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Die Artikel Behindertenfeindlichkeit Handicapism und Ableismus uberschneiden sich thematisch Informationen die du hier suchst konnen sich also auch in den anderen Artikeln befinden Gerne kannst du dich an der betreffenden Redundanzdiskussion beteiligen oder direkt dabei helfen die Artikel zusammenzufuhren oder besser voneinander abzugrenzen Anleitung Behindertenfeindlichkeit bezeichnet die Ablehnung Diskriminierung und Marginalisierung von Menschen mit Behinderungen Zu unterscheiden ist dabei zwischen einer feindselig aggressiven Haltung von einzelnen Menschen bzw von Menschengruppen behinderten Menschen gegenuber und gesellschaftlichen Verhaltnissen die Menschen mit Behinderungen benachteiligen Diese Wirkung ist nicht in jedem Fall beabsichtigt Zu unterscheiden ist ferner zwischen einer Behindertenfeindlichkeit die sich auf bereits geborene Menschen bezieht und der Bereitschaft eine Schwangerschaft praventiv abzubrechen wenn das entstehende Kind mit grosser Wahrscheinlichkeit behindert sein wird Inhaltsverzeichnis 1 Formen der Diskriminierung von Menschen mit Behinderung 1 1 Umgang mit der Diagnose Behinderung durch werdende Eltern und die Gesellschaft 1 2 Unterstellung von Gebrechlichkeit und erhohter Morbiditat 2 Geschichte der Verfolgung von Menschen auf Grund ihrer Behinderung 3 Ursachen behindertenfeindlicher Haltungen und behindernder Strukturen 4 Stereotypisierung von Menschen mit Behinderung 5 Behindertenfeindlichkeit und Ableismus 6 Auswirkungen der Diskriminierung behinderter Menschen 6 1 Auswirkungen auf die Diskriminierten 6 2 Auswirkungen auf die Diskriminierenden 7 Massnahmen gegen Behindertenfeindlichkeit 7 1 Selbsthilfe 7 2 Rechtsweg 8 Empirische Untersuchungen uber das Ausmass der Diskriminierung behinderter Menschen 8 1 Wocken 2000 8 2 Eurobarometer 2008 8 3 Antidiskriminierungsstelle des Bundes 2013 9 Siehe auch 10 Literatur 10 1 Buchausgaben 10 2 Zeitschriftenartikel 11 Weblinks 12 EinzelnachweiseFormen der Diskriminierung von Menschen mit Behinderung BearbeitenEs gibt verschiedene Erscheinungsformen der Diskriminierung von Menschen mit Behinderung kulturelle z B in der Darstellung von Behinderung und Menschen mit Behinderung in den Medien institutionelle z B Barrieren in Gebauden oder Verkehrsmitteln zwischenmenschliche z B Paternalismus mitleidige Blicke abfallige Bemerkungen korperliche Gewalt verinnerlichte z B Bilder von Hoher und Minderwertigkeit wirtschaftliche z B bei Versicherungen gegen Lebensrisiken Einige Theoretiker bewerten diese Erscheinungsformen als typisch fur Unterdruckungs Verhaltnisse Menschen deren Denken von Behindertenfeindlichkeit gepragt ist bewerten den gesellschaftlichen Korper Geistes Verhaltensnormen entsprechende Menschen als hoher und diejenigen die diesen nicht entsprechen als minderwertig Auch das Denken von Menschen mit Behinderung kann von Behindertenfeindlichkeit gepragt sein und sich entsprechend auf deren Selbstbild oder deren Denken uber andere Menschen mit anderer Behinderung auswirken Umgang mit der Diagnose Behinderung durch werdende Eltern und die Gesellschaft Bearbeiten Als eine Form der Behindertenfeindlichkeit wird von vielen der gesellschaftliche Druck empfunden eine Schwangerschaft abzubrechen wenn bei vorgeburtlichen Untersuchungen eine mogliche Behinderung festgestellt wird 1 Unterstellung von Gebrechlichkeit und erhohter Morbiditat Bearbeiten Menschen mit einer geistigen Behinderung wird oft unterstellt sie seien gebrechlich und wegen ihrer Behinderung einem erhohten Risiko ausgesetzt fruh zu sterben Es trifft zu dass die durchschnittliche Lebenserwartung eines Menschen mit einer kognitiven Beeintrachtigung zwolf Jahre kurzer ist als die eines Angehorigen der Gesamtbevolkerung Aber auch Menschen mit einer geistigen Behinderung werden in der Regel erst in ihrer zweiten Lebenshalfte gebrechlich Der Annahme ein kognitiv beeintrachtigter Mensch musse