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Bangwe auch pango bango ist eine Brettzither mit meist sieben und bis zu 14 Saiten die in Malawi und in Zentralmosambik zur Unterhaltung gespielt wird Mannliche Geschichtenerzahler der Sena einer bantusprachigen Ethnie im Suden Malawis begleiten ihre Lieder und moralischen Erzahlungen mit einer bangwe die zur Resonanzverstarkung in einen Blechkanister oder eine Kalebassenhalbschale gesteckt wird Inhaltsverzeichnis 1 Herkunft und Verbreitung 2 Bauform 3 Spielweise 4 Literatur 5 Diskografie 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseHerkunft und Verbreitung BearbeitenBrettzithern sind Saiteninstrumente deren eine oder mehrere Saiten parallel uber ein festes gerades Brett gespannt sind wobei das Holzbrett ahnlich wenig wie der dunne Saitentrager einer Stabzither zur Schallverstarkung der Saitenschwingungen beitragt Wahrend bei starren Stabzithern und bei elastischen Musikbogen als Resonanzkorper haufig eine Kalebasse an der Unterseite festgebunden ist halt der Musiker die bangwe beim Spiel zum selben Zweck in ein halboffenes Gefass Diese Kombination kommt auch bei Lamellophonen vor Eine unter dem Namen zeze auch sese an der ostafrikanischen Kuste bekannte ein oder mehrsaitige Plattstabzither verbreitete sich im 19 Jahrhundert mit dem Elfenbein und Sklavenhandel in weiten Teilen Ost und Zentralafrikas bis nach Malawi In Indien sind Stabzithern vinas seit dem 7 Jahrhundert von Abbildungen bekannt jedoch in der damaligen Form und Spielhaltung bis auf die tuila und in Kambodscha die kse diev praktisch verschwunden Eine wahrscheinliche Herkunft der afrikanischen Plattstabzithern aus Indien oder Indonesien haben verschiedentlich Musikethnologen in der Nachfolge von Arthur Morris Jones diskutiert Gemass der heute gangigen Ausbreitungstheorie gelangten die Stabzithern uber die ostafrikanische Kuste nach Madagaskar Dabei wurde offenbar der in Asien gebrauchliche Bambussaitentrager durch einen Vollholzstab ersetzt 1 Die bekannteste Materialisation einer Kulturvermittlung von Indonesien nach Afrika sind Rohrenzithern die nach der Form des Saitentragers eingeteilte dritte Gruppe der Zithern wie sie mit der sasando in Indonesien und der valiha in Madagaskar vorkommen 2 Ist der Saitentrager eine Rohre etwa aus Bambus oder ein holzerner Kasten wie bei europaischen Zithern und Hackbrettern fungiert er selbst als Resonanzkorper Anstelle der Kastenzithern die keinen separaten Resonator benotigen kommen in Ostafrika Trogzithern vor bei denen die Saiten uber eine Schale gespannt sind inanga in Burundi Bauform BearbeitenDer Saitentrager der bangwe besteht aus einem langrechteckigen Hartholzbrett fur das ostafrikanisches Padauk Pterocarpus angolensis Chichewa mlombwa verwendet wird Das Brett ist mindestens einen Zentimeter dick bei Abmessungen zwischen 15 45 und 20 65 Zentimetern 3 Die parallel uber das Brett laufenden Saiten bestehen aus einem einzigen langen Draht der durch eine an beiden Stirnseiten in einer Reihe gebohrte Locher gezogen und an den Enden verknotet wird Bei den meisten Instrumenten wird ein dunner Holzstab oder Bambusstreifen als Sattel nahe bei den Lochreihen quer unter die Saiten geschoben um die frei schwingende Lange Mensur der Saiten zu begrenzen und sie auf 3 4 Millimeter Abstand vom Brett zu halten