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Der sogenannte Bundesbrief von 1291 ist der bekannteste von mehreren Bundesbriefen und gilt in der traditionellen und popularen Geschichtsschreibung als die Grundungsurkunde der Schweizerischen Eidgenossenschaft Sogenannter Schweizer Bundesbrief datiert 1291 Er ist datiert auf Anfang August 1291 Der damalige Bund wurde von den lokalen Fuhrungseliten in den Talschaften Uri Schwyz und Unterwalden oder Nidwalden da der Text die untere Talschaft erwahnt aufgestellt womit diese gemeinhin als die ersten drei oder die Urkantone der spateren Eidgenossenschaft gelten Er ist erhalten und im Bundesbriefmuseum in der Gemeinde Schwyz ausgestellt Der Bundesbrief liegt als Pergamentblatt im Format 320 200 mm vor und umfasst 17 Zeilen in lateinischer Sprache und zwei verbundene Siegel Das Siegel von Schwyz ging zwischen 1330 und 1920 verloren Inhaltsverzeichnis 1 Text 2 Beteiligung und Zweck 3 Datierung und historische Bedeutung 4 Moderne Bedeutung 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseTextIns Deutsche ubersetzt lautet der Text In Gottes Namen Amen Das offentliche Ansehen und Wohl erfordert dass Friedensordnungen dauernde Geltung gegeben werde Darum haben alle Leute der Talschaft Uri die Gesamtheit des Tales Schwyz und die Gemeinde der Leute der unteren Talschaft von Unterwalden im Hinblick auf die Arglist der Zeit zu ihrem besseren Schutz und zu ihrer Erhaltung einander Beistand Rat und Forderung mit Leib und Gut innerhalb ihrer Taler und ausserhalb nach ihrem ganzen Vermogen zugesagt gegen alle und jeden die ihnen oder jemand aus ihnen Gewalt oder Unrecht an Leib oder Gut antun Und auf jeden Fall hat jede Gemeinde der andern Beistand auf eigene Kosten zur Abwehr und Vergeltung von boswilligem Angriff und Unrecht eidlich gelobt in Erneuerung des alten eidlich bekraftigten Bundes jedoch in der Weise dass jeder nach seinem Stand seinem Herren geziemend dienen soll Wir haben auch einhellig gelobt und festgesetzt dass wir in den Talern durchaus keinen Richter der das Amt irgendwie um Geld oder Geldeswert erworben hat oder nicht unser Einwohner oder Landmann ist annehmen sollen Entsteht Streit unter Eidgenossen so sollen die Einsichtigsten unter ihnen vermitteln und dem Teil der den Spruch zuruckweist die anderen entgegentreten Vor allem ist bestimmt dass wer einen andern boswillig ohne Schuld totet wenn er nicht seine Unschuld erweisen kann darum sein Leben verlieren soll und falls er entwichen ist niemals zuruckkehren darf Wer ihn aufnimmt und schutzt ist aus dem Land zu verweisen bis ihn die Eidgenossen zuruckrufen Schadigt einer einen Eidgenossen durch Brand so darf er nimmermehr als Landmann geachtet werden und wer ihn in den Talern hegt und schutzt ist dem Geschadigten ersatzpflichtig Wer einen der Eidgenossen beraubt oder irgendwie schadigt dessen Gut in den Talern soll fur den Schadenersatz haften Niemand soll einen andern ausser einen anerkannten Schuldner oder Burgen pfanden und auch dann nur mit Erlaubnis seines Richters Im ubrigen soll jeder seinem Richter gehorchen und wo notig den Richter im Tal bezeichnen vor dem er zu antworten hat Gehorcht einer dem Gericht nicht und es kommt ein Eidgenosse dadurch zu Schaden so haben alle andern jenen zur Genugtuung anzuhalten Entsteht Krieg oder Zwietracht zwischen Eidgenossen und will ein Teil sich dem Rechtsspruch oder der Gutmachung entziehen so sind die Eidgenossen gehalten den andern zu schutzen Diese Ordnungen sollen so Gott will dauernden Bestand haben Zu Urkund dessen ist auf Verlangen der Vorgenannten diese Urkunde gefertigt und mit den Siegeln der drei vorgenannten Gemeinden und Taler bekraftigt worden Geschehen im Jahre des Herrn 1291 zu Anfang des Monats August Quellenwerk zur Entstehung der Schweizerischen Eidgenossenschaft Abt 1 Urkunden Bd 1 Aarau 1933 Das lateinische Original lautet In nomine domini amen Honestati consulitur et utilitati publice providetur dum pacta