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Eine Zwangsschlichtung ist im Arbeitsrecht eine gesetzliche Regelung nach der Tarifkonflikte nicht durch Arbeitskampfe sondern durch eine obligatorische Schlichtung entschieden werden Eine Zwangsschlichtung schrankt die Tarifautonomie ein Sie wird ublicherweise mit den Kosten begrundet die Streiks und Aussperrungen verursachen Inhaltsverzeichnis 1 Zwangsschlichtung in der Weimarer Republik 2 Zwangsschlichtung in Neuseeland 3 Literatur 4 EinzelnachweiseZwangsschlichtung in der Weimarer Republik BearbeitenArt 159 der Weimarer Verfassung gewahrleistete die Koalitionsfreiheit Die Vereinigungsfreiheit zur Wahrung und Forderung der Arbeits und Wirtschaftsbedingungen ist fur jedermann und fur alle Berufe gewahrleistet Art 159 WRV Dennoch war bereits in der Demobilmachungsverordnung nach dem Ersten Weltkrieg die Moglichkeit geschaffen worden Arbeitskampfe per Zwangsschlichtung zu beenden Mit der Zentralarbeitsgemeinschaft entstand nach dem Krieg eine Institution die das Stinnes Legien Abkommen mit Inhalt erfullen solle Diese Zusammenarbeit von Arbeitgeberverbanden und Gewerkschaften war jedoch kurzlebig In der Nachkriegszeit stieg die Zahl der Arbeitskampfe stark an Grunde waren die Kampfe der Gewerkschaften um den Achtstundentag und die okonomischen Wirren in der Inflationszeit 1921 und 1922 fanden jeweils uber 4 000 Streiks mit uber 1 5 Millionen Streikenden statt Die Arbeitgeber reagierten mit uber 400 Aussperrungen Nachdem die Versuche im Reichstag im Krisenjahr 1923 eine Mehrheit fur eine Zwangsschlichtung zu erreichen gescheitert waren erliess das Kabinett Marx I am 30 September 1923 die Verordnung uber das Schlichtungswesen Das Vorgehen bei Tarifkonflikten war nun dreistufig geregelt Zunachst waren die Tarifparteien frei in ihren Verhandlungen Scheiterten diese so hatte jede Partei das Recht die Schlichtung anzurufen In den Schlichtungsausschussen sassen paritatisch Vertreter der Arbeitgeber und Arbeitnehmer Der Schlichter wurde von der jeweiligen obersten Landesbehorde eingesetzt und war an deren Weisung gebunden Er machte einen Schlichtungsvorschlag der vom Ausschuss angenommen werden konnte Scheiterte die Schlichtung so wurde in einer ebenfalls paritatisch besetzen Schlichtungskammer der Schlichtungsvorschlag erneut beraten In der letzten Instanz hatte der Reichsarbeitsminister die Moglichkeit ein Schlichtungsergebnis fur allgemeingultig zu erklaren Schlichter und Minister wurden auf Antrag einer Partei tatig konnten jedoch auch von Amts wegen aktiv werden Bei Konflikten konnten die Arbeitsgerichte beziehungsweise vor deren Bildung die Amtsgerichte entscheiden Die Durchsetzbarkeit der Schiedsspruche war nicht immer gegeben Zu einem Grosskonflikt kam es nach zwei Schiedsspruchen die Ernst Mehlich gefallt hatte Am 19 Dezember 1923 entschied dieser in einem Schiedsspruch gegen einen Teuerungszuschlag der Bergarbeiter im Dortmunder Bergbaurevier Am 4 Januar 1924 bestatigte er die Verlangerung der Tagesarbeitszeit unter Tage auf 8 Stunden Hierdurch sank das Einkommen der Bergarbeiter um 25 Nachdem der Tarifvertrag am 1 Mai 1924 ausgelaufen war forderten die Gewerkschaften eine Lohnerhohung von 30 Mehlich legte in seinem Schiedsspruch 15 Lohnerhohung fest und der Minister erklarte diese Schlichterspruche am 1 Mai fur allgemeinverbindlich Am 6 Mai 1924 begann ein Streik an dem sich 90 der Belegschaften bzw rund 395 000 Bergleute beteiligten Letztlich musste Minister Heinrich Brauns nachgeben und benannte den Prasidenten der Reichsarbeitsverwaltung Friedrich Syrup als Sonderschlichter Dieser kam den Gewerkschaften entgegen und schlug eine Laufzeitverkurzung eine Trennung von Normal und Mehrarbeit und zusatzlich 5 