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Alexander Mitscherlich 28 Mai 1836 in Berlin 31 Mai 1918 in Oberstdorf war ein deutscher Chemiker und Unternehmer Er gilt als einer der Erfinder des Sulfitverfahrens das eine bessere und billigere Produktion von Zellstoff aus Holz ermoglichte Alexander Mitscherlich 1858 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Ausbildung 1 2 Sulfitzellstoffverfahren 2 Varia 3 Quellen 4 Literatur 5 Weblinks 6 AnmerkungenLeben BearbeitenAusbildung Bearbeiten nbsp Eilhard Mitscherlich Alexanders VaterAlexander Mitscherlich wurde 1836 als jungstes Kind des damals beruhmten Chemikers Eilhard Mitscherlich in Berlin geboren In seinem Geburtshaus in der Dorotheenstrasse verkehrten namhafte Wissenschaftler wie Alexander von Humboldt der sogar Alexanders Taufpate wurde Dieser zeigte bereits in der Schulzeit am Friedrich Wilhelms Gymnasium und am Kollnischen Realgymnasium Interesse an der Chemie und experimentierte im Labor seines Vaters In der Jugendzeit unternahm er erste Reisen ins Ausland etwa nach Paris Zum Wintersemester 1857 1858 begann Mitscherlich ein Studium zunachst an der Universitat Gottingen 1 wo er ein Jahr spater der Burschenschaft Hannovera beitrat 2 Weil sein Vater nicht wollte dass er von anderen Chemikern beeinflusst wurde studierte er in Gottingen Medizin 3 und kehrte nach dem Semester auf Betreiben seines Vaters nach Berlin zuruck An der Friedrich Wilhelms Universitat studierte er vor allem Chemie bei Eilhard Mitscherlich horte aber auch Vorlesungen bei Professoren wie Gustav Rose Mineralogie Ernst Eduard Kummer Mathematik Heinrich Wilhelm Dove und Heinrich Gustav Magnus Physik 1861 schloss er sein Studium mit einer Promotion uber die Minerale Alaunstein und Loewigit ab 1862 wurde er Assistent des Chemikers Friedrich Wohler in Gottingen bevor er sich einige Zeit in London und Cambridge aufhielt und in Paris Mitarbeiter von Adolphe Wurtz war Als er erfuhr dass sein Vater schwer erkrankt war ging er im Fruhjahr 1863 zuruck nach Berlin und vertrat ihn in seinen Vorlesungen Nach seiner Habilitation uber Spektralanalyse und dem Tod des Vaters im August wurde Mitscherlich Privatdozent fur Experimentalchemie an der Berliner Universitat 1867 gehorte er zu den Grundern der Deutschen Chemischen Gesellschaft 4 1868 wurde er schliesslich auf eine Professur fur anorganische Wissenschaften an die neu gegrundete Forstakademie in Hannoversch Munden berufen nbsp Gedenkplatte fur Alexander Mitscherlich in Hann MundenIn Munden hielt Mitscherlich Vorlesungen uber Chemie Physik und Geologie Er hatte ein eigenes Labor und einen Assistenten und war mit seiner Stellung zunachst zufrieden Als der Deutsch Franzosische Krieg ausbrach wurde Mitscherlich im August 1870 Soldat Er kampfte als Wachtmeister und Offizier bis zum Marz 1871 in verschiedenen franzosischen Dorfern 5 Auf der Ruckreise lernte er Wilhelmine Hopker kennen die er kurz darauf heiratete Alexander Mitscherlich ist der Vater des Staatswissenschaftlers Waldemar Mitscherlich und Grossvater des Psychoanalytikers Alexander Mitscherlich Sulfitzellstoffverfahren Bearbeiten Schon bald darauf trat sein Bruder Oskar an ihn heran Dieser plante eine Zellstofffabrik aufzubauen Holz zur Papierproduktion bearbeitete man bis dahin meist mit Natronlauge So konnte man die Zellstofffasern die fur die Papierproduktion benotigt werden von anderen im Holz vorhandenen Substanzen trennen Mitscherlich der das Verfahren sogleich in seinem Labor untersuchte fand jedoch heraus dass dabei die Pflanzenfasern beschadigt werden Auf der Suche nach einem neuen Mittel den Zellstoff zu extrahieren stiess er schliesslich auf doppeltschwefligsauren Kalk Dieses Material schonte die Fasern und war einfacher zu beschaffen als Natron Zusatzlich gewann er aus dem neuen Verfahren als Abfall Produkte