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Arthur Brandt geboren am 21 Juni 1893 in Zullichau gestorben am 24 Januar 1989 in Lugano Schweiz war ein deutscher Rechtsanwalt und Strafverteidiger Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Werdegang anwaltliche Tatigkeit und Emigration 1933 1 2 Ruckkehr 1955 und Anwalt in Sachen Rehabilitation Marinus van der Lubbe 2 Schriften 3 Literatur 4 Weblinks 5 AnmerkungenLeben BearbeitenWerdegang anwaltliche Tatigkeit und Emigration 1933 Bearbeiten Brandt wurde 1916 an der Universitat Erlangen mit einer Arbeit uber die Grenzen der mittelbaren Taterschaft im geltenden und kunftigen Strafrecht zum Dr jur promoviert Er arbeitete ab 1921 in Berlin als Rechtsanwalt Dabei umfasste seine juristische Tatigkeit ein breites Spektrum Als Herausgeber der Autorechtlichen Rundschau nahm er Einfluss auf verkehrsrechtliche Fragen Zudem leitete er den Ausbildungskurs fur die Berliner Gerichtsreferendare im Strafrecht 1 Bekannt wurde Brandt im Tscheka Prozess 1925 wo er zusammen mit Kurt Rosenfeld und anderen die Verteidigung der angeklagten Kommunisten ubernahm und daruber eine Denkschrift der Verteidigung veroffentlichte die in erster Linie die gravierenden Eingriffe des verhandelnden Staatsgerichtshofes in die Rechte der Verteidiger thematisierte Unter dem Einfluss Rosenfelds trat Brandt der bis zu diesem Prozess der DDP angehort hatte nun in die SPD ein 2 Nachdem in der Nacht vom 27 zum 28 Februar 1933 der Reichstag gebrannt hatte floh Brandt am folgenden Tag aus Deutschland weil er seine Verhaftung befurchtete In der Tat bedeutete die noch am 28 Februar erlassene Reichstagsbrandverordnung als neue Stufe der nationalsozialistischen Machtergreifung so der amerikanische Historiker Benjamin Carter Hett fur Brandt wie fur viele linksgerichtete judische Anwalte dass er sich in Lebensgefahr befand 3 Uber die Schweiz und Frankreich floh Brandt nach London wo er im Sommer 1933 die Nachricht vom Entzug seiner Zulassung als Anwalt wegen kommunistischer Betatigung erhielt 4 Brandt emigrierte 1938 weiter in die Vereinigten Staaten erhielt die amerikanische Staatsburgerschaft und wurde Mitglied der Anwaltskammern New York und Massachusetts Er arbeitete von da an als Rechtsanwalt in den USA und war als Anwalt beim Obersten Gericht von Massachusetts und beim Bundes Appellationsgericht in New York zugelassen 5 Brandt trug wesentlich zur Aufarbeitung des Falles Jakubowski bei der als einer der grossen Justizirrtumer der Weimarer Republik gilt Josef Jakubowski der im Ersten Weltkrieg als russischer Soldat in deutsche Kriegsgefangenschaft geraten war und sich spater als Landarbeiter in Mecklenburg durchschlug war 1925 vom Landgericht Neustrelitz wegen angeblichen Mordes an seinem dreijahrigen Sohn zum Tode verurteilt und 1926 enthauptet worden Als Vertreter der Deutschen Liga fur Menschenrechte wirkte Brandt an einer gegen Staatsanwalt Muller und Landgerichtsprasident Johannes von Buchka gestellten Strafanzeige wegen Rechtsbeugung mit die zwar zuruckgewiesen wurde in der Folge aber Argumente fur die Abschaffung der Todesstrafe lieferte Erst 1929 wurde der wahre Tater vom Landgericht Neustrelitz in einem Verfahren bei dem Brandt als Nebenklager mitwirkte unter einem neuen Staatsanwalt und einem neuen Landgerichtsprasidenten der Tat uberfuhrt und zum Tode verurteilt Die Todesstrafe wurde nicht vollstreckt Brandt hatte sich auch hier gegen diese Strafe ausgesprochen In der Folge dieses Prozesses und der Aufdeckung des Justizirrtums wurden bis 1933 im Deutschen Reich kaum noch