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Bundesaufsicht bedeutet im schweizerischen Verfassungsrecht die Pflicht des Bundes uber die Einhaltung des Bundesrechts durch die Kantone zu wachen Rechtsgrundlage ist Art 49 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft 1 Inhaltsverzeichnis 1 Verhaltnis von Bund und Kantonen 2 Aufsichtsorgane 3 Aufsichtsmittel 3 1 Zwangsfreie Massnahmen 3 2 Zwangsmassnahmen Bundesexekution 4 EinzelnachweiseVerhaltnis von Bund und Kantonen Bearbeiten Hauptartikel Foderalismus in der Schweiz In der Schweiz uberpruft der Bund laufend ob das Handeln der Kantone im Rahmen des Bundesrechts erfolgt Alle Massnahmen die der Bund zu diesem Zweck trifft werden unter Bundesaufsicht subsumiert Die Bundesaufsicht richtet sich fur gewohnlich an die Kantone als solche selten auch gegen bestimmte Behorden jedoch nie an Einzelpersonen Mit der Bundesaufsicht soll nicht nur gewahrleistet werden dass die Kantone ihre Kompetenzen nicht uberschreiten sondern dass sie sich ebenfalls an die Grundrechte des Bundes halten und rechtsstaatliche Prinzipien beachten In einem weiteren Sinn soll die Bundesaufsicht sicherstellen dass die Kantone jene Aufgaben die ihnen zugewiesen sind richtig erfullen Mit jeder kantonalen Kompetenz wird dem Bund eine Verantwortung ubertragen derer er sich nicht entledigen kann 2 Aufsichtsorgane BearbeitenPrimares Organ der Bundesaufsicht ist der Bundesrat Er uberwacht den Vollzug der Bundesgesetzgebung der Bundesbeschlusse und der richterlichen Urteile des Bundes Art 182 Abs 2 BV er garantiert die Einhaltung des Bundesrechts Art 186 Abs 4 BV und bei Dringlichkeit ist er befugt zur Durchsetzung des Bundesrechts Kampftruppen aufzubieten Art 185 Abs 4 BV Bundesexekution Einzelne Bereiche der Bundesaufsicht kontrolliert die Bundesversammlung Sie genehmigt die Kantonsverfassungen die Vertrage der Kantone untereinander und sie beschliesst die Bundesexekution 3 Aufsichtsmittel BearbeitenZwangsfreie Massnahmen Bearbeiten Das Instrumentarium der Bundesaufsicht beschrankt sich primar auf praventive Massnahmen ohne dabei Zwang auszuuben Die wenigen Zwangsmassnahmen fallen unter die Bundesexekution Bevor der Bund aufsichtsrechtlich agiert muss er das gebietet die Verhaltnissmassigkeit Art 5 Abs 2 BV den Kantonen die Moglichkeit einraumen den Missstand selbst zu beheben Erst wenn das versagt oder von vornherein ungeeignet ist darf eine Bundesbehorde korrigierend eingreifen 4 Ein Mittel der praventiven Bundesaufsicht sind sogenannte allgemeine Weisungen die der Bund bezuglich der Umsetzung des Bundesrechts erteilt Sie sollen fur einheitliche Anwendung des Bundesrechts sorgen Das wichtigste Aufsichtsmittel ist aber die Genehmigung kantonaler Erlasse Der Bund genehmigt die Kantonsverfassungen volkerrechtliche Vertrage der Kantone und interkantonale Vereinbarungen Art 48 BV Volkerrechtliche Vertrage der Kantone und interkantonale Vertrage werden der Bundesversammlung nur zur Genehmigung unterbreitet wenn gegen sie Einspruch vom Bundesrat oder einem Kanton erhoben wird Schliesslich darf die Bundesversammlung gesetzlich festlegen dass auch kantonale Gesetze oder Verordnungen zur Genehmigung unterbreitet werden Das ist jedoch nur erlaubt wo es die Durchfuhrung des Bundesrechts verlangt Art 186 Abs 2 BV Abgesehen von strittigen Fallen in denen der Bundesrat das letzte Wort hat entscheidet das Departement in