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Die Altserbischen Herrscherbiographien entstanden in einem Zeitraum zwischen dem 13 und 15 Jahrhundert Sie besitzen eine besondere Stellung in der vom byzantinischen Kulturkreis der sogenannte Byzantinische Commonwealth gepragten slawischen Lander Sudost und Osteuropas und unterscheiden sich als literarische Sonderform von byzantinischen Vorbildern 1 Die Altserbischen Herrscherbiographien beschreiben das Leben serbischer Herrscher und Kirchenfursten In ihnen treffen Ideengeschichte und historische Wirklichkeit des serbischen Mittelalters zusammen Sie sind damit wichtigste Quelle fur das mittelalterliche serbische Herrschertum und Ort fur die geistige Auseinandersetzung der Zeitgenossen mit der sie umgebenden Wirklichkeit 2 Aus dem Ursprung der Gattung in der von Sava von Serbien verfassten kurzen Vita seines Vaters Stefan Nemanja verfassten Stefan Nemanjic Dometijan Teodosije Hilandarac Danilo II Danilo III Konstantin von Kostenec und Grigorij Camblak den Korpus der Biographien Inhaltsverzeichnis 1 Ursprung 2 Funktion 3 Entstehung 4 Inhalt 5 Hohepunkt 6 Spatphase 7 Literatur 7 1 Quelleneditionen 8 EinzelnachweiseUrsprung Bearbeiten nbsp Ikone mit der Darstellung des Heiligen Sava von Serbien und seinem Vater als Heiligem Monch Simeon Nemanja Die Rolle in Simeons Hand paraphrasiert die Herrscherbiographie Domentijans uber das Leben des Heiligen Simeon aus dem 13 Jahrhundert Nationalmuseum Belgrad Wohl Zweite Halfte des 16 Jahrhunderts Zograf Longin zugeschrieben Die Altserbischen Herrscherbiographien gehen auf Kleinformen der byzantinischen Historiographie und die volkstumliche Form der griechischen Hagiographik zuruck Ausgangspunkt der Gattung sind die beiden Texte zur Lebensbeschreibung Stefan Nemanjas durch seine beiden Sohne Sava und Stefan Savas kurzer Beschreibung des Monchslebens Stefan Nemanjas folgte die etwa doppelt so grosse Biographie Nemanjas von Konig Stefan Nemanjic auch Stefan der Erstgekronte Beide Texte stammen aus dem Beginn des 13 Jahrhunderts Sie entstanden wie alle spateren Biographien in orthodoxen Klostern Diese waren als soziologischer Ort der altserbischen Biographik Zentren der Haustradition des serbischen Adels die die Kloster mehr herrschaftlich aristokratisch organisierten 3 In den Biographien kommen Angehorige des Herrscherhauses oder der Kloster als Mitglieder der politisch fuhrenden Schichten zu Wort Die Lebensbeschreibungen sind daher nicht nur eine Form der Geschichtsbeschreibung in ihnen soll auch Geschichte gemacht werden Funktion BearbeitenDie Viten waren zum Vorlesen in klosterlicher Gemeinschaft bestimmt der Tafellesung am Hof des Herrschers oder als Unterrichtsmittel fur die adlige Jugend in den Kloster und Domschulen Ein bestimmendes Element sind die kirchlich religiosen Momente der Viten Sie bestimmten die Gedanken und Ideenwelt des Mittelalters in dem nach Stanislaus Hafner das Metaphysische fur eine Realitat erachtet wurde 4 Entstehung Bearbeiten nbsp Die Klosteranlagen des serbischen Monchtums waren der soziologische Mittelpunkt fur die Entwicklung der Ideengeschichte der altserbischen HerrscherbiographienSavas Vita Stefan Nemanja von 1208 entstand im Rahmen des Typikon des Klosters Studenica in der von Sava bestimmten Grablege des zu Anfang des 13 Jahrhunderts heiliggesprochenen Stefan Nemanjas Es galt daher den Kult um Nemanja durch die Vita zu bestatigen und die Umgebung in diesem Sinne zu beeinflussen Das Anliegen Savas in der Vita wurde schon in den Proomien in der Stiftungsurkunde Hilandars auf dem Heiligen Berg Athos vorgebildet die nach den Urkunden der Byzantinischen Kaiser verfasst war Dieser Leitidee folgend wurde es als Vorbild aller weiteren Herrscherbiographien des serbischen Mittelalters 5 Damit war die serbische Biographik von Anfang an in den Dienst des Herrscherhauses gestellt Als Musterbeispiel mittelalterlicher dynastischer Geschichtsschreibung gilt dann die der Vita Savas folgende zweite Vita Stafan Nemanjas durch Stefan Nemanjic In ihr wird die Rechtfertigung der eigenen bedrohten Thronfolge sowie der Wille das Geschehen der Zeit zu beeinflussen deutlich Mit den beiden folgenden Viten Savas durch die Hilandarmonche Dometijan und Teodosije erfahrt die in den Viten weiter elaborierte Staatsideologische Form