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Dieser Artikel befasst sich mit dem Tangentialraum einer abstrakten differenzierbaren Mannigfaltigkeit Fur den Tangentialraum einer Untermannigfaltigkeit des R 3 displaystyle mathbb R 3 siehe Tangentialebene In der Differentialgeometrie ist ein Tangentialraum auch Tangentenraum genannt T x M displaystyle T x M ein Vektorraum der eine differenzierbare Mannigfaltigkeit M displaystyle M am Punkt x displaystyle x linear approximiert Sei g e e M displaystyle gamma colon varepsilon varepsilon to M eine differenzierbare Kurve mit g 0 x displaystyle gamma 0 x und dem Kurvenparameter t displaystyle t dann ist Tangentialvektor an M displaystyle M in x M displaystyle x in M definiert als Geschwindigkeitsvektor einer Kurve g displaystyle gamma durch x displaystyle x sowie Tangentialraum an den Punkt x displaystyle x v d g d t 0 T x M displaystyle v frac d gamma dt 0 in T x M ein Tangentialvektor Die Tangentialvektoren in einem Punkt x M displaystyle x in M spannen einen Vektorraum auf den Tangentialraum T x M displaystyle T x M Siehe auch Tangentialbundel In der algebraischen Geometrie muss man diesen Definitionsansatz modifizieren um singulare Punkte und wechselnde Dimensionen zu berucksichtigen Dieser Artikel befasst sich nur mit dem Tangentialraum uber einer differenzierbaren Mannigfaltigkeit im Sinne der Differentialgeometrie Inhaltsverzeichnis 1 Ubersicht 2 Formale Definitionen 2 1 Geometrische Definition Richtungsfelder von Kurven 2 2 Erste algebraische Definition verallgemeinerte Ableitungen 2 3 Zweite algebraische Definition Dualraum von I I 2 4 Tangentialraum in der algebraischen Geometrie 3 Eigenschaften 3 1 Tangentialvektoren als Richtungsableitungen 3 2 Die Totalableitung einer Abbildung 3 3 Richtungen der Tangentialvektoren 4 Kotangentialraum 5 Literatur 6 EinzelnachweiseUbersicht BearbeitenAm einfachsten ist eine differenzierbare Mannigfaltigkeit zu veranschaulichen die als Untermannigfaltigkeit in einen Euklidischen Raum z B den R 3 displaystyle mathbb R 3 nbsp eingebettet ist Als Beispiel soll die Sphare Kugeloberflache S 2 displaystyle S 2 nbsp im R 3 displaystyle mathbb R 3 nbsp dienen Der Tangentialraum in einem Punkt p S 2 displaystyle p in S 2 nbsp ist dann die Ebene durch den Nullpunkt die parallel zur Tangentialebene an die Kugel im Punkt p displaystyle p nbsp ist Ein Vektorfeld ordnet jedem Punkt p displaystyle p nbsp einer Mannigfaltigkeit M displaystyle M nbsp einen Vektor aus dem zugehorigen Tangentialraum T p M displaystyle T p M nbsp zu Zum Beispiel konnte man mit einem Vektorfeld die Windstarke und richtung auf der Erdoberflache angeben Alle Tangentialraume einer Mannigfaltigkeit M displaystyle M nbsp werden als Tangentialbundel von M displaystyle M nbsp zusammengefasst das Tangentialbundel ist selbst eine Mannigfaltigkeit seine Dimension ist doppelt so gross wie die von M displaystyle M nbsp Formale Definitionen BearbeitenIn der Literatur ist es ublich gleich drei verschiedene Definitionen anzugeben die einer geometrischen einer algebraischen und einer theoretisch physikalischen auf Tensoren hinarbeitenden Sichtweise entsprechen Der anschauliche geometrische Zugang erweist sich in der Anwendung jedoch als der am muhsamsten zu handhabende Die beiden auf die geometrische Definition folgenden algebraischen Definitionen des Tangentialraums funktionieren allerdings nur fur Mannigfaltigkeiten der Klasse C displaystyle C infty nbsp aber nicht fur C k displaystyle C k nbsp mit k lt displaystyle k lt infty nbsp Geometrische Definition Richtungsfelder von Kurven Bearbeiten Gegeben seien eine n displaystyle n nbsp dimensionale C k displaystyle C k nbsp Mannigfaltigkeit M displaystyle M nbsp mit k 1 displaystyle k geq 1 nbsp ein Punkt p displaystyle p nbsp aus M displaystyle M nbsp eine offene Umgebung U displaystyle U nbsp von p displaystyle p nbsp und eine Karte f U R n displaystyle varphi colon U to mathbb R n nbsp Ist g 1 1 M displaystyle gamma colon 1 1 to M nbsp mit g 0 p displaystyle gamma 0 p nbsp eine differenzierbare Kurve in M displaystyle M nbsp so ist f g 1 1 R n displaystyle varphi circ gamma colon 1 1 to mathbb R n nbsp eine differenzierbare Kurve im R n displaystyle mathbb