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Die Backerjungensage ist eine auf drei historischen Ereignissen beruhende Sage aus Andernach seit der Mitte des 19 Jahrhunderts in Form mehrerer Gedichte spater auch in Prosa und als Auffuhrung 1 Der Stoff stammt nicht aus dem Volksmund sondern hat einen literarischen Hintergrund Andernacher Rheintor um 1200 als Korenporzen erbaut 1899 nach Planen des 17 Jahrhunderts restauriert Die sogenannten Backerjungen im Inneren des Rheintors Backerjungenbrunnen auf dem Marktplatz Skulptur auf dem Brunnen Blick von Sudwest Inhaltsverzeichnis 1 Die Backerjungensage und fruhere Geschichten 2 Historischer Hintergrund 3 Simrocks Backerjungen 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseDie Backerjungensage und fruhere Geschichten BearbeitenKarl Simrock Germanistikprofessor aus Bonn veroffentlichte die Erzahlung in der 1869er Ausgabe seiner Rheinsagen 2 Bereits 1855 hatte der Andernacher Wilhelm Reuter ein Gedicht mit dem gleichen Sujet veroffentlicht Danach wollten sich die Linzer an den Andernachern wegen der Ruckverlegung des Rheinzolls nach Andernach durch einen nachtlichen Uberfall rachen der durch zwei wache Backerjungen der Rest der Stadt schlief vereitelt wurde indem sie die bereits mit dem Rammbock in Position stehenden Angreifer mit Bienenkorben bewarfen und ausser Gefecht setzten Die Stadtwache wurde per Sturmglocke auf die Mauern alarmiert sodass die Linzer nun keine Moglichkeit mehr hatten als ziemlich zerstochen mit blutigen Nasen abzuziehen Historisch gab es keinerlei Zwist zwischen den beiden Stadten in denen der Erzbischof eine eigene Stadtburg hatte Noch interessanter wird die Geschichte wenn man die Vorlauferversion der Sage liest die der Koblenzer Friedrich Wilhelm Carove 1816 mit anderen Geschichten den Brudern Grimm schickte 3 Seiner Ansicht nach sind die Gestalten im Rheintor Bierbrauer die im Schwedenkrieg die Stadt dadurch gerettet haben sollen dass sie heisses Wasser auf die angreifenden Schweden schutteten die 1633 zum zweiten Male Andernach dieses Mal vergeblich einnehmen wollten Diese Bierbrauer Version einer Andernacher Rettungssage bezieht sich im Gegensatz zur spater etablierten Backerjungensage auf das erwahnte tatsachliche Ereignis das rein theoretisch so oder ahnlich abgelaufen sein konnte abgesehen von der Tatsache dass die Steinfiguren im Rheintor ersichtlich weder Backerjungen noch Bierbrauer waren oder sind und nie mit irgendeinem Angriff zu tun hatten Niemand weiss allerdings von wo Carove der 1816 in Andernach Einnehmer der Rheinschifffahrtsgebuhren war die Geschichte bezog Zu seiner Zeit war die Backerjungensage noch nicht entstanden Bei den Tuffsteinfiguren im Rheintor handelt es sich fur jedermann deutlich sichtbar um zwei Kriegerfiguren aus spatromanischer Zeit im 13 Jahrhundert Sie fungieren als symbolische Wachter der Stadt und wurden moglicherweise schon bei oder kurz nach Errichtung des Tores dort aufgestellt 4 Historischer Hintergrund BearbeitenDie Sage vermischt drei historische Ereignisse miteinander die nichts miteinander zu tun haben 1365 hatte der Kolner Erzbischof Engelbert III von der Mark den eintraglichen Zoll von Andernach nach Linz verlegt Ursache dazu war die zunehmende Gegnerschaft zwischen Stadt und Bischof Als die Andernacher in der Folge die erzbischofliche Burg sturmten und zerstorten wurde die Stadt 1367 von den Truppen des Bischofs belagert und schliesslich auch erobert 100 Jahre spater im Burgundischen Krieg 1474 1477 stand Andernach auf der Seite des Erzbischofs Hermann IV von Hessen erzstiftlicher Administrator fur Ruprecht von der Pfalz dem es rechtlich unterstand und unterstutzte diesen und Kaiser Friedrich III gegen den Burgunderherzog Karl I den Kuhnen mit 150 Buchsenschutzen Diese hatten die Aufgabe eine Erdbefestigung bei Kripp gegenuber der Stadt Linz zu verteidigen die sich auf die Seite Karls des Kuhnen geschlagen hatte Als burgundische Truppen am 16 Februar 1475 die Erdbefestigung mit einer Kanone von Linz aus beschossen wurden um die 150 Andernacher Schutzen durch die Explosion ihres eigenen Pulvermagazins getotet Aus Dankbarkeit fur den Blutzoll verlegte der Kaiser im selben Jahr den Rheinzoll nach Andernach zuruck und stiftete einen kaiserlichen Altar im Dom Daraus leitete Simrock den Zwist zwischen Andernach und Linz ab den es nicht gab denn die Andernacher provozierten seinerzeit den Unmut des Erzbischofs der auf seine Art mit Belagerung der Stadt Wiederaufbau der Burg durch die Stadt und Zollentzug antwortete Durch die fur Andernach verlustreiche Unterstutzung von Erzbischof und Kaiser 100 Jahre spater erhielt die Stadt als Anerkennung den Rheinzoll zuruck