mit ahnlich rigorosen Methoden vor der Infektion mit einem Erreger von der Gefahrlichkeit des SARS CoV 2 geschutzt werden wie Bewohner eines Alten und Pflegeheimes fehlt jedoch jede Grundlage Wahrend bei 75 Jahrigen und Alteren das Risiko an COVID 19 zu sterben ca 20 betragt liegt die Sterberate bei Erwachsenen mit geistiger Behinderung zwischen 18 und 74 Jahren bei 4 5 in der Gesamtbevolkerung bei 2 7 Daher kritisiert die Katholische Hochschule Nordrhein Westfalen das Verfahren von Politikern in der COVID 19 Krise nicht zwischen Bewohnern von Alten und Pflegeheimen einerseits und Betreuten in der Behindertenhilfe andererseits zu differenzieren 2 Geschichte der Verfolgung von Menschen auf Grund ihrer Behinderung BearbeitenIm nationalsozialistischen Deutschland wurde am 14 Juli 1933 ein Gesetz zur Verhutung erbkranken Nachwuchses von der Regierung erlassen Bis zum Kriegsende kam es so zu 400 000 Zwangssterilisierungen und bis zu 200 000 Totungen von Menschen die als geistig und korperlich behindert diagnostiziert worden waren 1941 wurde durch mundlichen Befehl Hitlers Das offizielle Ende der Euthanasie erklart ein Schritt den er gehen musste da der Druck der Offentlichkeit vor allem durch Eltern von behinderten Kindern zu gross wurde Ab Februar 1939 wurde ein Entwurf zu einem Gesetz zur Behandlung sogenannter Gemeinschaftsfremder geplant 3 Die Teilgruppe der Versager wurde dabei laut Forster folgendermassen definiert Gemeinschaftsfremd im Sinne dieses Gesetzes ist wer nach seiner Personlichkeit und Lebensfuhrung insbesondere infolge von aussergewohnlichen Mangeln des Verstandes oder des Charakters erkennen lasst dass er nicht imstande ist aus eigener Kraft den Mindestanforderungen der Volksgemeinschaft zu genugen Versager 4 Die Polizei sollte Gemeinschaftsfremde den Landesfursorgeverbanden uberweisen jedoch auch in Polizeilagern unterbringen konnen Bereits vor 1943 wurden im Rahmen der Aktion T4 als behindert eingestufte Menschen getotet oder zwangssterilisiert In Kraft trat der oben zitierte Gesetzesentwurf vor allem deshalb nicht weil die zu verfolgenden Minderheiten nicht genugend uber ihre nach Ansicht der fuhrenden Nationalsozialisten verderblichen Gene sondern zu sehr uber ihre Erscheinung definiert wurden Die ableistische s u Ideologie die dem Gesetzesentwurf zugrunde liegt ist auch bei heutigen Rechtsextremisten zu finden Im Zusammenhang mit der modernen Biotechnologie wird in der Heilpadagogik von einer neuen Behindertenfeindlichkeit gesprochen Georg Theunissen 1989 Ursachen behindertenfeindlicher Haltungen und behindernder Strukturen BearbeitenAls Ursache fur Behindertenfeindlichkeit im Sinne einer feindseligen Einstellung von einzelnen Menschen oder Menschengruppen wird eine mogliche gesellschaftliche Reaktion auf einen abweichenden Korperbau und oder abweichende korperliche oder geistige Moglichkeiten genannt Diese erfolge vor dem Hintergrund der Vision eines perfekten Korpers als Schlussel fur Wohlstand und Gluck Der Begriff wird von seinen Verwendern auch in Kombination mit Rassismus Sexismus und Klassismus benutzt und in Zusammenhang gestellt Eine Form der Behindertenfeindlichkeit ist der Paternalismus von Menschen die es aus ihrer eigenen Sicht nur gut mit den behinderten Menschen meinen und sie deshalb beschutzen und fursorglich behandeln wollen Diese auch unter professionellen Betreuern noch vorhandene Haltung fuhrt allerdings oft zu einer Bevormundung der Schutzlinge Allerdings gibt es Anzeichen dafur dass nicht mehr der Schutz und die Versorgung behinderter Menschen im Zentrum der Uberlegungen vieler Menschen stehen sondern deren Autonomie und Ermachtigung Behinderte Menschen sollen in die Lage versetzt werden ein unabhangiges Leben so normal wie moglich zu fuhren Aktuell wird dies gerade beim Recht auf Sexualitat verhandelt 5 Eine wichtige Rolle spielt auch die Sprache die zwischen Behinderten und Nicht Behinderten unterscheidet Damit verbunden ist