der Serbischen Herrscherbiographien ihre zwei wesentlichen Formen der gelehrt rhetorischen und einer volkstumlich erbaulichen Dometijan und Teodosije legen die Grundlage zur idealen Losung der Verhaltnisse von Staat und Kirche im Nemanjidenreich Diese Idee war im serbischen Monchtum entstanden Nemanja als Begrunder des Staates und sein Sohn Sava als erstes Oberhaupt einer autokephalen serbischen Staatskirche entzogen damit alle Machtrivalitaten zwischen kirchlicher Ordnung und weltlicher Herrschaftsausubung Das gemeinschaftliche Verhaltnis des Staatsgrunders und dynastischen Urahns und des metaphysischen Ideenlehrers war damit nach Hafner fur alle Zeiten im metaphysischen und dynastischen Bereich verankert Das Monchtum diente fortan als Huter dieser Verbindung Inhalt Bearbeiten nbsp In Domentijan werden die Pilgerfahrten Savas 1229 1236 nach Palastina in grossen Detail beschriebenDie Viten sind die wichtigsten Quellen zur serbischen Herrscherhistorie des Mittelalters und liefern wesentliche Details zu den geschichtlichen Ereignissen Die erste Vita Stefan Nemanjas umfasste die letzten Lebensjahre Stefan Nemanjas als Monch Simeon in der seine Abdankung und der Eintritt ins Kloster Studenica erzahlt wird Sie ist als Augenzeugenbericht von Sava von Serbiens abgefasst Stefan schloss sich als Athosmonch seinem Sohn im Kloster Vatopedi an Sava beschreibt die Ankunft seines Vaters bis zu seinem Tode In der Zeit wurde das Kloster Hilandar durch Simeon und Sava von Kaiser Alexius III als Stiftung personlich uberlassen Savas Vita unterscheidet sich inhaltlich und strukturell erheblich von der formalen Struktur mittelalterlicher griechischer Viten sie folgt nur partiell rhetorischen Gepflogenheiten und den Konventionen der zeitgenossischen byzantinischen Hagiographien In einem schlichten Stil sowie durch die demutigen und zuruckhaltenden Formulierungen in denen der Autor uber sich spricht behielt sie bis heute eine Qualitat die auch heutige Leser beruhrt 6 Nachdem Stefan heiliggesprochen war wurde der Bedarf fur eine vollstandige Vita des Dynastiegrunders offenbar 1216 verfasste Stefans zweitaltester Sohn der damalige Grosszupan Stefan Nemanjic eine umfassende Vita Stefans Vita zeigt keine Aneignungen aus der Vita Savas und ist erheblich langer starker formal abgefasst und hat eine anspruchsvolleren Stil Sie folgt mehr den bestimmenden byzantinischen Hagiographien einem rhetorischen Protolog folgt eine Beschreibung der Taten des Heiligen eine Predigt Panegyrikon und die Beschreibung der Wunder nach seinem Ableben 7 Aufgrund der Heiligendarstellung war diese zweite Biographie im Mittelalter deutlich popularer als die erste Dometijans vollstandige Lebensbeschreibung Savas durch einen Schuler Savas aus dem Kloster Hilandar wurde spatestens 19 Jahre nach Savas Tod und womoglich schon zehn Jahre fruher abgefasst Sie ist Konig Stefan Uros I gewidmet der sie womoglich in Auftrag gegeben hat Sie umfasst langere Auszuge aus der Heiligen Schrift und unterstreicht Vorhersehungen und uberirdischen Ereignisse im Leben Savas Domentijans Stil ist ein fruhes Beispiel eines neuen Stils hagiographischer und panegyrischer Texte in Osteuropa im Mittelalter eine geschmuckter und rhetorischer Stil mit einer Tendenz narrative und theologische Aspekte miteinander zu verweben Damit nimmt das Faktische auch nur ein Minimum ein Sie wird somit zu einer zeitlosen Erzahlung mit einer transzendentalen Ebene 8 Teodosijes Vita Savas basierte grossteils auf Domentijas Bericht doch als spaterer Autor benutzte er einen vollig anderen Stil er erzahlt lebendig und unterhaltend und ist starker an den psychologischen Motiven interessiert Seine Vita hatte dadurch auch die grossere Popularitat Grundsatzlich geben die Viten wichtige Details zu Savas Flucht auf den Athos der Ankunft Stefan Nemanjas als Monch Simeon der Grundung Hilandars Savas Wechsel nach Konstantinopel in das Kloster Evergetis der Bitte um dem Erhalt der Autokephalie der serbischen Kirche beim Konstantinopoler Patriarchen sowie seiner beiden Palastinafahrten und der Besuche der altchristlichen Patriarchate in Alexandria Antiochia und Jerusalem Hohepunkt Bearbeiten nbsp Auch Ikonen geben Szenen aus den Herrscherbiographien wider Um das Hauptfeld der Ikone zu Stefan Uros III Decanskis sind einzelne Ereignisse