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Dedowschtschina russisch dedovshina Herrschaft der Grossvater bezeichnet das in den russischen Streitkraften und Streitkraften anderer postsowjetischer Staaten teilweise bis heute ubliche Schikanieren jungerer wehrpflichtiger Soldaten durch Dienstaltere Inhaltsverzeichnis 1 Historische Entwicklung 2 Medial bekannt gewordene Falle 3 Andere Armeen und Gesellschaftsgruppen 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseHistorische Entwicklung BearbeitenDas Phanomen der Dedowschtschina lasst sich bis in die Zarenzeit zuruckverfolgen Es weist offensichtliche Verbindungen zum Straflagersystem in der Zaren wie Sowjetzeit auf vgl Katorga Gulag und griff seit den 1970er Jahren in den sowjetischen Streitkraften immer weiter um sich Dabei handelt es sich nicht um klassische Initiationsriten wie sie haufig bei der Aufnahme in geschlossene Gemeinschaften ublich sind vgl Bizutage sondern um kontinuierliche Praktiken uber einen langeren Zeitraum hinweg Ihr Unterworfene haben die Arbeiten der Grossvater wie Revierreinigen usw zu erledigen ihnen werden ausserdem der Sold und Zuwendungen Angehoriger abgenommen Ein beleidigender Umgangston ist selbstverstandlich ausgefeilte psychische Qualereien treten hinzu Die Schikanen erreichen mit Korperverletzungen und Morden nicht selten schwer kriminelles Ausmass Die Dedowschtschina ist haufig die Ursache fur unerlaubtes Entfernen von der Truppe bis zu Selbstmorden Bei der in der DDR stationierten Gruppe der Sowjetischen Streitkrafte in Deutschland wurde das mit der Dedowschtschina zusammenhangende Entfernen von der Truppe mit drakonischen Strafen belegt Die Fluchtigen wurden haufig mit Hunden verfolgt Viele kamen bei den verzweifelten Fluchtversuchen ums Leben Bis uber die Mitte der 1980er Jahre hinaus galt das Phanomen in der Sowjetunion als Tabuthema erst die sogenannte Glasnost unter Staats und Parteichef Gorbatschow trug dazu bei dass eine breite Offentlichkeit Notiz davon nehmen konnte Aber schon zuvor hatte die durch Erzahlungen und Geruchte latent beruchtigte Dedowschtschina dazu beigetragen eine uber das normale Ausmass in anderen Landern weit hinausgehende Abneigung gegen den Militardienst zu erzeugen Um die Zeit des Zerfalls der Sowjetunion trug es zu einer regelrechten Wehrpflichtigen Revolte mit massenhafter Dienstentziehung bei Weiterhin versuchen viele Betroffene sich auch mit Hilfe von Korruption und hohen Bestechungsgeldern der Einberufung zu entziehen Jedes Jahr werden Soldaten als Invaliden aufgrund von Misshandlungen Vergewaltigungen und psychischen Peinigungen aus der russischen Armee entlassen Nach Angaben des Verteidigungsministeriums gab es im Jahr 2010 bis Anfang September mehr als 1700 Dedowschtschina Opfer 1 Im Jahr 2005 starben 16 Soldaten an den Folgen von Misshandlungen 276 begingen nach Qualereien und Erniedrigungen durch Vorgesetzte Suizid 2 andere Quellen sprechen von uber 500 Opfern 3 Ungeklart ist weshalb manchen Opfern vor der Uberstellung zur Beerdigung innere Organe entfernt wurden Angehorige vermuten dass diese in den Organhandel gelangen 1 Fur die Aufarbeitung der Falle und damit fur die Durchsetzung der Menschenrechte in Russland tritt hier vor allem die Union der Komitees der Soldatenmutter ein Medial bekannt gewordene Falle BearbeitenIm Jahr 2006 wurde der Fall des damals 19 jahrigen Wehrpflichtigen Andrei Sytschow auch ausserhalb Russlands bekannt Dieser wurde von Vorgesetzten so schwer misshandelt dass ihm beide Beine die Genitalien und Teile der rechten Hand amputiert werden mussten Gegen zwolf ehemalige Vorgesetzte wurde Anklage erhoben 4 5 Ein Militararzt ausserte als Zeuge der Verteidigung dass Sytschow sich mehrere Monate vor dem Vorfall eine