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Bei der Thermolumineszenzdatierung wird die Eigenschaft mancher Festkorper genutzt beim Erhitzen vorher im Kristallgitter gespeicherte Energie in Form von Licht abzugeben Die Energie wurde in metastabilen Zustanden gespeichert sie stammt vor allem aus Zerfallsprozessen naturlich vorkommender radioaktiver Nuklide oder aus der kosmischen Strahlung Verwandte Prozesse der stimulierten Lichtemission werden im Artikel Lumineszenz genauer beschrieben Thermolumineszenzdatierung wird u a in der Archaologie Abkurzung TL Datierung oder allgemeiner Lumineszenzdatierung als Methode zur Altersbestimmung von Keramikobjekten oder anderweitig gebrannten Artefakten verwendet Ebenso kann die Thermolumineszenz auch zur Datierung von Sedimenten genutzt werden Dann wird das Ereignis der letzten Belichtung durch Sonnenlicht datiert Die Thermolumineszenz dient dabei als Erganzung zur Radiokohlenstoffdatierung auch 14C Datierung insbesondere dann wenn Datierungen jenseits der begrenzten Reichweite der 14C Datierung benotigt werden oder wenn kein organisches Material zur Verfugung steht Thermolumineszenz von FlussspatInhaltsverzeichnis 1 Grundlage 2 Archaologische Anwendung 3 Verwandte Verfahren 4 Literatur 5 Weblinks 6 FussnotenGrundlage Bearbeiten nbsp Vergleich thermischer Normalstrahlung mit GlowkurveIn naturlich vorkommenden Mineralien wie Quarz oder Feldspat wird Energie in Form von Strahlenschaden verursacht durch den Zerfall naturlich vorkommender instabiler Nuklide sowie kosmische Strahlung im Kristallgitter gespeichert Dabei werden Elektronen in Elektronenfallen zwischen Valenz und Leitungsband festgesetzt Quarze oder Feldspate wiederum sind mineralogische Bestandteile z B gebrannter Keramik Beim Erhitzen emittieren Korper mit steigender Temperatur zunachst Warmestrahlung die dann auch den sichtbaren Spektralbereich beinhaltet Wenn keine Thermolumineszenz auftritt kann die abgestrahlte Leistung als Funktion der Temperatur mit Hilfe des Stefan Boltzmann Gesetzes vorhergesagt werden Beim weiteren Erhitzen auf Temperaturen um 300 500 C setzt thermische stimulierte Lichtemission Thermolumineszenz ein das heisst angeregte Elektronen verlassen ihren metastabilen Zustand und fallen auf niedrigere Energieniveaus zuruck man spricht auch von Rekombination Die Energiedifferenz wird dabei als Lichtquant einer charakteristischen Frequenz zum Beispiel im sichtbaren Spektrum abgegeben Da nach relativ kurzer Zeit samtliche angeregte Elektronen auf ein niedrigeres Energieniveau gefallen sind tritt dieser Thermolumineszenz TL genannte Effekt nur beim ersten Erhitzen auf sofern der Kristall nicht anschliessend erneut bestrahlt wird Aus dem Unterschied zweier so ermittelter Kurven kann auf die gespeicherte Energie ruckgeschlossen werden Diese hangt von der Intensitat und der Zeitdauer der vorhergehenden angesammelten Energie ab Fur die Strahlungsmesstechnik verwendet man Kristalle aus Lithiumfluorid CaSO4 CaF2 oder Lithiumborid die mit verschiedenen Fremdatomen Aktivatoren wie Mn Mg Ti Cu oder P gezielt verunreinigt dotiert sind Diese Dotierungen dienen der Erzeugung von Fehlstellen in denen die im Kristall freigesetzten Elektronen eingefangen und gespeichert werden konnen 1 Archaologische Anwendung BearbeitenErste moderne Anwendungen wurden in den 