laut Ralf Stoecker 6 die falsche Vorstellung dass behinderte Menschen Mangel aufweisen unbehinderte aber nicht Tatsachlich seien Menschen grundsatzlich Mangelwesen Die Existenz behindernd wirkender Barrieren beruht hingegen nur selten auf offener Feindseligkeit behinderten Menschen gegenuber sondern ist eher Ausdruck von Gleichgultigkeit oder Gedankenlosigkeit oft verhindert auch das Denken in okonomischen Kategorien barrierefreie Losungen sind oft relativ teuer die Beseitigung von Barrieren Dieser Sichtweise widerspricht die osterreichische Organisation BIZEPS Zentrum fur Selbstbestimmtes Leben Wir sollten uns keiner Tauschung hingeben auch nicht benutzbare Busse sind Gewalt genauso wie ein Telefonsystem welches von Gehorlosen nicht verwendet werden kann Aber auch die Missachtung der Burgerrechte Behinderter oder das nicht ernst Nehmen von uns dem wir in unserem Alltag auf Schritt und Tritt begegnen 7 Stereotypisierung von Menschen mit Behinderung BearbeitenMenschen mit Behinderungen werden stereotypisch als abhangig inkompetent und asexuell wahrgenommen Gleichzeitig werden ihnen jedoch auch positive Eigenschaften wie Freundlichkeit und Warmherzigkeit zugeschrieben Die Stereotypisierung von Menschen mit Behinderung ist ein gesellschaftliches Phanomen das weitgehende Auswirkungen auf das Leben der Betroffenen hat Die soziale Wahrnehmung von Menschen mit Behinderung ist defizitorientiert und von negativen Vorstellungen gepragt Obwohl Menschen mit Behinderung ausserst vielfaltig sind und unterschiedlichste Formen von Behinderungen aufweisen werden sie in einer Weise homogenisiert die ihre Vielfalt nicht angemessen berucksichtigt Die Stereotype konnen subtil oder offensichtlich sein Der Fokus liegt dabei auf dem vermeintlichen Defizit und der eingeschrankten Leistungsfahigkeit 8 Die mediale Darstellung von Menschen mit Behinderung tragt zur Stereotypisierung bei Sie variiert von stereotypen vorurteilsbeladenen Abbildungen bis zu Darstellungen die den Fokus auf Emanzipation und Selbstbestimmung legen In vielen Filmen und Berichterstattungen werden Menschen mit Behinderungen entweder als Opfer oder als Helden dargestellt was ihre Realitat nicht angemessen widerspiegelt Um Behindertenfeindlichkeit entgegenzuwirken ist es wichtig nach authentischen Darstellungen zu streben die die Vielfalt und Komplexitat von Menschen mit Behinderungen zeigen 9 10 Es erweist sich als bedeutsam bestehende Stereotype gegenuber Menschen mit Behinderungen zu hinterfragen und Vorurteile schrittweise abzubauen Die Veranderung der stereotypen Bilder die auf individueller Ebene tief verankert sind schreitet jedoch nur langsam voran Positive Begegnungen mit Menschen mit Behinderungen konnen dabei unterstutzen wenngleich sie allein nicht ausreichend sind Fur eine inklusive Gesellschaft gilt es ein breiteres Bewusstsein fur die individuellen Bedurfnisse und Fahigkeiten zu schaffen Gesellschaftliche Anstrengungen sind erforderlich um gleiche Chancen und Rechte fur Menschen mit Behinderungen zu gewahrleisten Die Reduzierung von Stereotype und die Forderung einer Kultur der Akzeptanz und Unterstutzung sind dabei wesentliche Elemente um die Vielfalt und Starke von Menschen mit Behinderungen angemessen zu wurdigen 11 Behindertenfeindlichkeit und Ableismus BearbeitenVom englischsprachigen Raum ausgehend hat sich auch im deutschsprachigen Raum der Begriff Ableism oder Ableismus von engl able fahig eingeburgert Ableism wird als ein Bundel von Glaubenssatzen Prozessen und Praktiken definiert das auf Grundlage der je eigenen Fahigkeiten eine besondere Art des Verstandnisses des Selbst des Korpers und der Beziehungen zu Artgenossen anderen Arten und der eigenen Umgebung erzeugt Ableism beruht auf einer Bevorzugung von bestimmten Fahigkeiten die als essentiell projiziert werden wahrend gleichzeitig das reale oder wahrgenommene Abweichen oder Fehlen von diesen essentiellen Fahigkeiten als verminderter Daseinszustand