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Die Cochenilleschildlaus Cochenillelaus oder Cochenille Dactylopius coccus ist eine Insektenart die ursprunglich in Zentral und Sudamerika als Pathogen an Opuntien vorkommt Aus den weiblichen Tieren wird der Farbstoff Karmin gewonnen dessen Hauptbestandteil die Karminsaure ist Cochenilleschildlausweibliche links und mannliche Cochenilleschildlaus SystematikOrdnung Schnabelkerfe Hemiptera Unterordnung Pflanzenlause Sternorrhyncha Uberfamilie Schildlause Coccoidea Familie DactylopiidaeGattung DactylopiusArt CochenilleschildlausWissenschaftlicher NameDactylopius coccusCosta 1835Cochenilleschildlause auf einer OpuntieWachsausscheidungen der Cochenilleschildlaus Inhaltsverzeichnis 1 Merkmale 2 Lebensweise 3 Verbreitung 4 Systematik 5 Nutzung durch den Menschen 5 1 Historische Nutzung 5 1 1 Prakolumbische Zeit 5 1 2 Neuzeit 5 1 3 Cochenille in Europa im 16 Jahrhundert 5 1 4 Postkolumbische Zeit 5 2 Heutige Verwendung 6 Ausstellungen 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseMerkmale BearbeitenDie Weibchen der Cochenilleschildlaus sind flugellos breit eiformig bis rund und etwa 6 bis 7 mm lang Aufgrund der hohen Konzentration an Karminsaure die im Fettkorper gespeichert wird und die wahrscheinlich der Abwehr von Fressfeinden und Parasiten dient erscheinen sie dunkelpurpurn Zerquetscht sind sie leuchtend rot Der Korper ist von weissem mehligen Wachs bedeckt allerdings ist der Korper unter den Absonderungen teilweise sichtbar Die Mannchen sind in den fruhen Nymphenstadien von den Weibchen kaum unterscheidbar Im vorletzten Stadium bilden sie Scheinpuppen in denen sie sich zu zweiflugeligen Imagines entwickeln Die Eier sind blass rot 1 2 3 Von anderen Arten der Gattung unterscheidet sich die Cochenilleschildlaus durch die Kombination folgender Merkmale Die dorsalen Setae sind dunn und alle ungefahr gleich gross Die funf Porengruppen um den Analring weisen nur wenige Tracheengange auf welche am Korper ganz fehlen Dunnrandige Poren auf der Bauchseite sind nicht vorhanden Der Analring selbst ist im vorderen Bereich nur in einem dunnen Bereich verhartet und weist keine Setae auf Die hinteren Femuren weisen grosse durchscheinende Poren auf und die Antennen haben sieben Glieder 3 Lebensweise BearbeitenWeibliche Cochenilleschildlause sind nur im ersten Nymphenstadium mobil Ein zweites Nymphenstadium verbringen sie ebenso wie die adulte Phase sessil an Opuntienpflanzen wobei mehrere Generationen gemeinsame Kolonien bilden Das Wirtsspektrum umfasst dabei die Arten Opuntia atropes Opuntia cochenillifera Opuntia ficus indica Opuntia hyptiacantha Opuntia jaliscana Opuntia megacantha Opuntia pilifera und Opuntia tomentosa 4 Die Mannchen haben ein puppenahnliches Nymphenstadium Nach dem Schlupf breiten sich die flugfahigen Mannchen aus und finden die Weibchen uber von diesen abgegebene Pheromone Im Gegensatz zu den meisten anderen Schildlausen pflanzen sich Cochenilleschildlaus ausschliesslich sexuell fort Die Mannchen sterben kurz nach der Paarung Pro Jahr werden nach Schatzungen bis zu funf Generationen hervorgebracht 5 1 Wichtige naturliche Feinde der Art sind eine Reihe von Marienkaferarten der Glanzkafer Cybocephalus nigritulus die Blattlausfliege Leucopis bellula die Zunsler Laetilia