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Als axiomatische Mengenlehre gilt jede Axiomatisierung der Mengenlehre die die bekannten Antinomien der naiven Mengenlehre vermeidet Die verbreitetste Axiomatisierung in der modernen Mathematik ist die Zermelo Fraenkel Mengenlehre mit Auswahlaxiom ZFC Die alteste Axiomatisierung stammt von Georg Cantor dem Grunder der Mengenlehre Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte und Auspragungen 2 Cantors Mengenaxiome 3 Literatur 4 Siehe auch 5 EinzelnachweiseGeschichte und Auspragungen BearbeitenErste Axiomatisierungen der Mengenlehre wurden schon vor der Entdeckung der Mengen Antinomien versucht namlich 1888 von Richard Dedekind und 1893 von Gottlob Frege die beide die Arithmetik auf einem Mengen Kalkul aufbauten Da sich aber beide Kalkule wegen Axiomen die unbegrenzte Mengenbildung ermoglichen als inkonsistent erwiesen rechnet man sie zur naiven Mengenlehre Unter axiomatischer Mengenlehre versteht man also nur solche Axiomatisierungen die durch restriktivere Mengenbildung diese Widerspruche der naiven Mengenlehre zu vermeiden suchen Zur Vermeidung von Widerspruchen schlug Bertrand Russell einen stufenweisen Aufbau der Mengenlehre vor und entwickelte 1903 1908 seine Typentheorie die auch als Basis der Principia Mathematica 1910 diente In ihr hat eine Menge stets einen hoheren Typ als ihre Elemente Unter anderem lasst sich die Aussage eine Menge enthalte sich selbst als Element mit der die Russellsche Antinomie gebildet wird in dieser Theorie gar nicht formulieren Die Typentheorie versucht also durch eine eingeschrankte Syntax der zulassigen Klassen Aussagen die Probleme zu losen Sie hat bei Russell selbst noch keine axiomatische Form sondern wurde erst spater zu einer relativ komplizierten axiomatischen Theorie ausgebaut Ihre Widerspruchsfreiheit wurde von Paul Lorenzen nachgewiesen Die Widerspruchsfreiheit der auf der Typentheorie aufbauenden Principia Mathematica ist aber aufgrund Godels Unvollstandigkeitssatz nicht beweisbar Die Typentheorie der Principia Mathematica war in der Logik lange Zeit massgebend konnte sich aber in der Mathematikpraxis nicht durchsetzen einerseits wegen ihrer Kompliziertheit und andererseits wegen ihrer Unzulanglichkeit Sie genugt namlich nicht um Cantors Mengenlehre und die Mathematik zu begrunden da ihre sprachlichen Mittel zu schwach sind In der Mathematikpraxis setzte sich vielmehr im 20 Jahrhundert nach und nach die von Ernst Zermelo initiierte Form der axiomatischen Mengenlehre durch Die Zermelo Mengenlehre von 1907 ist sowohl die Grundlage der Zermelo Fraenkel Mengenlehre ZFC als auch alternativer Axiomensysteme ZFC ergibt sich durch Erganzung von Abraham Fraenkels Ersetzungsaxiom von 1921 und Zermelos Fundierungsaxiom von 1930 Die ursprunglich verbalen Mengenaxiome von Zermelo Fraenkel wurden unter dem Einfluss von Hilberts Programm das die Widerspruchsfreiheit grundlegender Axiomensysteme der Mathematik sichern sollte spater streng formalisiert Die erste Formalisierung ZFC ohne Fundierung von Thoralf Skolem aus dem Jahr 1929 1 gab den Anstoss fur moderne pradikatenlogische ZFC Axiomensysteme In ZFC konnte bisher kein Widerspruch mehr abgeleitet werden Nachweislich widerspruchsfrei ist aber nur die allgemeine Mengenlehre das ist nach Fraenkel die ZFC Mengenlehre ohne Unendlichkeitsaxiom 2 3 fur sie gab Zermelo 1930 ein Modell an 4 Fur die komplette Zermelo Fraenkel Mengenlehre liess sich Hilberts Programm aber nicht durchfuhren da Godels Unvollstandigkeitssatz auch fur sie gilt so dass ihre Widerspruchsfreiheit unbeweisbar innerhalb der Zermelo Fraenkel Mengenlehre ist Die Widerspruchsfreiheit relativ zur Zermelo Fraenkel Mengenlehre ist auch fur viele Erweiterungen Verallgemeinerungen und Modifikationen gesichert Zu ihnen gehort die Mengenlehre von John von Neumann von 1925 die auf dem Funktionsbegriff statt auf dem Mengenbegriff aufbaut und nicht nur Mengen sondern auch echte Klassen einbezieht 5 Sie bildete den Ausgangspunkt fur die Neumann Bernays Godel Mengenlehre die ZFC fur Klassen verallgemeinert und mit endlich vielen Axiomen auskommt wahrend ZFC Axiomenschemata benotigt Noch allgemeiner ist die Ackermann Mengenlehre von 1955 die Cantors Mengendefinition prazise axiomatisch zu interpretieren versucht Arnold Oberschelp