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Tautirut Inuktitut Schrift ᑕᐅᑎᕈᑦ 2 auch tautiruut tauterut tautik ist ein Streichinstrument mit meist drei Saiten das nach seiner Bauform zu den Kastenzithern gezahlt wird 2 Die Inuit Geige ist bei den Inuit im Nordosten Kanadas bekannt Ihre Form ist nach gangiger Ansicht vermutlich von Bordunzithern abgeleitet die Seeleute im 18 Jahrhundert aus dem Norden Schottlands mitbrachten Tautirut von der Hudson Bay Abbildung einer Kastenzither in Lucien M Turner 1894 S 259 1 Inhaltsverzeichnis 1 Bauform 2 Herkunft und Verbreitung 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseBauform Bearbeiten nbsp Nachbau der historischen zweisaitigen Leier gue der Shetland Inseln mit fur die tautirut charakteristischen Merkmalen einer Kastenzither Der Ethnologe und Naturforscher Lucien M Turner 1848 1909 beschrieb das Instrument 1894 als einfache aus Fichten oder Birkenholz gefertigte Violine die mit einer bis drei Saiten aus gedrehten Sehnen bespannt ist 3 Violinen gehoren nach der Hornbostel Sachs Systematik zu den Lauteninstrumenten die aus einem beliebig geformten Resonanzkorper und einem angesetzten Hals bestehen Die tautirut zahlt dagegen zu den Kastenzithern weil bei ihr die Saiten uber der Decke eines Kastens verlaufen der als Saitentrager dient Ihr aus Brettern zusammengefugter schlanker Korpus ist trapezformig und misst 50 bis 75 Zentimeter in der Lange bei einer Breite von etwa 13 Zentimetern am breiteren Ende Ein solches annahernd langrechteckiges Streichinstrument befindet sich im kanadischen Nationalmuseum fur Geschichte und Gesellschaft Es stammt von der Baffininsel und misst 51 4 Zentimeter in der Lange 9 5 Zentimeter an der breitesten Stelle und ist 8 Zentimeter tief 4 Das bei Turner abgebildete Instrument sieht anders aus es ist an der breiteren Seite halbrund ausgebaucht und lauft an der Schmalseite spitzig zu In der Nahe des Stegs befindet sich ein Schallloch unter den Saiten Die meisten tautirut besitzen drei Saiten aus einer Sehne oder Schnur die von der Kante an der breiteren Seite uber einen beweglich auf der Decke aufgestellten Steg bis zu Stimmwirbeln oder einer anderen Befestigung am schmalen Ende fuhren Eine Saite dient als Bordun die beiden anderen sind Melodiesaiten die mit den Fingern der linken Hand abgegriffen oder gelegentlich unverkurzt gestrichen werden Der Bogen besteht aus einem dunnen elastischen Holzstab der anstelle der Haarbespannung durch einen Streifen Walfischbein rundgespannt wird Dies stellt eine Kombination aus einem mittelalterlichen Reibestab und einem heutigen Streichbogen dar Der Musiker halt das Instrument im Sitzen auf dem Schoss oder er legt es quer vor sich auf einem Tisch Die Saiten werden in schnellem Tempo gestrichen wobei ein rauer Klang entsteht 5 Herkunft und Verbreitung Bearbeiten nbsp Die agiarut genannte einfache Form einer Kastenhalslaute aus Alaska kam 1874 in die Sammlung den McManus Galleries Dundee Schottland Die traditionelle Musik der Inuit und der anderen zu den Eskimo gezahlten Ethnien im nordlichen Polarkreis ist fast ausschliesslich vokal Die Melodien sind von geringem Tonumfang und bewegen sich in relativ wenig bestimmten Intervallen um eine Tonstufe welche die Funktion eines Grundtons innehat Bis zum Jahr 1902 wurden nur Melodien beschrieben die aus zwei oder drei Tonen bestehen 6 Das einzige eigene Musikinstrument ist eine grosse flache Rahmentrommel namens qila die fruher als Schamanentrommel diente Fruher verwendeten die Eskimos manchmal noch Rasseln Klappern und Schwirrholzer 7 Die lediglich in geringer Zahl und in bestimmten Gebieten vorkommenden Saiteninstrumente wie sie im 19 Jahrhundert in den Besitz von Museen gelangten gelten als jungere kulturelle Ubernahme von benachbarten Volkern christlichen Missionaren oder von Handlern mit denen die Eskimos in Kontakt standen zumal die Grundform aller Saiteninstrumente der Musikbogen in Amerika nur in wenigen Gebieten vorkommt Zusammen mit der tautirut wird als Raritat die Fiedel der Apachen genannt 8 deren Herkunft umstritten ist 9 Paul Collaer gibt die verbreitete Ansicht wieder wonach die Apachen Fiedel eine zweisaitige Rohrenzither die mit einem Rosshaarbogen gestrichen wurde ursprunglich aus Mexiko kam und bei den Apachen eine Anpassung an die europaische Violine erfuhr 10 Die Form der Rohrenzither hat wenig mit den in Sudamerika verbreiteten einfachen Kastenhalslauten gemein die uberwiegend afro arabischer Herkunft sein durften Der Ethnologe Ernest William Hawkes 1916 hielt die tautirut fur eine grobschlachtige Imitation von Fiedeln welche die Eskimos auf europaischen Walfangschiffen gesehen haben mussten 11 Die geringe Verbreitung der tautirut unter den Inuit vor allem im Hinterland der Hudson Bay ist nach Peter Cooke 1986 ein Anzeichen dafur dass das Instrument