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Der Zweikampf ist eine Erzahlung von Heinrich von Kleist Sie erschien erstmals 1811 im zweiten Teil der Erzahlungen Der Text entspricht einer Untergattung des Kriminalromans dem sogenannten Whodunit Schauplatz und Zeit der Erzahlung liegen im Heiligen Romischen Reich wahrend des Spatmittelalters Laut der Reclam Ausgabe habe Kleist Anregungen aus Jean Froissarts nach 1370 entstandener Chronique de France d Engleterre et des pais voisins ubernommen 1 Inhaltsverzeichnis 1 Dramatis personae 2 Handlung 3 Deutung 3 1 Rezeption 3 2 Zur Gattung 3 3 Erzahlstil 3 3 1 Der Erzahler 3 3 2 Sprachliche Mittel 3 4 Kleists Mittelalter 3 5 Religioser Ritus theologische Rahmung 4 Ausgaben 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseDramatis personae BearbeitenHerzog Wilhelm von Breysach Grafin Katharina von Heersbruck Gemahlin des Herzogs Herr Friedrich von Trota Kammerer des Herzogs Graf Jakob der Rotbart Frau Wittib Littegarde von Auerstein Der Kaiser nur als solcher aber ohne Namen genannt Handlung BearbeitenDie Erzahlung beginnt gegen Ende des vierzehnten Jahrhunderts in der Nacht des heiligen Remigius mit einem Ruckblick auf kurzlich vergangene Ereignisse den ungelosten Bruderzwist zweier hoher Adliger entstanden durch die morganatische Verbindung von Breysachs mit Katharina von Heersbruck Vor der eingangs der Erzahlung von einem unbekannten Tater begangenen Ermordung von Breysachs hatte dieser bei dem Kaiser eine Anderung der Erbfolge zugunsten seines mannlichen Nachkommen mit von Heersbruck erwirkt Zu Anfang des Textes wird von Breysach von einem Heckenschutzen getotet Die Tatwaffe verweist auf den Bruder von Breysachs Graf Jakob den Rotbart der schwelende Erbfolgestreit wird als Mordmotiv angenommen Graf Jakob muss vor einem in Basel kaiserlich einberufenen Gericht Aussage erstatten Dort beruft der Graf sich auf sein Alibi dass er zur Tatzeit einer heimlichen Affare mit der verwitweten Frau Wittib Littegarde von Auerstein nachgegangen sei Als Beweis dieser Liaison bringt der Graf einen Ring hervor der dem verstorbenen Ehemann gehorte Friedrich von Trota sucht vor dem Gericht in Basel die Rehabilitation der Witwe Ein ritterlicher Zweikampf dessen Ausgang von Gott gelenkt werde so der Glaube der Gemeinde und strittigen Parteien soll die Schuldfrage klaren Von Trota unterliegt in dem Zweikampf Von Auerstein und von Trota werden demnach zum Tode auf dem Scheiterhaufen verurteilt Doch die wundersam rasche Heilung der als todlich geltenden Wunden von Trotas sowie die stark eiternde eigentlich nur eine oberflachliche Fleischwunde Jakobs des Rotbarts der an einer todlichen Infektion zu leiden beginnt scheinen den Hof und den Klerus auf eine gottliche Intervention hinzuweisen Durch die Ermittlungen eines Geistlichen kommt zutage dass der Graf aufgrund einer Intrige nur falschlich geglaubt hatte mit von Auerstein eine Affare eingegangen zu sein Der Graf unterbricht die Exekution der Verurteilten die vor versammeltem Hof einschliesslich des kaiserlichen Gefolges stattfinden soll Durch die Entzundung bereits dem Tode nahe gesteht der Graf zuletzt dass er der Auftraggeber fur die Ermordung seines Bruders gewesen war Der Kaiser spricht die Verurteilten frei der Leichnam des soeben verstorbenen Grafen wird der Justiz dem Scheiterhaufen ubertragen Von Auerstein und von Trota heiraten nach kurzer Zeit und erhalten eine kaiserliche Schenkung die Besitzungen des Grafen Deutung BearbeitenRezeption Bearbeiten Der Zweikampf sei eine bis in jungste Zeit relativ missachtete teils gar verschmahte Schrift Kleists 2 deren missliche Rezeption bereits mit Ludwig Tiecks Urteil in der ersten Gesamtausgabe Kleists Werke begonnen habe 3 Ihre Rehabilitation finde erst seit dem 20 Jahrhundert statt eine kulturwissenschaftliche Beachtung der Schrift so konstatiert von Jagow noch 2005 erst seit kurzem 