quietis et pacis statu debito solidantur Noverint igitur universi quod homines vallis Uranie universitasque vallis de Switz ac communitas hominum Intramontanorum Vallis Inferioris maliciam temporis attendentes ut se et sua magis defendere valeant et in statu debito melius conservare fide bona promiserunt invicem sibi assistere auxilio consilio quolibet ac favore personis et rebus infra valles et extra toto posse toto nisu contra omnes ac singulos qui eis vel alicui de ipsis aliquam intulerint violenciam molestiam aut iniuriam in personis et rebus malum quodlibet machinando Ac in omnem eventum quelibet universitas promisit alteri accurrere cum necesse fuerit ad succurrendum et in expensis propriis prout opus fuerit contra impetus malignorum resistere iniurias vindicare prestito super hiis corporaliter iuramento absque dolo servandis antiquam confederationis formam iuramento vallatam presentibus innovando Ita tamen quod quilibet homo iuxta sui nominis conditionem domino suo convenienter subesse teneatur et servire Communi etiam consilio et favore unanimi promisimus statuimus ac ordinavimus ut in vallibus prenotatis nullum iudicem qui ipsum officium aliquo precio vel peccunia aliqualiter comparaverit vel qui noster incola vel conprovincialis non fuerit aliquatenus accipiamus vel acceptamus Si vero dissensio suborta fuerit inter aliquos conspiratos prudenciores de conspiratis accedere debent ad sopiendam discordiam inter partes prout ipsis videbitur expedire et que pars illam respueret ordinationem alii contrarii deberent fore conspirati Super omnia autem inter ipsos extitit statutum ut qui alium fraudulenter et sine culpa trucidaverit si deprehensus fuerit vitam ammittat nisi suam de dicto maleficio valeat ostendere innocenciam suis nefandis culpis exigentibus et si forsan discesserit numquam remeare debet Receptatores et defensores prefati malefactoris a vallibus segregandi sunt donec a coniuratis provide revocentur Si quis vero quemquam de conspiratis die seu nocte silentio fraudulenter per incendium vastaverit is numquam haberi debet pro conprovinciali Et si quis dictum malefactorem fovet et defendit infra valles satisfactionem prestare debet dampnificato Ad hec si quis de coniuratis alium rebus spoliaverit vel dampnificaverit qualitercumque si res nocentis infra valles possunt reperiri servari debent ad procurandam secundum iusticiam lesis satisfactionem Insuper nullus capere debet pignus alterius nisi sit manifeste debitor vel fideiussor et hoc tantum fieri debet de licencia sui iudicis speciali Preter hec quilibet obedire debet suo iudici et ipsum si necesse fuerit iudicem ostendere infra valles sub quo parere potius debeat iuri Et si quis iudicio rebellis exstiterit ac de ipsius pertinatia quis de conspiratis dampnif i catus fuerit predictum contumacem ad prestandam satisfactionem iurati conpellere tenentur universi Si vero guerra vel discordia inter aliquos de conspiratis suborta fuerit si pars una litigantium iusticie vel satisfactionis non curat recipere complementum reliquam defendere tenentur coniurati Suprascriptis statutis pro communi utilitate salubriter ordinatis concedente domino in perpetuum duraturis In cuius facti evidentiam presens instrumentum ad peti ci onem predictorum confectum sigillorum prefatarum trium universitatum et vallium est munimine roboratum Actum anno domini m cc Lxxxx primo incipiente mense Augusto Beteiligung und ZweckIm Text werden Uri Schwyz und Nidwalden nicht aber Obwalden erwahnt Die Urkunde ist aber mit dem Siegel von Unterwalden versehen welches sowohl fur Nidwalden als auch fur Obwalden galt Es konnte sein dass Obwalden spater diesem Bund beitrat Allerdings ist auch die lateinische Bezeichnung fur Nidwalden unsicher und es konnte auch das Urserental gemeint sein Eine Siegelerganzung wohl im Umfeld der Schlacht am Morgarten 1315 ware nicht unublich Der Bundesbrief ist im Grundsatz ein Rechtsdokument das nach dem Tod des deutschen Konigs