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Combe Capelle dt Bergkapelle ist ein palaolithischer und epipalaolithischer Fundplatz im Tal der Couze nahe dem Ort Montferrand du Perigord und etwa 44 Kilometer von Perigueux der Hauptstadt des Departements Dordogne entfernt Im Fundgebiet von Combe Capelle sind heute vier steinzeitliche Fundstellen bekannt Roc de Combe Capelle Haut de Combe Capelle auch Abri Peyrony das Plateau de Ruffet und Combe Capelle Bas 1 Homo sapiens von Combe CapelleIm Folgenden wird der Fundplatz Roc de Combe Capelle beschrieben der durch die 1909 gefundene Bestattung eines vermeintlichen Cro Magnon Menschen beruhmt wurde 2 3 Im Jahre 2011 zeigte eine Radiokohlenstoffdatierung dass die Bestattung wesentlich junger ist als vermutet und aus der holozanen Mittelsteinzeit stammt Inhaltsverzeichnis 1 Fundgeschichte 2 Fundverbleib 3 Datierung und Kontroversen um den Befund 4 Zur Frage der Grabbeigaben 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseFundgeschichte BearbeitenMichel Antoine Landesque entdeckte den Fundort Combe Capelle im Jahre 1885 4 Der Kunsthandler und Vorgeschichtsforscher Otto Hauser fuhrte ab 1909 Ausgrabungen an den Abhangen des Flusstales im Abri Roc de Combe Capelle durch Das Gelande hatte er eigens dafur gepachtet Seine Grabungsmannschaft legte im Bereich unter dem Felsdach Schichten aus vier archaologischen Kulturen frei Von oben nach unten gehorten sie zum Solutreen Schicht I dem oberen Aurignacien Schicht II in der heutigen Terminologie Gravettien dem mittleren Schicht III und unteren Aurignacien Schicht IV 2 Die untere Aurignacienschicht wird von Hauser auch als Chatelperronien bezeichnet damals noch synonym auch Aurignacien ancien genannt Diese Schicht war nach Angaben Hausers 30 cm machtig und durch eine 15 cm machtige archaologisch sterile Schicht von Schicht III abgrenzbar 2 Im Liegenden von Schicht IV gab es Funde des Mousterien Schicht M darunter folgt der anstehende Fels Am 26 August 1909 wurde von den Grabungsarbeitern in der Aurignacien Schicht IV das Hockergrab eines etwa 40 bis 50 Jahre alten Mannes gefunden 2 Am folgenden Tag nahm Hauser die Bestattung erstmals selbst in Augenschein Die Bergung des Fundes erfolgte am 11 September 1909 durch Otto Hauser und den in Breslau lehrenden Anthropologen Hermann Klaatsch 2 Bei der Bestattung handelt es sich um einen langschadligen modernen Menschen Homo sapiens mit geneigter Stirn und langlichem Gesicht Er ist kleinwuchsiger als der typische Cro Magnon Mensch Ahnlichkeiten wurden zur ostmitteleuropaischen Brunnrasse gesehen 5 Das Grab war Nord Sud gerichtet mit dem Kopf im Norden der Schadel mit einer Neigung von 50 nach Westen gerichtet Im Huftbereich lag das Skelett direkt auf dem anstehenden Fels auf 2 Fundverbleib BearbeitenHauser verkaufte den Mann von Combe Capelle zusammen mit dem 1908 in Le Moustier gefundenen Skelett eines jugendlichen Neandertalers an das Konigliche Museum fur Volkerkunde in Berlin Der Museumsbau wurde im Zweiten Weltkrieg zerstort und das Skelett verkohlte stark wie auch das gleichermassen ausgelagerte Skelett von Le Moustier In der Nachkriegszeit galt der Schadel von Combe Capelle als verschollen und wurde erst am 27 Dezember 2001 in fragmentierter Form bei Inventarisierungsarbeiten wiederentdeckt Es handelte sich um Brandschutt aus dem Gropiusbau worin vor allem die zugehorigen Feuersteinartefakte der Bestattung von Combe Capelle vermutet wurden Auch Ober und Unterkiefer konnten daraufhin am 8 Januar 2002 in einer falsch beschrifteten Sammlungskiste wiedergefunden werden Der rekonstruierte Schadel war seit 2003 im Berliner Museum fur Vor und Fruhgeschichte im Schloss Charlottenburg ausgestellt und ist seit 2009 Teil der Dauerausstellung im Neuen Museum Datierung und Kontroversen um den Befund BearbeitenTrotz der anthropologisch detaillierten Untersuchung nach der Wiederentdeckung des Schadels blieb die