www.wikidata.de-de.nina.az
Torsionsgeschutz ist ein Sammelbegriff fur historische Artillerie Waffen welche die fur den Schuss notige Energie aus der beim Spannen auftretenden Verdrehung von Seilbundeln und der daraus resultierenden elastischen Verformung des umgebenden Rahmens beziehen Die Seile bestehen in der Regel aus Tiersehnen Die bekanntesten Waffen dieser Art sind die griechische Palintona romisch Balliste bzw Scorpio und der Onager Veranschaulichung der TorsionNachbau einer romischen Balliste mit der Geschossbolzen verschossen werden Skizze eines romischen OnagersKampfeinsatz einer Balliste hinter Schanzwerk zur Zeit des Kaisers Trajan 98 117 Inhaltsverzeichnis 1 Beschreibung 2 Romische Kaiserzeit 2 1 Prinzipat 2 2 Spatantike 3 Experimentelles Beispiel zur Torsion 4 Literatur 5 Weblinks 6 AnmerkungenBeschreibung BearbeitenEs gibt zwei Bauweisen die einarmige Onager und die zweiarmige Palintona Balliste Scorpio Bei der einarmigen Bauweise wird die Kraft fur den ballistischen Wurf durch einen Wurfarm auf das Geschoss ubertragen Als Geschosse konnen Steine Metallkugeln Brandmittel und dergleichen verwendet werden Die Flugbahn der Geschosse ist in der Regel eher hoch vgl Steilfeuergeschutz und besonders fur indirekten Beschuss geeignet Die zweiarmige Bauweise entspricht in etwa dem Aufbau einer Armbrust indem zwei Arme die Kraft auf eine Sehne ubertragen und diese wiederum auf das Geschoss Auch hier ist die Verwendung von Kugeln moglich aber in der Regel werden Speere und Bolzen verschossen Die Flugbahn der Geschosse ist eher flach vgl Flachfeuergeschutz und besser fur direkten Beschuss geeignet Die Beschleunigung entsteht durch ein Drehmoment Zwei Seile oder Faserbundel werden durch einen dazwischengeschobenen Stock stark verdreht Torsion Diese Verdrehung erzeugt eine starke Vorspannung statische Energie Dieser Mechanismus ist unter der Bezeichnung Spanische Winsch bekannt Wird der Stock nun plotzlich gelost und entlastet entsteht ein starkes Drehmoment dynamische Energie das am Stock eine schnelle Bewegung auslost Diese Bewegung wird auf das Geschoss ubertragen als Wurfbewegung genutzt Im Vergleich zu den auf Hebelwurf basierenden Geschutzen Blide ist der Bau und damit auch der Geschossgrosse eine sehr viel niedrigere Grenze gesetzt Die technischen Aspekte dieser Waffen sind in der Theorie bislang wenig erforscht Die Ergebnisse basieren vor allem auf Experimenten privater Gruppen da erst in den letzten Jahren Funde gemacht wurden beispielsweise zum Harzhornereignis die prazisere Ruckschlusse moglich machen 1 Torsionsgeschutze wurden etwa ab 400 v Chr von den Griechen in grosserem Massstab verwendet Spater ubernahmen die Romer diese Technik und entwickelten sie weiter Romische Kaiserzeit BearbeitenPrinzipat Bearbeiten Wahrend der Zeit des Prinzipats oblag die bereits hochspezialisierte Herstellung von Geschutzen der Armee Sie stellte die Fachhandwerker sowie Ingenieure und besass nicht nur in Rom sondern auch in den Provinzen Waffenfabriken Ein Grabstein aus der Zeit um 100 n Chr bezeugt einen Ingenieur architectus der im kaiserlichen Arsenal armamentarium imperatoris in Rom mit der Herstellung von Geschutzen beauftragt war Durch zwei Tagesberichte aus der Provinz Aegyptus die sich auf einem Papyrus des zweiten oder dritten Jahrhunderts n Chr erhalten haben ist bekannt dass an diesen beiden Tagen hundert Spezialisten immunes in den Legionswerkstatten der Legio II Traiana fortis in Alexandria