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Carl Adolf Theodor Wilhelm Vietor 25 Dezember 1850 in Cleeberg Nassau 22 September 1918 in Marburg 1 war ein deutscher Neuphilologe Romanist und Anglist Phonetiker neusprachlicher Fachdidaktiker sowie Hochschullehrer an der Universitat Marburg Wilhelm VietorWilhelm Vietor war einer der bekanntesten Akteure der neusprachlichen Reformbewegung gegen Ende des 19 Jahrhunderts Er kritisierte die desolaten Zustande des Fremdsprachenunterrichts insbesondere die vorherrschende praxisferne Grammatik Ubersetzungsmethode in den neueren Sprachen an deutschen Schulen Er forderte das Hauptaugenmerk auf das seiner Ansicht nach eigentliche Ziel der moglichst hohen mundlichen Sprachkompetenz zu richten Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Schaffen 3 Veroffentlichungen Auswahl 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben BearbeitenWilhelm Vietor entstammte einer hessisch nassauischen Gelehrten Theologen und Beamtenfamilie Ein entfernter Vorfahr Theodor Vietor war Anfang des 17 Jahrhunderts Griechisch Professor in Marburg Vietors Vater der ebenfalls Wilhelm hiess war evangelischer Pfarrer und Schulinspektor in Kirburg Seine Mutter hiess Eva Siebenhaar Zu Weihnachten des Jahres 1850 wurde Wilhelm Vietor im nassauischen Cleeberg heute Ortsteil von Langgons geboren Er besuchte die Gymnasien in Wiesbaden und Weilburg 1869 legte er das Abitur ab 2 Anschliessend studierte er auf Wunsch des Vaters Theologie an der Universitat Leipzig Nach nur einem Jahr wechselte er aber nach Berlin wo er sich der Philologie Musikwissenschaft und Sanskrit widmete ab 1871 setzte er das Studium in Marburg fort Nach einer kurzen Lehrtatigkeit an mehreren Schulen in England 1872 73 Maidenhead und Middleton Lodge kehrte er zum Zwecke der Promotion nach Marburg zuruck Seine Dissertation befasste sich mit der altfranzosischen Geste des Loherains und wurde von Edmund Stengel betreut Vietor bestand 1875 das Staatsexamen und erhielt im selben Jahr den Doktorgrad 2 3 Es folgten weitere jeweils kurze Anstellungen als Hauslehrer in Wiesbaden an der Hoheren Madchenschule in Essen sowie als Sprachlehrer in England 1876 78 lehrte er an der Realschule I Ordnung in Dusseldorf anschliessend bis 1881 an einer hoheren Burgerschule in Wiesbaden Vietor leitete 1881 82 die Garnier sche Erziehungsanstalt in Friedrichsdorf Taunus bis 1883 hatte er eine Stelle als German Lecturer am University College Liverpool 2 3 Ohne Habilitation folgte er 1884 einem Ruf an die Philipps Universitat Marburg wo er der erste ausserordentliche Professor fur Englische Philologie war Sein Lehrstuhl gehorte zunachst zum Romanisch Englischen Seminar dessen Mitdirektor Vietor war Er war seit dem Sommersemester 1884 Mitglied des Akademischen Vereins fur Studierende der Neueren Philologie zu Marburg aus dem spater die Marburger Burschenschaft Rheinfranken hervorging 1894 wurde er zum Ordinarius fur Englische Philologie ernannt im akademischen Jahr 1894 95 war er Rektor der Universitat Marburg Zum Sommersemester wurde ein eigenstandiges Englisches Seminar eingerichtet mit Vietor als Direktor 1904 05 war er Dekan der Philosophischen Fakultat Zu seinen Schulern zahlten die englische Phonetikerin Laura Soames 1840 1895 der Germanist und Phonetiker Ernst Alfred Meyer sowie die Anglisten Friedrich Brie 1880 1948 und Gustav Plessow 1886 1953 Vietor erhielt 1916 den Ehrentitel eines Geheimen Regierungsrats 2 3 nbsp Grab von Wilhelm Vietor auf dem Marburger Hauptfriedhof 2017 Vietor war ab 1886 mit Karoline genannt Lina geb Hoffmann 1860 1929 verheiratet Das Paar hatte vier Sohne darunter der Jurist Ludwig Vietor 1889 1973 sowie