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Actualis war eine Schweizer illustrierte Tageszeitung die von Ende 1940 bis Ende Mai 1941 erschien Sie gilt als die erste Boulevardzeitung der Schweiz und war die einzige Tageszeitung die im Tiefdruck hergestellt wurde Chefredaktor war Eugen Theodor Rimli zuvor verantwortlicher Redaktor der Tat ActualisBeschreibung Schweizer BoulevardzeitungVerlag Actualis AGErstausgabe 14 Dezember 1940Einstellung 31 Mai 1941Verkaufte Auflage 12 200 bis 32 900 1 Exemplare eigene Angaben Chefredaktor Eugen Theodor RimliGeschaftsfuhrer Walter StuckiActualis berichtete uber die Aktualitat in zahlreichen Bildern und kurzen Texten auf taglich acht Seiten im Grossformat und wurde zu 20 Rp von Strassenverkaufern und an Kiosken verkauft Die angesichts der wahrend des Zweiten Weltkriegs herrschenden Zensur ausserst ungunstige Zeit fur eine Boulevardzeitung uberstand Actualis nicht lange Nach Affaren wegen Artikeln zu Marcel Pilet Golaz und Heinz Guderian kam es zum Streit zwischen Redaktion und Verlag Ende April 1941 traten Rimli und der zweite zeichnende Redaktor Artillerie Oberstleutnant Max Barthell unter Protest aus der Redaktion aus weil der Verwaltungsratsprasident Walter Stucki einen ihnen nicht genehmen Mitarbeiter als seinen Delegierten mit Weisungsbefugnis gegenuber der Redaktion eingestellt hatte 2 Die Ereignisse fuhrten schliesslich zur Einstellung der Zeitung Ende Mai 1941 3 obwohl die anfangliche verkaufte Auflage von 12 200 auf 32 900 Exemplare gestiegen war Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Lancierung und Artikel zu Pilet Golaz 3 Artikel zu Guderian und Einstellung 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseVorgeschichte BearbeitenIn der ersten Nummer von Actualis erlauterte Chefredaktor Rimli die Motive fur die Grundung der neuen Zeitung Eine illustrierte Tageszeitung in der Schweiz sei eine dringende Notwendigkeit Bilder seien die Formel des Jahrzehnts lange Leitartikel passten nicht mehr zur raschlebigen Zeit Actualis sei kein politisches Blatt und keiner Partei keinem Verband und keiner Wirtschaftsgruppe verpflichtet 4 Sie sei kein Sensationsblatt auch wenn sie grosse Titel verwende Diese seien dazu da eine rasche Ubersicht uber die Ereignisse des Tages zu ermoglichen 5 Wegen der langweiligen Schweizer Tageszeitungen wurden die Schweizer immer mehr zu auslandischen wie Paris Soir und Signal greifen Das erfordere ein schweizerisches Gegengewicht Ein Auslandschweizer namens J P Zimmermann habe die Idee aus Frankreich zuruck in die Schweiz gebracht und Ende 1938 mit den Vorarbeiten begonnen 4 In einer zehnteiligen Serie Actualis luftet den Schleier vom 2 bis 15 Marz 1941 resumierte die Actualis die Probleme bei der Grundung der Zeitung Die Suche nach Journalisten finanziellen Mitteln und nach einer Druckerei erwies sich angesichts des allgemein als riskant beurteilten Vorhabens als sehr schwierig und erst im August 1939 konnte eine Probenummer in der Verbandsdruckerei Bern hergestellt werden ungewohnlicherweise im Tiefdruckverfahren Am 17 Oktober 1939 bewilligte der Bundesrat die Herausgabe der Zeitung trotz dem inzwischen bestehenden Verbot fur Neugrundungen da die Grundungsvorbereitungen in der Hauptsache vor dem Inkrafttreten des Verbots abgeschlossen waren und die Actualis demnach gar nicht unter das Verbot falle Nun aber verzogerte der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs und die damit verbundene Generalmobilmachung