coccidivora und Salambona intrusus und der Taghaft Sympherobius amiculus 4 Verbreitung BearbeitenIn Amerika weist die Cochenilleschildlaus ein disjunktes Verbreitungsgebiet mit einem sudlichen Vorkommen in Argentinien und Peru sowie einem nordlichen Vorkommen in Mexiko auf Phylogenetische Untersuchungen weisen darauf hin dass die Tiere ausgehend vom ursprunglichen Vorkommen in Sudamerika in prakolumbischer Zeit per Seehandel nach Mittelamerika gelangten 6 Durch den Menschen wurde die Art auch auf den Kanaren sowie auf Madagaskar und in Sudafrika etabliert 4 Systematik BearbeitenDie Cochenilleschildlaus wurde 1791 von Lancry als Coccus sativus 1801 von Jean Baptiste de Lamarck als Coccus maximus und 1835 von Oronzio Gabriele Costa als Dactylopius coccus beschrieben In der Fachliteratur wurde die Art etwa 150 Jahre falschlich mit der 1758 von Carl von Linne beschriebenen Art Coccus cacti gleichgesetzt die heute als Protortonia cacti gefuhrt wird Der heute gultige lateinische Name der Cochenilleschildlaus nach den Internationalen Regeln fur die Zoologische Nomenklatur ist Dactylopius coccus dem aufgrund seiner Bekanntheit der Vorzug gegenuber den alteren Synonymen von Lancry und Lamarck gegeben wurde 4 Phylogenetische Analysen weisen darauf hin dass die nachsten verwandten Arten Dactylopius zimmermanni und Dactylopius confertus sind die in Sudamerika vorkommen und auf Kakteen leben 6 Nutzung durch den Menschen BearbeitenHistorische Nutzung Bearbeiten Prakolumbische Zeit Bearbeiten Jose Antonio de Alzate y Ramirez 1777 Cochenilleschildlause werden von einem sudamerikanischen Ureinwohner mit einem Hirschwedel von der Opuntie abgeburstetEs ist nicht bekannt wann Menschen in Sudamerika das erste Mal Cochenilleschildlause zur Gewinnung von rotem Farbstoff nutzten Die bislang altesten gefundenen Textilreste die mit Cochenilleschildlausen gefarbt wurden wurden in einer Nekropole aus vorchristlicher Zeit in Peru gefunden Das hat zu Spekulationen gefuhrt dass alte peruanische Kulturen zuerst die Nutzung dieser Schildlausart entdeckten und die Technik von dort aus in Zentralamerika bekannt wurde Andere Wissenschaftler argumentieren dass prakolumbische mittelamerikanische Kulturen die Entdecker dieses Farbstoffes waren oder diese unabhangig von den peruanischen Kulturen entdeckten Fur einen Ursprung in Mexiko spricht dass Pradatoren dieser Schildlausart in Mexiko haufig sind dagegen in Peru verhaltnismassig selten Das spricht dafur dass die Schildlaus in der Natur ursprunglich nur in Mexiko vorkam 7 Phylogenetische Untersuchungen weisen darauf hin dass die Tiere ausgehend vom ursprunglichen Vorkommen in Sudamerika in prakolumbischer Zeit per Seehandel nach Mittelamerika gelangten 6 Chemische Struktur von KarminsaureTraditionell wird den Kulturen im sudlichen Hochland von Mexiko im heutigen mexikanischen Bundesstaat Oaxaca eine sehr fruhe Weiterentwicklung der Cochenille Haltung zugesprochen Es entwickelten sich domestizierte Linien der Cochenille Schildlaus die mehr als doppelt so gross waren wie ihre wilden Artgenossen und wesentlich mehr Karminsaure produzierten Wahrend wilde Cochenilleschildlause auch noch in Lagen uber 2 500 Hohenmetern gediehen sind die domestizierten Linien deutlich empfindlicher Sie gedeihen am besten im warmen trockenen