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Als literarische Travestie von italienisch travestire franzosisch travestir verkleiden bezeichnet man eine komische Gattung bei der der Inhalt eines Werks oder eines Mythos beibehalten aber in eine unangemessene sprachliche Form gebracht wird Inhaltsverzeichnis 1 Form 2 Etymologie 3 Beispiele 4 EinzelnachweiseForm BearbeitenTravestie ist eine Form persiflierenden Schreibens bei welchem der Stoff eines Werkes beibehalten der Stil aber verandert wird Die Beibehaltung des Inhalts unter gleichzeitiger stilistischer Transformation fuhrt zu komischen Effekten Diese setzen allerdings die Kenntnis der veralberten Originale voraus Insofern ist die Travestie eine intertextuelle Gattung Die Veranderung des Stils kann in beide Richtungen geschehen So kann ein elaborierter Stil genus sublime zu einem niederen Stil genus humile werden etwa wenn ein literarischer Klassiker in ein Werk der Umgangssprache travestiert wird Umgekehrt kann etwa ein Werk der Trivialliteratur sprachlich so verandert werden dass die erlesene Wortwahl mit dem einfachen Inhalt kontrastiert Der Unterschied zur Parodie besteht nach August Wilhelm Schlegel Vorlesungen uber schone Litteratur und Kunst 1802 03 darin dass die Travestie nur den Inhalt des Werkes das sie verspottet ubernimmt dessen Vertextung aber ganz selbststandig erfolgt Gustav Gerber Die Sprache als Kunst 1885 ordnete die Travestie daher in die Dichtkunst nicht in die Sprachkunst ein denn die Ahnlichkeitsbeziehungen zum Original bestehen ausschliesslich auf der Inhaltsebene wahrend die sprachliche Form von diesem unabhangig gestaltet wird 1 Zudem dient die Travestie zumeist der Erheiterung der Leser und dient anders als die Parodie nicht als Waffe in literarischen Auseinandersetzungen 2 Die Unterscheidung lasst sich aber nicht trennscharf durchfuhren Etymologie BearbeitenDas Wort Travestie fur eine komische Dichtung wurde im 18 Jahrhundert vom gleichbedeutenden englischen travesty entlehnt 3 Im Englischen bedeutet dieses Wort heute als Substantiv die Travestie wie sie hier beschrieben wird und figurlich auch Zerrbild oder Karikatur Als Verb bedeutet travestieren neben dem wie hier ausgefuhrten scherzhaften Umgestalten figurlich auch entstellen verzerren und lacherlich machen 4 5 Das englische Wort travesty wiederum wurde im 17 Jahrhundert aus dem franzosischen Verb travestir gebildet veranlasst durch Paul Scarrons Stuck Le Virgile travesti 1648 englisch Virgile travesty 3 Im Franzosischen bedeutet das Verb travestir verkleiden figurlich auch das Verkleiden eines literarischen Werkes Das Substantiv travestie bedeutet Vermummung aber manchmal auch lacherliche Rolle 6 7 Beispiele BearbeitenLiteratur Travestien wurden haufiger zwischen dem 17 und 19 Jahrhundert geschrieben etwa die Vergil Travestien so Paul Scarrons Le Virgile travesti 1648 52 und Aloys Blumauers Virgils Aeneis 1783 Karl Meisl travestierte in seinem Othellerl der Mohr von Wien oder Die geheilte Eifersucht von 1806 Shakespeares Othello in die Alltagssprache Von Johann Nestroy sind Travestien von Werken Friedrich Hebbels Giacomo Meyerbeers und Richard Wagners uberliefert In Umberto Ecos Roman Der Name der Rose erkennt William von Baskerville in einer Vision Adsons eine Anspielung auf die Cena Cypriani Einzelnachweise Bearbeiten Theodor Verweyen Gunther Witting Travestie In Klaus Weimar et al Hrsg Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft Walter de Gruyter Berlin New York 2007 Band 3 ISBN 978 3 11 091467 2 S 684 abgerufen uber De Gruyter Online Gero von Wilpert Travestie In Sachworterbuch der Literatur Kroners Taschenausgabe Band 231 4 verbesserte und erweiterte Auflage Kroner Stuttgart 1964 S 738 DNB 455687854 a b Travestie In Jacob Grimm Wilhelm Grimm Hrsg Deutsches Worterbuch Band 21 T Treftig XI 1 Abteilung Teil 1 S Hirzel Leipzig 1935 Sp 1567 woerterbuchnetz de Langenscheidt Grosses Schulworterbuch Englisch Deutsch Langenscheidt 1977 ISBN 3 468 07123 X Cassel s German amp English Dictionary Second edition Cassel London 1958 Sachs Villatte Enzyklopadisches franzosisch deutsches und deutsch franzosisches Worterbuch Hand und Schul Ausgabe Langenscheidtsche Verlagsbuchhandlung Prof G Langenscheidt Berlin Schoneberg 1909 Langenscheidts Schulworterbuch Fr Dt Dt Fr Neubearbeitung 1968 amp 10 Auflage 1980 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Travestie Literatur amp oldid 207409622