R n nbsp Die Ableitung f g 0 displaystyle varphi circ gamma 0 nbsp existiert also Diese Ableitung ist ein Vektor im R n displaystyle mathbb R n nbsp Kurven g i displaystyle gamma i nbsp fur die f g i 0 displaystyle varphi circ gamma i 0 nbsp ubereinstimmt bilden eine Aquivalenzklasse Eine solche Aquivalenzklasse nennt man einen Tangentialvektor von M displaystyle M nbsp in p displaystyle p nbsp und schreibt dafur g 0 displaystyle gamma 0 nbsp Der Tangentialraum T p M displaystyle T p M nbsp ist die Menge aller dieser Tangentialvektoren man kann zeigen dass er nicht von der Wahl der Karte f displaystyle varphi nbsp abhangt Es bleibt zu zeigen dass T p M displaystyle T p M nbsp durch Erklarung von Vektoraddition und Skalarmultiplikation zu einem Vektorraum wird Dazu definiert man die Abbildung d f p T p M R n displaystyle mathrm d varphi p colon T p M to mathbb R n nbsp durch d f p g 0 f g 0 displaystyle mathrm d varphi p gamma 0 varphi circ gamma 0 nbsp wobei die Funktion g displaystyle gamma nbsp auf der rechten Seite ein beliebiger Reprasentant der Aquivalenzklasse g 0 displaystyle gamma 0 nbsp ist Man zeigt nun dass diese Abbildung bijektiv ist und ubertragt mit ihrer Hilfe die Vektorraumoperationen von R n displaystyle mathbb R n nbsp nach T p M displaystyle T p M nbsp man zeigt ausserdem dass diese Konstruktion von der Wahl der Karte f displaystyle varphi nbsp unabhangig ist Erste algebraische Definition verallgemeinerte Ableitungen Bearbeiten Sei M displaystyle M nbsp eine C displaystyle C infty nbsp Mannigfaltigkeit Eine Funktion g M R displaystyle g colon M to mathbb R nbsp gehort zur Klasse C M displaystyle C infty M nbsp falls g f 1 displaystyle g circ varphi 1 nbsp fur jede Karte f U R n displaystyle varphi colon U to mathbb R n nbsp unendlich oft differenzierbar ist Das so definierte C M displaystyle C infty M nbsp ist eine assoziative Algebra Fixieren wir einen Punkt p displaystyle p nbsp in M displaystyle M nbsp Eine Derivation an p displaystyle p nbsp ist eine lineare Abbildung D C M R displaystyle D colon C infty M to mathbb R nbsp die fur alle g displaystyle g nbsp und h displaystyle h nbsp in C M displaystyle C infty M nbsp die analog zur Produktregel folgende Eigenschaft hat D g h D g h p g p D h displaystyle D gh D g h p g p D h nbsp Diese Derivationen bilden auf naturliche Weise einen reellen Vektorraum dies ist der Tangentialraum T p M displaystyle T p M nbsp Die Beziehung zwischen den zuvor definierten Tangentialvektoren und den Derivationen ist wie folgt falls g displaystyle gamma nbsp eine Kurve mit Tangentialvektor g 0 displaystyle gamma 0 nbsp ist dann ist die entsprechende Derivation D g g g 0 displaystyle D g g circ gamma 0 nbsp mit der Ableitung im ublichen Sinne da g g displaystyle g circ gamma nbsp eine Funktion von 1 1 displaystyle 1 1 nbsp nach R displaystyle mathbb R nbsp ist Zweite algebraische Definition Dualraum von I I Bearbeiten Sei M displaystyle M nbsp wieder eine C displaystyle C infty nbsp Mannigfaltigkeit und p displaystyle p nbsp ein Punkt in M displaystyle M nbsp Betrachten wir nun das Ideal I displaystyle I nbsp von C M displaystyle C infty M nbsp das aus allen glatten Funktionen g displaystyle g nbsp besteht die p displaystyle p nbsp auf 0 displaystyle 0 nbsp abbilden Dann sind I displaystyle I nbsp und I 2 x y x y I displaystyle I 2 left x cdot y mid x y in I right nbsp reelle Vektorraume und T p M displaystyle T p M nbsp wird als der Dualraum des Quotientenraums I I 2 displaystyle I I 2 nbsp definiert I I 2 displaystyle I I 2 nbsp wird auch als Kotangentialraum T p M displaystyle T p M nbsp bezeichnet siehe unten Wahrend diese Definition die abstrakteste ist ist sie auch diejenige die man am leichtesten auf andere Situationen ubertragen kann beispielsweise auf Varietaten wie sie in der algebraischen Geometrie betrachtet werden Sei D displaystyle D nbsp eine Derivation an p displaystyle p nbsp Dann ist D g 0 displaystyle D g 0 nbsp fur jedes g displaystyle g nbsp in I 2 displaystyle I 2 nbsp denn es existieren x y I displaystyle x y in I nbsp mit g x y displaystyle g xy nbsp somit D g D x y D x y p x p D y 0 displaystyle D g D xy D x y p x p D y 0 nbsp womit D displaystyle D nbsp eine lineare Abbildung