Hinrichtungen vollzogen 6 Ruckkehr 1955 und Anwalt in Sachen Rehabilitation Marinus van der Lubbe Bearbeiten 1954 entschloss sich Brandt als Anwalt nach Berlin zuruckzukehren Sein erklartes Ziel war Wiedergutmachung fur Opfer des Nationalsozialismus zu erstreiten 1955 eroffnete er in Berlin eine Anwaltskanzlei Einer seiner ersten Falle mit dem er uber viele Jahre anwaltlich betraut wurde war das Bemuhen um Rehabilitierung des im Reichstagsbrandprozess Ende 1933 zum Tode verurteilten Niederlanders Marinus van der Lubbe Beauftragt wurde Brandt durch Johannes Marcus van der Lubbe den alteren Bruder des im Januar 1934 Hingerichteten Mit Hilfe des 1951 verabschiedeten Gesetzes zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts auf dem Gebiete des Strafrechts wurde die Aufhebung des Urteils angestrebt Schliesslich war das Gesetz auf dessen Basis van der Lubbe zum Tode verurteilt worden war die sog Lex van der Lubbe eigens nach dem Reichstagsbrand verabschiedet worden um den mutmasslichen Tater entgegen dem rechtsstaatlichen Grundsatz nulla poena sine lege aburteilen zu konnen In seinen Schriftsatzen machte Brandt geltend dass das Todesurteil der Festigung des Nationalsozialismus gedient habe und aus politischen Grunden gefallt worden sei Erganzend argumentierte er die Nationalsozialisten hatten van der Lubbe fur ein Verbrechen hinrichten lassen fur das dieser keine Schuld trage 7 Flankierend zu seinen juristischen Bemuhungen gelang es Brandt den Schriftsteller Curt Riess zu entsprechenden Artikeln im Magazin Stern zu veranlassen Dieser publizierte dort unter seinem Pseudonym Peter Brandes die dreiteilige Serie Feuer uber Deutschland wonach der Reichstag von SA Aktivisten angezundet worden sei 8 Im Rahmen der Ermittlungen fur den Prozess kam es zu Aussagen von Paul Vogt der 1933 Untersuchungsrichter beim Reichstagsbrand war dem ersten Gestapo Chef Rudolf Diels sowie Diels damaligem Mitarbeiter Alois Eugen Becker Wahrend Becker angab man sei unmittelbar nach dem Reichstagsbrand bei der Gestapo davon ausgegangen dass van der Lubbe damals das Feuer unmoglich habe alleine legen konnen gab sein Chef Diels zu Protokoll eine Alleintaterschaft van der Lubbes sei als wahrscheinlich anzusehen Vogt wollte gar keine politische Einflussnahme auf den Prozess erkennen dieser sei so der ehemalige Untersuchungsrichter beim Reichstagsbrand vollig gesetzeskonform verlaufen Nach langwierigem Procedere lehnte das Landgericht Berlin die Aufhebung des Urteils wegen eines Verfahrensfehlers der Versaumung einer Frist zur Antragstellung 1958 ab 1965 wurde der Fall nach einer Gesetzesanderung und mit Unterstutzung der Staatsanwaltschaft erneut verhandelt Van der Lubbe wurde nun zwar von den im Prozess 1933 vorgebrachten Anklagepunkten Hochverrat und aufruhrerische Brandstiftung freigesprochen doch wegen Brandstiftung verurteilt und die Todesstrafe in eine achtjahrige Zuchthausstrafe umgewandelt 9 Erst viele Jahre spater am 6 Dezember 2007 stellte die Bundesanwaltschaft auf neuer Gesetzesgrundlage schliesslich fest dass das Urteil gegen den im Reichstagsbrandprozess verurteilten Marinus van der Lubbe aufgehoben ist 10 Arthur Brandt wahlte ab 1970 seinen Alterswohnsitz in Lugano Schweiz wo er 1989 verstarb 11 Schriften BearbeitenGrenzen der mittelbaren Taterschaft im geltenden und kunftigen Strafrecht Greifswald 1916 Universitat Erlangen Jur Diss 1916 Der Tscheka Prozess Die Denkschrift der Verteidigung Neuer Deutscher Verlag Berlin 1925 Der Tscheka Prozess Die Denkschrift der Verteidigung Attica Verlag Hamburg 1979 ISBN 3 88235 