Zusatzlich konnen auf einer Seite zum Stimmen kleine Holzstucke unter einzelne oder alle Saiten geschoben werden Bei anderen Instrumenten bestimmen individuell an der vom Spieler entfernten Seite unter jeder Saite platzierte Holzstucke deren Lange Weil die gezupften Saiten einer unverstarkten bangwe nur einen dunnen Klang hervorbringen wird das Brett uber oder teilweise in die Offnung eines aufgeschnittenen Funf Liter Olkanisters bekete oder einer grossen Kalebasse dende gehalten 4 Einige am Blechkanister fixierte Kronkorken sorgen fur ein zusatzliches schnarrendes Gerausch Der Musikethnologe Hugh Tracey nahm 1950 in Zentralmalawi einen blinden Sanger mit einer siebensaitigen bangwe auf Tonband auf Der Saitentrager seines Instruments bestand aus acht miteinander verbundenen Papyrusstangeln und steckte mit dem fernen Ende in eine Kalebasse 5 Eine solche Verbindung aus parallelen Rohren unterschiedlicher Lange wie bei der Panflote macht die bangwe zu einer Flosszither die aus mehreren zusammengebundenen einsaitigen Stabzithern gedacht wird Mehrsaitige Flosszithern aus Grashalmen mit und ohne Kalebassenverstarkung sind aus Westafrika Benin Nigeria bekannt Beim Musikbogen ware die Entsprechung der Pluriarc Die ubliche Anzahl Saiten ist sieben Einige bangwe am Unterlauf des Shire im Suden von Malawi besitzen 14 Drahtsaiten auch Saitenzahlen dazwischen sind moglich 6 Die vom Spieler aus betrachtet hochste Saite ist immer rechts und die tiefste links Die Saiten werden durch Verschieben der untergelegten Holzstucke vom hochsten Ton abwarts gestimmt 7 Bei einer bangwe in der Sammlung von Hugh Tracey dient zur Resonanzverstarkung ein aus Pflanzenfasern bestehender und mit Kronkorken behangter Beutel der mit dem Brett verbunden ist und dieses am nahen Ende zu knapp der Halfte uberdeckt Spielweise BearbeitenDie Saiten der bangwe werden mit den Fingernageln beider Hande seitlich angezupft Im Suden Malawis halt der Spieler das Brett wie ein Lamellophon vor seinen Bauch nach vorn und zupft beidhandig mit Daumen und Zeigefinger Bei der selteneren Spielweise die eher in Nordmalawi vorkommt wird die bangwe wie eine Gitarre angeschlagen Dabei dampft der Spieler mit den Fingern der linken Hand einige Saiten die nicht erklingen sollen indem er die Finger auf die Saiten legt wahrend er mit Daumen und Zeigefinger der rechten Hand in einer kreisformigen Bewegung einen Rhythmus mit unterschiedlichen Akkorden produziert 8 Sein Instrument halt er wie eine Gitarre Hier zeigt sich der Einfluss zeitgenossischer popularer Gitarrenmusik der auch bei der auf dieselbe Weise gespielten sechssaitigen Brettzither kipango in der Region Iringa im Sudwesten Tansanias deutlich wird 9 Die stets mannlichen Musiker treten solistisch auf sie spielen zur Unterhaltung bei Feiern und gelegentlich bei Begrabnissen Allgemein in Afrika gibt es keine passende Ubersetzung fur ein Musikinstrument spielen In einer Bantusprache in Uganda werden beispielsweise sowohl die Trommel ngoma als auch die Spiessgeige endingidi geschlagen wahrend in Malawi die Instrumente auf Chichewa gesungen werden Kuyimba bangwe heisst somit wortlich die Zither singen 10 Die mit der bangwe begleiteten Geschichten nthano richten sich haufig an Jugendliche denen sie in Form von Sprichwortern eine gute Lebensfuhrung beibringen wollen Die Musikkultur