1950er Jahren beschrieben in der Archaologie auf Keramik durch Elizabeth K Ralph und Mark C Han 2 und von Martin J Aitken Bereits 1953 in einem Aufsatz von Daniels Boyd amp Saunders 3 vorgeschlagen wurden erste Datierungsanwendungen 1957 1958 von Forschern der Universitat Bern Team um Friedrich Georg Houtermans und Norbert Grogler vorgestellt 4 5 In der darauffolgenden Zeit wurde die Datierungsmethode Anfang der 1960er Jahre federfuhrend von Martin J Aitken in Oxford weiter entwickelt Weitere methodische Verbesserungen fuhrten 1985 zur Vorstellung der Optically Stimulated Luminescence OSL Datierung durch David Huntley 6 Datiert wird der Zeitpunkt der letzten Belichtung was prinzipiell auch mit der TL Datierung moglich ist aber erheblich langere Belichtungszeiten erfordert Das Verfahren der OSL Datierung ist obwohl mit der TL Datierung eng verwandt daher von dieser abzugrenzen s Abschnitt verwandte Verfahren nbsp Diagramm eines Keramikfragments in einer archaologischen Ausgrabungsstatte das die verschiedenen Arten ionisierender Strahlung zeigt die den Fund beeinflussen 1 Radioaktivitat in der Umwelt 2 Radioaktivitat die von der Keramik selbst emittiert wird und 3 kosmische Strahlung nbsp Thermo lumines zenz diagramme zur thermo lumines zierenden Datierung von Artefakten Oben Thermo lumines zenz diagramm einer modernen Keramik Unten Thermo lumines zenz diagramm eines antiken Keramik materials In beiden Grafiken Kurve a Thermo lumineszenz nach Labor aktivierung der Probe mit einer gegebenen Dosis ionisierender Strahlung Kurve b Thermo lumineszenz ohne Aktivierung der Probe durch ionisierende Strahlung Kurve c ist das Hinter grund signal des Mess aufbaus nbsp Typische Quarz TL Kurve gemessen im Rahmen einer TL DatierungDer Aufbau des latenten Lumineszenzsignals erfolgt durch Energiezufuhr aus dem Zerfall naturlich vorkommender radioaktiver Nuklide 238U 232Th 40K 87Rb sowie durch kosmische Strahlung Beim Brennvorgang zur Herstellung des Artefaktes wurde die TL Uhr auf 0 zuruckgesetzt Anschliessend setzt die skizzierte Aufladung erneut ein Je alter die Probe ist desto starker ist das bei einer erneuten Erhitzung beobachtbare Lumineszenzsignal Durch die Messung wird die TL Uhr jedoch erneut zuruckgesetzt Folgendes muss in die Auswertung einfliessen Messungen der Dosisleistung in der Umgebung des Fundortes vorkommender radioaktiver Nuklide Kenntnis des regional lokal unterschiedlichen Spektrums der betreffenden radioaktiven Isotope und deren ZerfallszeitDie Reichweite der Methode betragt mehr als 50 000 Jahre abhangig vom verwendeten Dosimeter und der Dosisleistung Unter guten Voraussetzungen wurden auch 500 000 Jahre erreicht Ihre Genauigkeit ist jedoch begrenzt und liegt bei etwa 10 des Alters der Probe Daher kann sie bei Keramik der Antike oft nur allgemein die Echtheit bestatigen wahrend die genauere Datierung durch stilistische Analysen etwa der Vasenmalerei erfolgen muss Bisher ist es Falschern nicht gelungen diese Methode der Altersbestimmung auszuhebeln weil es offensichtlich unmoglich ist frisch gebrannte Keramik durch kunstliche Bestrahlung so aufzuladen dass der zeitliche Verlauf der TL Strahlung wahrend des Erhitzens imitiert wird Verwandte Verfahren Bearbeiten nbsp Entnahmestelle einer Probe zur OSL FundschichtdatierungNach dem gleichen Wirkungsprinzip wie die