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Camptothecin ist ein naturlich im Chinesischen Glucksbaum Camptotheca acuminata vorkommendes Alkaloid Die Substanz wurde 1966 im Rahmen eines Screenings nach in der Natur vorkommenden potenziellen Krebs Therapeutika von Monroe E Wall und Mansukh C Wani entdeckt 3 StrukturformelAllgemeinesName CamptothecinAndere Namen S 4 Ethyl 4 hydroxy 1H pyrano 3 4 6 7 indolizino 1 2 b chinolin 3 14 4H 12H dion IUPAC Summenformel C20H16N2O4Kurzbeschreibung hellgelbe Nadeln 1 Externe Identifikatoren DatenbankenCAS Nummer 7689 03 4EG Nummer Listennummer 616 407 7ECHA InfoCard 100 113 172PubChem 24360ChemSpider 22775DrugBank DB04690Wikidata Q419964ArzneistoffangabenWirkstoffklasse ZytostatikumEigenschaftenMolare Masse 348 36 g mol 1Aggregatzustand festSchmelzpunkt 260 C 2 Loslichkeit loslich in Trichlormethan Methanol Gemisch 8 2 1 sehr wenig wasserloslich 1 SicherheitshinweiseGHS Gefahrstoffkennzeichnung 2 AchtungH und P Satze H 302P keine P Satze 2 Toxikologische Daten 153 mg kg 1 LD50 Ratte oral 2 Soweit moglich und gebrauchlich werden SI Einheiten verwendet Wenn nicht anders vermerkt gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen Camptothecin wirkt zelltoxisch das pentacyclische Chinolin Alkaloid bildet ein planares Ringsystem und besteht aus einem Chinolin Bicyclus sowie einem teilhydrierten Indolizin Doppelring an den ein weiterer Tetrahydropyran Ring anelliert ist Das Chinolinalkaloid Camptothecin hemmt das Enzym Topoisomerase I und zeigte in klinischen Studien eine zytostatische Wirksamkeit Aufgrund ungunstiger physikochemischer und pharmakologischer Eigenschaften findet Camptothecin jedoch keine Anwendung in der Krebstherapie Weiterentwicklungen des Camptothecins Topotecan und Irinotecan sind fur die Behandlung maligner Tumoren zugelassen Die Totalsynthese gelang 1972 Ekkehard Winterfeldt Inhaltsverzeichnis 1 Vorkommen 2 Biosynthese 3 Pharmakologie 3 1 Wirkmechanismus 4 Chemie 4 1 Stereochemie 4 2 Struktur Wirkungsbeziehungen 4 2 1 Ringsystem A B 4 2 2 Ringsystem C D 4 2 3 Ringsystem E 4 3 Derivate 5 EinzelnachweiseVorkommen Bearbeiten nbsp Camptotheca acuminataCamptothecin wird aus der Rinde und Wurzeln den Samen und aus dem Holz sowie auch jungen Blattern von Camptotheca acuminata dem Chinesischen Glucksbaum einem zu den Tupelogewachsen Nyssaceae gehorenden chinesischen Baum isoliert Auch in den ubrigen Teilen dieser Pflanze kann das Alkaloid nachgewiesen werden Der hochste Camptothecingehalt ist in den jungen Blattern und Blutenknospen enthalten Etwas geringer ist der Alkaloidgehalt in den Fruchten und Samen Wurzeln und in der Rinde Abgesehen von seinem Vorkommen in Camptotheca acuminata konnte Camptothecin sporadisch bei einzelnen Vertretern kaum miteinander verwandter Familien innerhalb der Samenpflanzen nachgewiesen werden So gelang ein positiver Nachweis in Pyrenacantha klaineana Merrilliodendron megacarpum Nothapodytes foetida Icacinaceae Ophiorrhiza spp Rubiaceae sowie Tabernaemontana alternifolia Syn Ervatamia heyneana und Mostuea brunonis Gelsemiaceae Camptothecin kann daruber hinaus auch in Wurzelkulturen sogenannten Hairy Root Cultures von Camptotheca acuminata oder Ophiorrhiza pumila produziert werden 4 Biosynthese BearbeitenWenngleich Camptothecin keine Indolstruktur sondern eine Chinolinstruktur besitzt gehort Camptothecin biogenetisch zu den iridoiden Indolalkaloiden Wie alle Vertreter dieser Gruppe leitet sich auch Camptothecin von der Aminosaure Tryptophan und dem Loganin ab welches dem Terpenstoffwechsel entstammt 1 Nach der intermediaren Bildung von Strictosidin und enzymatischer Oxidation des vom Loganin stammenden Rings E erfolgt eine Umlagerung zum Camptothecin als Endprodukt der Biosynthese 5 Pharmakologie BearbeitenWirkmechanismus