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Blick in Griechenlands Blute ist der Titel eines Gemaldes von Karl Friedrich Schinkel das er vor seiner Italienreise 1824 begonnen hatte und im Mai 1825 fertiggestellte 1 Es ist sein Hauptwerk und letztes Bild auf dem Gebiet der Tafelmalerei Seit 1945 ist das Werk als Kriegsverlust verschollen Das heute in der Berliner Alten Nationalgalerie gezeigte Bild ist eine Kopie von August Wilhelm Julius Ahlborn aus dem Jahre 1836 Blick in Griechenlands Blute Gemalde von Wilhelm Ahlborn nach Schinkels Original Inhaltsverzeichnis 1 Bildinhalt und Interpretation 2 Geschichte und Provenienz 3 Rezension 4 Literatur 5 EinzelnachweiseBildinhalt und Interpretation BearbeitenDas Gemalde ist in der Maltechnik Ol auf Leinwand ausgefuhrt und weist ein Querformat in den Massen 94 235 cm auf Es zeigt im Vordergrund den panoramaartigen Ausschnitt einer antiken griechischen Tempelbaustelle Arbeiter in antik idealisierter und heroischer Nacktheit sind dabei einen kunstlerisch bearbeiteten Marmorblock aus der rechts befindlichen Bildhauerwerkstatt zur vorgesehenen Stelle zu transportieren und so den an den Parthenon erinnernden Tempelfries zu vervollstandigen In diesem Bild ist nicht wie sonst bei Schinkel ublich der weite Blick in die Ferne der Landschaft auf ein imaginares Ziel wichtig sondern die Bauarbeiten im Vordergrund des Bildes Im Hintergrund ist eine planmassig angelegte antike Stadt und das Meer zu sehen Auf der Strasse links im Bild ist gerade eine grossere bewaffnete Schar von Soldaten eingetroffen Am linken unteren Bildrand rechts neben der Signatur Ahlborn nach Schinkel 1836 befindet sich eine in den Marmor der Ante des Tempels gemeisselte Inschrift mit einem Loblied auf die Gottin der Tugend Arete das Aristoteles zugeschrieben wird und auf die Tugenden des Kampfes und des Heldentodes Die Inschrift die schon Diogenes Laertios 5 1 7 als Brief des Aristoteles uberliefert lautet ἀreta polymox8e genei broteiῳ 8hrama kalliston biῳ sᾶs peri par8ene morfᾶs kaὶ 8aneῖn zalwtὸs ἐn Ἑlladi potmos kaὶ ponoys tlῆnai maleroὺs ἀkamantas toῖon ἐpὶ frena balleis kartos ἀ8anaton xrysoῦ te kreῖsson kaὶ gonewn malakayghtoio 8 ὕpnoy In der dichterischen Ubersetzung von Christian zu Stolberg Stolberg lautet der Text 2 Kampferfochtene Tugend Des menschlichen GeschlechtsEdelste Sehnsucht Fur dich o gottliche Jungfrau Starben Griechenlands Junglinge den Heldentod Fur dich duldeten sie frohBrennender Wunden Qual und der Arbeit Last Unverganglicher Fruchte Samen deine LiebeStreuest in die Herzen der Menschen du Duftend bluht empor und gewahrtBessere Freuden als Gold und der Ahnen Stolz Sussere als des Pilgers Labsal der kuhle Schlummer Durch diese Inschrift kann das Bauwerk als Tempel der Tugend Arete aufgefasst werden Schinkel erweckt damit bei den zeitgenossischen Betrachtern jener romantischen Epoche des 19 Jahrhunderts einerseits Assoziationen an die Griechische Revolution 1821 1829 gegen die Herrschaft der Turken aber vor allem an die vergangenen Befreiungskriege Preussens gegen Napoleon Der Maler verwendet in diesem Werk die Metapher des Bauens und Vollendens als Grundlage und erreicht so einen programmatischen Charakter der das Werk zu einem sogenannten Bildungsbild macht Das Bild soll dem Betrachter auf diese Weise den Aufbau Berlins als eine auf antike Werte bezogene Metropole erlautern 3 Im Gegensatz zur bis dahin ublichen Malerei die vorwiegend antike Ruinen und Verfall zeigt und somit beim Betrachter melancholische Gefuhle hervorruft prasentiert Schinkel in seinem Werk einen heiteren Eindruck und Lebensfrische 4 Genau im Mittelpunkt des Bildes befindet sich eine Stufenpyramide die eine Erinnerung an Schinkels Lehrmeister Friedrich Gilly darstellt Gilly war ein Vertreter der sogenannten