Die Stadt Linz konnte unter diesen Umstanden nicht erwarten dass Erzbischof und Kaiser als ihr Gegner nicht zu ihren Ungunsten reagierten Das dritte in die Sage eingewobene historische Ereignis war der Uberfall durch den brabanter Heerfuhrer Olivier van den Tempel Olivier van den Tympel 1540 1603 auf die Stadt in den Wirren nach dem Kolner Krieg 1583 88 auch truchsessischer Krieg genannt bei dem die Kornpforte Rheintor 1591 teilweise zerstort wurde Oberst van den Tempel war mit Truppen aus den Niederlanden an den Rhein gekommen um den sudlichen Teil des Erzbistums im Auftrag des nach den Niederlanden geflohenen Erzbischofs Gebhard I von Waldburg gegen seinen Nachfolger Ernst von Bayern zu bekampfen Der Uberfall scheiterte am Widerstand der Andernacher Burger Diese Geschichte lieferte die Grundlage zum Angriff auf das Rheintor und hatte mit Linz nichts zu tun Die Backerjungen von Andernach haben auch Namen Franzje und Dores Franzchen und Theodor Nach der Sage waren sie alleine wach im Gegensatz zu den ubrigen Andernachern die abends gerne feierten und lange ausschliefen weswegen sie Andernacher Siebenschlafer im ortlichen Dialekt dem Annenache Platt Annenache Siwweschloowe genannt wurden So konnten die beiden durch gezielte Bienenkorbwurfe und Alarmieren der Stadtwache den Angriff vereiteln Simrocks Backerjungen BearbeitenDie Andernacher schlafen lange Im Schlafe schlagt man keinen tot Doch vor den Linzern weicht ihr bange Zur Seite weil euch Todschlag droht dd dd Einst hatte zwischen Andernachern Und Linzern lange Krieg getobt Ihr wisst dass mit den Widersachern Noch heut kein Madchen sich verlobt dd dd Gesegnen wirs den Siebenschlafern Hiess es zu Linz beim Morgenschein Wohlauf so soll den faulen Schlafern Das letzte Brot gebacken sein dd dd Die Rechnung ohne Wirt zu machen Das widerrat ein altes Wort Denn wenn auch alles schlaft so wachen Die Backer doch am faulsten Ort dd dd Den Backern durfen wir vertrauen Sie stehn das Brot zu backen auf Wenn sie den Feind von fern erschauen So wecken sie uns in den Kauf dd dd Hierbei blieb eins nur unerwogen Dass Backer auch und Backerskind Nicht aus der Ferne hergezogen Nein selber Siebenschlafer sind dd dd Wenn sie das Brot gebacken haben So liegen sie davor gestreckt Am Morgenschlummer sich zu laben Wenn schon der Feind die Zahne bleckt dd dd Den Linzern war der Streich gelungen Sie assen Andernacher Brot Wenn nicht zwei fremde Backerjungen Den Meistern halfen aus der Not dd dd Sie waren auf den Turm gelaufen Und standen frischen Honigs satt Da sahen sie den Linzer Haufen Der uberrumpeln will die Stadt dd dd Doch als sie jetzt ans Stadtthor rucken Was war der Backerknaben Gruss Die Bienenkorb in tausend Stucken Schleudern sie ihnen vor den Fuss dd dd Da stechen ungezahlte Summer Und hundert toten einen Mann Gewiss da zog die beste Nummer Wer noch mit heiler Haut entrann dd dd Die Jungen zerren an den Glocken Auf stehn die Andernacher Herrn Sie finden in die Milch zu brocken Doch keinen Feind mehr nah und fern dd dd Wir hatten trefflich uns gebettet Ja solche Wacht empfahl Vernunft Und hat kein Backer uns gerettet So thats die junge Backerzunft dd dd Kommt ihr ins Thor ihr seht inwendig Noch heut die Backerjungen stehn Und halten sie die Wacht bestandig Kein Linzer lasst sich leicht mehr sehn dd dd Quelle Karl Simrock Rheinsagen aus dem Munde des Volkes und deutscher Dichter Zehnte Auflage Eduard Weber s Verlag Julius Flittner Bonn 1891 5 Literatur BearbeitenDie Andernacher Backerjungen Hintergrunde einer Sage Begleitheft zur Sonderausstellung im Stadtmuseum Andernach Herausgeber Klaus Schafer 1996 Weblinks BearbeitenBackerjungensage in ProsaEinzelnachweise Bearbeiten Goethe Institut Die Andernacher Backerjungen In www goethe de Abgerufen am 18 August 2015 Alexander Kaufmann Quellenangaben und Bemerkungen zu Karl Simrocks Rheinsagen und Alexander Kaufmanns Mainsagen In reader digitale sammlungen de Abgerufen am 18 August 2015 Darauf wies erstmals hin Klaus Graf Eine Sage fur den Pinsel eines Ovids Kritisches zur Rheinsage am Beispiel der Sieben Jungfrauen Sage von Oberwesel Festvortrag beim Hansenfest 1998 In Hansen Blatt 64 1999 Nr 52 S 53 59 E Text Sagen aus dem Rheinland von Text im Projekt Gutenberg Nicht mehr online verfugbar In projekt gutenberg org Archiviert vom Original am 21 Februar 2020 abgerufen am 18 August 2015 Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www projekt gutenberg org Rheinsagen aus dem Munde des V Titel Fremdbestand Universitats und Landesbibliothek Bonn In digitale sammlungen ulb uni bonn de Abgerufen am 18 August 2015 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Backerjungensage amp oldid 234775765