etikettiert wird was oft zum begleitenden Disableism fuhrt dem diskriminierenden unterdruckenden oder beleidigenden Verhalten das aus dem Glauben entsteht dass Menschen ohne diese essentiellen Fahigkeiten anderen unterlegen seien 12 Behindertenfeindlichkeit ware demnach nur eine Variante des Ableism durch den Aussagen uber die Leistungsfahigkeit eines Menschen mit Werturteilen uber den betreffenden Menschen verknupft werden Je leistungsfahiger ein Mensch ist desto wertvoller erscheint er einem Ableisten je weniger er leisten kann desto wertloser Fur einen Ableisten liegt die Schlussfolgerung nahe wenn sie auch nicht immer explizit gezogen wird dass es sich bei Menschen am unteren Ende seiner Wertskala um lebensunwertes Leben handele Laut Rebecca Maskos ist Ableismus breiter als Behindertenfeindlichkeit Wie Rassismus und Sexismus bildet der Begriff nicht nur die Praxis im Umgang mit einer Gruppe ab sondern auch die gesellschaftlichen Verhaltnisse und Strukturen die diese Praxis hervorbringen Ableismus zeigt sich nicht nur im schragen Kommentar oder im Kopfstreicheln sondern auch in der Treppe ohne Rampe im fehlenden Aufzug in den Geldern die Veranstalter innen fur Gebardensprachdolmetschen Live Streaming oder Leichte Sprache einfach nicht aufbringen wollen An dem Begriff Behindertenfeindlichkeit stort Maskos dass dieser suggerieren konne dass es reicht einfach nur die eigene Haltung umzuwandeln namlich in eine behindertenfreundliche 13 Abgesehen davon bestehe eine Variante des Ableismus darin dass nicht behinderte Menschen Menschen mit Behinderung nicht aggressiv herablassend sondern wohlwollend freundlich gegenubertraten und sie z B fur Leistungen lobten die von ihnen ohne grosse Anstrengung erreicht worden seien Auch ubertriebenes Lob sei ein Indiz dafur dass der Gelobte nicht ernst genommen werde Auswirkungen der Diskriminierung behinderter Menschen BearbeitenAuswirkungen auf die Diskriminierten Bearbeiten Nach Birgit Rommelspacher 14 muss die Diskriminierung nicht unbedingt zu einem geringeren Selbstbewusstsein bei den Diskriminierten fuhren Wichtig sei dass die Menschen mit Behinderungen das was sie objektiv behindert erkennen benennen und dagegen vorgehen nicht der Rollstuhl ist zu breit sondern die Tur ist zu schmal Ein weiteres Problem sei die sogenannte Attribuierungs Ambivalenz Hiermit ist gemeint dass es fur Diskriminierte nicht leicht sei einen Satz oder eine Geste als wohlwollend oder als feindlich zu interpretieren wenn der Satz oder die Geste beides ausdrucken kann Ambivalenz was haufig vorkomme Beispiel Wenn jemand einem blinden Menschen zum Abschied sagt Wir sehen uns morgen konnte der Weggehende sich uber den anderen lustig machen es konnte aber auch sein dass er nicht an das Nicht Sehen Konnen denkt den blinden Menschen also bloss wie jeden anderen behandelt Voraussetzungen dafur Diskriminierung zuruckzuweisen sind dass die Diskriminierung identifiziert und erkannt wird dass ihr die richtigen Ursachen zugeordnet werden und dass es Unterstutzungsmoglichkeiten gibt um sich dagegen zu wehren Auswirkungen auf die Diskriminierenden Bearbeiten Die Privilegierung ist das Gegenuber der Diskriminierung die Auswirkung der Diskriminierung sei fur die Nichtdiskriminierten die Privilegierung Nichtdiskriminierte wurden diese Privilegien jedoch in der Regel nicht erkennen wahrend Diskriminierte diese Privilegien sehr deutlich sahen 14 Im Falle offener Feindseligkeit gegenuber behinderten Menschen werden diese Privilegien bewusst verteidigt Dies geschehe durch Bestatigung von Hierarchien wenn Menschen mit Behinderungen selbstbewusst und fordernd auftreten hore oftmals bei vielen der Spass auf und es werde versucht sie in ihre Schranken zu verweisen Das kann unter anderem dann vorkommen wenn behinderte Menschen auf einer Regelschule beschult werden und gleich gute Leistungen wie die nichtbehinderten Schuler und oder bessere Leistungen erbringen Funktionalisierungen eigene