Rudolf I 15 Juli 1291 die Rechtssicherheit im Allgemeinen in den Vordergrund stellte die bestehenden Verhaltnisse durch den lokalen Adel bestatigte und dadurch den Landfrieden sichern sollte Nur zwei von sieben Absatzen sind fur den Beistand im Kriegsfall relevant der uberwiegende Teil des Textes beschaftigt sich mit Fragen des Straf und Zivilrechts Insbesondere wird festgehalten dass nur Manner aus den eigenen Reihen als Richter in Betracht kommen dass ein Rechtsstreit also nicht vor einen fremden Fursten getragen werden soll Datierung und historische BedeutungIm Bundesbrief wird nicht die Grundung eines Verteidigungsbundnisses festgehalten ebenso wenig ist er als Auflehnung gegen Habsburg zu verstehen Allerdings ist uberliefert dass Rudolf im Umkreis der Alten Eidgenossenschaft unbeliebte Vogte einsetzte so geschehen zum Beispiel mit Ulrich von Ramschwag in St Gallen Jener wurde unmittelbar nach Rudolfs Tod verjagt und der Furstabt Wilhelm von Montfort verbriefte seinen Burgern in ahnlicher Form am 31 Juli gewisse Rechte ihm gegenuber Klar wird im Bundesbrief von 1291 auf ein fruheres Abkommen Bezug genommen dessen Text jedoch nicht erhalten geblieben ist und welches ohnehin nicht zwingend als Dokument existierte Somit ist der Bundesbrief wohl aus der Zeit der politischen Unsicherheit aus der letztlich die Alte Eidgenossenschaft hervorging zu verstehen Deren Grundung war aber ein langer andauernder politischer Prozess an dem eine grossere Anzahl oder ein Geflecht ahnlicher Bundesvertrage teilhatten Der Bundesbrief muss somit im Kontext mit zahlreichen anderen Landfrieden der damaligen Zeit gesehen werden welche letztlich in der zweiten Halfte des 14 Jahrhunderts zur alten Ordnung der Acht Alten Orte fuhrte Die Urkunde tragt kein genaues Datum Sie sei Anfang August 1291 verfasst worden Die kritische Geschichtsschreibung wies ab 1966 darauf hin dass der Bundesbrief mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine Falschung wie sie im Mittelalter gang und gabe waren aus der Zeit um 1400 darstelle Mit einer Datierung des verwendeten Pergaments durch die 14C Methode 1992 wurde diese Ansicht widerlegt das verwendete Pergament sei mit grosster Wahrscheinlichkeit um 1280 mit einem 85 Konfidenzintervall zwischen 1252 und 1312 gewonnen worden 1 Dennoch wird nach wie vor die Moglichkeit in Betracht gezogen der Bundesbrief konnte geringfugig ruckdatiert sein Dokumente wurden in einer Zeit zu welcher ein Handschlag viel wichtiger war nur bei ausserem Bedarf erstellt wobei Ruckdatierungen ganz selbstverstandlich waren So vertrat Roger Sablonier 2008 die Meinung der Bundesbrief konnte auf das Jahr 1309 datieren und im Zusammenhang des Erbstreits um die Herrschaft Rapperswil zwischen Habsburg und Werner von Homberg stehen 1309 bestatigte Konig Heinrich VII die Reichsunmittelbarkeit von Uri und Schwyz und bezog nun auch Unterwalden darin ein In der neueren Forschung wird die Privilegierung von 1309 als bedeutender Schritt hin zur spateren Bundnisbildung betrachtet 2 die Bedeutung des Bundesbriefes hingegen wird unter anderem von Sablonier als uberschatzt angesehen 3 Nebenbei ausserte Sablonier die Vermutung mit der communitas hominum Intramontanorum Vallis Inferioris sei gar nicht Nidwalden gemeint sondern das Urserental 4 Moderne BedeutungZum ersten Mal wird der Bundesbrief von 1291 im Inventar des Schwyzer Archivs des Landschreibers Franz Anton Frischberg im Jahr 1724 erwahnt 1760 gab ihn der Basler Jurist und Historiker Johann Heinrich Gleser heraus und wies zugleich seine Echtheit nach Kurz zuvor wurde 1758 im Staatsarchiv Nidwalden in Stans eine deutsche Ubersetzung des Bundesbriefs entdeckt die um 1400 angefertigt worden sein soll 5 Doch erst im spaten 19 Jahrhundert insbesondere beim 600 Jahr Jubilaum 1891 schenkte man diesem Bundesbrief die Beachtung die er heute geniesst Zuvor wurde als Grundung der Schweiz meist der Bund von Brunnen angesehen welcher am 9 Dezember 1315 nach