4 Die sprachliche Drangung des mittelalterlichen Stoffs das scheinbare Fehlen dramatischer Spannung das Ausbleiben durch uberschaumende Emotionen ausgeloster tragischer Konsequenzen sowie eine als Kleist untypisch verstandene untertriebene ironische Pointierung werden als Grunde fruherer negativer Rezeption genannt 5 Schubert erkennt in der mittelalterlichen Stoffwahl Kleists sowie der romantischer Autoren keine Flucht vor der Gegenwart sondern da zu Kleists Schaffenszeit strikte Zensurbedingungen vorherrschten eine Tarnkappe unter der politische Opposition gelebt werden konnte 6 Zur Gattung Bearbeiten Der Zweikampf wird in der Literaturwissenschaft immer wieder als Novelle bezeichnet Der Herausgeber der Brandenburger Kleist Ausgabe Roland Reuss bezeichnet Der Zweikampf durchgehend als Text 7 Dieser Text besteht aus einer Rahmenhandlung Brudermord Belange der Herzogin und einer Binnenhandlung Prozess Kampf Rahmen und Binnenhandlung gelten als nur schwach verbunden zumal deren Personal kaum miteinander in Kontakt tritt Die Binnenhandlung scheine den Rahmen geradezu zu verdrangen dies sei allem Anschein nach die formale Schwache des Textes 8 In Kleists Erzahlung entsteht die Verbindung eines literaturhistorisch modernen Genres des Krimis insbesondere des Whodunits mit einer vormodernen Erzahlsituation Aus einer derartigen Verbindung Krimi im Mittelalter besteht auch Umberto Ecos Der Name der Rose 1980 sowie Ellis Peters Bruder Cadfael Romane In Kleists Text fehlt jedoch eine genuine Detektivfigur die Ermittlungsarbeiten unterliegen einer Arbeitsteilung durch einen Kanzler in der Rahmenhandlung und einen Prior in der Binnenhandlung bleiben aber trotz Erhebung uberzeugender Verdachtsmomente erfolglos Der Tater entdeckt sich zuletzt selbst Die Auflosung des Kriminalfalls folgt demnach nicht einer gattungstypischen Struktur des Whodunits Geheimnis Ermittlung Reflexion Losung Zu beachten ist dass zu Kleists Zeit jene Gattung noch nicht besteht Zu Kleist zeitnahe Werke die eine Kriminalgeschichte erzahlen sind E T A Hoffmanns Das Fraulein von Scuderi 1819 und E A Poes Der Doppelmord in der Rue Morgue 1841 Erzahlstil Bearbeiten Der Erzahler Bearbeiten Die Erzahlsituation ist auktorial doch wird auffallig haufig Wissen zuruckgehalten 9 Der Erzahler kommentiert zudem das Geschehen an verschiedenen Stellen mal durch unterschwelliges Urteilen und moralische Einflussnahme auf den Leser mal durch direktes Hervortreten Nun muss man wissen dass Aber wer beschreibt das Entsetzen der unglucklichen Littegarde 10 Sprachliche Mittel Bearbeiten Schachtelsatze Vielzahl der Relativpronomina Haufung mittelalterlicher Termini Vasalle Tafel Kreuzzug Burg Rustkammer Stadtvogtei Landdrost Bankett Knappe Reisiger uvm Hyperbeln Ellipsis AnalepsisKleists Mittelalter Bearbeiten Kleists Text enthalt eine ganze Reihe von Anachronismen die einerseits mittelalterliche Lebenswelt suggerieren andererseits faktische Abweichungen erzeugen Zunachst fallt die wichtige Nebenrolle des von Kleist namentlich nicht genannten Kaisers auf Dieser Kaiser stellt die hochste weltliche Instanz im Text dar Doch war mit Karl IV bereits 1378 der letzte Kaiser des Heiligen Romischen Reiches des 14 Jahrhunderts gestorben Die Erzahlung aber spielt gegen Ende des vierzehnten Jahrhunderts 11 Der Sohn Karls IV war Wenzel IV der den Kaisertitel nicht zugesprochen bekam Dies ist ein fur Kleists Narratologie typischer Umgang mit der Faktenlage Scheinbare Wahrheitsgehalte und Eindeutigkeiten werden in vielen Fallen bei genauerer Untersuchung grober man sollte annehmen gewollter Inkonsistenzen uberfuhrt 12 Das Schwert des Grafen z B ist ein im Text als Flammberg bezeichnetes eigentlich Flamberge Schwert dieser Typ Schwert wird erst ab 1400 ublich ist fur den Zweikampf unbrauchbar und konne wohl kaum die ihm im Text zugeschriebenen Verletzungen verursachen 13 Das ritterliche