Blutvergiftung zugezogen haben konnte 6 7 8 Am 26 September 2006 verurteilte das Garnisonsgericht in Tscheljabinsk den Hauptangeklagten zu vier Jahren Haft und erkannte ihm fur drei Jahre den Dienstgrad als Unteroffizier ab Zwei weitere angeklagte Soldaten erhielten eine Freiheitsstrafe von anderthalb Jahren auf Bewahrung 9 2019 erregte der Fall von Ramil Shamsutdinov Aufsehen Aus Angst vor Dedowschtschina erschoss der Rekrut in seiner Kaserne bei Tschita acht Kameraden und verletzte zwei schwer 10 Andere Armeen und Gesellschaftsgruppen BearbeitenDiese Form von Misshandlungen durch Kameraden und Vorgesetzte ist nicht nur in der russischen Armee vorhanden allerdings nicht ansatzweise so stark ausgepragt In der NVA gab es die ebenfalls mit bedenklichen Auswuchsen verbundene EK Bewegung Auch in der Bundeswehr kam und kommt es wenn auch nicht systematisch sowohl zu Initiationsriten als auch zu langer andauernden Formen von Mobbing Sie sind in einigen Truppenteilen unter dem Namen Heiliger Geist bekannt Dazu gehoren die Aufnahmerituale in das Unteroffizierkorps mit der Unteroffizierfeier und solchen in Teileinheiten mit besonderer Dienstbelastung so wie bei einem der Hochgebirgszuge Diese werden teilweise aber nicht immer von den Vorgesetzten unterbunden soweit sie bekannt werden Die Bizutage ist ein in Frankreich und den frankophonen Landern lokal unterschiedlich ausgestalteter Initiationsritus im Ober und Hochschulmilieu die bis in die jungste Vergangenheit haufig die Grenze zu kriminellen Handlungen wie Misshandlung Demutigung z T auch die zu sexuellen Ubergriffen sowie manchmal zur Schutzgelderpressung uberschritten hat In der turkischen Armee kommt es ebenfalls haufiger zu Todesfallen durch Misshandlungen durch Kameraden 11 In der US Army wird durch Kameraden teilweise auf Befehl von Vorgesetzten der Code Red ausgeubt um die Disziplin zu erhohen oder zu hoherer Leistung anzutreiben Literatur BearbeitenFrancoise Dauce Elisabeth Sieca Kozlowski Dedovshchina in the Post Soviet Military Hazing of Russian Army Conscripts in a Comparative Perspective Vorwort von Dale Herspring Reihe Soviet amp Post Soviet Politics amp Society Nr 28 Ibidem Verlag Stuttgart 2006 ISBN 3 89821 616 0 Themenheft The Journal of Power Institutions in Post Soviet States Nr 1 2004 Das verrohte Land In Die Zeit Nr 43 2004Weblinks BearbeitenThe Wrongs of Passage Inhuman and Degrading Treatment of New Recruits in the Russian Armed Forces Human Rights Watch 19 Oktober 2004 86 Seiten Russland Systematisches Schikanieren ist ernsthafte Misshandlung Human Rights Watch 19 Oktober 2004Einzelnachweise Bearbeiten a b Russlands Armee Die machen mich hier zum Kruppel Spiegel Online 20 September 2010 Das Faustrecht regiert in der russischen Armee bei Deutsche Welle 23 Februar 2006 de rian ru Manfred Quiring Hier liegt ein kleiner Soldat ohne Beine In Die Welt 27 Januar 2006 O Bilger Die Herrschaft der grausamen Grossvater In Suddeutsche Zeitung 11 November 2008 abgerufen am 14 Juli 2009 Steven Lee Myers Hazing Trial Bares Dark Side of Russia s Military In The New York Times 11 August 2006 Abgerufen am 14 Juli 2009 Das doppelte Opfer In Berliner Zeitung 16 August 2006 Mediziner Streit um Ursachen der Verstummelungen eines russischen Soldaten bei Deutsche Welle 24 August 2006 Aksim Bereschnow Russland Urteil im Misshandlungsfall Sytschow bei Deutsche Welle 26 September 2006 abgerufen am 14 Juli 2009 Inna Hartwich Grossvater als Folterknechte In Stuttgarter Zeitung Nr 265 15 November 2019 S 3 t online de tv news Memento des Originals vom 5 Januar 2015 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www t online de Soldaten brechen ihr Schweigen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Dedowschtschina amp oldid 232537573