der Schlacht bei Morgarten geschlossen wurde Aufgrund der Datierung des Dokuments auf Anfang August wurde der 1 August als Schweizer Bundesfeiertag ausgewahlt 6 Die Idee zu einem Bundesbriefarchiv in Schwyz das den Bundesbrief beherbergen sollte geht auf 1891 zuruck seine Realisierung wurde aber bis in die 1930er Jahre verzogert Im Jahre 1933 wurden dann in einem Architekturwettbewerb 43 Entwurfe eingereicht den Joseph Beeler aus Zurich gewann 7 Besonders hervorgehoben wurde durch das Preisgericht die gegluckte Offnung des Baus durch Vorhalle und Arkaden sowie die Einfachheit und Angemessenheit der angewandten architektonischen Mittel 8 Der Bau des Archivgebaudes in den Jahren 1934 bis 1936 fiel in eine Zeit der inneren Unruhe Frontenbewegung Weltwirtschaftskrise und der ausseren Bedrohung Im Sommer 2006 sorgte eine Leihgabe des Bundesbriefes an die Ausstellung Sister Republics im Museum fur Verfassungsgeschichte des National Constitution Centers in Philadelphia USA bei einigen rechtsgerichteten Gruppen fur Aufregung Drei SVP Nationalrate wollten den identitatsstiftenden Brief kaufen nur um die Ausleihe zu verhindern 9 Der Kanton lehnte das Angebot ab gerade eine Kauflichkeit des Dokuments entsprache ja wohl kaum dessen Sinn LiteraturRoger Sablonier Grundungszeit ohne Eidgenossen Politik und Gesellschaft in der Innerschweiz um 1300 hier jetzt Verlag fur Kultur und Geschichte Baden 2008 ISBN 978 3 03919 085 0 Roger Sablonier Der Bundesbrief von 1291 Eine Falschung Perspektiven einer ungewohnten Diskussion In Josef Wiget Hrsg Die Entstehung der Schweiz Vom Bundesbrief 1291 zur nationalen Geschichtskultur des 20 Jahrhunderts Historischer Verein des Kantons Schwyz Schwyz 1999 ISBN 3 9520447 7 6 S 127 146 Pascal Ladner Urkundenkritische Bemerkungen zum Bundesbrief von 1291 In Josef Wiget Hrsg Die Entstehung der Schweiz Vom Bundesbrief 1291 zur nationalen Geschichtskultur des 20 Jahrhunderts Historischer Verein des Kantons Schwyz Schwyz 1999 ISBN 3 9520447 7 6 S 103 119 Willy Woelfli Georges Bonani Datierung des Bundesbriefes mit Hilfe der Radiokarbonmethode In Mitteilungen des Historischen Vereins des Kantons Schwyz 84 1992 ZDB ID 563907 4 S 27 31 doi 10 5169 seals 166807 Anton Castell Die Bundesbriefe zu Schwyz Volkstumliche Darstellung der wichtigsten Urkunden eidgenossischen Fruhzeit Benziger Einsiedeln 1936 DNB 572827695 Weblinks nbsp Wikisource Originaltext Quellen und Volltexte Latein Bernhard Stettler Bundesbriefe In Historisches Lexikon der Schweiz https www bundesbrief ch Bundesbriefmuseum in SchwyzEinzelnachweise 14C Datierung des Bundesbriefes Memento vom 10 Juli 2007 im Internet Archive Labor fur Ionenstrahlphysik Paul Scherrer Institut der ETH Zurich PDF 474 kB R Sablonier Der Bundesbrief von 1291 eine Falschung Perspektiven einer ungewohnten Diskussion Mitteilungen des historischen Vereins des Kantons Schwyz 85 1993 Roger Sablonier Grundungszeit ohne Eidgenossen Politik und Gesellschaft in der Innerschweiz um 1300 Baden 2008 S 116 ff Roger Sablonier Grundungszeit ohne Eidgenossen Politik und Gesellschaft in der Innerschweiz um 1300 Baden 2008 S 163 ff Roger Sablonier Grundungszeit ohne Eidgenossen Politik und Gesellschaft in der Innerschweiz um 1300 Baden 2008 S 172 ff Simon Koller Andreas Meyerhans Die Nidwaldner Uberlieferung des Bundesbriefes von 1291 In Mitteilungen des historischen Vereins des Kantons Schwyz 94 2002 doi 10 5169 seals 168914 Judith Stamm Der Nationalfeiertag Memento vom 5 November 2011 im Internet Archive Historisches Seminar der Universitat Zurich Podium vom 2 April 2008 SCHWYZ Bericht des Preisgerichtes uber das Ergebnis des Wettbewerbes fur ein Bundesbriefarchiv in Schwyz In Das Werk Heft 11 1933 S XVIII Wettbewerb fur das Bundesbrief Archiv in Schwyz In Schweizerische Bauzeitung Heft 12 1934 S 22 ff Der Bundesbrief ist zuruck Auf nachrichten ch 3 Juli 2006 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Bundesbrief von 1291 amp oldid 231074425