dessen Sachbereich die Genehmigung fallt Art 61b RVOG 4 Ein weiteres Instrument der Bundesaufsicht ist die Behordenbeschwerde Die Behordenbeschwerde ist ein Mittel der zustandigen Bundesbehorden Entscheidungen letzter kantonaler Instanzen mit offentlich rechtlicher Beschwerde an das Bundesgericht weiterzuziehen 5 Das ist nur dann moglich wenn der Akt der angefochten wird die Bundesgesetzgebung in ihrem Aufgabenbereich verletzen kann Art 82 Art 89 Abs 2 Bst a BGG Der Bundesrat kann nach Art 189 Abs 2 BV beim Bundesgericht Klage zur Austragung von Kompetenzkonflikten einreichen 6 Es gibt aber auch Verfugungen der Kantone gegen die der Bund keine Beschwerde fuhren kann Art 83 BGG sieht eine Reihe von Ausnahmen vor die dem Bund den ordentlichen Rechtsweg versperren Die Frage stellt sich hierbei ob der Bund einen kantonalen Akt der Bundesrecht verletzt ausserhalb eines Rechtsmittelverfahrens rugen kann Unstrittig ist dass der Bund Erlasse kantonaler Verwaltungsbehorden aufsichtsrechtlich aufheben kann Hingegen divergieren die Meinungen in der Staatsrechtslehre stark was die Aufhebung Kassation kantonaler Gerichtsentscheide angeht 7 Das bekannteste Beispiel aufsichtsrechtlicher Kassation eines Gerichtsurteils durch den Bundesrat ist der Fall Fextal Der Bundesrat hob ein Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubunden auf Dafur kritisierten ihn Teile der Lehre namentlich Biaggini BV Kommentar Art 49 Rz 25 und Rhinow Schefer Uebersax Verfassungsrecht Rz 788 heftig weil damit die richterliche Unabhangigkeit und die Gewaltenteilung zwei wesentliche Grundsatze im Rechtsstaat missachtet wurden Tschannen Staatsrecht Rz 988 hingegen erachtet solche Massnahmen fur zulassig jedoch nur als Notmassnahme bei schwersten Bundesrechtsverletzungen weil die Bundesaufsicht das Verhaltnis von Bund und Kantonen und nicht das rechtsstaatliche Verhaltnis betreffe 8 Zwangsmassnahmen Bundesexekution Bearbeiten Unter Bundesexekution werden samtliche Aufsichtsmassnahmen zusammengefasst mit denen der Bund Zwang auf die Kantone ausubt Sie besteht aus Sanktion die den Kanton anregen sollen seine Aufgaben im Rahmen des Bundesrechts zu erfullen oder als Eintritt des Bundes um kantonale Versaumnisse zu beheben Die Bundesexekution ist somit eine Weiterfuhrung des Bundesaufsicht mit starkeren Mitteln Sie ist abzugrenzen von der Bundesintervention die zur Unterstutzung eines bundestreuen jedoch uberforderten Kantons erfolgt Die Bundesexekution hat ihre Grundlage in Art 173 Abs 1 Bst e BV die Bundesverfassung sieht aber keinen Massnahmenkatalog vor Die Bundesversammlung ist zentrales Organ zur Durchsetzung des Bundesrechts nur bei Dringlichkeit ist der Bundesrat zustandig Art 185 Abs 4 9 Dem Bund stehen im Wesentlichen drei Mittel zur Verfugung um das Bundesrecht mit Zwang durchzusetzen Er darf Druck auf die Kantone ausuben indem er finanzielle Mittel die er den Kantonen zukommen lassen musste zuruckhalt und sie dazu zum Handeln bewegt Diese sogenannte Sistierung von Subventionen ist aber nur dann zulassig wenn die Zuwendungen die zuruckgehalten werden eng mit der verweigerten Pflichterfullung des Kantons zusammenhangen Anders ausgedruckt heisst das dass der Bund Subventionen verweigern aussetzen oder zuruckfordern darf wenn die nicht erfullten Bedingungen direkt mit der Subvention verknupft sind 10 Das zweite Mittel ist die Ersatzvornahme Im Kontext der Bundesaufsicht