Klima des sudmexikanischen Hochlands bei Temperaturen zwischen 10 und 30 Grad Celsius Frost und vorzeitiger Sommerregen kann zum Absterben ganzer Populationen fuhren Selbst bei idealen klimatischen Bedingungen mussten diese domestizierten Linien jedoch aufwandig versorgt werden Wahrend der Sommerregen bewahrten die Farmer befruchtete Schildlause in einer Ecke ihrer Bewohnungen auf Manche trugen sie auch in mit Blattern ausgelegten Korben in hohere Lagen in denen die Sommermonate trockener waren 7 Auch die Opuntien auf denen die Schildlause gezogen wurden waren aufwandig in der Versorgung Die praferierte Futterpflanze fur Cochenilleschildlause war Opuntia ficus indica allerdings wurden auch andere Opuntienarten genutzt Jede der verwendeten Opuntien reagierte empfindlich auf Frost und war anfallig fur eine Reihe von Pflanzenkrankheiten und schadlingen Da die Schildlause am besten auf jungen Sprossen heranwuchsen beschnitten die Farmer die Opuntien regelmassig um neues Wachstum anzuregen Die Farmer legten auch regelrechte Opuntienplantagen aus Stecklingen an Anderthalb bis drei Jahre nach dem Anpflanzen konnten die ersten Schildlause auf den jungen Pflanzen ausgebracht werden In einem arbeitsaufwandigen Prozess wurden die Schildlause dann von den Opuntien abgeerntet Es galt als unschicklich die Schildlause mit den Fingern zu beruhren Sie wurden mit Stocken Federn und kleinen Bursten von den Opuntien in Holz oder Lehmschalen geburstet 7 Anschliessend wurden die Lause getrocknet Dazu wurden sie entweder auf Matten ausgebreitet und vier oder funf Tage in der Sonne liegen gelassen oder in Ofen getrocknet Wahrend des Trocknungsprozesses verloren die Schildlause etwa ein Drittel ihres Gewichtes Zur Extraktion der Karminsaure werden die Tiere gekocht der Farbstoff anschliessend gefallt filtriert und getrocknet Zur Herstellung von einem Pfund Cochenille werden etwa 70 000 Tiere gebraucht 8 Fur den Handel mit Cochenilleschildlausen existierte bereits in vorkolumbianischer Zeit ein weites Handelsnetzwerk Kaufleute von Nochixtlan handelten mit Cochenilleschildlausen bis in das heutige Nicaragua 7 Einige erhalten gebliebene Unterlagen aus der Zeit zu Beginn des 16 Jahrhunderts lassen darauf schliessen dass Dorfer der Region Oaxaca und Mixteca jahrlich uber hundert Sacke Cochenille als Tributzahlungen an die aztekischen Herrscher entrichteten Nach modernen Schatzungen durfte dies etwa neun Tonnen Cochenille entsprochen haben Andere Dorfer zahlten ihren Tribut in mit Cochenille gefarbten Stoffen 7 Ahnlich wie ihre europaischen Zeitgenossen massen Azteken der Farbe Rot eine besondere Bedeutung bei Die Azteken assoziierten Rot mit Sonne Blut und Tod Zur Erzeugung von roten Textilien standen ihnen mehrere Farberstoffe zur Verfugung darunter Pflanzen die dem europaischen Farberkrapp ahnlich sind Das intensivste Rot konnte jedoch mit Cochenilleschildlausen erzeugt werden ahnlich wie in Europa die Verwendung der Kermeslaus zu den intensivsten Rottonen fuhrte Die Verwendung der Cochenilleschildlaus war sehr vielfaltig Vermischt mit Essig wurden pulverisierte Cochenillelause zur Behandlung von Wunden verwendet Sie wurden zur Farbung von Gerichten verwendet und Frauen nutzten es um Wangen Hals Hande und Bruste rot zu farben 7 Karminsaure wurde auch