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Dieser Artikel behandelt einen Raumtyp in mitteleuropaischen Herrschaftssitzen Fur Informationen zur gleichnamigen Wustung bei Castell in Unterfranken siehe Durnitz Wustung Die Durnitz von slawisch dorniza beheizbare Stube auch Dirnitz oder Turnitz genannt ist ein rauchfrei beheizbarer Speise und Gemeinschaftsraum in mitteleuropaischen Burgen oder fruhen Schlossern In der Regel befand sich dieser Raum im Erdgeschoss und diente den gemeinsamen Mahlzeiten des Haushaltes und war in grosseren Anlagen aufwendig ausgestattet Schloss Neuburg an der Donau Hofstube um 1537 1560 im Erdgeschoss des WestflugelsDurnitz der Burg MeersburgAquivalent benutzt wurden auch die Begriffe Hofdornse im niederdeutschen Sprachraum Dornse Stube und seit dem 15 Jahrhundert Hofstube im mitteldeutschen Raum Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Nachweise 3 Anmerkungen 4 LiteraturGeschichte BearbeitenAuch wenn wenig Gesichertes uber den baulichen Rahmen der taglichen Mahlzeiten in einer deutschen Residenz des hohen Mittelalters bekannt ist so kann doch angenommen werden dass auch damals wie spater immer ofter ein rauchfrei beheizbarer grosserer Raum fur die gemeinsamen Mahlzeiten der mannlichen Hofangehorigen vorhanden gewesen sein muss Der in der Regel bauarchaologisch zuverlassiger nachweisbare Grosse Saal in den Obergeschossen war in vielen Fallen aufgrund des fehlenden Fensterverschlusses dazu wohl nicht geeignet In der Durnitz Hofstube wurde die Warme zunachst haufig durch Warmluftheizungen verbreitet 12 15 Jahrhundert dann immer haufiger durch einen Hinterladerofen erzeugt 13 16 Jahrhundert Grosse Erdgeschosssale unter den Festsalen sind in der zweiten Halfte des 13 Jahrhunderts auf den herzoglichen Anlagen Burghausen erbaut nach 1255 gewolbt kurz vor 1446 und Burg Trausnitz uber Landshut um 1260 entstanden Vermutlich kamen hier Hinterladerofen zum Einsatz Beide Anlagen wurden unter dem Wittelsbacher Heinrich XIII reg 1253 1290 als herzogliche Hauptresidenzen in Niederbayern ausgebaut Die bischofliche Burg Ziesar in Brandenburg erhielt in dem um 1340 neu errichteten Wohnbau einen grossen Erdgeschosssaal von dessen Warmluftheizung mit mehreren Heizkammern Reste gefunden worden sind Noch um 1470 wurde bei einer Renovierung dieser altere Heizungstyp erneuert Die Funktion solcher ebenerdiger Gemeinschaftsraume zeichnet sich seit dem 15 Jahrhundert in zahlreichen Reglementierungen fur das Leben an grosseren Furstenhofen ab den sogenannten Hofordnungen Bis ins 16 Jahrhundert hinein speiste im deutschen Kulturraum ein Burg bzw Schlossherr in der Regel zweimal taglich zusammen mit seinem Gefolge So heisst es 1526 in der Hofordnung des Pfalzgrafen Ottheinrich fur seine Residenz in Schloss Neuburg an der Donau Des Setzen halben Item unser maynung ist das sich hinfuran kainer selbs setz sonder so unser tisch besetzt wirdet das allssdann die so Rete sind durch den Haussvogt und nachvolgend die Edelleut Cantzleyschreiber und die Ainspennigen furter unser knecht allsdann des hofmaisters darnach der Rete und aufs letst ander knecht und hofgesind ye ungeverlich acht person an ainen tisch gesetzt werden 1 Der Furstentisch durfte in den meisten Fallen auf einer in zahlreichen Quellen nachweisbaren um ein paar Stufen erhohten Estrade an einer Kopfseite aufgeschlagen worden sein erhalten in Neuburg an der Donau 1544 Lediglich wenn dem Hofstaat hoherrangige weibliche Mitglieder angehorten stand ihnen in der Regel eine separate Tafelstube in den oberen Geschossen in der Nahe ihrer Wohnraume zur Verfugung Entsprechend ihrer hochrangigen Nutzung waren viele der in dieser Periode erbauten oder neu gestalteten Hofstuben architektonisch aufwendig ausgefuhrt In Wurttemberg entstanden um 1443 in den Residenzen Stuttgart und Urach grosse Durnitzen Hofstuben mit 1090 m bzw 460 m Grundflache Anm 1 In der kursachsischen Albrechtsburg wurde 1471 die Hofstube nicht