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Ignorantia legis non excusat auch ignorantia iuris non excusat oder ignorantia iuris neminem excusat ist ein Rechtsgrundsatz aus dem romischen Recht der im deutschen Sprachraum als Volksweisheit mit der Bedeutung Unkenntnis des Gesetzes schutzt nicht vor Strafe Unwissenheit schutzt vor Strafe nicht bekannt ist Inhaltsverzeichnis 1 Romisches Recht 2 Deutschland 2 1 Anwendungsbereich 2 2 Geschichte 3 Osterreich 4 Schweiz 5 Siehe auch 6 EinzelnachweiseRomisches Recht BearbeitenIm romischen Recht lasst sich die Regel iuris ignorantiam cuique nocere facti ignorantiam non nocere aus den justinianischen Digesten herleiten Eine Fundstelle nimmt Bezug auf den spatklassischen Juristen Iulius Paulus der Minderjahrigen Frauen Soldaten und Landleuten ausnahmsweise Rechtsirrtumer zugestand 1 Danach sollte die Unkenntnis der Tatsachen niemandem schaden die Unkenntnis der Gesetze hingegen nahezu allen Es wurde somit bereits im klassischen Recht der Kaiserzeit nach Tatsachen und Rechtsirrtumern unterschieden 2 Teils wird sogar davon ausgegangen dass der Rechtsgrundsatz in die Zeit der Republik zuruckreicht 3 Festgehalten werden kann daraus dass in Ansehung der Gultigkeit von Rechtsgeschaften im Zivilrecht Irrtumer nicht entschuldbar waren was aber nicht fur andere Verhaltnisse galt 2 Deutschland BearbeitenAnwendungsbereich Bearbeiten Der Grundsatz beschreibt die Unbeachtlichkeit des Verbotsirrtums Danach handelt gleichwohl vorsatzlich wer uber die Strafbarkeit seines Handelns irrt Der Verbotsirrtum schliesst den Vorsatz nicht aus Soweit der Verbotsirrtum den Vorsatz nicht ausschliesst so lasst im deutschen Strafrecht der unvermeidbare Verbotsirrtum aber den Schuldvorwurf und damit die Strafbarkeit entfallen Da nur der vermeidbare Irrtum uber die Verbotsnorm den Schuldvorwurf nicht entfallen lasst wird deutlich dass der romische Rechtsgrundsatz nur eingeschrankt ins deutsche Strafrecht ubernommen wurde Im Unterschied zu einem Irrtum uber die tatsachlichen Verhaltnisse dem Tatbestandsirrtum ignorantia facti schliesst ein Verbotsirrtum die Schuld eines Taters aus wenn der Irrtum nicht vermeidbar war geregelt in 17 StGB Der Grundsatz gehort zur Dogmatik der Irrtumslehre sowohl im Straf wie im Ordnungswidrigkeitenrecht 16 f StGB und 11 OWiG Zusammengefasst lasst sich sagen dass die Unkenntnis der Tatsachen eine Entschuldigung sein kann nicht aber die Unkenntnis des Gesetzes Geschichte Bearbeiten Der Rechtsgrundsatz hatte in einigen Staaten des deutschen Bundes gesetzliche Vorlaufer so beispielsweise das Strafgesetzbuch fur das Konigreich Bayern von 1861 in Art 70 Art Im Preussischen Strafgesetzbuch 1851 wurde von einer Regelung abgesehen weil die Unwirksamkeit des Rechtsirrtums schon gemeinen Rechtens sei 4 Das Reichsstrafgesetzbuch enthielt keine ausdruckliche Regelung des Rechtsirrtums Das Reichsgericht vertrat den Rechtsgrundsatz Ignorantia legis non excusat in seiner romisch rechtlichen Grundform Der Bundesgerichtshof entschied 1952 hingegen dass ein unvermeidbarer Rechtsirrtum zur Straflosigkeit fuhre und bei einem vermeidbaren Rechtsirrtum die Strafe gemildert werden konne 5 Die heutige gesetzliche Regelung gilt seit 1975 mit Neufassung des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuchs Osterreich BearbeitenDer alte Rechtsgrundsatz ignorantia legis non excusat gilt auch in Osterreich denn in 2 des ABGB wird klargestellt Sobald ein Gesetz gehorig kund gemacht worden ist kann sich niemand damit entschuldigen dass ihm dasselbe nicht bekannt geworden sey Diese Bestimmung wollte ursprunglich die unwiderlegbare Vermutung des Verschuldens an der Unkenntnis einer Gesetzesvorschrift aufstellen 6 Inzwischen ist man von der Auslegung als unwiderlegbarer Fiktion des 2 ABGB abgeruckt und legt die Vorschrift dahingehend aus dass sich niemand allein mit Gesetzesunkenntnis entschuldigen kann 6 Die Anwendung eines geltenden Gesetzes hangt nicht von der Kenntnis des Gesetzesinhalts durch die Normadressaten ab 7 Im fruheren osterreichischen Strafrecht war geregelt dass sich mit der Unwissenheit des gegenwartigen Gesetzes niemand entschuldigen kann fur Verbrechen 1803 1974 3 fur Vergehen und Ubertretungen 1803 1852 Teil II 1 1852 1974 233 StG 8 Das seit 1 Januar 1975 geltende Strafgesetzbuch kennt den Verbotsirrtum an Er ist als Rechtsirrtum in 9 StGB normiert Schweiz BearbeitenIn der Schweiz gilt der zivilrechtliche Rechtsgrundsatz Rechtsunkenntnis schadet ignorantia iuris nocet Wer das Gesetz nicht kennt schadet sich selbst Die Behauptung man hatte eine Vorschrift nicht gekannt wird vor Gericht nicht gehort Im Strafrecht sieht Art 21 Strafgesetzbuch vor dass ein unvermeidbarer Rechtsirrtum nicht und ein vermeidbarer milder bestraft wird Siehe auch BearbeitenLatein im RechtEinzelnachweise Bearbeiten Paulus Digesten 22 6 9 pr a b Max Kaser Das Romische Privatrecht Erster Abschnitt Das altromische das vorklassische und klassische Recht C H Beck Verlag Munchen 1955 Zehnte Abteilung Dritter Teil Dritter Band Erster Abschnitt 59 S 211 Wolfgang Kunkel Romisches Privatrecht auf Grund des Werkes von Paul Jors in 3 Auflage bearbeitet Berlin u a 1949 S 108 Rnr 14 Theodor Goltdammer Die Materialien zum Strafgesetzbuche fur die Preussischen Staaten 1851 Teil I 44 Anm IV BGHSt 2 194 a b Helmut Koziol Peter Bydlinski Raimund Bollenberger Kurzkommentar zum ABGB 2007 S 2 f JBl 1960 604 Helmut Fuchs Osterreichisches Strafrecht Allgemeiner Teil 2004 S 185 f Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ignorantia legis non excusat amp oldid 234284062