Bearbeiten nbsp Bindung von Camptothecin an Aminosaurereste der Topoisomerase I und an die DNACamptothecin ist ein Hemmstoff der Topoisomerase I deren physiologische Funktion darin besteht den Scherungsstress des DNA Doppelstranges zu mindern Diese hemmende Wirkung vermittelt das Alkaloid uber eine gleichzeitige Anbindung an die Topoisomerase I und an die an das Enzym gebundene DNA mit Hilfe von Wasserstoffbruckenbindungen An der Interaktion mit der Topoisomerase I ist einerseits insbesondere der Ring E des Camptothecins der mit den Aminosaureresten Asparaginsaure 533 und Arginin 364 des Enzyms interagiert beteiligt Andererseits ist der Lactam Sauerstoff des Rings D fur eine Wechselwirkung mit der DNA die vorrangig uber Cytosin Gruppen in Position 1 erfolgt verantwortlich 6 7 Damit stabilisiert Camptothecin den Topoisomerase I DNA Komplex und verhindert somit den Wiederverschluss Re Ligation der DNA nach deren Entwindung Da die DNA nicht wieder verschlossen wird sind nicht nur Einzelstrangbruche sondern als Folge auch Doppelstrangbruche moglich Diese fuhren zum programmierten Zelltod Apoptose Die Wirksamkeit von Camptothecin ist auf die S Phase des Zellzyklus in der auch die DNA Synthese stattfindet beschrankt Chemie BearbeitenStereochemie Bearbeiten Camptothecin ist ein chiraler Arzneistoff mit einem Stereozentrum in Position 20 im Ring E Fur seine pharmakologische Wirkung ist eine S Konfiguration essenziell R Camptothecin ist pharmakologisch inaktiv Struktur Wirkungsbeziehungen Bearbeiten nbsp Nummerierung des CamptothecinsUm die zytostatische Wirksamkeit des Camptothecins zu optimieren und zugleich seine unerwunschten pharmakologischen und physikochemischen Eigenschaften zu reduzieren wurden zahlreiche Modifikationen an der Molekulstruktur vorgenommen Als essenziell fur eine zytostatische Wirksamkeit haben sich die S konfigurierte Hydroxygruppe in Position 20 das 2 Pyridonelement im Ring D die Lactonstruktur im Ring E und die weitgehende Planaritat des gesamten Ringsystems herausgestellt Anderungen dieser Parameter fuhren zu einem drastischen Wirkungsverlust 8 Ringsystem A B Bearbeiten Die am meisten versprechenden Veranderungen der Molekulstruktur des Camptothecins betreffen die Substituenten an den Ringen A und B Diese spielen auch bei den therapeutisch eingesetzten Camptothecinderivaten Irinotecan und Topotecan die entscheidende Rolle Eine Mono oder Disubstitution an den Positionen 9 und 10 mit elektronenreichen Substituenten wie OH NH2 oder Halogengruppen fuhrt ebenso wie eine Monosubstitution an Position 11 zu einer Wirkungssteigerung Eine Disubstitution in den Positionen 10 und 11 ist hingegen mit einem Wirkungsverlust verbunden Als eine Ausnahme von dieser Regel sind die hexazyklischen Camptothecinderivate wie beispielsweise Lurtotecan anzusehen die an den Positionen 10 und 11 uber Methylendioxy oder Ethylendioxy Gruppen miteinander verbunden sind und eine gesteigerte Topoisomerase I hemmende Wirkung besitzen Eine Substitution an Position 12 ist generell mit einem drastischen Wirkungsverlust verbunden Uber den Substituenten in Position 7 lasst sich die Loslichkeit und die Affinitat zur DNA modulieren Ringsystem C D Bearbeiten Deutlich kritischer als die beschriebenen Substitutionen am Chinolinringsystem sind die Substitutionen an den Ringen C und D Substitutionen in den Positionen 5 und 14 fuhren im Allgemeinen zu einer Reduktion der Topoisomerase I inhibitorischen Wirksamkeit Ringsystem E Bearbeiten Wesentlich mehr Modifikationen erlaubt der Ring E Ein Austausch der Hydroxygruppe gegen eine Amino oder Halogengruppe in Position 20 die mit der Lactongruppe uber eine intramolekulare Wasserstoffbruckenbindung interagiert und die fur die relative Instabilitat des Lactonrings verantwortlich ist fuhrt zu einem