die er zum Gerben oder zur Verhinderung von Gar und Faulnisprozessen nutzen wollte 1874 liess Mitscherlichs Bruder die Erfindung in Luxemburg und England patentieren ein deutsches Patentamt gab es damals noch nicht und schon bald darauf konnte Alexander das erste nach seinem neuen Verfahren hergestellte Papier in Empfang nehmen Nun arbeitete der Forscher minutios ein System aus um das Sulfit Zellstoffverfahren in grosserem Massstab nutzen zu konnen Er fand billige und gangbare Wege die schwefelhaltige Kochlauge zu erzeugen und die Zellstofffasern nach dem Kochen zu schonen Diese Arbeitsschritte zur Zellstoffgewinnung wurden spater Mitscherlichs eigentliches Kapital Schliesslich war die Zeit reif fur eine eigene Fabrik die Mitscherlich seit 1877 in Hannoversch Munden aufbaute Schon nach kurzer Zeit bekam er aber Schwierigkeiten Das zustandige Ministerium fur Landwirtschaft Domanen und Forsten forderte ihn 1881 auf die Fabrik zu verkaufen da sich der Besitz einer Fabrik nicht mit Mitscherlichs Stellung als Professor vertrage und seine Fabrik ausserdem Schaden am Bestand des anliegenden Waldes verursachte 6 Mitscherlich protestierte woraufhin die Weisung zunachst auf unbestimmte Zeit ausgesetzt wurde Nun bekam er aber Probleme mit Bernard Borggreve dem neuen Direktor der Forstakademie den er sich wohl auch durch verschiedentliche Provokationen zum Feind gemacht hatte Borggreve wollte durch Invektiven beim Ministerium erreichen dass Mitscherlich die Fabrik verkaufen oder die Forstakademie verlassen musste 7 1883 gab Mitscherlich schliesslich nach verkaufte die Fabrik gab auch seine Stellung an der Forstakademie auf und ging als Privatgelehrter nach Freiburg im Breisgau Die von ihm gegrundete Fabrik produzierte weiter erfolgreich Zellstoff und blieb noch bis 1951 in Betrieb Die neue Methode blieb in der Fachwelt nicht unbemerkt Der Kauf des bis in die Details bereits entwickelten Verfahrens versprach hohe Gewinne Schon 1879 hatte Mitscherlich sein neues Verfahren an einen Mitbewerber verkaufen konnen Vertrage mit weiteren Interessenten folgten Die neue Methode breitete sich in Deutschland Europa und kurz darauf auch in Nordamerika aus Dort wurden im Jahr 1894 bereits etwa eine Million Zentner Zellstoff nach der Methode Mitscherlichs hergestellt 8 1883 bekam Mitscherlich jedoch ernste Probleme Nach einer Klage einiger Industrieller erklarte ein Gericht Teile seines Reichspatents 4179 fur nichtig weil man entdeckt hatte dass der Amerikaner Benjamin Tilghman bereits 1866 67 ein Sulfitverfahren zur Bearbeitung von Zellstoff hatte patentieren lassen Mitscherlich ging in die Berufung Er bestand nicht nur aus wirtschaftlichen Grunden darauf das Verfahren nicht nur unabhangig von Tilghman erfunden zu haben sondern auch der erste gewesen zu sein der es auf ein industriell verwertbares Gerust gestellt hatte Das Reichsgericht bestatigte jedoch 1884 die Entscheidung Weitere Pioniere des Verfahrens waren Carl Daniel Ekman in Schweden und Karl Kellner Fur den Forscher hatte das ernste Folgen Die Kaufer zweifelten die mit Mitscherlich geschlossenen Vertrage an und horten teilweise auf die vereinbarten Summen zu zahlen mit dem Argument sie hatten fur ein Patent bezahlt das nicht mehr gultig sei Mitscherlich ging gerichtlich dagegen vor Er fuhrte fast 30 Prozesse bis er sich 1897 zumindest mit einem Teil der beteiligten Firmen auf einen Vergleich einigte 9 Um die entstandenen Verluste auszugleichen grundete Mitscherlich 1893 in Hof an der Saale eine Fabrik in der er vor allem Leim herstellte 1890 liess er in Freiburg Wiehre eine reprasentative Villa in der Parkanlage am Sternwaldeck erbauen die seit 1979 als Atelierhaus fur bildende Kunstler dient 10 Im Sommersemester 1892 wurde er Ehrenmitglied der Burschenschaft Franconia Freiburg Die Stadt Hann Munden hat 1936 die Strasse