Unsicherheiten und Angste werden auf behinderte Menschen ubertragen weisen sie diese zuruck mussten sie oftmals mit Aggressionen rechnen Machtumkehr vor allem rechtsextreme Kreise wahnen Menschen mit Behinderungen aufgrund ihres so genannten Opferstatus in einer Machtposition welche eingeschrankt werden musse Massnahmen gegen Behindertenfeindlichkeit BearbeitenDie Alternative zu einem behindertenfeindlichen d h nicht behindertengerechten Zusammenleben bildet ein inklusives Zusammenleben bei dem Menschen mit Funktionseinschrankungen nicht als mit Mangeln behaftet also als defizitar bewertet werden Inklusion erfordert nicht nur eine Anderung des Denkens sondern auch die Schaffung von Rahmenbedingungen die die Defizite als irrelevant erscheinen lassen Ein Musterbeispiel fur diesen Paradigmenwechsel lieferte bereits im 18 Jahrhundert Christian Furchtegott Gellert In seinem Gedicht Der Blinde und der Lahme 15 tragt der Blinde den Gelahmten auf seinem Rucken Der Gelahmte weist dem Blinden den Weg und warnt ihn vor Hindernissen und der Gelahmte wird mobil Vereint wirkt also dieses Paar was einzeln keinem moglich war lautet Gellerts Kommentar als quasi symbiotisches Paar verlieren beide Behinderte ihre Hilfsbedurftigkeit Selbsthilfe Bearbeiten Anfang der 1970er Jahre formierte sich eine Bewegung von Menschen mit Behinderungen die inspiriert durch die afro amerikanische Burgerrechtsbewegung der USA zur Selbsthilfe griffen und mit Aktionen und Aufklebern Pradikat Behindertenfeindlich auf ihre Diskriminierung aufmerksam machten Zitat des 2004 verstorbenen Dortmunder Aktivisten Gusti Steiner Vor diesem Hintergrund kam es im Mai 1974 in Frankfurt mit unserer Selbsthilfegruppe der Frankfurter Volkshochschule zur ersten spektakularen Strassenbahnblockade durch Behinderte Wir hatten bauliche Barrieren bauliche Behinderungen in direkter Konfrontation mit dem Pradikat Behindertenfeindlich ausgezeichnet hatten uns zwei Kriegsopferverbande das Sozialamt die Allgemeine Ortskrankenkasse und das Gesundheitsamt der Stadt Frankfurt aufs Korn genommen Am Tage darauf veranstalteten wir im Zentrum der Stadt Frankfurt ein Rollstuhl Training in dessen Verlauf wir eine Strassenbahn blockierten Ein Rollstuhlfahrer versuchte in die Strassenbahn einzusteigen Stufen und eine Mittelstange versperrten ihm den Zutritt Wahrenddessen rollte ich auf die Schienen stellte mich vor die Strassenbahn und erklarte uber ein Megafon dass Busse Strassenbahnen U Bahnen nicht fur Behinderte konstruiert wurden Seit dieser Zeit grundeten sich viele Behindertenorganisationen mit einem politischen Selbstverstandnis Rechtsweg Bearbeiten In Rechtsstaaten besteht die Moglichkeit Entscheidungen von Behorden aber auch von privaten Instanzen durch die Menschen mit Behinderungen diskriminiert werden gerichtlich uberprufen zu lassen So machte das Bundesgericht der Schweiz eine Entscheidung des Gemeinderats einer Gemeinde im Kanton Zurich ruckgangig die den Antrag einer in der Schweiz ansassigen Auslanderin mit einer geistigen Behinderung auf Einburgerung in die Schweiz mit der Begrundung abgelehnt hatte der Frau fehle die Fahigkeit zur wirtschaftlichen Selbsterhaltung Mit der Verweigerung der Einburgerung wollte die Gemeinde vermeiden fur jahrlich 100 000 Franken Sozialhilfe aufkommen zu mussen Diese wurden bis dahin von der eidgenossischen Asylfursorge geleistet Nach einer Einburgerung mussen entsprechende Zahlungen von der Gemeinde ubernommen werden Das kantonale Verwaltungsgericht stutzte das finanzielle Argument der Gemeinde Das Bundesgericht jedoch sieht in der Verweigerung der Einburgerung wegen fehlender wirtschaftlicher Selbsterhaltungsfahigkeit eine Diskriminierung Der jungen Frau werde dadurch aufgrund ihrer geistigen Behinderung dauernd verunmoglicht sich uberhaupt einburgern zu lassen Zum anderen sei es eine Missachtung der Menschenwurde wenn die Frau einzig wegen der Frage nicht eingeburgert wurde aus welchem Etat die