Wirkungsverlust Die Hydroxygruppe in Position 20 wird zudem als essenzieller Protonendonator fur eine Interaktion mit der Topoisomerase I uber intermolekulare Wasserstoffbruckenbindungen angesehen Eine Veresterung dieser Gruppe wie im Fall der Polymerkonjugate Protecan und Pegamotecan fuhrt zu Prodrugs mit erhohter Stabilitat des Lactonrings reduzierter In vitro Zytotoxizitat und ggf erhohter In vivo Tumoraktivitat 9 Alternativ dazu hat eine Ringerweiterung unter Bildung eines b Hydroxylactons nicht nur eine Erhohung der physikochemischen Stabilitat sondern auch eine Steigerung der Topoisomerase I hemmenden Wirkung zur Folge 10 Derivate Bearbeiten Ausgehend vom Camptothecin wurden durch strukturelle Modifikationen neue Arzneistoffe z B Atiratecan entwickelt die in klinischen Studien getestet wurden und wie im Falle von Topotecan und Irinotecan zur Chemotherapie maligner Tumoren zugelassen wurden Die strukturellen Modifikationen betreffen insbesondere die Substituenten des Chinolin Ringsystems Topotecan ist als ein Second Line Therapeutikum von Ovarialkarzinomen und des kleinzelligen Bronchialkarzinoms zugelassen Irinotecan besitzt eine Zulassung als First Line Therapeutikum in Kombination mit den Standardtherapeutika 5 Fluoruracil und Folinsaure zur Behandlung des Kolonkarzinoms Lurtotecan und Exatecan wurden in klinischen der Phasen II und III getestet Veresterungen der Hydroxygruppe in Position 20 und Verknupfung mit Polyethylenglycol PEG fuhren zu Polymerkonjugaten die zur gezielten Wirkstofffreisetzung am Wirkort Drug Targeting eingesetzt werden Beispiele hierfur sind die in der klinischen Erprobung befindlichen Arzneistoffe Pegamotecan und Protecan nbsp Topotecan nbsp Irinotecan nbsp Exatecan nbsp LurtotecanEinzelnachweise Bearbeiten a b c d Eintrag zu Camptothecin In Rompp Online Georg Thieme Verlag abgerufen am 19 Juli 2021 a b c d Datenblatt S Camptothecin bei Sigma Aldrich abgerufen am 15 Marz 2011 PDF M E Wall M C Wani C E Cook K H Palmer A I McPhail G A Sim Plant antitumor agents I The isolation and structure of camptothecin a novel alkaloidal leukemia and tumor inhibitor from camptotheca acuminate In J Am Chem Soc 88 Jahrgang 1966 S 3888 3890 doi 10 1021 ja00968a057 A Lorence C L Nessler Camptothecin over four decades of surprising findings In Phytochemistry 65 Jahrgang Nr 20 2004 S 2735 2749 doi 10 1016 j phytochem 2004 09 001 PMID 15474560 Y Yamazaki M Kitajima M Arita et al Biosynthesis of camptothecin In silico and in vivo tracer study from 1 13C glucose In Plant Physiol 134 Jahrgang Nr 1 2004 S 161 170 doi 10 1104 pp 103 029389 PMID 14657405 PMC 316296 freier Volltext D J Adams M L Wahl J L Flowers B Sen M Colvin M W Dewhirst G Manikumar M C Wani Camptothecin analogs with enhanced activity against human breast cancer cells II Impact of the tumor pH gradient In Cancer Chemotherapy and Pharmacology 57 Jahrgang Nr 2 2005 S 145 154 doi 10 1007 s00280 005 0008 5 M R Redinbo L Stewart P Kuhn J J Champoux W G J Hol Crystal structure of human topoisomerase I in covalent and noncovalent complexes with DNA In Science 279 Jahrgang 1998 S 1504 1513 doi 10 1126 science 279 5356 1504 R P Verma C Hansch Camptothecins a SAR QSAR study In Chem Rev 109 Jahrgang Nr 1 2009 S 213 235 doi 10 1021 cr0780210 Q Y Li Y G Zu R Z Shi L P Yao Review camptothecin current perspectives In Curr Med Chem 13 Jahrgang Nr 17 2006 S 2021 2039 doi 10 2174 092986706777585004 PMID 16842195 ingentaconnect com L Lesueur Ginot D Demarquay R Kiss et al Homocamptothecin an E ring modified camptothecin with enhanced lactone stability retains topoisomerase I targeted activity and antitumor properties In Cancer Res 59 Jahrgang Nr 12 1999 S 2939 2943 PMID 10383158 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Camptothecin amp oldid 222411836