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Testtheorien der speziellen Relativitatstheorie stellen ein theoretisches Schema dar um Experimente deren Ergebnisse moglicherweise von den Vorhersagen der speziellen Relativitatstheorie abweichen analysieren zu konnen Vor der Durchfuhrung eines Experiments wird gewohnlich nicht angenommen dass die Ergebnisse automatisch mit der zu uberprufenden Theorie ubereinstimmen sondern es sollte auch angegeben werden welche alternativen Theorien zum Zuge kommen wenn das Experiment ein abweichendes Resultat ergibt Das kann durch die Erstellung einer Testtheorie erreicht werden deren Aussagen etwas weiter gefasst sind als diejenigen der zu uberprufenden Theorie Bezogen auf die spezielle Relativitatstheorie waren dies beispielsweise verschiedene Postulate betreffend der Ausbreitung des Lichtes die Existenz eines bevorzugten Bezugssystems wie dem Ather oder andere Moglichkeiten der Verletzung der Lorentzinvarianz Die bekanntesten Testtheorien sind diejenigen von Robertson 1949 1 und Mansouri Sexl 1977 2 welche da sie aquivalent zueinander sind zusammen die Robertson Mansouri Sexl Testtheorie bilden 3 4 5 6 7 Ein anderes weit umfassenderes Modell ist die Standardmodellerweiterung die allerdings nicht nur auf die spezielle Relativitatstheorie beschrankt ist Inhaltsverzeichnis 1 Testtheorie von Robertson Mansouri Sexl RMS 1 1 Ubersicht 1 2 Theorie 1 3 Experimente mit RMS 2 Standardmodellerweiterung SME 3 Siehe auch 4 Einzelnachweise 5 WeblinksTesttheorie von Robertson Mansouri Sexl RMS BearbeitenUbersicht Bearbeiten Howard P Robertson 1949 erweiterte die Lorentz Transformation durch die Hinzunahme weiterer Parameter 1 Dabei nahm er an dass ein bevorzugtes Bezugssystem bzw ein ruhender Ather existiert in welchem die Zweiweg Lichtgeschwindigkeit also die Geschwindigkeit vom Sender zum Empfanger und zuruck und die Einweg Lichtgeschwindigkeit isotrop ist Ebenso wird vorausgesetzt dass in allen anderen Bezugssystemen die Poincare Einstein Synchronisation als Methode zur Definition von Gleichzeitigkeit verwendet wird wodurch in diesen Systemen die Einweg Lichtgeschwindigkeit ebenso isotrop ist Jedoch durch das Vorhandensein zusatzlicher Parameter in der Transformation welche den Einfluss des bevorzugten Bezugssystems reprasentieren ist die Zweiweg Lichtgeschwindigkeit nicht isotrop 3 6 Ein sehr ahnliches Modell wurde von Reza Mansouri und Roman Sexl 1977 entwickelt 2 8 9 Der Unterschied zur Robertsons Modell besteht darin dass Mansouri und Sexl sich keineswegs auf die Poincare Einstein Synchronisation beschrankten sondern beliebige Synchronisationen zuliessen Beispielsweise benutzten sie externe Synchronisationen wodurch Zeitanzeigen von Uhren eines bestimmten Bezugssystems willkurlich bevorzugt und in allen anderen Bezugssystemen ebenfalls benutzt werden Das bedeutet dass in diesem Modell nicht nur die Zweiweg sondern auch die Einweg Lichtgeschwindigkeit anisotrop ist 3 6 Da also die Zweiweg Lichtgeschwindigkeit in beiden Modellen anisotrop ist und nur diese Geschwindigkeit ohne Annahme einer bestimmten Synchronisation direkt messbar ist sind beide Modelle experimentell aquivalent und werden zusammen als Robertson Mansouri Sexl Testtheorie RMS bezeichnet 3 6 Da die spezielle Relativitatstheorie hingegen eine konstante Zweiweg Lichtgeschwindigkeit voraussagt unterscheidet sich RMS experimentell von der speziellen Relativitatstheorie Sollte also bei einem Experiment ein von der Lorentzinvarianz abweichendes Ergebnis gefunden werden konnen durch Analyse der RMS Parameter die naheren Eigenschaften eines etwaigen bevorzugten Bezugssystems bestimmt werden 3 6 Theorie Bearbeiten Nachfolgend wird die Notation von Mansouri und Sexl benutzt 2 Unter Benutzung von Einheiten mit