bettete 1974 ZFC in eine allgemeine axiomatische Klassenlogik ein so dass seine Mengenlehre eine bequeme syntaktisch korrekte Darstellung mit beliebigen Klassentermen erlaubt Zu den bekannten Axiomatisierungen die sich nicht an Cantor oder Zermelo Fraenkel orientieren sondern an der Typentheorie gehoren die Mengenlehre von Willard Van Orman Quine insbesondere dessen New Foundations NF aus dem Jahr 1937 und deren Erweiterung Mathematical Logic ML aus dem Jahr 1940 Cantors Mengenaxiome BearbeitenEs ist bemerkenswert dass es Cantor war der 1898 erstmals eine Liste von Mengenlehre Axiomen prasentierte 6 Er teilte seine Regeln zur Mengenbildung mit den Cantorschen Antinomien zusammen Hilbert und Dedekind brieflich mit Sie wurden allerdings erst ab 1932 publiziert so dass sie historisch nicht zur Wirkung kamen Er formulierte unter anderem folgende funf Regeln zur Bildung von Mengen bzw fertigen Mengen fert M Substituirt man in einer fert Menge an Stelle der Elemente fertige Mengen so ist die hieraus resultirende Vielheit eine fert M 7 Die Vielheit aller Theilmengen einer fertigen Menge M ist eine fertige Menge 7 Jede Theilvielheit einer Menge ist eine Menge 8 Jede Menge von Mengen ist wenn man die letzteren in ihre Elemente auflost auch eine Menge 8 Dass die abzahlbaren Vielheiten an fertige Mengen sind scheint mir ein axiomatisch sicherer Satz zu sein 7 Der Index n steht fur endliche Kardinalzahlen In der Mengenlehre die Cantor publizierte nannte er solche Regeln nicht sondern wandte sie stillschweigend an Man findet dort aber auch gelegentlich unbewiesene Satze darunter folgende Dass es immer moglich ist jede wohldefinierte Menge in die Form einer wohlgeordneten Menge zu bringen 9 Cantor dachte zwar diese Regeln aus seiner Mengendefinition ableiten zu konnen fuhrte aber keine Beweise Seine Regeln sind annahernd gleichwertig mit ZFC ohne Fundierung Regel 1 entspricht Fraenkels Ersetzungsaxiom Regel 2 dem Potenzmengenaxiom Regel 3 dem Aussonderungsaxiom Regel 4 dem Vereinigungsaxiom Regel 5 ist gleichwertig zu Zermelos Unendlichkeitsaxiom der letzte Satz der sogenannte Wohlordnungssatz ist gleichwertig zu Zermelos Auswahlaxiom Es fehlt nur das Extensionalitatsaxiom Literatur BearbeitenKeith Devlin The joy of sets Springer 1996 Abraham Fraenkel Yehoshua Bar Hillel Azriel Levy Foundations of Set Theory North Holland 1973 Thomas Jech Karel Hrbacek Introduction to set theory Marcel Dekker 1978 2 Auflage 1984 3 Auflage 1999 Thomas Jech Set Theory Academic Press 1978 3 Auflage Springer Verlag 2002 ISBN 3 540 44085 2 Gaisi Takeuti Wilson M Zaring Introduction to axiomatic set theory Springer 1971 Zu Cantors Mengenaxiomen Ulrich Felgner The axiomatization of set theory in Ernst Zermelo Collected Works I Springer Verlag Berlin Heidelberg 2010 S 174ff Siehe auch BearbeitenScottsches Axiomensystem eine Alternative zur Zermelo Fraenkel Mengenlehre UniversenaxiomEinzelnachweise Bearbeiten Thoralf Skolem Uber einige Grundlagenfragen der Mathematik 1929 In Selected works in logic Oslo 1970 S 227 273 Abraham Fraenkel Axiomatische Theorie der geordneten Mengen In Journal fur die reine und angewandte Mathematik Band 155 1926 S 129 158 speziell S 132 f Wilhelm Ackermann Die Widerspruchsfreiheit der allgemeinen Mengenlehre 1936 In Mathematische Annalen 114 1937 S 305 315 Ernst Zermelo Grenzzahlen und Mengenbereiche In Fundamenta Mathematicae Band 16 1930 S 29 47 speziell S 44 John von Neumann Eine Axiomatisierung der Mengenlehre In Journal fur die reine und angewandte Mathematik Band 154 1925 S 219 240 Ulrich Felgner The axiomatization of set theory in Ernst Zermelo Collected Works I Berlin Heidelberg 2010 S 175 However it is remarkable that it was Cantor who in 1898 first represented a list of set theoretic Axioms a b c Brief von Cantor an Hilbert vom 10 August 1898 in Georg Cantor Briefe ed H Meschkowski und W Nilson Berlin Heidelberg New York 1999 S 396 a b Brief von Cantor an Dedekind vom 3 August 1899 in Georg Cantor Briefe ed H Meschkowski und W Nilson Berlin Heidelberg New York 1999 S 407 Georg Cantor Uber unendliche Punktmannichfaltigkeiten Artikel 5 in Mathematische Annalen 21 1883 S 550 dort als grundlegendes Denkgesetz bezeichnet Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Axiomatische Mengenlehre amp oldid 232347691 Cantors Mengenaxiome