die Herausgabe weiter Am 27 September 1940 wurde die Herausgebergesellschaft Actualis AG gegrundet Der St Galler Seidenfabrikant Max Stoffel 6 zahlte die Halfte des Aktienkapitals von 160 000 CHF ein die Kapitalbank AG zusammen mit der Kredit Bank AG beide in Zurich die andere Halfte 7 Der Direktor der Kredit Bank Walter Stucki wurde zum Verwaltungsratsprasidenten Stoffel zum einzigen weiteren Mitglied des Verwaltungsrates ernannt 8 Eugen Th Rimli der 1935 1936 in Deutschland Korrespondent verschiedener Zeitungen darunter der Weltwoche gewesen und 1936 wegen gehassiger Berichterstattung uber Deutschland in Schweizer Zeitungen aus Deutschland ausgewiesen worden war und danach bis 1939 die Redaktion der Tat leitete wurde zum Chef und Auslandredaktor Max Barthell zum Inlandredaktor und Redaktor fur militarische Fragen sowie Ernst Kauer zum Bundesstadtredaktor berufen Etwas spater zeichnete Hans Hubert als Bildredaktor Als die Actualis gegen Ende 1940 endlich zur Herausgabe bereit war wandte sie sich zur Sicherheit nochmals an den Bundesrat und dieser bestatigte am 2 Dezember 1940 die Bewilligung trotz starken Widerstands der traditionellen Presse die die drohende Konkurrenz furchtete 9 So forderte der Schweizerische Zeitungsverlegerverein und der Verein der Schweizer Presse den Bundesrat in einer Eingabe auf die Bewilligung fur die neue Zeitung zu verweigern weil dafur kein Bedurfnis bestehe und die Herausgabe einer neuen Zeitung angesichts der schwierigen Lage bei der Papierversorgung nicht verantwortet werden konne Zudem bestehe ein Risiko auslandischer Einflussnahme Actualis konnte aber beweisen dass sie ausschliesslich mit schweizerischem Geld finanziert werde Die Papierfabriken bescheinigten zudem jederzeit zur Lieferung der notwendigen Menge Papier in der Lage zu sein Trotzdem belegte der Bundesrat den Herausgeber nun mit der ungewohnlichen Auflage den Umfang der Zeitung auf maximal acht Seiten zu beschranken 10 Als weiteren Versuch der Zeitungsverleger das Erscheinen der Actualis zu erschweren verdachtigte die Zeitung den Verleger des Bunds Fritz Pochon kraft seines Amtes als Prasident der den Verlegern gehorenden Nachrichtenagentur SDA deren Nachrichtendienst der Actualis vorenthalten oder nur mit ungerechtfertigten Preiszuschlagen liefern und der internationalen Nachrichtenagentur UPI verbieten zu wollen Actualis zu beliefern weil sie in Bern gedruckt werde und der Vertrag des Bunds mit UPI eine entsprechende Klausel enthalte UPI lehnte dies aber ab mit dem Hinweis auf den Erscheinungsort Zurich der Zeitung 11 Auch gegen die Bewilligung von Standplatzen fur den Verkauf der Zeitung wehrten sich die traditionellen Zeitungen sie lehnten zudem Inserate fur die Actualis ab 1 Lancierung und Artikel zu Pilet Golaz BearbeitenDie Auflage stieg nach der Erstausgabe am 14 Dezember 1940 rasch an von 12 200 auf 32 900 Exemplare in nur zwei Monaten und naherte sich bereits der errechneten Rentabilitatsschwelle von 40 000 Exemplaren Die beiden Artikel des Inlandredaktors Max Barthell vom 16 und 17 Januar 1941 in denen er den Rucktritt von Bundesrat Marcel Pilet Golaz forderte leiteten jedoch den Untergang der Zeitung ein Vichy Frankreich und Deutschland schlossen im November 1940 einen Vertrag uber die weitere Verwendung des Armeematerials der seit Juni 1940 in der Schweiz internierten 43 000 franzosischen und mehrheitlich polnischen Soldaten des 45 franzosischen Armeekorps sowie uber die Freilassung der franzosischen