verwendet um Topfe Korbe Statuen und sogar Hausteile rot zu farben und war einer der Farbstoffe mit der aztekische Schreiber ihre Schriftstucke verzierten Besondere Bedeutung hatte die aus den Cochenilleschildlausen gewonnene Karminsaure jedoch in der Farbung von Textilien und Federn die fur aztekische Kleidung verwendet wurden Bei tierischen Fasern wirkte die aus Schildlausen gewonnene Karminsaure am starksten Federn und Kaninchenfell wurden intensiv rot Baumwollfasern dagegen wurden etwas matter 7 Neuzeit Bearbeiten Cochenilleschildlauszucht in Oaxaca MexikoEs ist nicht bekannt wie der spanische Konig Karl V davon erfuhr dass die Spanier in Sudamerika auf ein intensiv rotes Farbemittel gestossen waren Moglicherweise wurde er durch die Codices und Stoffe aufmerksam die die spanischen Konquistadoren an den spanischen Konigshof sendeten Rot zahlte in Europa zu den besonders geschatzten Farben der hohe Wert der rot gefarbten Textilien beigemessen wurde war auch darauf zuruckzufuhren dass es noch im 16 Jahrhundert sehr schwierig war Textilien dauerhaft intensiv rot zu farben Dazu trug auch die Seltenheit geeigneter Farbemittel bei Die vor allem in Mitteleuropa vorkommende Kermeslaus lieferte einen der Ausgangsstoffe um Textilien rot zu farben Der Farbeprozess war arbeits und zeitintensiv und setzte spezifisches Fachwissen voraus das Farber in einer mehrjahrigen Ausbildung erlernten Allerdings besassen nicht alle Farbergilden dieses spezifische Wissen unter den europaischen Farbergilden standen vor allem die von Lucca und Venedig in dem Ruf Stoffe intensiv und dauerhaft rot zu farben 9 Die spanischen Konquistadoren ubersahen zunachst den kommerziellen Wert der mit der Cochenilleschildlaus verbunden war Sie unternahmen keinerlei Anstrengungen getrocknete Cochenilleschildlause nach Europa zu exportieren Einige verzichteten sogar darauf die Cochenillelieferungen entgegenzunehmen die ihnen als Tributzahlungen angeboten wurden In den 1520er und 1530er Jahren blieb Handel mit Cochenilleschildlausen fast ausschliesslich auf die sudamerikanischen Ethnien begrenzt 10 Der Handel mit Cochenille bedurfte Erfahrung und Marktkenntnisse die den Konquistadoren fehlte Spanier die sich dauerhaft in den neuen Kolonien niederliessen bauten Pflanzen wie Weizen Zuckerrohr Wein Flachs und ahnliches an oder zuchteten Rinder und Schafe wie es ihnen aus Europa bekannt war Hernan Cortes dessen Landguter im traditionellen Cochenille Gebiet von Oaxaca lagen ubersah den kommerziellen Wert der Cochenille Schildlaus und liess seine mexikanischen und afrikanischen Sklaven stattdessen nach Silber graben und Zuckerrohr anbauen Ab Mitte der 1530er Jahre kamen jedoch zunehmend auch spanische Kaufleute nach Sudamerika die anders als die Konquistadoren die Geschaftschancen erkannten die mit den Cochenilleschildlausen verbunden waren Ab etwa Beginn der 1540er Jahre begannen sie Cochenille in kleinen Mengen nach Europa zu exportieren 10 Cochenille in Europa im 16 Jahrhundert Bearbeiten Getrocknete CochenilleschildlauseDie Spanier waren die ersten Europaer die mit dem Farbstoff der Cochenilleschildlause handelten In Segovia Granada und Toledo wurden zur damaligen Zeit hochwertige Textilien hergestellt dennoch war der Markt fur diesen Farbstoff begrenzt Uber den Handel kamen