Mittelalter sieht der Dichter in der Perspektive der Adelskultur seiner Zeit laut Schubert 14 So durchbreche Kleist in mehrfacher Hinsicht eine realistische Darstellung mittelalterlicher Lebensbedingungen indem er z B den materiellen Wohlstand des Adels uberzeichne oder die militarischen Funktionen der Burganlage unterschlage 14 Gleichermassen anachronistisch sei die Gerichtsadministration in der Erzahlung sie entspreche einer staatliche n Welt burokratisierter Gerichtspflege mit ihrer verschriftlichten Prozessstruktur 15 Religioser Ritus theologische Rahmung Bearbeiten Der Heilige Remigius 249 am Montag nach Trinitatis 255 und erst auf den Posaunenruf des Engels der die Graber sprengt vor Gott mit mir erstanden sein 256 Ausgaben BearbeitenDer Zweikampf In Samtliche Erzahlungen und andere Prosa Universal Bibliothek 8232 Reclam Stuttgart 1992 1995 ff ISBN 978 3 15 008232 4 S 249 287 Literatur BearbeitenJohn M Ellis Kleist s Der Zweikampf In Monatshefte Vol 65 No 1 Spring 1973 S 48 60 Revised version in John M Ellis Heinrich von Kleist Studies in the Character and Meaning of his Writings UNC Studies in the Germanic Languages and Literatures 94 The University of North Carolina Press 1979 ISBN 978 1 4696 5747 9 Online Ressource doi 10 17615 cp21 zx52 JSTOR 10 5149 9781469657479 ellis S 54 66 JSTOR 10 5149 9781469657479 ellis 8 englisch dd Bettina von Jagow Verstehen und Wahrnehmen als Widerspiel von Semiotischem und Performativem Zumcognitive turnin den Literaturwissenschaften am Beispiel von Heinrich von Kleists Der Zweikampf 1811 In Orbis Litterarum 2005 Vol 60 Issue 4 S 239 259 Irmela Marei Kruger Fuhrhoff Den verwundeten Korper lesen In Kleist Jahrbuch 1998 ISBN 978 3 476 01626 3 S 21 36 James M McGlathery Kleist s Der Zweikampf as Comedy In A Ugrinsky Hrsg Heinrich von Kleist Studien Berlin 1980 S 87 92 Jan Dirk Muller Kleists Mittelalter Phantasma Zur Erzahlung Der Zweikampf 1811 In Kleist Jahrbuch 1998 ISBN 978 3 476 01626 3 S 3 20 Roland Reuss Mit gebrochenen Worten In Brandenburger Kleist Blatter 7 Stroemfeld Verlag 1994 S 3 41 Ernst Schubert Der Zweikampf Ein mittelalterliches Ordal und seine Vergegenwartigung bei Heinrich von Kleist In Kleist Jahrbuch 1988 89 ISBN 3 503 02273 2 S 280 304 Weblinks BearbeitenDer Zweikampf als Online Text auf Gutenberg Der Zweikampf als Online Text auf ZenoEinzelnachweise Bearbeiten Samtliche Erzahlungen Reclam Stuttgart 1992 S 304 James M McGlathery Kleist s Der Zweikampf as Comedy S 87 Roland Reuss Brandenburger Kleist Blatter 7 S 5 Bettina von Jagow S 239 siehe Reuss S 5 McGlathery S 87 von Jagow S 240 41 Ernst Schubert Der Zweikampf Ein mittelalterliches Ordal und seine Vergegenwartigung bei Heinrich von Kleist In Kleist Jahrbuch 1988 S 282 Roland Reuss Brandenburger Kleist Blatter 7 S 3 41 Reuss S 6 Reuss S 14 Fn 42 Reuss S 14 21 Samtliche Erzahlungen Reclam 1992 S 249 siehe Roland Reuss Brandenburger Kleist Blatter 7 Stroemfeld Verlag 1994 S 3 5 Reuss S 14 Fn 39 a b Ernst Schubert Der Zweikampf Ein mittelalterliches Ordal und seine Vergegenwartigung bei Heinrich von Kleist In Kleist Jahrbuch 1988 S 288 Schubert S 290Werke von Heinrich von Kleist Dramatische Werke Die Familie Schroffenstein Amphitryon Der zerbrochne Krug Die Hermannsschlacht Penthesilea Robert Guiskard Das Kathchen von Heilbronn Der Schrecken im Bade Prinz Friedrich von HomburgProsa Das Erdbeben in Chili Die Marquise von O Michael Kohlhaas Anekdote aus dem letzten preussischen Kriege Das Bettelweib von Locarno Die heilige Cacilie oder die Gewalt der Musik Die Verlobung in St Domingo Der Findling Der ZweikampfEssays Uber das Marionettentheater Uber die allmahliche Verfertigung der Gedanken beim RedenPolitische Schrift Katechismus der DeutschenHerausgegebene Zeitschriften Phobus Berliner Abendblatter Normdaten Werk GND 4304293 4 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Der Zweikampf amp oldid 238464173