von Sudmalawi und Zentralmosambik wird als eigenstandig von derjenigen Sudafrikas unterschieden Charakteristisch fur die Tradition der dortigen Sena ist neben der bangwe das grosse Xylophon valimba ulimba Ein anderer Stil sind die von Panfloten begleiteten Tanze der Nyungwe Sprecher in Mosambik Die Stimmung der bangwe des Xylophons und des Sena Lamellophons malimba sind annahernd aquiheptatonisch das heisst die Oktave wird in sieben gleiche Tonstufen unterteilt deren berechnetes Intervall 171 Cents betragt 11 In der Praxis ist dieser Tonabstand ein ungefahrer Mittelwert Abweichend dazu wurde beim Lamellophon mbira der Shona eine harmonische Struktur festgestellt die auf Quarten Quinten und Oktaven beruht 12 In Nordmalawi nennen die Tumbuka die Brettzither pango oder bango Bei einer 1971 in Nordmalawi gemessenen pango mit sieben Saiten entsprachen die vier oberen Intervalle grob dem Mittelwert der Abstand zur sechsten Saite betrug etwa eine kleine Terz und auf die tiefste Saite verzichtete der Musiker beim Spiel 13 Bei seinen Forschungen zum Vimbuza Besessenheitsritual bei den Tumbuka in den 1990er Jahren bemerkte Steven Friedson dass die pango und das Lamellophon kalimba als aussterbende Musikinstrumente angesehen werden und das Trommelensemble des Vimbuza Rituals die einzige gepflegte musikalische Tradition darstellt 14 Hugh Tracey machte in den 1950er Jahren zahlreiche Aufnahmen mit bangwe Spielern Seit 1967 erforschten Gerhard Kubik und seine Schuler Maurice Djenda 1948 und Moya Aliya Malamusi 1959 die Musik Malawis Einer der bekanntesten bangwe Spieler war Limited Mfundo dessen Lieder erstmals Tracey 1958 unter anderen Kubik 1967 und 1984 sowie der Rundfunk von Malawi in den 1970er Jahren aufgezeichnet und auf Tontrager veroffentlicht haben Mfundos moralische Geschichten handeln von der Rucksichtslosigkeit der Leute den alltaglichen Unzulanglichkeiten und seinen personlichen Problemen Gerhard Kubik vergleicht die Gemutslage mit dem Blues und die geschilderten Erfahrungen des ausserst bescheiden lebenden Strassensangers mit denen des amerikanischen Sangers Blind Willie McTell 15 In den 1980er Jahren zog der blinde Geschichtenerzahler und bangwe Spieler Chitenje Tambala ein grosses Publikum an Seine Lieder wurden haufig im Rundfunk ubertragen Am Beginn eines seiner Lieder Ellis redet Tambala auf sein Instrument ein damit es sich zum Spielen bereithalten moge Er spricht es mit dem Wort waya an das sich als Saite ubersetzen lasst und in vergangenen Zeiten auch fur Grammophone verwendet wurde die vor Spielbeginn mit einer Handkurbel auf Touren gebracht werden mussten Wenn altere Musiker nicht dem Tempo ihres Ensembles folgen konnen sagen sie ebenfallswaya 16 Ein nach der Jahrtausendwende die Tradition bewahrender Sanger der sich auf der bangwe begleitet ist Labison Mpotandebvu von dem ein Lied den Titel Tsoka la atsikana Das Pech der Madchen tragt 17 Ansonsten erfahrt die bangwe das Schicksal vieler afrikanischer Musikinstrumente die im Lauf des 20 Jahrhunderts nahezu verschwunden sind 18 An die Stelle noch in den 1950er Jahren 19 in grosserer Vielfalt in Malawi vorhandener traditioneller Saiteninstrumente wie dem Mundbogen mtyangala dem Musikbogen kalirangwe oder der Stabzither zeze traten in der landlichen Unterhaltungsmusik den westlichen Vorbildern nachgebaute