an der sein Labor stand nach ihm benannt 1968 musste sein ehemaliges Laborgebaude dem Grotefend Gymnasium Munden weichen 1880 wurde ein Gedenkstein aufgestellt Varia BearbeitenIm Jahre 1936 wurde anlasslich des einhundertsten Geburtstags von Alexander Mitscherlich von der Zellcheming die Alexander Mitscherlich Denkmunze gestiftet um herausragende Leistungen auf dem Gebiet der Celluloseforschung auszuzeichnen 11 Der erste Preistrager war Walter Brecht der langjahrige Leiter des Darmstadter Institutes fur Papierfabrikation 12 Quellen BearbeitenMax Krieg Alexander Mitscherlich Ein Lebensbild C A Wagner Freiburg im Breisgau 1918 Biographie aus dem Umkreis Mitscherlichs Karl Hasel Hrsg Quellen zur Geschichte der Forstlichen Fakultat der Georg August Universitat Gottingen 1968 S 152 172 Briefwechsel v a zur Aufgabe der Professur an der Forstakademie Alexander Mitscherlich Lebensbeschreibung von Alexander Mitscherlich Januar 1887 Lebenslauf aus einem Brief an Georg Krause Deutsches Museum Munchen HS Nr 07692 Online Edition bei Wikisource Literatur BearbeitenSoren Brandes Die Revolution im Papier Alexander Mitscherlich 1836 1918 In Daniel Klink Martin Mahn Alexander Schug Hrsg Humboldts Innovationen Soziales wissenschaftliches und wirtschaftliches Unternehmertum an der Humboldt Universitat zu Berlin Vergangenheits Verlag Berlin 2010 ISBN 978 3 940621 16 0 S 107 114 popularwissenschaftlich einsehbar bei Google Books Frieder Schmidt Mitscherlich Alexander In Neue Deutsche Biographie NDB Band 17 Duncker amp Humblot Berlin 1994 ISBN 3 428 00198 2 S 570 f Digitalisat Frieder Schmidt Tilghman Mitscherlich und der Fall des Reichspatents 4179 In Das Papier 47 1993 S 192 199 Alexander Mitscherlich In Aus dem Walde Mitteilungen aus der Niedersachsischen Landesforstverwaltung Heft 51 Frank Kropp Zoltan Rozsnyay Niedersachsische Forstliche Biographie Ein Quellenband Wolfenbuttel 1998 S 337 339 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Alexander Mitscherlich Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wikisource Alexander Mitscherlich Quellen und VolltexteAnmerkungen Bearbeiten Sitzung vom 10 Juni 1918 In Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft Volume 51 Januar Juni 1918 1030 1035 doi 10 1002 cber 191805101126 Henning Tegtmeyer Mitgliederverzeichnis der Burschenschaft Hannovera Gottingen 1848 1998 Dusseldorf 1998 Seite 33 Krieg Alexander Mitscherlich S 13 Constituierende Versammlung In Ber dt chem Ges 1868 Digitalisat auf Gallica Eine ausfuhrliche Beschreibung der Aktionen und Stationen Mitscherlichs in Frankreich nach dessen Kriegstagebuch bei Krieg Alexander Mitscherlich S 31 46 Vgl Erlass des Ministeriums fur Landwirtschaft Domanen und Forsten vom 29 September 1881 an Professor Mitscherlich in Hasel Hrsg Quellen zur Geschichte der Forstlichen Fakultat Nr 137 S 154 Vgl dazu die Briefe bei Hasel Hrsg Quellen zur Geschichte der Forstlichen Fakultat Nr 139 146 S 155 167 insbesondere Bericht Borggreves an das Ministerium Nr 139 S 155 164 Krieg Alexander Mitscherlich S 65 Dazu R Schall Die Prozesse des Professors Alexander Mitscherlich gegen die Kaufer seines Celluloseverfahrens 1892 Antje Lechleiter Hellwach in der Idylle Badische Zeitung 18 Oktober 2019 abgerufen am 18 Oktober 2019 Verein der Zellstoff und Papierchemiker und Ingenieure Zellcheming Jahresbericht 2011 S 122 124 Professor Dr Walter Brecht zum 60 Geburtstag in Wochenblatt fur Papierfabrikation 13 1960 S 551 Normdaten Person GND 117053392 lobid OGND AKS LCCN nb2007010529 VIAF 59851904 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Mitscherlich AlexanderKURZBESCHREIBUNG deutscher ChemikerGEBURTSDATUM 28 Mai 1836GEBURTSORT BerlinSTERBEDATUM 31 Mai 1918STERBEORT Oberstdorf Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Alexander Mitscherlich Chemiker amp oldid 234193072