Frage des absoluten Alters der Bestattung lange Zeit offen Weil Schadel und Skelett nach der Bergung langere Zeit in Knochenleim gekocht wurden fuhrte die Radiokohlenstoffdatierung eines Schadelfragmentes nicht zum Erfolg und weitere Datierungen an den Knochen wurden fur aussichtslos gehalten 6 7 Erst 2009 wurde am Kieler Leibniz Labor ein Molar entnommen der zur Gewinnung des Kollagens pulverisiert werden musste 7 Da der Zahnschmelz einen recht guten Schutz gegenuber der Knochenleimbehandlung bietet war die Wahrscheinlichkeit hier am grossten unbeeintrachtigtes Kollagen zu erhalten Das Ergebnis der AMS Direktdatierung wurde im Februar 2011 auf einer Pressekonferenz bekannt gegeben 8 und kurz darauf wissenschaftlich publiziert 9 Drei Rohdaten von etwa 8550 BP entsprechen einem kalibrierten Alter von etwa 7600 7700 v Chr 9 10 Es handelt sich somit zweifelsfrei um einen Mensch des Epipalaolithikums also der Nacheiszeit Damit ist erwiesen dass die Grabgrube fur die Bestattung des Mannes von Combe Capelle intrusiv in die unteren Schichten eingetieft worden war ohne dass dies von der Grabungsmannschaft im Jahre 1909 erkannt wurde Otto Hauser selbst hatte in seinen Notizen wenige Tage vor dem Auffinden der Bestattung von einem lokalen Verschwinden der Schichten II und III berichtet worauf Gisela Asmus 1964 in einer kritischen Revision des Befundes hinwies 11 Nach Auffindung des Grabes hatte Hauser jedoch betont dass eine ungestorte 15 cm machtige sterile Schicht zwischen der Chatelperron Schicht IV und der jungeren Aurignac Schicht III vorliegen wurde was Asmus allerdings als fragwurdig ansah 11 Ebenfalls als durchgehend ungestort wurde von Hauser die hangende Schicht I aus dem Solutreen bezeichnet die damit den Terminus ante quem fur die Eintiefung der Grabgrube gebildet hatte Wie sich nach der Direktdatierung des Zahnes zeigt war auch diese stratigraphische Beobachtung unzutreffend denn bei einer ungestorten Solutreen Schicht hatte die Bestattung mindestens gleich alt sein mussen Nach dem Aufsatz von G Asmus und besonders nach der Neudatierung der Graber aus dem Abri Cro Magnon ins Gravettien wurde von vielen Archaologen auch fur Combe Capelle das Gravettien als wahrscheinlichste Datierung favorisiert wofur die Beigabe der Kette aus Schneckenschalen ausgesprochen typisch ware Neben dem Abri Cro Magnon wurde Schneckenschmuck auch in den osterreichischen Gravettien Fundplatzen Langenlois und Grub Kranawetberg oder im Grab Brunn I gefunden Auf letztere Parallele wiesen bereits Klaatsch und Hauser hin 12 Schmuckschnecken gibt es jedoch auch im Epipalaolithikum Sudfrankreichs sowie im Mesolithikum Mitteleuropas 13 Zur Frage der Grabbeigaben BearbeitenZu den zahlreichen Grabbeigaben gehort unter anderem eine Halskette aus durchlochten Hausern der Meeresschnecke Littorina littorea sowie mehr als zehn Schneckenhauser der Arten Helix nemoralis Landschnecke und Nassa reticulata ebenfalls Meeresschnecke Da keine Datierung von den Schneckenhausern vorliegt ist unklar ob die Kette zur epipalaolithischen Bestattung zu zahlen ist oder nicht Die Schnecken sind auf Situationsfotos wahrend der Ausgrabung unmittelbar um den Kopf des Bestatteten gruppiert 14 was eine Einstufung als authentische Grabbeigaben nahelegt Die Sitte der Beigabe zahlreicher Schmuckschnecken ist zum Beispiel auch bei den etwa gleich alten Schadelbestattungen in der bayerischen Ofnethohle belegt Aus der Schicht IV Unteres Aurignacien uberliefert waren nach Aussage Hausers weiterhin 600 Faunenreste 187 gute Artefakte wahrscheinlich gemeint Gerate und ca 1000 Splitter wahrscheinlich gemeint Abschlage und Absplisse 15 16 Wie seit der Datierung geklart ist stehen diese ursprunglich als Grabbeigaben angesehenen Aurignacien Artefakte nicht mit der Bestattung in Verbindung sondern lagen bei Eintiefung der Grabgrube in zufalliger Nachbarschaft Solche Artefakte aus Feuerstein aus dem unteren