liegt eine Ersatzvornahme dann vor wenn der Bund eine Aufgabe erfullt die eigentlich dem Kanton oblage Die Ersatzvornahme geschieht auf Kosten des Kantons Damit eine Ersatzvornahme erfolgen darf muss zuvor eine Androhung erfolgen Zwar wird die Ersatzvornahme in vielen Bundesgesetzen ausdrucklich erwahnt Der Bund ist aber auch ohne explizite Ermachtigung zur Ersatzvornahme ermachtigt 10 Die Ultima Ratio ist der Einsatz militarischer Truppen zur Durchsetzung des Bundesrechts Art 173 Abs 1 Bst d Art 185 Abs 4 BV Dafur zustandig ist die Bundesversammlung bei Dringlichkeit der Bundesrat Ab einer gewissen Truppenanzahl muss eine ausserordentliche Session einberufen werden damit das Parlament seine Zustandigkeit wahrnehmen kann 11 Derartiges Einschreiten ist nur bei Verletzung elementarer Bundespflichten zulassig Diese militarische Exekution wurde gegen die kantonalen Behorden erfolgen was sie von der Bundesintervention unterscheidet die der Unterstutzung der Behorden dient Zu einer militarischer Exekution ist es in der Geschichte der Schweiz noch nie gekommen 10 Als im Jahr 1884 der Kanton Tessin im Zusammenhang mit den Nationalratswahlen bundesrechtswidrige Massnahmen beschlossen hatte genugte die Androhung des Bundes Truppen zu entsenden um den Kanton zum Einlenken zu bewegen 12 Einzelnachweise Bearbeiten Christine Kaufmann Staatsrecht II Universitat Zurich 2010 S 5 ff Pierre Tschannen Staatsrecht der Schweizerischen Eidgenossenschaft Stampflis juristische Lehrbucher 5 Auflage Stampfli Verlag Bern 2021 ISBN 978 3 7272 8928 6 S 368 370 Pierre Tschannen Staatsrecht der Schweizerischen Eidgenossenschaft Stampflis juristische Lehrbucher 5 Auflage Stampfli Verlag Bern 2021 ISBN 978 3 7272 8928 6 S 370 a b Pierre Tschannen Staatsrecht der Schweizerischen Eidgenossenschaft Stampflis juristische Lehrbucher 5 Auflage Stampfli Verlag Bern 2021 ISBN 978 3 7272 8928 6 S 371 373 Yannick Fuchs Markus Muller Behordenbeschwerde als Mittel der Bundesaufsicht In Schweizerisches Zentralblatt fur Staats und Verwaltungsrecht Nr 9 September 2023 S 459 480 Pierre Tschannen Staatsrecht der Schweizerischen Eidgenossenschaft Stampflis juristische Lehrbucher 5 Auflage Stampfli Verlag Bern 2021 ISBN 978 3 7272 8928 6 S 374 Pierre Tschannen Staatsrecht der Schweizerischen Eidgenossenschaft Stampflis juristische Lehrbucher 5 Auflage Stampfli Verlag Bern 2021 ISBN 978 3 7272 8928 6 S 375 Ulrich Hafelin Walter Haller Helen Keller Daniela Thurnherr Schweizerisches Bundesstaatsrecht 10 vollstandig uberarbeitete und erweiterte Auflage Schulthess Zurich Basel Genf 2020 ISBN 978 3 7255 8079 8 S 385 Pierre Tschannen Staatsrecht der Schweizerischen Eidgenossenschaft Stampflis juristische Lehrbucher 5 Auflage Stampfli Verlag Bern 2021 ISBN 978 3 7272 8928 6 S 376 f a b c Ulrich Hafelin Walter Haller Helen Keller Daniela Thurnherr Schweizerisches Bundesstaatsrecht 10 vollstandig uberarbeitete und erweiterte Auflage Schulthess Zurich Basel Genf 2020 ISBN 978 3 7255 8079 8 S 386 Giovanni Biaggini BV Kommentar Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft Orell Fussli Kommentar OFK 2 uberarbeitete und erweiterte Auflage Orell Fussli Verlag Zurich 2017 ISBN 978 3 280 07320 9 S 1405 Hans Urs Wili Bundesinterventionen Historisches Lexikon der Schweiz 21 Februar 2018 abgerufen am 21 Juli 2023 Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Bundesaufsicht amp oldid 239185115