denen die Lichtgeschwindigkeit gleich 1 wird wahlten sie die folgenden Koeffizienten fur die Transformation zwischen den Bezugssystemen t a v T e x x b v X v T y d v Y z d v Z displaystyle begin aligned t amp a v T varepsilon x x amp b v X vT y amp d v Y z amp d v Z end aligned nbsp wo T X displaystyle T X nbsp die in einem bevorzugten Bezugssystem gemessenen Koordinaten und t x displaystyle t x nbsp die in einem bewegten Bezugssystem gemessenen Koordinaten sind und e displaystyle varepsilon nbsp ein von der verwendeten Synchronisation abhangiger Wert ist Daraus folgt dass 1 a v displaystyle 1 a v nbsp die Zeitdilatation und b v displaystyle b v nbsp die Langenkontraktion reprasentiert Wird angenommen dass 1 a v b v 1 1 v 2 displaystyle 1 a v b v 1 sqrt 1 v 2 nbsp d 0 displaystyle d 0 nbsp und e v v displaystyle varepsilon v v nbsp ergeben sich automatisch die Lorentz Transformationen Der Zweck dieser Testtheorie ist also Messungen von a v und b v zu bewerten und festzustellen wie nahe sie den Werten kommen welche bei Gultigkeit der Lorentz Transformation bestehen Daruber hinaus liessen sie beliebige Werte von e displaystyle varepsilon nbsp also beliebige Synchronisationen zu Diese sind 2 Interne Uhrensynchronisation Dazu gehoren die Poincare Einstein Synchronisation und die Methode des langsamen Uhrentransportes verschiedene Uhren werden durch eine mit verschwindend geringer Geschwindigkeit bewegten Uhr synchronisiert Externe Uhrensynchronisation Dabei schlugen sie das Bezugssystem in dem die CMBR isotrop ist als Test Athersystem vor und benutzten die Uhren dieses Bezugssystems um die Uhren aller anderen Bezugssysteme zu synchronisieren Das bedeutet dass die Uhren aller Bezugssysteme synchron sind keine Relativitat der Gleichzeitigkeit Sie kamen zum Ergebnis dass alle diese Synchronisationen nur dann zueinander aquivalent sind solange die Zeitdilatation exakt gilt also 1 a v 1 1 v 2 displaystyle 1 a v 1 sqrt 1 v 2 nbsp unabhangig davon ob ein Ather existiert oder nicht Mansouri Sexl stellten dabei die bemerkenswerte Tatsache fest dass eine Theorie welche auf absoluter Gleichzeitigkeit beruht aquivalent zur SRT sein kann Mansouri Sexl und praktisch alle modernen Physiker sind allerdings weiterhin der Meinung dass die spezielle Relativitatstheorie und die Lorentzsymmetrie zu bevorzugen seien da ansonsten die Aquivalenz der Inertialsysteme zerstort ware oder genauer gesagt dass die beobachtete Aquivalenz ansonsten nur eine scheinbare ware Das macht Modelle wie die lorentzsche Athertheorie unter Berucksichtigung von Ockhams Prinzip derart unwahrscheinlich dass sie praktisch nicht mehr in der Fachwelt vertreten werden Experimente mit RMS Bearbeiten Testtheorien der speziellen Relativitatstheorie werden gegenwartig haufig zur Bewertung experimenteller Tests von Verletzungen der Lorentzinvarianz welche sich moglicherweise aus einer Quantengravitation ergeben benutzt Die Parameter gemass dem RMS Schema nehmen dabei fur Grossen zweiter Ordnung in v c folgende Gestalt an 9 a v 1 a v 2 c 2 displaystyle a v sim 1 alpha v 2 c 2 nbsp Zeitdilatation b v 1 b v 2 c 2 displaystyle b v sim 1 beta v 2 c 2 nbsp Lange in Bewegungsrichtung d v 1 d v 2 c 2 displaystyle d v sim 1 delta v 2 c 2 nbsp Lange senkrecht zur BewegungsrichtungAbweichungen von der Zweiweg Lichtgeschwindigkeit ergeben sich mit c c 1 b d 1 2 v 2 c 2 sin 2 8 a b 1 v 2 c 2 displaystyle frac c c sim 1 left beta delta frac 1 2 right frac v 2 c 2 sin 2 theta alpha beta 1 frac v 2 c 2 nbsp wo c displaystyle c nbsp die Lichtgeschwindigkeit im bevorzugten System c displaystyle c nbsp die Lichtgeschwindigkeit im bewegten System im Winkel 8 displaystyle theta nbsp ist Die Werte bei Gultigkeit der speziellen Relativitatstheorie sind a 1 2 b 1 2 d 0 