Gitarren gitala und Banjos banjo und in den Stadten E Gitarren Literatur BearbeitenGerhard Kubik Theory of African Music Band 1 und 2 University of Chicago Press London 1994 Moya Aliya Malamusi Stringed Instrument Traditions in Southern Malawi In African Music Vol 7 No 3 1996 S 60 66 Mitchel Strumpf Some Music Traditions of Malawi In African Music Vol 7 No 4 1999 S 110 121 Andrew Tracey Bangwe In Stanley Sadie Hrsg The New Grove Dictionary of Musical Instruments Vol 1 Macmillan Press London 1984 S 150f Wim van Zanten The Equidistant Heptatonic Scale of the Asena in Malawi In African Music Vol 6 No 1 1980 S 107 125 Wim van Zanten Malawian Pango Music from the Viewpoint of Information Theory In African Music Vol 6 No 3 1983 S 90 106Diskografie BearbeitenNorthern and Central Malawi Nyasaland 1950 57 58 Tonga Tumbuka Cewa Feldaufnahmen von Hugh Tracey International Library of African Music SWP Records 014 2000 Titel 1 2 3 4 10 13 18 25 Southern and Central Malawi Nyasaland 1950 57 58 Mang anja Cewa Yao Feldaufnahmen von Hugh Tracey International Library of African Music SWP Records 013 2000 Titel 1 2 16 23 24 From lake Malawi to the Zambezi Aspects of music and oral literature in south east Africa in the 1990s Feldaufnahmen von Moya Aliya Malamusi Popular African Music pamap 602 1999 Titel 9 11Weblinks BearbeitenBlind Bangwe player near Sena africamediaonline com Foto einer bangwe mit zehn Saiten in Mosambik 1961 Einzelnachweise Bearbeiten Ferdinand J de Hen A Case of Gesunkenes Kulturgut The Toila In The Galpin Society Journal Bd 29 Mai 1976 S 84 90 hier S 89 Roger Blench Evidence for the Indonesian Origins of Certain Elements of African Culture A Review with Special Reference to the Arguments of A M Jones In African Music Vol 6 No 2 1982 S 81 93 hier S 81 Wim van Zanten 1980 S 107 Mitchel Strumpf S 113 Andrew Tracey Northern and Central Malawi Nyasaland 1950 57 58 Titel 1 Moya Aliya Malamusi S 61 Wim van Zanten 1980 S 110 Gerhard Kubik Theory of African Music Band 2 S 215 Gerhard Kubik Neo Traditional Popular Music in East Africa since 1945 In Popular Music Vol 1 Folk or Popular Distinctions Influences Continuities 1981 S 83 104 hier S 87 Gerhard Kubik Zum Verstehen afrikanischer Musik Lit Wien 2004 S 65f John E Kaemmer Southern Africa An introduction In Ruth M Stone Hrsg Garland Encyclopedia of World Music Volume 1 Africa Routledge New York 1997 S 711 Gerhard Kubik Theory of African Musik Band 1 S 235 Wim van Zanten 1983 S 92 Steven Friedson Dancing prophets Musical experience in Tumbuka healing Chicago Studies in Ethnomusicology University of Chicago Press Chicago 1996 S 103 Gerhard Kubik Africa and the Blues University Press of Mississippi Jackson MS 1999 S 30f ISBN 978 1578061464 Mitchel Strumpf S 113f Gerhard Kubik Pathways to invention Memento vom 24 Februar 2014 im Internet Archive In Ntama Journal of Popular African Music and Culture 21 Dezember 2011 Mayamiko Seyani Chronicling endangered music instruments The Nation 13 September 2013 Hugh Tracey beschrieb eine grosse Zahl von Saiteninstrumenten Trommeln Floten Rasseln Vgl John Lwanda The History of Popular Music in Malawi 1891 to 2007 a preliminary communication In The Society of Malawi Journal Vol 61 No 1 2008 S 26 40 hier S 30 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Bangwe amp oldid 230672165