Lohnerhohung vor Nachdem die christlichen Gewerkschaften diesen Schiedsspruch akzeptiert hatten und Heinrich Brauns die allgemeinverbindlichkeit festgelegt hatte endete der Streik Auf Antrag der Arbeitgeberseite kam es 1929 zu einem Rechtsstreit den das Reichsarbeitsgericht am 22 Januar 1929 mit einem wichtigen Urteil beendete Danach durfte die Abanderung eines bestehenden Tarifvertrags nicht durch Schiedsspruch erfolgen Obiter dictum erklarte das Gericht die Ausfuhrungsvereinbarung vom 29 Dezember 1923 fur ungultig Im Rahmen der Austeritatspolitik Heinrich Brunings wahrend der Weltwirtschaftskrise wurde das Instrument der Zwangsschlichtung genutzt um Lohnsenkungen durchzusetzen Den Anfang machte ein Schiedsspruch des Schlichters Max Brahn vom 26 Mai 1930 der eine Lohnkurzung von 10 in der Metallindustrie enthielt Von besonderer Bedeutung war der Schiedsspruch des Sonderschlichters Carl Volker vom 10 Oktober 1930 der fur die Berlinger Metallindustrie eine Kurzung von 8 vorsah Die Gewerkschaften fuhrten am 13 Oktober 1930 eine Urabstimmung die sich mit 85 Zustimmung fur einen Arbeitskampf aussprach Um das Reichsarbeitsministerium daran zu hindern den Schiedsspruch fur Verbindlich zu erklaren beschloss der Reichstag am 18 Oktober 1930 mit Mehrheit von KPD SPD und NSDAP den Minister aufzufordern keine Verbindlichkeitserklarung abzugeben Rechtlich war dieser Beschluss nicht bindend um aber einer Regierungskrise zu entgehen war das Ministerium gezwungen auf die Verbindlichkeitserklarung zu verzichten Mit der Notverordnung vom 9 Januar 1931 uber die Beilegung von Schlichtungsstreitigkeiten offentlichen Interesses wurden die Einschrankungen aus dem RAG Urteils vom 22 Januar 1929 aufgehoben Damit war der Weg frei jederzeit uber die Zwangsschlichtung Tarifvertrage durch das Ministerium zu andern Daneben konnte die Regierung uber Notverordnungen direkt die Lohne regeln Dies erfolgte mit Notverordnung vom 8 Dezember 1931 die eine Kurzung der Lohne von etwa 15 enthielt Unter Franz von Papen wurde die staatliche Zwangsschlichtung zum 15 Juni 1932 abgeschafft und die Tarifautonomie wiederhergestellt Dies sollte aber nur ein Intermezzo sein Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurden Gewerkschaften und Arbeitgeberverbande gleichgeschaltet Neben dem Treuhander der Arbeit bedurfte es nun keiner Schlichtung mehr die Schlichtungsstellen wurden endgultig abgeschafft Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde mit dem Kontrollratsgesetz Nr 35 wieder ein staatliches Schlichtungsverfahren eingefuhrt Dieses orientierte sich aber nicht an der Regelungen der Weimarer Republik sondern an dem Verfahren der Einigungsamter der Gewerbeamter des Kaiserreiches Dennoch war auch auf dieser Rechtsgrundlage eine Zwangsschlichtung moglich gewesen Mit dem in Kraft treten des Grundgesetzes wurde die Tarifautonomie geltendes Recht die Moglichkeit einer Zwangsschlichtung besteht seitdem nicht mehr 1 Zwangsschlichtung in Neuseeland BearbeitenIn Neuseeland wurde mit dem Conciliation and Arbitration Act von 1894 eine Zwangsschlichtung eingefuhrt Diese war bis zum Employment Contract Act von 1991 in Kraft 2 Literatur BearbeitenJohannes Bahr Staatliche Schlichtung in der Weimarer Republik 1989 ISBN 3 7678 0753 X Denis Reis Der Stellenwert der Tarifautonomie in der Weimarer Republik 2011 ISBN 3640831233 Seite 15 onlineEinzelnachweise Bearbeiten Isabelle von Brauchitsch Staatliche Zwangsschlichtung 1990 ISBN 3 631 42797 2 S 266 Wolfram Desch Arbeitsrecht in Australien vom System der zentralisierten Zwangsschlichtung zum Enterprise Bargaining 2005 ISBN 3832915214Normdaten Sachbegriff GND 4260444 8 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Zwangsschlichtung amp oldid 221380881