displaystyle alpha tfrac 1 2 beta tfrac 1 2 delta 0 nbsp und folglich c c 1 displaystyle c c 1 nbsp Einige fundamentale und haufig wiederholte Experimente die bei diesen Bewertungen eine besondere Rolle spielen sind folgende 1 9 Michelson Morley Experiment mit dem die Richtungsabhangigkeit der Lichtgeschwindigkeit bezuglich eines bevorzugten Bezugssystems getestet wird Aktuelle Prazision 10 b d 1 2 4 8 10 12 displaystyle left beta delta tfrac 1 2 right 4 pm 8 times 10 12 nbsp Kennedy Thorndike Experiment mit dem die Abhangigkeit der Lichtgeschwindigkeit von der Relativgeschwindigkeit des Apparats bezuglich eines bevorzugten Bezugssystems getestet wird Aktuelle Prazision 11 a b 1 4 8 3 7 10 8 displaystyle alpha beta 1 4 8 3 7 times 10 8 nbsp Ives Stilwell Experiment mit dem der relativistische Dopplereffekt und damit die Zeitdilatation nachgewiesen wird Aktuelle Prazision 12 a 1 2 8 4 10 8 displaystyle left alpha tfrac 1 2 right leq 8 4 times 10 8 nbsp Die Kombination aller drei Experimente 1 9 zusammen mit der Poincare Einstein Synchronisation 4 5 ist notwendig um alle Parameter der Lorentz Transformation abzuleiten Michelson Morley Experimente testen die Kombination aus b und d Kennedy Thorndike Experimente testen die Kombination aus a und b Um die einzelnen Werte zu erhalten muss allerdings eine der Grossen direkt gemessen werden Das geschieht beispielsweise mit dem Ives Stilwell Experiment wodurch a in Ubereinstimmung mit der Zeitdilatation gemessen wird b kann nun mittels Kennedy Thorndike und folglich d mittels Michelson Morley bestimmt werden 1 9 Zusatzlich zu diesen Experimenten zur Messung von Effekten zweiter Ordnung in v c diskutierten Mansouri und Sexl auch Experimente zur Messung von Effekten erster Ordnung in v c Diese Tests wurden von ihnen als Messungen der Einweg Lichtgeschwindigkeit bezeichnet Dabei soll die Aquivalenz der beiden internen Synchronisationen namlich der durch langsamen Uhrentransport und der durch Licht gepruft werden Sie betonten allerdings dass das negative Ergebnis selbst dieser Tests mit Athertheorien vertraglich sind in denen relativ zum Ather bewegte Korper der Zeitdilatation unterworfen sind 8 2 Viele sprechen allerdings bei diesen Messungen nicht mehr von Einweg Lichtgeschwindigkeit weil die Ergebnisse auch vertraglich sind mit externer Synchronisation und anisotroper Einweg Lichtgeschwindigkeit Das heisst sie sind vertraglich mit allen Modellen in denen die Zweiweg Lichtgeschwindigkeit isotrop ist und die Zweiweg Zeitdilatation bewegter Korper denselben Wert annimmt 4 5 13 Standardmodellerweiterung SME Bearbeiten Hauptartikel Standardmodellerweiterung und Moderne Tests der Lorentzinvarianz Ein anderes sehr viel weiter gehendes Modell zur Uberprufung von experimentellen Abweichungen gegenuber diversen Standardtheorien ist die Standardmodellerweiterung SME Standard Model Extension die u a durch Alan Kostelecky entwickelt wurde 14 Im Gegensatz zur Testtheorie von Robertson Mansouri Sexl RMS die kinematischer Natur ist und auf die spezielle Relativitatstheorie beschrankt ist werden in der SME zusatzlich die Formalismen der dynamischen Effekte des Standardmodells und der allgemeinen Relativitatstheorie durch Einfuhrung zusatzlicher lorentzverletzender Parameter erweitert Die RMS Testtheorie ist dabei vollstandig in der SME enthalten jedoch enthalt Letztere eine weitaus grossere Anzahl von Parametern mit denen moglicherweise auftretende Verletzungen der Lorentzinvarianz und des CPT Theorems bewertet werden konnen 15 Alle bislang ausgefuhrten Experimente haben die Lorentzinvarianz bestatigt d h es wurden keine Abweichungen von ihr gefunden unabhangig davon welche Parameter der Testtheorien herangezogen wurden 16 Beispielsweise wurde eine Gruppe von SME Parametern unter