Thermolumineszenzdatierung arbeiten weitere Verfahren bei denen die Abregung aus den metastabilen Zustanden nicht durch Erhitzung des Materials erfolgte sondern durch Energiezufuhr in Form von Photonen Diese Photo oder Radiolumineszenzmethoden lassen sich nach der Frequenz der von aussen zugefuhrten stimulierenden Strahlung unterscheiden Optisch stimulierte Lumineszenz OSL en optically stimulated luminescence mit Hilfe von Licht aus dem sichtbaren Bereich des Spektrums Anwendbar bei Quarz und Feldspat d h bei ehemals dem Sonnenlicht oder einer Erhitzung ausgesetzten Gesteinen Sandstein Granit und insbesondere quarzhaltigen Sedimenten Die hier betrachtete Energie wird schon durch Tageslicht freigesetzt weswegen uber die Menge an gespeicherter Energie bewertet werden kann wie lange der letzte Kontakt zu Sonnenlicht und somit beispielsweise der Sedimentationsprozess zuruckliegt Geeignet zur Datierung von Proben die bis zu 200 000 Jahre alt sind 7 Infrarot stimulierte Lumineszenz IRSL en infrared stimulated luminescence mit Hilfe von Infrarotlicht Radiolumineszenz RL en Radioluminescence mit Hilfe von ionisierender Strahlung Grun Stimulierte Lumineszenz GLSL en green light stimulated luminescence mit Hilfe von grunem Licht Literatur BearbeitenMartin J Aitken Science based dating in archaeology Longman archaeology series Longman London u a 1990 ISBN 0 582 49309 9 S 141 175 Martin J Aitken Thermoluminescence dating Academic Press London 1985 ISBN 0 12 046380 6 Reuven Chen amp Stephen W McKeever Theory of thermoluminescence and related phenomena World Scientific Singapore u a 1997 ISBN 981 02 2295 5 Reuven Chen amp Vasilis Pagonis Thermally and Optically Stimulated Luminescence A Simulation Approach John Wiley amp Sons West Sussex U K 2011 ISBN 978 0 470 74927 2 Stuart Fleming Thermoluminescence techniques in archaeology Clarendon Press Oxford 1979 ISBN 0 19 859929 3 Claudio Furetta Handbook of Thermoluminescence World Scientific New Jersey 2010 ISBN 981 238 240 2 Barthel Hrouda Hrsg Methoden der Archaologie Eine Einfuhrung in ihre naturwissenschaftlichen Techniken Beck Munchen 1978 ISBN 3 406 06699 2 S 151 161 Beck sche Elementarbucher K Mahesh P S Weng amp C Furetta Thermoluminescence in solids and its application Nuclear Technology Publishing 1989 ISBN 1 870965 00 0 Stephen W S McKeever Thermoluminescence of solids Cambridge University Press 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Pottery by Thermoluminescence In Nature Band 210 1966 S 245 247 F Daniels C A Boyd amp D F Saunders Thermoluminescence as a Research Tool In Science Band 117 1953 S 343 349 F G Houtermans amp H Stauffer Thermolumineszenz als Mittel zur Untersuchung der Temperatur und Strahlungsgeschichte von Mineralien und Gesteinen In Helvetica Physica Acta 30 1957 S 274 277 N Grogler F G Houtermans amp H Stauffer Radiation damage as a research tool for geology and prehistory In 5 Rassegna Internazionale Elettronica E Nucleare Supplemento Agli Atti Del Congresso Scientifico Band 1 1958 S 5 15 D J Huntley D I Godfrey Smith amp M L W Thewalt Optical dating of sediments In Nature Band 313 1985 S 105 107 Michael Balter New light on ancient samples In Science Band 332 2011 S 658 doi 10 1126 science 332 6030 658 b Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Thermolumineszenzdatierung amp oldid 235575731