getrocknete Cochenilleschildlause spater vor allem nach Italien 10 Zu den ersten italienischen Farbern die mit dem Cochenille Farbstoff arbeiteten gehorte zu Beginn der 1540er Jahre der Toskaner Lapo da Diacceto er wurde von Cosimo I de Medici in seinen Experimenten unterstutzt Auch in Venedig das in Europa beim Handel mit roten Farbstoffen dominierte begann man sich ab 1543 mit dem Farbstoff auseinanderzusetzen 10 In der Farbintensitat war der Cochenille Farbstoff mit anderen aus Schildlausen wie der Kermeslaus vergleichbar Cochenilleschildlause enthielten verglichen mit diesen jedoch weniger Lipide was den Farbeprozess einfacher machte Cochenille war auch deutlich ergiebiger als die bislang in Europa bekannten Farbestoffe 10 Aus diesem Grund setzte sich Cochenille sehr schnell als Farbemittel durch und Farber in Stadten wie Venedig Mailand Florenz Lucca und Antwerpen die alle fur ihre hervorragenden Stoffe bekannt waren begann bereits vor 1550 mit Cochenille zu arbeiten Markte auf denen Cochenille regelmassig gehandelt wurde waren um 1570 nicht nur in der spanischen Stadt Sevilla etabliert sondern auch in Rouen Lyon Genua Nantes Florenz Marseille und Antwerpen und Cochenille war nach Silber die wichtigste Exportware aus den spanischen Kolonien in Sudamerika Die Behorden von Sevilla schatzten den Wert des Cochenilleexportes auf jahrlich rund 250 000 Pesos von denen knapp ein Viertel der Staatskasse als Einkommen zufloss 10 Postkolumbische Zeit Bearbeiten Die Zucht von Cochenilleschildlausen blieb uberwiegend in der Hand sud und mittelamerikanischer Ethnien Eine besondere Rolle spielten dabei die Tlaxcalteken Wahrend der Eroberung Mexikos durch die Spanier gingen die Tlaxcalteken nach anfanglichem Widerstand ein Bundnis mit Hernan Cortes und seinen Konquistadoren ein Bei der Eroberung der aztekischen Hauptstadt Tenochtitlan spielten sie eine Schlusselrolle da sie die Spanier beim Erreichen des Tals von Mexiko unterstutzten und den Hauptteil der Angriffsstreitmacht bildeten Aufgrund dieser Allianz mit der spanischen Krone wahrend der Eroberung Mexikos genossen die Tlaxcalteken unter der spanischen Kolonialherrschaft viele Privilegien gegenuber den anderen indigenen Volkern wie etwa die Erlaubnis zum Tragen von Waffen dem Reiten von Pferden dem Fuhren von Adelstiteln sowie einer weitgehend autonomen Verwaltung ihrer Siedlungen 11 12 Bis in die 1570er dominierten sie den Cochenillehandel In den folgenden Jahrzehnten begannen auch ihre mixtekischen Nachbarn sowie die indigenen Volker im Tal von Oaxaca wieder Cochenilleschildlause zu zuchten Im fruhen 17 Jahrhundert verschob sich das Zentrum der Cochenilleproduktion nach Oaxaca und gegen Ende dieses Jahrhunderts dominierte Oaxaca den Handel monopolartig Die prachtige Altstadt von Oaxaca de Juarez zeugt heute noch von der Bedeutung die die Stadt in dieser Zeit gewann 13 Anne Butler Greenfield weist in ihrer Geschichte des Farbstoffes Cochenille darauf hin dass es der spanischen Oberherrschaft nicht gelang uber Zwangsmassnahmen wie etwa Anbauverpflichtungen die Cochenilleproduktion zu erhohen Es etablierte sich dagegen bereits gegen Ende des 16 Jahrhunderts ein Terminmarkt fur Cochenilleschildlause bei dem spanische Kaufleute und Regierungsangestellte Kredite an sudamerikanische Indianer