nur in ihren Dimensionen sondern auch ihrer ubrigen Architektur dem angrenzenden ebenfalls aufwendig gewolbten Grossen Saal vergleichbar gestaltet Weitere Hofstuben dieser Zeit sind im Residenzschloss Dresden 1468 im Schloss Merseburg um 1470 80 auf der Ronneburg 1477 und im Schloss Gottorf Ende 15 Jh erhalten geblieben Eine durch Erker auf allen vier Seiten besonders aufwendig ausgestaltete Hofstube ist um 1510 15 im Erdgeschoss des sogenannten Frauenzimmerbaus des Heidelberger Schlosses errichtet worden Sie wurde als einer der prachtigsten Schlossraume in einem Ruhmgedicht auf eine Furstenhochzeit 1534 hervorgehoben Ess waren wol drey furstentisch Am ersten der verordent ist Gewest in dem erckher oben Welcher vonn kunst billich zu loben Ich glaub der tempell auff montsaluat Den Titurell erbawet hat Anm 2 Mocht dissem werckh geleichen nicht Gethierts laubwerckh und ein bild ma sicht Gantz artlich und reyn ergraben Viel possament werklich erhaben Das Gewelb zierlich gehymmelt Von farben schon aussgeplummelt Ess ist an dem kein vleis gespart 2 Verhaltnismassig spate Beispiele fur Hofstuben als aufwendige Gewolberaume sind in Schwerin 1553 und Gustrow 1558 erhalten Meistens waren die Hofstuben direkt vom Hof aus zuganglich Ihre architektonische Distanz zu der herrschaftlichen Wohnsphare der oberen Geschosse kommt dadurch zum Ausdruck dass sie oft keine innere Verbindung zu daruberliegenden Wohngeschossen besassen Es war allerdings lange ebenfalls nicht ublich die Hofstube als Speiseraum in direkte Verbindung mit der Kuche zu setzen oder auch nur in deren Nahe zu platzieren wie u a die Situationen in der Albrechtsburg im Schloss Hartenfels in Torgau 1533 oder im Schloss Bernburg 1567 zeigen Ein Prozess der die reprasentative Bedeutung der Hofstuben verringerte war die langsame Ablosung der Naturalbekostigung und damit der gemeinsamen Tafel der ubrigen Hofangehorigen Besonders seit der zweiten Halfte des 16 Jahrhunderts gingen aus Haushaltungsgrunden immer mehr Hofhaltungen dazu uber an einen grosseren Teil ihrer Mitglieder Kostgeld auszuzahlen die dann nicht mehr durch die Hofkuche verpflegt wurden und nicht mehr im Schloss assen Nachweise Bearbeiten Arthur Kern Hrsg Deutsche Hofordnungen des 16 und 17 Jahrhunderts 2 Bande Berlin 1905 07 Stephan Hoppe Die Architektur des Heidelberger Schlosses in der ersten Halfte des 16 Jahrhunderts Neue Datierungen und Interpretationen In Volker Rodel Red Mittelalter Schloss Heidelberg und die Pfalzgrafschaft bei Rhein bis zur Reformationszeit Begleitpublikation zur Dauerausstellung Regensburg 2002 S 183 190 Anmerkungen Bearbeiten Stefanie Leisentritt Ware es nicht besser es abzureissen Die Renovierung des Uracher Schlosses 1960 1968 In Staatliche Schlosser und Garten in Baden Wurttemberg Klaus Gereon Beuckers Hrsg Neue Forschungen Stadt Schloss und Residenz Urach Schnell amp Steiner Regensburg 2014 ISBN 978 3 7954 2825 9 S 269 279 Auf S 270 ist ein Plan des Uracher Schlosses mit der Durnitz im Erdgeschoss abgebildet auf der Folgeseite eine kurze Beschreibung Munsalvaesche ist in der im Spatmittelalter popularen Dichtung Wolframs und Albrechts die Burg die den Heiligen Gral birgt und Titurel der Name seines Huters Literatur BearbeitenJens Friedhoff Durnitz Turnitz In Horst Wolfgang Bohme Reinhard Friedrich Barbara Schock Werner Hrsg Worterbuch der Burgen Schlosser und Festungen Philipp Reclam Stuttgart 2004 ISBN 3 15 010547 1 S 113 doi 10 11588 arthistoricum 535 Stephan Hoppe Hofstube und Tafelstube Funktionale Raumdifferenzierungen auf mitteleuropaischen Adelssitzen seit dem Hochmittelalter In G Ulrich Grossmann Hans Ottomeyer Hrsg Die Burg Wissenschaftlicher Begleitband zu den Ausstellungen Burg und Herrschaft und Mythos Burg Publikation der Beitrage des Symposions Die Burg vom 19 22 Marz 2009 Berlin Nurnberg Dresden 2010 S 196 207 doi 10 11588 artdok 00001984 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Durnitz amp oldid 238061358