franzosischen Revolutionsarchitektur die in ihren geometrischen Formen auch auf Schinkel abfarbte Links in der Stadt ist eine weitere Pyramide erkennbar Daruber hinaus ist ein Bezug zu seinem 1815 entstandenen Buhnenbild zu Wolfgang Amadeus Mozarts Oper Die Zauberflote Premiere am 16 Januar 1816 im koniglichen Opernhaus festzustellen die aufgrund ihres freimaurerischen Librettos ein agyptisierendes Dekor erforderte 5 Freimaurerische Anspielungen und Symbole finden sich in Schinkels Bild im Vordergrund an der Tempelbaustelle die ein Symbol fur das Bauen des Tempels darstellt Nicht der fertige Tempel wird im Freimaurerritual behandelt sondern dessen prozesshafter Bau 6 Im Mittelgrund des Werkes befindet sich im linken Drittel vor einer machtigen Baumkulisse und bereits im Schatten der sinkenden Sonne ein denkmalartiger Rundbau ein kleiner Tempel mit Sitzfigur und in der Mitte eine Rundbank mit Springbrunnen die eine Anlehnung an die Kupferstiche der englischen Archaologen James Stuart und Nicholas Revett in ihrem Werk Antiquities of Athens London 1762 1794 sind und Gebaude auf der Athener Akropolis abbilden Der Kunsthistoriker und Direktor der Nationalgalerie Paul Ortwin Rave vermutet eine Verschmelzung der Korenhalle vom Erechtheion mit dem Athener Odeion Den kleinen Tempel rechts daneben mit der sitzenden Figur an der Spitze des Daches identifiziert er als Monument des Thrasyllos das wahrend der Kampfe der griechischen Auflehnung gegen die Turken 1826 zerstort wurde aber von James Stuart und Nicholas Revett noch bildlich dargestellt wurde und Schinkel inspirierte Die Rundbank dazwischen ist der Exedra am Grabmal der Priesterin Mammmia in Pompeji nachempfunden und mit einem Springbrunnen versehen worden 7 Die perspektivische Bildkonstruktion zielt auf einen Fluchtpunkt genau zwischen dem ersten und zweiten linken Funftel des Gemaldes knapp oberhalb des Stieres dessen Vorbild als Wahrzeichen des Graberfeldes Kerameikos in Athen gilt 8 Alle Verlangerungen der perspektivischen Verkurzungen zielen auf diesen Punkt und zeigen dass Schinkel die panoramaartige Proportionen im Verhaltnis 2 5 auch zur Komposition seines Bildes genutzt hat und daher eine genaue Rekonstruktion des Tempelgrundrisses erlaubt Es handelt sich demnach um einen sogenannten Doppel Ringhallentempel einen idealisierten zweistockigen Dipteros den es aber so in der Praxis nie gegeben hat und der nach dem romischen Architekten Vitruv zu den Hypathraltempeln gehoren wurde da Schinkel in seinem Bild eine dachlose Architektur im oberen rechten Gebalk darstellt 9 Die Vermutung dass die Bildkomposition im Vordergrund des Bildes also der im Bau befindliche Tempel auf Schinkels 1825 begonnenen Museumsbau am Lustgarten hinweist wird anhand der spezifischen Saulenoptik und des Blickwinkels deutlich In seinen Entwurfszeichnungen fallt der Blick von oben herab genau wie im Gemalde das zur gleichen Zeit entstand und keine Basis der Saulen zeigt und so beim Betrachter eine Art Schwindel Vertigo hervorruft Diese innere Perspektive ist nicht neu Caspar David Friedrichs Bild von den Kreidefelsen auf Rugen hat bereits 1818 eine ahnliche Wirkung entfaltet Schinkels panoramamassig lang gestrecktes Bildformat wird zur Rundumsicht zum geschlossenen Panorama was sich in der Rotunde seines Berliner Museums widerspiegelt 10 Geschichte und Provenienz BearbeitenSchinkels Bild gab die Stadt Berlin in Auftrag und schenkte es 1825 der Prinzessin Luise von Preussen anlasslich ihrer Hochzeit mit Prinz Friedrich der Niederlande 1931 erwarb die Nationalgalerie das Bild aus den Niederlanden und fugte es dem Bestand des alten Schinkelmuseums zu Erste Kopien fertigten Carl Beckmann und Wilhelm Ahlborn bereits 1826 an Diese beiden Kopien wie auch das Original sind 1945 zerstort