vergaben die diese mit einer zuvor festgesetzten Menge Cochenille zuruckzahlten Es waren dementsprechend uberwiegend Spanier die aus dem Uberseegeschaft mit Cochenilleschildlausen profitierten Die Bereitschaft sudamerikanischer Indianer diese Kreditvertrage zu unterzeichnen und die grosse Anzahl von Indianern die sich daruber beschwerten dass sie keinen oder einen zu geringen Kredit erhalten hatten deutet sie als starkes Indiz dass der Anbau auch von den Indianern als okonomisch attraktiv gewertet wurde 13 Der grosste Teil der nach Europa importierten Cochenilleschildlause wurde fur die Textilfarbung verwendet und der Handel dehnte sich bereits im 16 Jahrhundert bis nach Sudostasien aus Ahnlich wie in Sud und Zentralamerika fand Cochenille jedoch auch bald Verwendung in Kosmetika und im Verlauf des 17 Jahrhunderts fand es sich zunehmend auch auf den Farbpaletten von Kunstlern wie den Tintorettos Jan Vermeer Peter Paul Rubens und Diego Velazquez Der spanische Arzt Francisco Hernandez de Toledo empfahl es in seiner De materia medica auch als Bestandteil von Medikamenten 13 Es war Nicolas Hartsoeker der 1694 in Essai de dioptrique erstmals eine gezeichnete vergrosserte Darstellung einer Cochenilleschildlaus veroffentlichte Zehn Jahre spater studierte Antoni van Leeuwenhoek die fur die Farbproduktion verantwortlichen Schildlause sehr genau und konnte damit endgultig klaren dass nicht die Opuntien sondern die darauf lebenden Insekten fur die Farbstoffherstellung notwendig sind 1776 reiste Nicolas Joseph Thiery de Menonville im Auftrag der franzosischen Regierung nach Mexiko um die Details der Farbstoffherstellung auszuspahen Es gelang ihm Opuntientriebe mit Cochenilleschildlausen auszufuhren die er im haitianischen Port au Prince auch erfolgreich vermehren konnte Neben der Produktion in Mexiko brachten die Spanier die Cochenilleschildlaus auch nach Guatemala Honduras und auf die Kanaren wahrend die Englander sie nach Indien und Afrika brachten 14 Versuche die Tiere auch in Georgia und South Carolina zu zuchten waren wenig erfolgreich 8 Ab etwa 1860 ging die Nachfrage auf Grund der zunehmenden Verfugbarkeit von Teerfarben stark zuruck im 20 Jahrhundert stieg die Nachfrage nach Cochenille als nicht giftige Kosmetik oder Lebensmittelfarbe wieder an Sie kann allerdings gelegentlich zu allergischen Reaktionen fuhren 4 Heute wird es in Peru Mexiko auf den Kanaren sowie in Chile und Bolivien hergestellt 14 15 Cochenilleschildlause wurden in Australien und Afrika auch zur Kontrolle von ausserhalb ihres naturlichen Verbreitungsgebiets verschleppten und als Unkraut auftretenden Opuntien eingesetzt 6 Heutige Verwendung Bearbeiten Karmin ist verhaltnismassig licht und warmebestandig Es ist der oxidationsbestandigste aller naturlichen Farbstoffe und sogar stabiler als viele synthetische Farbstoffe 16 Als Lebensmittelfarbstoff ist Karmin mit der Kennzeichnung E 120 in der Europaischen Union zugelassen Es wird fur Fleisch und Wurstwaren verwendet ausserdem fur Surimi Marinaden Sossen Konserven Kase und andere Milchprodukte Geback Glasuren Tortenfullungen Marmeladen Desserts Sussigkeiten Fruchtsafte Spirituosen und andere Getranke Der durchschnittliche Verbraucher nimmt pro Jahr ein bis zwei Tropfen Karminsaure mit der Nahrung auf 16 Karmin findet auch