ihr zukommende Unterstutzung geleistet werde 16 Empirische Untersuchungen uber das Ausmass der Diskriminierung behinderter Menschen BearbeitenUmfragen belegen dass es behindertenfeindliche Einstellungen in Teilen der Bevolkerung Deutschlands und Europas gibt Dafur dass diese sich verbreiteten und an Intensitat zunahmen gibt es keine Belege Die Zeit wies 2002 darauf hin dass im Gegenteil der Anteil derjenigen die fur Kinder mit Down Syndrom einfache Anstaltsunterbringung ohne besonderen Aufwand befurworten zwischen 1969 und 2000 auf null gefallen sei Gleichzeitig sei der Anteil der Befurworter besonderer individueller Fordermassnahmen von 59 auf 90 Prozent gestiegen 1969 hatten es nur 18 Prozent fur richtig gehalten die betroffenen Kinder im Elternhaus zu betreuen 2000 seien es 90 Prozent gewesen 5 Die These dass in Deutschland die Behindertenfeindlichkeit zunehme liesse sich nur dann weiter vertreten wenn man annahme dass Umfragen uberwiegend sozial erwunschte Antworten nicht aber die wahren Meinungen zutage forderten und dass es in der Bevolkerung unter der Oberflache der offiziellen Kultur doch ein verbreitetes Ressentiment gegen behinderte Menschen gebe 17 Wocken 2000 Bearbeiten Um der Frage nachzugehen wie stark das Ausmass behindertenfeindlicher Einstellungen in Deutschland ist hat Hans Wocken vom Institut fur Behindertenpadagogik der Universitat Hamburg im Jahr 2000 eine Umfrage mit den folgenden Fragen durchfuhren lassen 18 Wurde es Sie irgendwie storen wenn ein Behinderter in ihrer Nachbarschaft wohnt und sie sic ihn taglich treffen Nachbarschaftsfrage Sie machen Urlaub In Ihrem Hotel wohnt auch eine Gruppe Geistigbehinderter sic Wurde Sie das storen Urlaubsfrage Wurden Sie Ihr Kind gemeinsam mit behinderten Kindern in eine Klasse geben Integrationsfrage Finden Sie es in Ordnung okay dass Geistig sic oder Korperbehinderte eigene Kinder haben durfen Elternschaftsfrage Wenn ein schwer behindertes Kind geboren wird ware es da nicht fur alle besser wenn man dieses Kind sterben lassen wurde Euthanasiefrage Die Nachbarschaftsfrage wurde kaum negativ beantwortet wahrend ein Viertel der Befragten auf die Elternschaftsfrage mit nein antworteten 60 Prozent bejahten die allerdings als Suggestivfrage formulierte Euthanasiefrage Eurobarometer 2008 Bearbeiten In allen Mitgliedsstaaten der Europaischen Union wurden im Fruhjahr 2008 Burger nach ihrer Meinung zum Thema Diskriminierung befragt 35 Prozent der Europaer gaben an eine Diskriminierung behinderter Menschen sei in ihrem Land ziemlich verbreitet 10 Prozent sie sei sehr verbreitet Deutschland beide Antworten zusammen 37 Prozent Osterreich beide Antworten zusammen 38 Prozent 67 Prozent der Europaer meinten im Jahre 2008 sei die Diskriminierung behinderter Menschen in ihrem Land weniger stark verbreitet als 2003 Deutschland 70 Prozent Osterreich 68 Prozent Auf einer Wohlfuhlskala von 1 10 geben die Europaer im Durchschnitt einen Wert von 9 1 als Antwort auf die Frage an wie sie sich bei dem Gedanken an einen behinderten Nachbarn fuhlen einen Wert von 8 0 bei der Frage nach einem behinderten Menschen im hochsten politischen Amt des Landes 19 Bei derselben Befragung gaben 83 Prozent der Europaer an sie seien fur die Umsetzung spezieller Massnahmen um Chancengleichheit fur jedermann im Bereich Beschaftigung herzustellen wenn es um behinderte Menschen gehe 20 Die Umfrageergebnisse zeigen dass in den Staaten der EU die Diskriminierung behinderter Menschen mehrheitlich nicht als schlimmste Form der Diskriminierung gesehen wird dass viele sogar sich selbst als ausgesprochen behindertenfreundlich darstellen Antidiskriminierungsstelle des Bundes 2013 Bearbeiten Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes beschaftigte sich 2013 mit der Praxis des Zugangs fur Menschen mit Behinderungen zum allgemeinen Arbeitsmarkt Als besonders bedeutsam stellten sich bei den empirischen Untersuchungen zum Thema sowohl s trukturelle und