Soldaten Danach sollten diese nach Frankreich zuruckkehren und ihre Pferde mitnehmen durfen die den weitaus grossten Wert des Armeeinventars darstellten Die polnischen Soldaten sollten in der Schweiz bleiben wahrend das gesamte Armeematerial an Deutschland auszuliefern war Zur Umsetzung des Vertrags bedurfte er der Einwilligung der Schweiz Der Bundesrat erteilte diese auf Antrag des zustandigen Bundesrats Marcel Pilet Golaz und befand dass sie die schweizerische Neutralitat nicht verletze 12 Der Entscheid stiess auf vehemente Kritik vor allem der sozialdemokratischen Presse die es im hochsten Masse verwerflich fand dass das Armeematerial der Polen ausgerechnet deren Feind mit dem sie nach wie vor im Krieg standen ausgeliefert werde Die Auslieferung verletze ausserdem durchaus die Neutralitat der Schweiz sogar in gravierender Weise Barthell schloss sich in seinem auf der Frontseite vom 16 Januar 1941 gross aufgemachten Artikel Die Schweiz liefert das im Juni internierte Kriegsmaterial an Deutschland aus Ruckkehr der Franzosen Schicksal der Polen ungeklart dieser Kritik an und bemerkte der Ruf nach der Demission von Pilet Golaz werde nicht verstummen bis er ihm entsprochen hat Anderntags doppelte Barthell unter dem Titel Me sott de Pilet goh laa in noch scharferer Form nach Der Titel nahm Bezug auf Aktionen in Bern in der im November 1940 im Hinblick auf erwartete Rucktritte aus dem Bundesrat Hunderte von Zettelchen an Schaufenstern Telefonstangen und Hauspfosten mit dieser Aufschrift hingeklebt worden waren Pilet Golaz habe weder die Kommission fur Auswartiges noch die Vollmachtenkommission um ihre Meinung befragt wie mit dem deutsch franzosischen Vertrag umzugehen sei Barthell forderte Pilet Golaz nun sehr direkt zum Rucktritt auf indem er auch an die Affare Schaffner erinnerte den Pilet Golaz 1940 zusammen mit anderen Vertretern der Nationalen Bewegung der Schweiz empfangen hatte Die Kriegszensurstelle APF erteilte der Actualis darauf den formellen Befehl mit sofortiger Wirkung jede Fortsetzung der Kampagne einzustellen 13 Der Hauptaktionar Max Stoffel der zwei Bundesraten privat die vorbehaltlose Unterstutzung der Actualis in jeder Frage in Aussicht gestellt hatte 14 trat aufgrund der Artikel am 5 Februar 1941 erbost aus dem Verwaltungsrat aus 15 Die Aktien behielt er aber In einer anderen Sache erteilte die APF im Februar 1941 der Actualis eine offentliche Verwarnung wegen sensationeller Verbreitung von unkontrollierbaren Meldungen und Forderung von Geruchten wogegen die Zeitung erfolglos Rekurs einreichte 16 Artikel zu Guderian und Einstellung BearbeitenGanz entgegen der erklarten Absicht wie Heftlimacher aufzupassen damit wir der Pressezensur keinen Vorwand fur irgendwelche Massnahmen liefern 17 handelte Actualis erneut als sie am 21 Marz 1941 einen ungezeichneten Artikel mit dem Titel Heinz Guderian der Blucher der Tanks einruckte in dem Guderian aufs hochste gelobt und erklart wurde er habe bei der Schlacht um Frankreich den wohl nicht ganz im Sinne des Kriegsrechts stehenden Trick gefunden Gefangene vorne auf die Tanks zu setzen um die franzosischen Tankfuhrer vom Angriff abzuhalten sie also als menschliche Schutzschilde zu missbrauchen Der Artikel lieferte der APF den Anlass auf den man gewartet hatte um die Actualis fur 10 Tage zu verbieten Diese argumentierte zwar der Artikel stamme vom Pressedienst Mondial Press und diese sei damit verantwortlich aber nach Meinung der APF hatte die Redaktion