damit beschaftigt waren unter anderem Spannrahmen fur Torsionsgeschutze capitula ballistaria herzustellen 2 Die Produktion in heereseigenen Werkstatten die dem Lagerkommandanten praefectus castrorum unterstanden und von dem optio fabricae geleitet wurden unterscheidet sich von der Praxis der Spatantike als Auftrage an private Waffenfabriken fabricae vergeben wurden Der Oberbefehl uber die Legionsfabriken in den Provinzen lag nicht in den Handen des Oberkommandierenden der Legion legatus sondern stand unter der Kontrolle des jeweiligen Statthalters und seines Stabes Dort wurde entschieden wann die Produktion anzulaufen hatte Der Archaologe Dietwulf Baatz nahm an dass die Entscheidung fur den Bau auf einer so hohen Befehlsebene erfolgte da der Arbeits und Materialaufwand sowie die damit zusammenhangenden Kosten fur so ein Spezialprodukt erheblich waren 3 Spatantike Bearbeiten Das gesamte Arsenal der romischen Kriegsmaschinen blieb auch wahrend der Spatantike in Gebrauch Insbesondere die spatromischen Torsionsgeschutze gehoren zu den kompliziertesten mechanischen Maschinen der Antike 4 Der bedeutendste Typ war die Balliste welche Bolzengeschosse und Brandpfeile verschiessen konnte Dazu zahlen sowohl die Standgeschutze als auch die Varianten auf Radern carroballista Eine handliche Variante des bereits wahrend der mittleren Kaiserzeit genutzten Ein Mann Torsionsgeschutzes war die spatantike Torsionsarmbrust die weit verbreitet selbst in kleinen Grenzkastellen wie dem rumanischen Gornea eingesetzt wurde 5 Nachdem wahrend der Spatantike die Produktion aus den Handen des Militars an Privatunternehmen ubergegangen war gelangten romische Waffen auch in Hande die sie nicht erhalten sollten Daher erliessen verschiedene Kaiser wie etwa Justinian I im Jahr 539 n Chr Erlasse um die Produktion zu beschranken 6 Wie die Notitia dignitatum ein romisches Staatshandbuch aus der ersten Halfte des 5 Jahrhunderts verzeichnet gab es zu dieser Zeit einen oberkommandierenden Artillerieoffizier praefectus militum ballistariorum der dem Heerfuhrer des Mainzer Militarbezirks Dux Mogontiacensis unterstand 7 Andere Ballisteneinheiten unterstanden dem jeweiligen Heermeister magister militum der Diozesen In der Diozese Gallien wurde die Artillerie durch den Oberbefehlshaber der Kavallerie magister equitum per Gallias befehligt Diesem Kommandeur unterstand in diesem Zusammenhang offensichtlich nur eine legio pseudocomitatensis mit einer Einheit von ballistarii 8 Der Heermeister der ostlichen Diozese magister militum per Orientem hatte den Befehl uber die ballistarii seniores einer legio comitatensis 9 sowie uber eine legio pseudocomitatensis der ballistarii Theodosiaci 10 Dem Heermeister der thrakischen Diozese magister militum per Thracias waren zwei legiones comitatenses anvertraut bestehend aus den ballistarii Dafnenses 11 beziehungsweise den ballistarii iuniores 12 Der Heermeister der Diozese Illyrien magister militum per Illyricum konnte im Ernstfall nur eine Artillerietruppe die ballistarii Theodosiani iuniores ins Feld schicken 13 Die Notitia dignitatum erwahnt ausserdem zwei fabricae ballistariae die beide in der Diozese Gallien lagen eine in Augustodunum Autun die andere in Triberorum Trier 14 Experimentelles Beispiel zur Torsion BearbeitenDazu nehme man eine zusammengeknotete Schnur von zwei Handbreiten Lange und lege sie ahnlich wie beim Fadenspiel straff uber Daumen und Zeigefinger der linken Hand Nun fuhre man