der Geologe und Palaontologe Walter Vietor 1892 1957 2 Eine langere Krankheit und die Trauer uber den Verlust seines jungsten Sohnes im Ersten Weltkrieg fuhrten zu seinem Tod am 22 September 1918 Schaffen BearbeitenEinen seiner ersten grosseren Schritte auf dem Gebiet der Sprachwissenschaft machte Wilhelm Vietor 1875 mit der Veroffentlichung uber die Mundart seiner Heimatregion Mit seiner vier Jahre spater erscheinenden Englischen Schulgrammatik brach er das erste Mal mit den bisherigen Traditionen in dem es einerseits ein eigenes Kapitel zur Lautlehre beinhaltete und andererseits die Flexionslehre von phonetischer Umschrift begleitet wurde Wendete er zunachst noch ein eigenes System einer Lautschrift an so benutzte er ab der vierten Auflage von 1906 das von der Association Phonetique Internationale API veroffentlichte internationale phonetische Alphabet Seine bekannteste Schrift das Pamphlet Der Sprachunterricht muss umkehren welches er 1882 zunachst aufgrund seiner relativen Unbekanntheit unter dem Pseudonym Quousque Tandem Wie lange noch veroffentlichte trat mit seiner beissenden Kritik und seinen radikalen Forderungen eine Welle der Proteste los erntete zugleich aber unter mindestens genauso vielen Reformwilligen Beifall und setzte eine fruchtbare Debatte in Gang Seine Reformvorschlage gruppierten sich um das Hauptziel der Erlangung sprachlicher Kompetenz Sie erstreckten sich angefangen bei der Reduktion der Stofffulle der Integration der Lautlehre in den Unterricht uber die Reduktion der Grammatik auf das Wesentliche bis hin zur Forderung den Fremdsprachenunterricht einsprachig namlich in der Zielsprache abzuhalten Die Unbekanntheit des Autors anderte sich jedoch rasch mit weiteren Publikationen Unter Beteiligung Vietors begrundete sich 1886 der Deutsche Neuphilologen Verband Ein Jahr spater erschien die von ihm gegrundete Zeitschrift Phonetische Studien die 1893 abgelost wurde von der heute bekannteren Die Neueren Sprachen welche zu einem Sprachrohr der Reformer wurde Durch seine Lehrtatigkeit als Professor fur Englische Philologie an der Universitat Marburg war er in der Lage Einfluss auf die Lehramtsausbildung zu nehmen und seine fremdsprachendidaktische Grunduberzeugung an seine Studenten weiterzugeben Neben weiteren Auflagen seiner Lehrbucher brachte Vietor ferner Ausgaben von literarischen Texten als Lekture fur den Englischunterricht heraus veroffentlichte Rezensionen und Aufsatze zu fremdsprachendidaktischen oder sprachwissenschaftlichen Themen Grosse Verdienste hat er sich auch um die Gestaltung der 1896 von dem Romanisten Eduard Koschwitz begrundeten Marburger Ferienkurse erworben Vietor war wiederholt Vorsitzender und Ehrenmitglied der API sowie Ehrenmitglied der Modern Language Association of Great Britain and Ireland Veroffentlichungen Auswahl BearbeitenDie Rheinfrankische Umgangssprache in und um Nassau Wiesbaden Niedner 1875 Die Handschriften der Geste des Loherains Halle Lippert 1876 zugl Marburg phil Diss 1875 Der Sprachunterricht muss umkehren Ein Beitrag zur Uberburdungsfrage von Quousque Tandem Heilbronn Gebr Henninger 1882 Elemente der Phonetik und Orthoepie des Deutschen Englischen und Franzosischen mit Rucksicht auf die Bedurfnisse der Lehrpraxis Heilbronn 1884 Stammbaum der spater in Nassau wohnhaften Familie Vietor aus Lich in Hessen Buchdr d Waisenhauses Halle a S 1885 Digitalisat Die Aussprache der in dem Worterverzeichnis fur die deutsche Rechtschreibung zum Gebrauch in den preussischen Schulen enthaltenen Worter Heilbronn Henninger 1885 Die Aussprache des Schriftdeutschen Reisland Leipzig 1885 4 Auflage Reisland Leipzig 1898 6 Auflage mit der Funften fast gleichlautende