Verwendung als Kosmetikfarbstoff und fur Malerfarben Die Pharmaindustrie verwendet es fur orale Arzneiformen Dragees Filmtabletten Kapseln und Salben 17 Es sind mehrere Falle von Allergien gegen den Farbstoff dokumentiert angefangen von leichter Nesselsucht bis zum anaphylaktischen Schock 18 Karmin kann beim Einatmen Asthma verursachen 19 Es wird von der Hyperactive Children s Support Group empfohlen diesen Farbstoff in der Nahrung von hyperaktiven Kindern zu vermeiden Eine Regelung der US amerikanischen Food and Drug Administration verlangt seit dem 5 Januar 2011 dass bei allen Lebensmitteln und Kosmetika die diesen Farbstoff enthalten dieser in der Zutatenliste erwahnt wird 20 Lebensmittel und andere Produkte die aus Schildlausen gewonnenes Karmin enthalten sind inakzeptabel fur Vegetarier und Veganer Viele Moslems betrachten karminhaltige Lebensmittel als verboten haram da der Farbstoff aus Insekten gewonnen wird Auch viele Juden vermeiden Lebensmittel die diesen Zusatzstoff enthalten Einige judische Autoritaten erlauben jedoch den Einsatz weil das Insekt getrocknet und zu Pulver zerrieben wird 21 Ausstellungen Bearbeiten2017 2018 Rojo Mexicano La grana Cochinilla en el arte Palacio de Bellas Artes Mexiko Stadt D F Mexiko Literatur BearbeitenAmy Butler Greenfield A Perfect Red Empire Espionage and the Qest for the Color of Desire HarperCollins Publisher New York 2004 ISBN 0 06 052275 5 englisch eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Helmut Schweppe Handbuch der Naturfarbstoffe ecomed Verlagsgesellschaft Landsberg 1993 ISBN 3 609 65130 X Weblinks Bearbeiten Commons Cochenilleschildlaus Album mit Bildern Videos und AudiodateienEinzelnachweise Bearbeiten a b Hans Strumpel Homoptera Pflanzensauger Handbuch der Zoologie Band 4 Teilband 28 de Gruyter Berlin New York 1983 ISBN 3 11 008856 8 S 81 John L Capinera Encyclopedia of Entomology 2 Auflage Springer 2008 ISBN 978 1 4020 6242 1 S 2112 englisch a b Dactylopius coccus bei Scale Insects Systematic Entomology Laboratory United States Department of Agriculture Memento vom 17 Juni 2010 im Internet Archive a b c d e Yair Ben Dov Douglass R Miller Gary A P Gibson A systematic catalogue of eight scale insect families Hemiptera Coccoidea of the world Aclerdidae Asterolecaniidae Beesoniidae Carayonemidae Conchaspididae Dactylopiidae Kerriidae and Lecanodiaspididae Elsevier 2006 ISBN 978 0 444 52836 0 S 215 218 englisch Luis C Rodriguez Eric H Faundez Hermann M Niemeyer Mate searching in the scale insect Dactylopius coccus Hemiptera Coccoidea Dactylopiidae In European Journal of Entomology Band 102 2005 S 305 306 englisch uchile cl PDF a b c d Luis C Rodriguez Marco A Mendez Hermann M Niemeyer Direction of dispersal of cochineal Dactylopius coccus Costa within the Americas In Antiquity Band 75 2001 S 73 77 englisch PDF a b c d e f g Amy Butler Greenfield A Perfect Red Empire Espionage and the Qest for the Color of Desire HarperCollins Publisher New York 2004 ISBN 0 06 052275 5 S 36 ff englisch a b Rita J Adrosko Margaret Smith Furry Natural dyes and home dyeing Courier Dover Publications 1971 ISBN 978 0 486 22688 0 S 24 25 englisch Amy Butler Greenfield A Perfect Red Empire Espionage and the Qest for the Color of Desire 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