durch Seeleute der Hudson s Bay Company Ende des 17 Jahrhunderts oder im 18 Jahrhundert von den Orkney und den Shetland Inseln mitgebracht wurde Der Musikethnologe Anthony Baines 1992 zeigt Ahnlichkeiten zwischen der tautirut und der islandischen fidla auf 12 Die fidla war zwar bereits den seefahrenden Wikingern bekannt eine fruhmittelalterliche Ausbreitung des Instruments bis nach Kanada halten Arima und Einarsson 1976 jedoch aus historischen Grunden fur unwahrscheinlich Sir Arthur Edmondstone erwahnte 1809 als erster die gue der Shetland Inseln die offensichtlich ein einheimischer Vorlaufer der Violine war Die gue besass demnach zwei Saiten aus Pferdehaaren und wurde in der senkrechten Spielhaltung eines Cellos zur Begleitung von Unterhaltungstanzen eingesetzt Durch die Jocharme an einer Seite gehort die gue wie die walisische crwth zu den Leiern Alle spateren Diskussionen uber Form und Verwandtschaft der langst verschwundenen gue und ein moglicher Zusammenhang mit der tautirut basieren auf der Beschreibung Edmondstones 13 Die tautirut ist mit der Gruppe der nordischen Bordunzithern verwandt zu denen unter anderem die norwegische gezupfte langeleik das islandische langspil sowie als gestrichene Zithern die islandische fidla und die nordfinnische virsikantele gehoren die ausschliesslich den Psalmengesang begleitete Die ebenfalls kastenformige estnische talharpa und die ahnliche finnische jouhikko gehoren instrumentenkundlich zu den Leiern Ein allgemeines Wort fur Fiedel auf Inuktitut und Gronlandisch ist agiarut Zur Abgrenzung vom traditionellen Streichinstrument tautirut werden heute europaische Fiedeln agiarut genannt 14 Ein anderes altes gronlandisches Wort fur die heutige Violine das einen Bedeutungswandel erfuhr ist agiaq ehemals Schleifstein des Schamanen 15 Literatur BearbeitenEugene Yuji Arima Magnus Einarsson Whence and When the Eskimo Fiddle In Folk Bd 18 1976 S 23 40 Paul Collaer Amerika Eskimo und indianische Bevolkerung Musikgeschichte in Bildern Band I Musikethnologie Lieferung 2 Deutscher Verlag fur Musik Leipzig 1966 Beverly Diamond Tautirut In Laurence Libin Hrsg The Grove Dictionary of Musical Instruments Bd 4 Oxford University Press Oxford New York 2014 S 722fWeblinks BearbeitenBellows amp Bows Historic Recordings of Traditional Fiddle amp Accordeon Music from Across Canada Back on Track Series Research Centre for the Study of Music Media amp Place MMaP School of Music Memorial University of Newfoundland 2012 S 73f Beiheft zu einer CD Produktion Tautirut Memento vom 6 Juli 2011 im Internet Archive Abbildungen und kurze Beschreibung Sammlung der Faculte de musique Universite de Montreal franzosisch Simon Chadwick Eskimo Violin Inuit Fiddle Tautirut clarsach scot 18 Januar 2014 mit Audio Beispiel weiteren Katalog Eintragen und Abbildungen Einzelnachweise Bearbeiten Lucien M Turner Ethnology of the Ungava District Hudson Bay Territory Eleventh annual report of the Bureau of Ethnology to the Secretary of the Smithsonian Institution 1894 S 259 bei Internet Archive a b Lucien Schneider Ulirnaisigutiit an Inuktitut English dictionary of Northern Quebec Labrador and Eastern Arctic dialects with an English Inuktitut index translated from the French Presses de l Universite Laval Quebec 1985 ISBN 2 7637 7065 7 S 402 Lucien M Turner 1894 S 259 Paul Collaer Amerika Musikgeschichte in Bildern 1966 S 70 Beverly Diamond Tautirut 2014 S 722 Paul Collaer Amerika Musikgeschichte in Bildern 1966 S 32 Michael Hauser Traditional Inuit Songs from the Thule Area Band 1 Museum Tusculanum Press Njalsgade Danemark 2010 S 571 ISBN 978 8763525893 Beverley Diamond M Sam Cronk Franziska von Rosen Visions of sound musical instruments of First Nations Communities in Northeastern America Wilfrid Laurier University Press Waterloo Ontario 1994 S 56 Fussnote 6 ISBN 0 88920 228 1 Max Peter Baumann Saiteninstrumente in Lateinamerika In Erich Stockmann Hrsg Studia Instrumentorum Musicae Popularis VIII Musikhistor Museets Skrifter 10 Musikmuseets Stockholm 1985 S 157 167 hier S 165 Fussnote 40 Paul Collaer Amerika Musikgeschichte in Bildern 1966 S 90 Ernest William Hawkes The Labrador Eskimo Geological Survey of Canada Memoir 91 Anthropological Series No 14 Government Printing Bureau Ottawa 1916 S 122 bei Internet Archive Anthony Baines The Oxford companion to musical instruments Oxford University Press Oxford 1992 ISBN 0 19 311334 1 S 189 Peter Cooke The Fiddle Tradition of the Shetland Isles Cambridge University Press Cambridge 1986 S 4f ISBN 0 521 26855 9 Beverly Diamond Tautirut 2014 S 723 Michael Fortescue Inge Kleivan Greenlandic Danish In Hans Goebl Hrsg Kontaktlinguistik Contact Linguistics Linguistique de contact 2 Halbband Walter de Gruyter Berlin 1997 S 1052 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Tautirut amp oldid 225416842