Auflage Reisland Leipzig 1905 Die Aussprache des Englischen nach den deutsch englischen Grammatiken vor 1750 Philologentag zu Hannover 4 6 Oktober 1886 Marburg Elwert 1886 Vietor Dorr Englisches Lesebuch Unterstufe Leipzig 1887 Einfuhrung in das Studium der Englischen Philologie Marburg 1887 Phonetische Studien Zeitschrift fur wissenschaftliche und praktische Phonetik Hrsg v W Vietor Bde 1 6 Marburg 1888 1893 King Lear parallel text of the first quarto and the first folio part 1 of Shakespeare reprints rev ed Marburg Elwert 1892 Die neueren Sprachen Zeitschrift fur den neusprachlichen Unterricht Hrsg v W Vietor Bde 1 25 1893 1918 Le bone Florence of Rome hrsg von Wilhelm Vietor Marburg Elwert 1893 Wie ist die Aussprache des Deutschen zu lehren ein Vortrag 1 Auflage Elwert Marburg 1893 4 Auflage Elwert Marburg 1906 Die northumbrischen Runensteine Beitrage zur Textkritik Grammatik und Glossar Marburg Elwert 1895 Deutsches Lesebuch in Lautschrift Zugleich in der amtlichen Schreibung Als Hilfsbuch zur Erwerbung einer Mustergultigen Aussprache 2 Bde Leipzig Teubner 1899 1902 1 Band 1899 2 Band 1902 1 Band 3 durchgesehene Auflage 1907 2 Band 2 Auflage 1912 Das angelsachsische Runenkastchen aus Auzon bei Clermont Ferrand Marburg Elwert 1901 Die Methodik des Neusprachlichen Unterrichts Ein geschichtlicher Uberblick in vier Vortragen von Wilhelm Vietor Leipzig B G Teubner 1902 Skizzen lebender Sprachen hrsg v W Vietor Leipzig Teubner 1903 A Shakespeare phonology with a rime index to the poems as a pronouncing vocabulary Marburg and London Elwert and David Nutt 1906 A Shakespeare reader in the old spelling and with a phonetic transcription Marburg Elwert 1906 Vietor Roman Hrsg King Henry V Marburg Elwert 1908 Das Ende der Schulreform Marburg Elwert 1911 Deutsches Ausspracheworterbuch O R Reisland Leipzig 1912 1 Lieferung 1908 2 Auflage O R Reisland Leipzig 1915 3 durchgesehene Auflage besorgt von Ernst A Meyer O R Reisland Leipzig 1921 Reprints dieser 3 Auflage Outlook Bremen 2011 ISBN 978 3 86403 131 1 Europaischer Hochschulverlag Bremen 2011 ISBN 978 3 8457 2009 8 4 und 5 durchgesehene und durch einen Anhang erweiterte Auflage besorgt von Ernst A Meyer O R Reisland Leipzig 1931 Hamlet Parallel Texts of the First and Second Quartos and the First Folio part 2 of Shakespeare Reprints Marburg Elwert 1913Literatur BearbeitenAlexander Nebrig Vietor Wilhelm In Neue Deutsche Biographie NDB Band 26 Duncker amp Humblot Berlin 2016 ISBN 978 3 428 11207 4 S 803 f Digitalisat Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Wilhelm Vietor im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Marburger Ferienkurse Vietor Carl Adolf Theodor Wilhelm Hessische Biografie Stand 2 August 2020 In Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen LAGIS Einzelnachweise Bearbeiten siehe Hessisches Staatsarchiv Marburg HStAMR Best 915 Nr 5710 S 587 Digitalisat a b c d e Alexander Nebrig Vietor Wilhelm In Neue Deutsche Biographie NDB Band 26 Duncker amp Humblot Berlin 2016 ISBN 978 3 428 11207 4 S 803 f Digitalisat a b c Joachim Lerchenmuller Wilhelm Vietor In Christoph Konig Hrsg Internationales Germanistenlexikon 1800 1950 Walter de Gruyter Berlin New York 2003 S 1946 1947 Normdaten Person GND 118804499 lobid OGND AKS LCCN no2009094499 VIAF 52485907 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Vietor WilhelmALTERNATIVNAMEN Vietor Carl Adolf Theodor Wilhelm vollstandiger Name KURZBESCHREIBUNG deutscher Philologe neusprachlicher ReformerGEBURTSDATUM 25 Dezember 1850GEBURTSORT Cleeberg NassauSTERBEDATUM 22 September 1918STERBEORT Marburg Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Wilhelm Vietor amp oldid 224381296