Kultur Koevolution gemass der Kritik von Lorenz nicht durch ein immer grosseres materielles Wachstum erreicht werden wie es heute noch allgemein als Fortschritt angenommen wird sondern durch eine auf naturwissenschaftlichen Erkenntnissen sich aufbauende Selbsterkenntnis der Kulturmenschheit Lorenz 1987 S 303 Dadurch wurde gemass Konrad Lorenz das kulturelle geistige Streben der Menschheit auf eine hohere Stufe gehoben Die Zukunft kann im Sinne einer stetigen Weiterentwicklung der Gen Kultur Koevolution so nur in einem geistigen Wachstum liegen was darin im Gegensatz zum materiellen Wachstum dem ureigensten menschlichen Wesen oder der neuen geistigen Schicht entspricht Dadurch wurde dem Geistigen und Kulturellen in der Gen Kultur Koevolution endgultig zum Durchbruch und zum bestimmenden und dominanten Teil verholfen Entscheidender Aspekt dieses geistigen und kulturellen Fortschritts ware es dann dass allgemein mit Verstand und Vernunft uberhaupt erst einmal erkannt wird dass das menschliche Verhalten geschichtet ist und aus zwei vollig unterschiedlichen Quellen gespeist und beeinflusst wird und zwar zwei rein naturlichen Quellen Allein darin liegt auch das umfassende und wirkliche Verstandnis einer Gen Kultur Koevolution Es ist in dieser Umfassendheit dann das was Konrad Lorenz meinte wenn er sagte dass es eine reflektierende Selbsterforschung der menschlichen Kultur bisher auf unserem Planeten nie gegeben hat Lorenz 1987 S 304 Diese reflektierende Selbsterforschung der menschlichen Kultur ist im Verstandnis von Konrad Lorenz nur moglich wenn der Mensch die biologische Grundlage erkennt die sein geistiges Sein und seine Kultur erst hervorgebracht hat und er diesen naturlichen Vorgang nicht ubernaturlich begrundet und dadurch verdeckt Zentrale Aussage der Gen Kultur Koevolution sowie eines Fortschritts darin ist somit die von Konrad Lorenz dass auch im sozialen Verhalten des Menschen Instinkthaftes enthalten sei das durch kulturelle Einwirkungen nicht verandert werden kann Lorenz 1987 S 303 Literatur BearbeitenK Lorenz Die Ruckseite des Spiegels Munchen 1987 zitiert ist die dtv Ausgabe die erstmals 1977 erschien die Erstausgabe erschien bereits 1973 bei Piper ISBN 978 3 492 02030 5 K Lorenz Das sogenannte Bose Munchen 1984 Erstausgabe Wien 1963 J Monod Zufall und Notwendigkeit Philosophische Fragen der modernen Biologie Munchen 1991 ISBN 3 492 22290 0 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Die Ruckseite des Spiegels amp oldid 209056745