mit der anderen Hand ein Streichholz zwischen den Faden durch und verdrehe damit die Schnur einige Male Wenn man das Streichholz loslasst wirbelt es herum genau wie der Arm einer Torsionswaffe Literatur BearbeitenDietwulf Baatz Bauten und Katapulte des romischen Heeres Mavors Band 11 Franz Steiner Stuttgart 1994 ISBN 3 515 06566 0 Dietwulf Baatz Katapult Spannbuchsen vom Auerberg In Gunter Ulbert Der Auerberg 1 Topographie Forschungsgeschichte und Wallgrabungen Munchner Beitrage zur Vor und Fruhgeschichte Band 45 C H Beck Munchen 1994 ISBN 3 406 37500 6 S 173 189 Dietwulf Baatz Recent Finds of Ancient Artillery In Britannia Band 9 1978 S 1 17 Dietwulf Baatz Das Torsionsgeschutz von Hatra In Antike Welt Jahrgang 9 Nummer 4 1978 S 50 7 Wilhelm Gohlke Das Geschutzwesen des Altertums und des Mittelalters In Zeitschrift fur historische Waffenkunde Band 6 Heft 1 1915 S 12 22 Digitalisat Nicolae Gudea Dietwulf Baatz Teile spatromischer Ballisten aus Gornea und Orsova Rumanien In Saalburg Jahrbuch Band 31 1974 S 50 72 Erwin Schramm Die antiken Geschutze der Saalburg Nachdruck der Ausgabe von 1918 Beiheft zum Saalburg Jahrbuch Saalburgmuseum Bad Homburg v d H 1980 S 40 46 Eugene Viollet le Duc Engins In ders Dictionnaire raisonne de l architecture francaise du XIe au XVIe siecle Band 5 B Bance Paris 1861 franzosischer Volltext bei Wikisource ab S 218 Abschnitt Engins de Guerre uber fruhe Geschutze und Lafetten Alexander Zimmermann Zwei ahnlich dimensionierte Torsionsgeschutze mit unterschiedlichen Konstruktionsprinzipien Rekonstruktionen nach Originalteilen aus Cremona Italien und Lyon Frankreich In Journal of Roman Military Equipment Studies Band 10 1999 Proceedings of the Eleventh International Roman Military Equipment Conference S 137 140 Weblinks BearbeitenBelagerungsmaschinen schweres Belagerungsgerat Seiten des Instituts fur Geschichtliche Landeskunde an der Universitat Mainz e V Festungskrieg Seiten von Peter Rempis Fachreferent an der Universitat Tubingen roemercohorte de Private Seiten der Romercohorte Opladen mit Nachbauten und Experimenten zum TorsionsgeschutzAnmerkungen Bearbeiten romische Horrorwaffen im Wettertest bei spiegel de Oliver Stoll Ordinatus Architectus Romische Militararchitekten und ihre Bedeutung fur den Technologietransfer In Derselbe Romisches Heer und Gesellschaft Steiner Stuttgart 2001 ISBN 3 515 07817 7 S 300 368 hier S 306 Dietwulf Baatz Katapult Spannbuchsen vom Auerberg In Gunter Ulbert Der Auerberg I Beck Munchen 1994 ISBN 3 406 37500 6 S 173 189 hier S 185 Nicolae Gudea Dietwulf Baatz Teile spatromischer Ballisten aus Gornea und Orsova Rumanien In Saalburg Jahrbuch Band 31 1974 S 50 72 hier S 69 Dietwulf Baatz Katapulte und mechanische Handwaffen des spatromischen Heeres In Jurgen Oldenstein Oliver Gupte Hrsg Spatromische Militarausrustung Proceedings of the Eleventh International Roman Military Equipment Conference Mainz 1998 Armatura Braemar 1999 ISBN 0 9539848 1 8 S 14 Alexander Demandt Die Spatantike Romische Geschichte von Diocletian bis Justinian 284 565 n Chr Beck Munchen 2007 ISBN 978 3 406 55993 8 S 308 Notitia dignitatum Occ 41 23 Notitia dignitatum Occ 7 97 Notitia dignitatum Occ 7 8 43 Notitia dignitatum Occ 7 21 57 Notitia dignitatum Occ 8 14 46 Notitia dignitatum Occ 8 15 47 Notitia dignitatum Occ 9 47 Notitia dignitatum Occ 9 33Normdaten Sachbegriff GND 7740343 5 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Torsionsgeschutz amp oldid 238312140