erkennen mussen dass die Unterstellung derart unehrenhafter Handlungen eines deutschen Generals auf keinen Fall hatte publiziert werden durfen Actualis reichte auch gegen diesen Entscheid erfolglos Rekurs ein 18 Die Vorgange veranlassten den Direktor und Verwaltungsratsprasidenten Walter Stucki der Redaktion im April 1941 einen Aufpasser in Gestalt eines Delegierten zur Seite zu stellen Dafur wahlte er einen 24 jahrigen Auslandschweizer namens Robert Baer Korrespondent des Daily Express der laut Rimli und Barthell weder Deutsch noch Franzosisch sondern nur Englisch sprach 2 Max Barthell trat darauf unter Protest auf Ende April 1941 aus der Redaktion zuruck Rimli tat es ihm aus Solidaritat und Freundschaft gleich und auch ein Teil des ubrigen Redaktionspersonals trat zuruck 19 Der Entscheid wurde in manchen burgerlichen Zeitungen bei aller sonstigen Kritik an der Actualis als verstandlich bezeichnet in diesen Zeiten gelte die Maxime der Schweizer Presse nur freie unabhangige Landesburger zu beschaftigen doppelt 20 Die Zeitung erschien noch wahrend des Monats Mai 1941 unter der Verantwortung von Walter Stucki fur Redaktion und Direktion danach wurde sie eingestellt Stucki distanzierte sich in der Abschiedsnummer vom 31 Mai 1941 von der Art und Weise in der einer unserer hochsten Magistraten Pilet Golaz an den Pranger gestellt wurde 21 Die Gesellschaft Actualis AG wurde im September 1941 aufgelost Weblinks BearbeitenErnst Bollinger Actualis In Historisches Lexikon der Schweiz 28 Juli 2016 Einzelnachweise Bearbeiten a b Actualis luftet den Schleier Der Mordanschlage zweiter Teil In Actualis 4 Marz 1941 S 5 a b Was geht in der Actualis vor In National Zeitung 2 Mai 1941 S 4 Mit Schimpfen oder Fluchen Memento vom 28 Juli 2018 im Internet Archive In Klartext 9 Juli 2007 a b Eugen Th Rimli Die neue Zeitung Neu In Actualis 14 Dezember 1940 Actualis luftet den Schleier Das Geheimnis der Actualis In Actualis 5 Marz 1941 S 5 Peter Muller Max Stoffel In Historisches Lexikon der Schweiz 29 Mai 2012 abgerufen am 2 Oktober 2020 Actualis luftet den Schleier Die Drahtzieher der Actualis In Actualis 7 Marz 1941 S 5 Schweizerisches Handelsamtsblatt 6 November 1940 S 2043 Ernst Bollinger Actualis In Historisches Lexikon der Schweiz 28 Juli 2016 abgerufen am 2 Oktober 2020 Actualis luftet den Schleier Blick hinter die Kulissen einer Zeitungsgrundung In Actualis 2 Marz 1941 S 3 Actualis luftet den Schleier Eine Zeitung soll ermordet werden In Actualis 3 Marz 1941 S 4 Unabhangige Expertenkommission Schweiz Zweiter Weltkrieg Fluchtlinge als Thema der offentlichen politischen Kommunikation in der Schweiz 1938 1947 Beiheft zu Die Schweiz und die Fluchtlinge zur Zeit des Nationalsozialismus Chronos Zurich 2001 S 40 f PDF 978 kB Befehl aus Bern Die Kampagne gegen Herrn Pilet muss eingestellt werden In Actualis 20 Januar 1941 Actualis luftet den Schleier Die Dolchstosslegende der Actualis In Actualis 11 Marz 1941 S 5 Schweizerisches Handelsamtsblatt 8 Februar 1941 S 267 Verwarnung der Actualis In Actualis 24 Februar 1941 Actualis luftet den Schleier Die Dolchstosslegende Nr 3 In Actualis 13 Marz 1941 S 5 10 Tage Verbot und was wir dazu zu sagen die Erlaubnis erhielten In Actualis 3 April 1941 S 1 Der Streit an der Actualis In Der Bund 6 Mai 1941 S 3 Actualis In Appenzeller Zeitung 4 Mai 1941 S 2 Walter Stucki Abschied von der Actualis In Actualis 31 Mai 1941 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Actualis amp oldid 213918800