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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig Weitere Bedeutungen sind unter A posteriori Begriffsklarung aufgefuhrt Der Term a posteriori mittellateinisch a von her und posterius das spatere hintere jungere folgende bezeichnet in der Philosophie eine epistemische Eigenschaft von Urteilen Urteile a posteriori werden auf der Basis der Erfahrung gefallt Im Gegensatz dazu stehen Urteile a priori Im Allgemeinen gelten alle empirischen Urteile als a posteriori Ihre urteilstheoretische Bedeutung haben die Begriffe a priori und a posteriori erst seit Mitte des 17 Jahrhunderts spatestens aber seit Kant Zuvor wurden sie in der scholastischen Philosophie als Ubersetzung der aristotelischen Unterscheidung zwischen proteron und hysteron verwendet Bedingung und Bedingtes 1 Von der neueren Verwendung abgeleitet bezeichnet aposteriorisches Wissen ein Wissen das durch Erfahrung insbesondere durch sinnliche Wahrnehmung gewonnen wurde im Unterschied zum apriorischen oder erfahrungsunabhangigen Wissen siehe Apriorismus Inhaltsverzeichnis 1 Vormoderne Verwendung bis Leibniz 2 Urteile a posteriori bei Kant 3 Gegenwartige Wissenschafts und Erkenntnistheorie 4 Wissen a priori und a posteriori 5 Siehe auch 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseVormoderne Verwendung bis Leibniz BearbeitenFur Aristoteles bezeichnet der Gegensatz proteron und hysteron die moglichen Ausgangspunkte eines Beweises Ein Satz kann entweder anhand seiner Folgen hysteron oder aus Grunden proteron bewiesen werden Aristoteles unterschied zusatzlich zwischen einem epistemischen in der Wahrnehmung zuerst auftretendem proteron und einem ontologisch physikalischen das in der Natur der Sache liegt So ist das Allgemeine epistemisch von den Einzeldingen abhangig diese sind ontologisch aber eine Folge der Materie Weitere vorneuzeitliche Autoren die sich mit a posteriori befassten sind Platon Boethius Averroes Avicenna Albertus Magnus und Thomas von Aquin implizit ist es auch der Fall bei Heraklit in seiner Auseinandersetzung mit der 4 Elemente Lehre Leibniz unterschied Vernunftwahrheiten die allein durch Analyse aus dem Verstand a priori gewonnen werden von Tatsachenwahrheiten die a posteriori auf Erfahrung beruhen In der empirischen Erfahrung sah Leibniz keine echte Form der Erkenntnis Er sprach ihr nur die Rolle eines Anstosses oder Auslosers fur die Tatigkeit der angeborenen Ideen zu Selbst eine Tatsachen Wahrheit d h Wissen uber einzelne und konkrete Sachverhalte das aus der Erfahrung gewonnen wurde benotigt seiner Ansicht nach eine dauerhaftere Basis als die wandelbare Natur Auch Tatsachen mussen auf Wahrheiten des Verstandes zuruckgefuhrt werden die dadurch zum einzigen a priori aller Erkenntnis werden Vernunftwahrheiten sind notwendig und ihr Gegenteil ist unmoglich Tatsachenwahrheiten sind kontingent und ihr Gegenteil ist moglich Gottfried Wilhelm Leibniz Monadologie 33 2 Urteile a posteriori bei Kant BearbeitenImmanuel Kant kreuzt die epistemischen Eigenschaften des Urteils mit seiner semantischen Unterscheidung von analytischen und synthetischen Urteilen So entstehen vier Urteilstypen Kants Einteilung der Urteile Synthetische Urteile a priori Synthetische Urteile a posterioriAnalytische Urteile a priori Analytische Urteile a posterioriAnalytische Satze erlautern einen Begriff entsprechend seiner Merkmale So ist z B der Satz Die Punkte auf einer Kreislinie sind gleich weit vom Mittelpunkt des Kreises entfernt analytisch weil er unmittelbar aus der euklidischen Definition des Kreisbegriffes folgt Dieses Erlauterungsurteil bedarf keiner Uberprufung durch Erfahrung Entsprechend gibt es keine analytischen Urteile a posteriori Das analytische Verhaltnis zwischen Subjektbegriff und Pradikatbegriff ist ein logisches a priori des analytischen Satzes Eine Aussage wie Dieser Kreis ist gross kann man dagegen nur machen wenn man einen bestimmten Kreis betrachtet Eine solche Aussage erweitert das Wissen uber das