gruppiert Zograf Longin Kloster Visoki Decani zwischen 1572 und 1596 nbsp Monumentalfresko Rebe der Nemanjiden Visoki Decani um 1335Als das Nemanjidenreich im 14 Jahrhundert zu seiner grossten Machtentfaltung gelangte wuchs der Bedarf an einer entsprechenden amtlichen die Reichsideologie widerspiegelnden Historiographie Aus diesem Grund wurde eine ganze Sammlung von Lebensbeschreibungen serbischer Konige des Nemanjidenhauses sowie der serbischen Erzbischofe angefertigt Die Verfasser waren Danilo und seine Schuler Ideengeschichtlich bleiben sie den beiden Ursprungsviten treu sie bieten dynastische Geschichte Gottesgnadentum und Geblutsheiligkeit 9 Als neues Element wird die Herrscherbiographie jetzt auch bildlich als Freskokomposition in den Mermorial Stiftungen der Konige umgesetzt Die Wurzel Nemaniae ein stilisierter Stammbaum der Nemanjiden in Form einer Rebe zieht als neue Bildformel in die osteuropaische Malerei ein Auch wenn es keine eindeutigen Beweise gibt wird sie Danilo II zugeschrieben Sie findet sich unter anderen im Kloster Gracanica in der Vorhalle im Patriarchenkloster in Pec in der Memorialkirche Stefan Uros III Decanski im Katholikon des Klosters Visoki Decani sowie im Kloster Matjeca 10 Fur diese Darstellung gibt es keine Vorbilder Daher wird vermutet dass sie einer Idee Danilos entstammt Auf einer Rebe werden die Angehorigen der Dynastie in Form eines Spaliers von unten nach oben abgebildet Durch Christus wird die Investitur am aktuellen Herrscher zuoberst vollzogen Die Verherrlichung des Herrschers aus politisch religiosen Kulttexten fuhrte zur visuellen Verherrlichung in den Fresken der Memorialkirchen Ebenfalls werden Ikonen nach den textlichen Vorbildern gestaltet Ikone mit der grossen Darstellung Stefan Uros IV Decanskis Zograf Longins schmucken Szenen aus der Vita Grigorij Camblaks Als drittes Element korrespondieren die in einem hohen kunstlerischen Niveau verbreiteten volkstumlichen serbischen Heldenepiken des Deseterac deren Bestand durch Svetozar Koljevic schon in Textpassagen in den Biographien Savas bei Domentijan und Teodosijes angedeutet werden Damit besassen im byzantino slawischen Kulturkreis nur die Serben das volle Spektrum politischer Herrscherkulte Nur dadurch war es den Serben nach Beendigung der Osmanischen Herrschaft moglich die einzige endogene Monarchie in Sudosteuropa zu entwickeln Spatphase Bearbeiten nbsp Gregorij Camblak links auf dem Konzil von Konstanz 1418Nach Aussterben der Nemanjidenlinie wurde die Herrschaftsbiographik auf Furst Lazar sowie seinen Sohn Stefan Lazarevic ubertragen Mit der Vita des Despoten Stefan Lazarevic durch den bulgarischen Emigranten Konstantin Kostenec begann die Dominanz der Viten als historische Quelle zu Ungunsten ihrer Funktion als Zeugnis der ideellen Geisteswelt Altserbiens Es war der eigentliche Abschluss der Gattung Gregorij Camblaks heychastisch gepragte Biographie Stefan Uros III Decanski steht etwas abseits der altserbischen Herrschaftshagiographien 11 Literatur BearbeitenQuelleneditionen Bearbeiten Stanislaus Hafner Altserbische Herrscherbiographien Band 1 Stefan Nemanja nach den Viten des hl Sava und Stefans des Erstgekronten Styria Graz 1962 Stanislaus Hafner Altserbische Herrscherbiographien Band 2 Danilo II und seine Schuler Die Konigsbiographien Styria Graz 1976 Maximilian Braun Lebensbeschreibung des Despoten Stefan Lazarevic von Konstantin dem Philosophen Im Auszug hrsg u ubers von Maximilian Braun Mouton Wiesbaden 1956 Konstantin Filozof Zhitiјa despota Stefana Lazareviћa Prosveta Srpska Knjizevna zadruga Stara Srpska Knjizevnost knj 11 Beograd 1989 ISBN 86 07 00088 8 Einzelnachweise Bearbeiten Stanislaus Haffner Altserbische Herrscherbiographien Verlag Steyr Graz 1962 S 13 ff ibid Stanislaus Haffner S 16 Stanislaus Hafner S 15 Stanislaus Hafner S 15 Stanislaus Hafner S 16 Dimitri Obolensky Six Byzantine Portraits Clarendon Oxford 1988 S 122 Dimitri Obolensky S 122 Dimitri Obolensky S 123 Stanislaus Hafner S 17 Frank Kampfer Herrscher Stifter Heiliger Politische Heiligenkulte bei den orthodoxen Sudslaven In J Peterson Hrsg Politik und Heiligenverehrung im Hochmittelalter Sigmaringen 1994 S 423 445 Stanislaus Hafner S 14 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Altserbische Herrscherbiographien amp oldid 230436212