verfahrensbedingte Barrieren und Chancen beim Zugang zum und Verbleib von Menschen mit Behinderungen auf dem Arbeitsmarkt als auch mentale Barrieren heraus Als besonders bestandig stellte sich das Vorurteil heraus dass alle Menschen mit Behinderung gering qualifiziert und leistungsgemindert seien Im Hinblick auf Menschen mit kognitiven Beeintrachtigungen herrsche die Einstellung vor dass diese besonderer Fursorge bedurften und in Werkstatten fur behinderte Menschen gut aufgehoben seien 21 Siehe auch BearbeitenAbleism Audismus Inspiration Porn Behindertenbewegung Disability Pride Disability Studies Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit Handicapism Intersektionalitat Kruppel Mensch zuerst Netzwerk People First Deutschland Personenzentrierung Bundesteilhabegesetz Piss On Pity politischer Slogan Soziales Modell von Behinderung Ubereinkommen uber die Rechte von Menschen mit BehinderungenLiteratur BearbeitenBuchausgaben Bearbeiten Udo Sierck Didi Danquart Hrsg Der Pannwitzblick Wie Gewalt gegen Behinderte entsteht Libertare Assoziation 1993 ISBN 978 3 922611 29 5 Gunther Cloerkes Wie man behindert wird 2003 ISBN 3 8253 8305 9 S v Daniels T Degener A Jurgens F Krick P Mand A Mayer B Rothenberg G Steiner O Tolmein Hrsg Kruppel Tribunal Menschenrechtsverletzungen im Sozialstaat Pahl Rugenstein Koln 1983 ISBN 3 7609 0799 7 Rudolf Forster Von der Ausgrenzung zur Gewalt Rechtsextremismus und Behindertenfeindlichkeit 2002 ISBN 3 7815 1228 2 Erving Goffman Asyle Uber die soziale Situation psychiatrischer Patienten und anderer Insassen Suhrkamp Frankfurt am Main 1973 ISBN 3 518 10678 3 Gisela Hermes Eckhard Rohrmann Nichts uber uns ohne uns Disability Studies als neuer Ansatz emanzipatorischer und interdisziplinarer Forschung uber Behinderung 2006 ISBN 3 930830 71 X Ernst Klee Behindertsein ist schon Unterlagen zur Arbeit mit Behinderten Patmos Verlag Dusseldorf 1974 ISBN 3 491 00436 5 Ernst Klee Behindert Uber die Enteignung von Korper und Bewusstsein Ein kritisches Handbuch Fischer Taschenbuch Verlag Frankfurt am Main 1987 ISBN 3 596 23860 9 Winfried Palmowski Matthias Heuwinkel Normal bin ich nicht behindert Wirklichkeitskonstruktionen bei Menschen die behindert werden Unterschiede die Welten machen Dortmund 2000 ISBN 3 86145 198 0 Adolf Ratzka Aufstand der Betreuten In A Mayer J Rutter Abschied vom Heim AG SPAK Munchen 1988 ISBN 3 923126 53 0 S 183 201 Birgit Rommelspacher Hrsg Behindertenfeindlichkeit Lamuv Verlag Goettingen 1999 ISBN 3 88977 548 9 Gusti Steiner Selbsthilfe als politische Interessenvertretung In E Rohrmann P Gunther Soziale Selbsthilfe Alternative Erganzung oder Methode sozialer Arbeit Universitatsverlag Heidelberg 1999 ISBN 3 8253 8269 9 S 127 143 Gusti Steiner Schwarzbuch Deutsche Bahn AG AG SPAK Verlag Munchen 2003 ISBN 3 930830 36 1 Zeitschriftenartikel Bearbeiten Rudolf Forster Neue Behindertenfeindlichkeit und rechtsradikale Gewalt gegen Behinderte In Behindertenpadagogik in Bayern 43 2 2000 Rudolf Forster Von der Ausgrenzung zur Gewalt Rechtsextremistische behindertenfeindliche Gewalt im freiheitlichen Rechtsstaat In Behindertenpadagogik in Bayern 44 1 2001 Rudolf Forster Behindertenfeindlichkeit und rechtsradikale Gewalt eine erste Skizzierung aktueller gesellschaftlicher Phanomene In Bulletin der Arbeitsgemeinschaft LehrerInnen fur Geistigbehinderte 3 2002 Bern Schweiz Ernst Klee Vorurteile Der Behinderte ein Monster In Die Zeit 21 Marz 1980 ISSN 0044 2070 zeit de abgerufen am 25 August 2011 Georg Theunissen Zur neuen Behindertenfeindlichkeit in der Bundesrepublik Deutschland In Geistige Behinderung 4 1989 und Zeitschrift fur Heilpadagogik 10 1989 Peter Widmann Vorurteile gegen sozial Schwache und Behinderte In Informationen zur politischen Bildung 271 Thema Vorurteile 2005 online Weblinks BearbeitenThesen zur Behindertenfeindlichkeit PDF 145 kB Memento vom 28 September 2007 im Internet Archive Literaturarchiv zur rechtlichen Gleichstellung