Subjekt des Satzes und ist deshalb synthetisch a posteriori Satze dieser Art sind der Gegenstand aller empirischen Wissenschaften Der Satz Eine Kreislinie ist gleichmassig gekrummt hingegen ist ein synthetisches Urteil a priori Zwar wird in der Definition des Kreises die Kreislinie dadurch bestimmt dass alle ihre Punkte den gleichen Abstand zum Mittelpunkt haben die gleichmassige Krummung ist aber keines ihrer Merkmale das durch die Definition festgelegt wird sondern sie ergibt sich aus der Definition und den Eigenschaften des geometrischen Raumes Der Zweck der Unterscheidung von Kant war es Wahrheitskriterium synthetische Urteile a priori zu finden da mit diesen neue Erkenntnisse unabhangig von einzelnen Beobachtungen gewonnen werden konnen Hierzu zahlte Kant insbesondere die Satze der Mathematik oder allgemein gultige Satze der reinen Naturwissenschaften wie die Newton schen Gesetze in der Physik sowie gultige Grundsatze der Metaphysik der Natur und der Ethik Gegenwartige Wissenschafts und Erkenntnistheorie BearbeitenIn Anlehnung an den antiken Wortgebrauch wird von einer Theoriebildung a posteriori gesprochen wenn die durch die Theorie zu erklarenden Sachverhalte bereits eingetroffen sind Eine Theorie die a posteriori gebildet wurde erfullt hinsichtlich ihrer Wissenschaftlichkeit zunachst nur das Kriterium der Erklarungskraft und muss sich in anderer Hinsicht Nachvollziehbarkeit Uberprufbarkeit Falsifizierbarkeit Voraussagekraft noch bewahren Ein alltagliches Beispiel fur Theoriebildung a posteriori sind die Wirtschafts und Borsennachrichten Nachdem eine beobachtete Wirkung eingetreten ist werden mogliche Ursachen fur diese Entwicklung diskutiert A posteriori gewonnene Einsichten werden dann in Prognosemodelle umgesetzt die aufgrund der historischen Daten uberpruft werden konnen Siehe auch ErkenntnistheorieWissen a priori und a posteriori BearbeitenIm Rahmen moderner Erkenntnistheorien z B dem wissenschaftlichen Erkenntnisprinzip wird der Dualismus von apriorischem und aposteriorischem Wissen dadurch aufgelost dass Beobachtungen die Hypothesen notwendig bestatigen mussen genauer nicht falsifizieren durfen beziehungsweise dass allgemeinere Einsichten durch speziellere unmittelbarere Einsichten hierarchisch gestutzt werden evolutionare Falsifizierbarkeit Wahrheit und Wissen benotigen demnach unabdingbar beide Stutzen und es gibt kein wichtiger echter usw Im Rahmen der modernen Quantenphysik siehe z B Kopenhagener Deutung wird der Gedanke des wissenschaftlichen Erkenntnisprinzips bezuglich Wahrheiten noch weiter gefuhrt Danach gibt es gar keine definierten Wahrheiten per se in Form festmachbaren Wissens weder a priori noch a posteriori sondern prinzipiell nur nutzliche Beschreibungen und Wahrscheinlichkeiten In den Quantentheorien treten notwendig verborgene Parameter Konzepte und Sub Theorien auf Man kennt im Rahmen dieser bezuglich des Detailverhaltens der Materie heute leistungsfahigsten Theorien keine Moglichkeit die Vorgange in der Welt ohne diese verborgenen Konzepte gut zu beschreiben Und dennoch sind diese verborgenen Konzepte sogar austauschbar manchmal sogar auf sinnlosen Unendlichkeiten ruhend siehe z B Eichinvarianz also nicht in ihrer konkreten Form als Wahrheit zwingend Siehe auch BearbeitenEmpirische EvidenzWeblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary a posteriori Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Jason S Baehr A Priori and A Posteriori In J Fieser B Dowden Hrsg Internet Encyclopedia of Philosophy Stichwort a posteriori in Rudolf Eisler Worterbuch der philosophischen Begriffe 1904 Einzelnachweise Bearbeiten H Scherpers A priori a posteriori I In Historisches Worterbuch der Philosophie Band 1 S 462 467 Textarchiv Internet Archive Gottfried Wilhelm Leibniz Monadologie In C J Gerhardt Hrsg Philosophische Schriften Band 6 Weidmannsche Buchhandlung Berlin 1890 Nachdruck Olms Hildesheim 1978 612 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title A posteriori amp oldid 219499736