Schichtenkomplex IV und M sind zum Beispiel ein taillierter Klingenkratzer und ein Stichel die mit der Bestattung ins Berliner Museum gelangt sind 17 Hauser hatte erwahnt dass auch in Schicht IV eine erhebliche Zahl echter Moustiertypen gefunden worden waren Da die Mousterien Schicht Schicht M direkt auf dem anstehenden Felsen lag kann es sich bei der Vermischung sowohl um einen Palimpsest Horizont handeln als auch um ein Inventar aus Mousterien und Aurignac Typen wie das im Chatelperronien der Fall ist Die neuere Forschung geht jedoch mehrheitlich von einer Storung des Befundzusammenhanges aus Literatur BearbeitenBernd Herrmann Das Combe Capelle Skelett In Ausgrabungen in Berlin 3 1972 ISSN 0341 8499 S 7 69 Denis Peyrony Combe Capelle 1 In Bulletin de la Societe Prehistorique Francaise 40 1943 ISSN 0037 9514 S 243 257 Denis Peyrony Le gisement du roc de Combe Capelle Commune de Saint Avit Senieur Dordogne In Bulletin Societe historique Perigord 70 1943 ISSN 1141 135X S 156 173 Perigueux Pierre Honore Das Buch der Altsteinzeit oder der Streit um die Vorfahren Econ Verlag Dusseldorf u a 1967 S 288Weblinks BearbeitenField Projects New Excavations at Abri Peyrony and Roc de Combe Capelle Der Homo Aurignaciensis aus Combe Capelle Memento vom 6 Januar 2009 im Internet Archive Einzelnachweise Bearbeiten Helene Valladas et al TL dates for the Middle Paleolithic site of Combe Capelle Bas France Journal of Archaeological Science Volume 30 Issue 11 November 2003 S 1443 1450 doi 10 1016 S0305 4403 03 00039 6 a b c d e f Hermann Klaatsch Otto Hauser Homo Aurignaciensis Hauseri Ein palaolithischer Skelettfund aus dem unteren Aurignacien der Station Combe Capelle bei Montferrand Perigord Prahistorische Zeitschrift I Bd 3 4 1910 S 273 338 Otto Hauser Der Mensch vor 100000 Jahren Brockhaus Leipzig 1917 S 36 55 M A Landesque Excursion a la station prehistorique de Combe Capelle Bull Soc Geol de France 3 1888 Klaatsch amp Hauser S 297 Hoffmann und Wegner 2003 S 126 127 a b Das bisher auf 30 000 Jahre alt datierte Grab von Combe Capelle in Frankreich ist Jahrtausende junger Pressemitteilung Staatliche Museen zu Berlin Generaldirektion PDF Download Christoph Seidler Forscher entzaubern Steinzeitmann Spiegel online 9 Februar 2011 abgerufen am 9 Februar 2011 a b Almut Hoffmann et al The Homo aurignaciensis hauseri from Combe Capelle A Mesolithic burial Journal of Human Evolution 61 2 2011 S 211 214 doi 10 1016 j jhevol 2011 03 001 zur Kalibrierung vgl Memento des Originals vom 29 Oktober 2012 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www calpal de a b Gisela Asmus Kritische Bemerkungen und Gesichtspunkte zur jungpalaolithischen Bestattung von Combe Capelle Perigord Memento des Originals vom 13 Dezember 2015 imInternet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot quaternary science publiss net In Eiszeitalter und Gegenwart 15 1964 ISSN 0424 7116 doi 10 3285 eg 15 1 13 S 181 186 Klaatsch amp Hauser S 297 299 Strauch F Gyraulus trochiformis als Schmuckschnecke aus mesolithischen Kulturschichten Suddeutschlands In W Taute Hrsg Das Mesolithikum in Suddeutschland Teil 2 Naturwissenschaftliche Untersuchungen Tubinger Monogr Urgesch 5 2 1978 S 161 162 Almut Hoffmann Le Moustier und Combe Capelle Die altsteinzeitlichen Funde des Schweizer Archaologen Otto Hauser Museum fur Vor und Fruhgeschichte Berlin 2003 ISBN 3 88609 482 0 Museum fur Vor und Fruhgeschichte Staatliche Museen zu Berlin Bestandskatalog Band 9 S 38 Klaatsch amp Hauser S 279 283 Almut Hoffmann Dietrich Wegner Homo Aurignaciensis Hauseri Ein palaolithischer Skelettfund aus dem unteren Aurignacien der Station Combe Capelle bei Montferrand Perigord Acta Praehistorica et Archaeologica Bd 35 2003 ISSN 0341 1184 S 113 137 Hoffmann und Wegner 2003 S 12644 752777777778 0 84861111111111 Koordinaten 44 45 10 N 0 50 55 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Combe Capelle amp oldid 233531642