worden Die zweite Kopie von Ahlborn entstand 1836 im Auftrag von Kronprinz Friedrich Wilhelm IV fur das Schloss Charlottenhof und wurde 1954 aus Privatbesitz von der Nationalgalerie erworben und tragt die Inventarnummer NG 2 54 Dieses Bild ist keine exakte Kopie des Schinkelschen Originals So lasst sie beispielsweise einen der beiden Arbeiter die sich direkt uber der griechischen Inschrift befinden weg Helmut Borsch Supan fuhrt weitere Kopien der Blute auf 11 1826 A W J Ahlborn fur einen Major Paalzow zeitweiliger Ehemann von Henriette Paalzow 1826 Carl Beckmann fur den Kronprinzen Friedrich Wilhelm IV 1836 fertigte Ahlborn eine weitere Kopie fur einen unbekannten Auftraggeber an hingegen wird auf der Internetseite Schinkelzeit beschrieben dass diese Kopie Ahlborns vom Kronprinzen fur Schloss Charlottenhof in Auftrag gegeben wurde 12 in Berliner Privatbesitz befindet sich eine undatierte Teilkopie 1846 erschien ein Stahlstich von Wilhelm Witthoft im Format 31 7 77 5 cm fur den Verein der Kunstfreunde im preussischen StaateEin direkter Vergleich zwischen dem Original und den Kopien ist nicht mehr moglich nur noch der zwischen Witthofts Stahlstich der als Auflage das Bild einem grosseren Publikum bekannt machte und der Kopie von Ahlborn aus dem Jahre 1836 13 Rezension BearbeitenSchinkels Zeitgenossen waren voller Begeisterung fur das Bild sie haben wie Helmut Borsch Supan schreibt den Rang dieses Kunstwerkes erkannt So schrieb Bettina von Arnim am 24 Mai 1825 an ihren Mann Schinkels Landschaft war ein paar Tage zu sehen sie hat allgemeines Entzucken erregt die Erfindung ist neu und ganz dem Baumeister angemessen marchenhaft und lieblich komponiert Wer diese Landschaft gesehen war erstaunt und ich mochte beinahe sagen dass sie ihm mehr Ruhm einbringen wird als seine Gebaude Schinkel selbst schreibt uber sein Bild Landschaftliche Ansichten gewahren ein besonderes Interesse wenn man Spuren menschlichen Daseins darinnen wahrnimmt weil der Mensch das am liebsten erfahren will wie sichseinesgleichen der Natur bemachtigt darinnen gelebt und ihre Schonheit genossen haben 14 Ein ahnliches Thema wahlte Max Klinger 1909 mit dem Gemalde Die Blute Griechenlands Literatur BearbeitenPaul Ortwin Rave Karl Friedrich Schinkels Blick in Griechenlands Blute Verlag Gebruder Mann Berlin 1946 Peter Krieger Red Gemalde der deutschen Romantik in der Nationalgalerie Berlin Frolich amp Kaufmann Berlin 1985 ISBN 3 88725 202 0 Adolf Max Vogt Karl Friedrich Schinkel Blick in Griechenlands Blute Ein Hoffnungsbild fur Spree Athen Frankfurt am Main 1985 ISBN 3 596 23924 9 Einzelnachweise Bearbeiten Helmut Borsch Supan in Karl Friedrich Schinkel Architektur Malerei Kunstgewerbe Katalog zur Ausstellung in der Orangerie des Schlosses Charlottenburg Berlin 1981 S 262 Adolf Max Vogt Karl Friedrich Schinkel Blick in Griechenlands Blute Ein Hoffnungsbild fur Spree Athen Frankfurt am Main 1985 S 11 f Lucius Grisebach Schinkel als Maler in Gemalde der deutschen Romantik in der Nationalgalerie Berlin Berlin 1985 S 98 f Gustav Friedrich Waagen Karl Friedrich Schinkel als Mensch und als Kunstler Reprint Dusseldorf 1980 S 378 Adolf Max Vogt S 30 ff Adolf Max Vogt S 46 ff Paul Ortwin Rave Karl Friedrich Schinkels Blick in Griechenlands Blute Verlag Gebruder Mann Berlin 1946 S 18 Der Kerameikos auf der Internetseite des Deutschen Archaologischen Instituts Adolf Max Vogt S 42 Adolf Max Vogt S 58 ff Helmut Borsch Supan in Karl Friedrich Schinkel Architektur Malerei Kunstgewerbe Katalog zur Ausstellung in der Orangerie des Schlosses Charlottenburg Berlin 1981 S 261 f Internetseite der Staatlichen Museen zu Berlin Adolf Max Vogt S 16 f Helmut Borsch Supan S 262 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Blick in Griechenlands Blute amp oldid 236433605