gleichzeitiger Benutzung von verschiedenen Michelson Morley Resonatoren auf unterschiedlichen geographischen Breiten Berlin und Perth auf eine Genauigkeit von 10 16 genau uberpruft 17 In einer Reihe anderer Tests beispielsweise die Hughes Drever Experimente wurde eine grosse Anzahl weiterer Parameter ebenfalls uberpruft 18 Siehe auch BearbeitenTests der speziellen RelativitatstheorieEinzelnachweise Bearbeiten a b c d e Robertson H P Postulate versus Observation in the Special Theory of Relativity In Reviews of Modern Physics 21 Jahrgang Nr 3 1949 S 378 382 doi 10 1103 RevModPhys 21 378 a b c d e Mansouri R Sexl R U A test theory of special relativity I Simultaneity and clock synchronization In General Relat Gravit 8 Jahrgang Nr 7 1977 S 497 513 doi 10 1007 BF00762634 bibcode 1977GReGr 8 497M a b c d e Zhang Yuan Zhong Test theories of special relativity In General Relativity and Gravitation 27 Jahrgang Nr 5 1995 S 475 493 doi 10 1007 BF02105074 a b c Zhang Yuan Zhong Special Relativity and Its Experimental Foundations World Scientific 1997 ISBN 978 981 02 2749 4 a b c Anderson R Vetharaniam I Stedman G E Conventionality of synchronisation gauge dependence and test theories of relativity In Physics Reports 295 Jahrgang Nr 3 4 1998 S 93 180 doi 10 1016 S0370 1573 97 00051 3 a b c d e Lammerzahl Claus Braxmaier Claus Dittus Hansjorg Muller Holger Peters Achim Schiller Stephan Kinematical Test Theories for Special Relativity In International Journal of Modern Physics D 11 Jahrgang Nr 7 2002 S 1109 1136 doi 10 1142 S021827180200261X Giulini Domenico Straumann Norbert Einstein s impact on the physics of the twentieth century In Studies In History and Philosophy of Modern Physics 2005 S 115 173 doi 10 1016 j shpsb 2005 09 004 arxiv physics 0507107 a b Mansouri R Sexl R U A test theory of special relativity II First order tests In General Relat Gravit 8 Jahrgang Nr 7 1977 S 515 524 doi 10 1007 BF00762635 bibcode 1977GReGr 8 515M a b c d e Mansouri R Sexl R U A test theory of special relativity III Second order tests In General Relat Gravit 8 Jahrgang Nr 10 1977 S 809 814 doi 10 1007 BF00759585 bibcode 1977GReGr 8 809M Herrmann S Senger A Mohle K Nagel M Kovalchuk E V Peters A Rotating optical cavity experiment testing Lorentz invariance at the 10 17 level In Physical Review D 80 Jahrgang Nr 100 2009 S 105011 doi 10 1103 PhysRevD 80 105011 arxiv 1002 1284 bibcode 2009PhRvD 80j5011H Tobar M E Wolf P Bize S Santarelli G Flambaum V Testing local Lorentz and position invariance and variation of fundamental constants by searching the derivative of the comparison frequency between a cryogenic sapphire oscillator and hydrogen maser In Physical Review D 81 Jahrgang Nr 2 2010 S 022003 doi 10 1103 PhysRevD 81 022003 arxiv 0912 2803 Reinhardt S Saathoff G Buhr H Carlson L A Wolf A Schwalm D Karpuk S Novotny C Huber G Zimmermann M Holzwarth R Udem T Hansch T W Gwinner G Test of relativistic time dilation with fast optical atomic clocks at different velocities In Nature Physics 3 Jahrgang Nr 12 2007 S 861 864 doi 10 1038 nphys778 bibcode 2007NatPh 3 861R Roberts Schleif 2006 Relativity FAQ One Way Tests of Light Speed Isotropy Bluhm Robert Overview of the SME Implications and Phenomenology of Lorentz Violation Lect Notes Phys In Springer 702 Jahrgang 2005 S 191 226 doi 10 1007 3 540 34523 X 8 arxiv hep ph 0506054 Kostelecky V Alan Mewes Matthew Electrodynamics with Lorentz violating operators of arbitrary dimension In Physical Review D 80 Jahrgang Nr 1 2009 S 015020 doi 10 1103 PhysRevD 80 015020 arxiv 0905 0031 Mattingly David Modern Tests of Lorentz Invariance In Living Rev Relativity 8 Jahrgang Nr 5 2005 livingreviews org Muller Holger Stanwix Paul Louis Tobar 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