007 5 Unschuldig verurteilt Richter sind nicht unfehlbar Econ Dusseldorf 1982 ISBN 3 430 11509 4 Literatur BearbeitenTillmann Krach Judische Rechtsanwalte in Preussen Uber die Bedeutung der freien Advokatur und ihre Zerstorung durch den Nationalsozialismus C H Beck Munchen 1991 ISBN 3 406 35078 X Benjamin Carter Hett Der Reichstagsbrand Wiederaufnahme eines Verfahrens Rowohlt Reinbek bei Hamburg 2016 ISBN 978 3 498 03029 2 Weblinks BearbeitenForum Anwaltsgeschichte Dr Arthur Brandt 1893 1989 Anmerkungen Bearbeiten Ismar Lachmann Die Grossen der Berliner Advokatur In Das Kriminal Magazin Jg 1 1929 H 9 S 24 29 hier S 27 Online bei Illustrierte Magazine der Klassischen Moderne Arthur Brandt Unschuldig verurteilt Richter sind nicht unfehlbar Econ Dusseldorf 1982 Verlagsangaben zum Autor Arthur Brandt Der Tscheka Prozess Die Denkschrift der Verteidigung Attica Verlag Hamburg 1979 S 12 f Benjamin Carter Hett Der Reichstagsbrand Wiederaufnahme eines Verfahrens Rowohlt Reinbek bei Hamburg 2016 S 403 Tillmann Krach Judische Rechtsanwalte in Preussen Uber die Bedeutung der freien Advokatur und ihre Zerstorung durch den Nationalsozialismus C H Beck Munchen 1991 S 168 u S 431 Benjamin Carter Hett Der Reichstagsbrand Wiederaufnahme eines Verfahrens Rowohlt Reinbek bei Hamburg 2016 S 403 f Arthur Brandt Der Tscheka Prozess Die Denkschrift der Verteidigung Attica Verlag Hamburg 1979 S 12 f Ismar Lachmann Die Grossen der Berliner Advokatur In Das Kriminal Magazin Jg 1 1929 H 9 S 24 29 hier S 27 Online bei Illustrierte Magazine der Klassischen Moderne Arthur Brandt Unschuldig verurteilt Richter sind nicht unfehlbar Econ Dusseldorf 1982 S 15 23 dort steht S 23 irrtumlich es sei keine Hinrichtung mehr vollzogen worden Dagegen belegt Claudia Schoningh in ihrer Studie Kontrolliert die Justiz Die Vertrauenskrise der Weimarer Justiz im Spiegel der Gerichtsreportagen von Weltbuhne Tagebuch und Vossischer Zeitung Fink Munchen 2000 ISBN 3 7705 3471 9 S 205 dass es zwar 1929 keine Hinrichtungen mehr gab aber in den Jahren 1930 1932 insgesamt acht Todesurteile vollstreckt wurden Benjamin Carter Hett Der Reichstagsbrand Wiederaufnahme eines Verfahrens Rowohlt Reinbek bei Hamburg 2016 S 404 406 Benjamin Carter Hett Der Reichstagsbrand Wiederaufnahme eines Verfahrens Rowohlt Reinbek bei Hamburg 2016 S 409 u S 594 die Serie erschien in folgenden Ausgaben des Stern 9 November 1957 16 November 1957 und 30 November 1957 Benjamin Carter Hett Der Reichstagsbrand Wiederaufnahme eines Verfahrens Rowohlt Reinbek bei Hamburg 2016 S 407 409 Grundlage fur die Feststellung war das NS Unrechtsurteileaufhebungsgesetz aus dem Jahre 1998 nach dem Urteile aus der Zeit zwischen 1933 und 1945 von Amts wegen aufzuheben sind wenn sie auf spezifischem nationalsozialistischen Unrecht beruhen siehe Bundesanwaltschaft Aufhebung des Urteils gegen Marinus van der Lubbe festgestellt Memento des Originals vom 6 Marz 2019 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www generalbundesanwalt de Tillmann Krach Judische Rechtsanwalte in Preussen Uber die Bedeutung der freien Advokatur und ihre Zerstorung durch den Nationalsozialismus C H Beck Munchen 1991 S 168 u S 431 Normdaten Person GND 113845172X lobid OGND AKS VIAF 243150325562010090007 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Brandt ArthurKURZBESCHREIBUNG deutscher Rechtsanwalt und StrafverteidigerGEBURTSDATUM 21 Juni 1893GEBURTSORT ZullichauSTERBEDATUM 24 Januar 1989STERBEORT Lugano Schweiz Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Arthur Brandt Rechtsanwalt amp oldid 235175636