behinderter Frauen und Manner Memento vom 25 April 2009 im Internet Archive Gunther Cloerkes Einstellung und Verhalten gegenuber Behinderten Eine kritische Bestandsaufnahme internationaler Forschung 1985 Ernst von Kardorff Heike Ohlbrecht Zugang zum allgemeinen Arbeitsmarkt fur Menschen mit Behinderungen Antidiskriminierungsstelle des Bundes 2013Einzelnachweise Bearbeiten Sibylle Volz Diskriminierung von Menschen mit Behinderung im Kontext von Praimplantations und Pranataldiagnostik 2003 online Erste Studien zu Menschen mit geistiger Behinderung und COVID 19 Keine hohere Sterberate bei Erkrankten mit geistiger Behinderung Memento des Originals vom 10 August 2020 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www katho nrw de Katholische Hochschule Nordrhein Westfalen Juni 2020 abgerufen am 25 August 2020 Zu den Entwurfen fur ein Gemeinschaftsfremdengesetz vgl Wolfgang Ayass Bearb Gemeinschaftsfremde Quellen zur Verfolgung von Asozialen 1933 1945 Koblenz 1998 Rudolf Forster Von der Ausgrenzung zur Gewalt Rechtsextremismus und Behindertenfeindlichkeit eine soziologisch sonderpadagogische Annaherung 2002 S 37 f a b Zeugung auf Probe In Zeit Online 2 Oktober 2002 abgerufen am 26 Mai 2015 Ralf Stoecker Ethik und Behinderung Uberlegungen zu Toleranz Akzeptanz und Differenz Sonntagsvorlesung gehalten am 14 Mai 2006 im Rahmen der Reihe Potsdamer Kopfe S 6 Memento vom 25 Juni 2007 im Internet Archive bizeps or at Frank Asbrock 2020 Stereotype und Imaginationen In Hartwig S eds Behinderung J B Metzler Stuttgart https doi org 10 1007 978 3 476 05738 9 43 Cornelia Renggli 2020 Behinderung und Medien Stereotype Betrachtungsweisen Behinderung als Medium Schweizerische Zeitschrift fur Heilpadagogik 26 4 16 21 https doi org 10 5167 uzh 194679 Sven Nickel 1999 Gesellschaftliche Einstellungen zu Menschen mit Behinderung und deren Widerspiegelung in der Kinder und Jugendliteratur Verfugbar uber http info uibk ac at c c6 bidok texte nickel einstellungen Regula Dietsche amp Nils Jent 2016 Behinderung als Teilaspekt der Diversity Kompetenz im Spannungsfeld von Toleranz und Nutzen In Genkova P Ringeisen T eds Handbuch Diversity Kompetenz Springer Reference Psychologie Springer Wiesbaden https doi org 10 1007 978 3 658 08853 8 37 Gregor Wolbring Die Konvergenz der Governance von Wissenschaft und Technik mit der Governance des Ableism In Technikfolgenabschatzung Theorie und Praxis Herausgeber Institut fur Technikfolgenabschatzung und Systemanalyse ITAS 18 Jahrgang Nr 2 September 2009 S 29 35 Rebecca Maskos Warum Ableismus Nichtbehinderten hilft sich normal zu fuhlen dieneuenorm de 26 Oktober 2020 abgerufen am 22 April 2021 a b Wie wirkt Diskriminierung Vortrag von Prof Dr Birgit Rommelspacher Nicht mehr online verfugbar In imew de Institut Mensch Ethik und Wissenschaft archiviert vom Original am 3 Januar 2017 abgerufen am 25 August 2011 nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www imew de Wortlaut Christian Furchtegott Gellert Fabeln und Erzahlungen Abgerufen am 26 Mai 2015 Erstes Buch Der Blinde und der Lahme Bundesgerichtsurteil zur Einburgerung von Menschen mit Behinderung Wolfgang van den Daele Vorgeburtliche Selektion Ist die Pranataldiagnostik behindertenfeindlich In Leviathan 23 2005 Sonderheft Biopolitik S 112 Hans Wocken Der Zeitgeist Behindertenfeindlich Einstellungen zu Behinderten zur Jahrtausendwende Memento vom 20 Oktober 2012 im Internet Archive Diskriminierung in der Europaischen Union Wahrnehmungen Erfahrungen und Haltungen Eurobarometer spezial 296 Juli 2008 S 48 55 Diskriminierung in der Europaischen Union Wahrnehmungen Erfahrungen und Haltungen Eurobarometer spezial 296 Juli 2008 S 31 Ernst von Kardorff Heike Ohlbrecht Zugang zum allgemeinen Arbeitsmarkt fur Menschen mit Behinderungen antidiskriminierungsstelle de S 23 39 88 und 91 abgerufen am 11 Februar 2023 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Behindertenfeindlichkeit amp oldid 239248162