I I 2 R displaystyle I I 2 to mathbb R nbsp induziert Umgekehrt ist D g r g g p I 2 displaystyle D g r g g p I 2 nbsp eine Derivation wenn r I I 2 R displaystyle r colon I I 2 to mathbb R nbsp eine lineare Abbildung ist Dies zeigt dass sich der uber Derivationen und der uber I I 2 displaystyle I I 2 nbsp definierte Tangentialraum entsprechen Tangentialraum in der algebraischen Geometrie Bearbeiten Hauptartikel Zariski Tangentialraum Die beiden algebraischen Definitionen funktionieren genauso auch fur algebraische Varietaten wobei hier der Tangentialraum auch als Zariski Tangentialraum bezeichnet wird Im Unterschied zu Mannigfaltigkeiten konnen algebraische Varietaten aber Singularitaten haben dort hat dann der Tangentialraum eine hohere Dimension als in glatten Punkten Eigenschaften BearbeitenWenn M displaystyle M nbsp eine offene Teilmenge des R n displaystyle mathbb R n nbsp ist so kann man M displaystyle M nbsp in naturlicher Weise als eine C displaystyle C infty nbsp Mannigfaltigkeit betrachten Alle Karten sind hierbei die Identitat und die Tangentialraume werden mit dem R n displaystyle mathbb R n nbsp identifiziert Tangentialvektoren als Richtungsableitungen Bearbeiten Eine Sichtweise von Tangentialvektoren ist sie als Richtungsableitungen zu sehen Fur einen Vektor v displaystyle v nbsp im R n displaystyle mathbb R n nbsp definiert man die Richtungsableitung einer glatten Funktion f R n R displaystyle f colon mathbb R n to mathbb R nbsp an einem Punkt p displaystyle p nbsp durch D v f p d d t t 0 f p t v i 1 n v i f x i p displaystyle D v f p frac d dt bigg t 0 f p tv sum i 1 n v i frac partial f partial x i p nbsp Diese Abbildung ist offenbar eine Derivation Tatsachlich ist sogar jede Derivation von C displaystyle C infty nbsp R n displaystyle mathbb R n nbsp von dieser Form So existiert eine Bijektion zwischen Vektoren als Tangentialvektor am Punkt p displaystyle p nbsp gedacht und den Derivationen Da Tangentialvektoren an einer allgemeinen Mannigfaltigkeit als Derivationen definiert werden konnen ist es nur naturlich sie auch als Richtungsableitungen zu sehen Konkret kann man fur einen Tangentialvektor v displaystyle v nbsp von M displaystyle M nbsp an einem Punkt p displaystyle p nbsp als Derivation gesehen die Richtungsableitung in Richtung v displaystyle v nbsp fur f M R displaystyle f colon M to mathbb R nbsp Element von C M displaystyle C infty M nbsp wie folgt definieren D v f v f displaystyle D v f v f nbsp Sehen wir v displaystyle v nbsp im Sinne der geometrischen Definition des Tangentialraums als v g 0 displaystyle v gamma 0 nbsp fur eine Kurve g displaystyle gamma nbsp schreiben wir D v f f g 0 displaystyle D v f f circ gamma 0 nbsp Die Totalableitung einer Abbildung Bearbeiten Siehe auch Pushforward Jede differenzierbare Abbildung f M N displaystyle f colon M to N nbsp zwischen zwei differenzierbaren Mannigfaltigkeiten induziert eine lineare Abbildung d f p T p M T f p N displaystyle mathrm d f p colon T p M to T f p N nbsp zwischen den entsprechenden Tangentialraumen definiert durch d f p g 0 f g 0 displaystyle mathrm d f p gamma 0 f circ gamma 0 nbsp fur die geometrische Definition des Tangentialraums und d f p D g D g f displaystyle mathrm d f p D g D g circ f nbsp fur die Definition mittels Derivationen Die lineare Abbildung d f p displaystyle mathrm d f p nbsp wird mit Differential Ableitung Totalableitung oder auch Tangentialabbildung bezeichnet Auch hier variieren die Notationen stark Benutzt werden vor allem d f p displaystyle mathrm d f p nbsp D f p displaystyle mathrm D f p nbsp f displaystyle f nbsp und f p displaystyle f p nbsp In einem gewissen Sinne ist die Totalableitung die beste lineare Approximation von f displaystyle f nbsp in einer Umgebung von p displaystyle p nbsp In lokalen Koordinaten kann man die Totalableitung als Jacobische Matrix darstellen Ist die Tangentialabbildung surjektiv hat also die Jacobi Matrix uberall vollen Rang so nennt man die zugrundeliegende Funktion Submersion ist die Tangentialabbildung injektiv Immersion Ein wichtiges Resultat bezuglich Tangentialabbildungen ist der Satz Genau dann wenn f M N displaystyle f colon M to N nbsp ein lokaler Diffeomorphismus bei p displaystyle p nbsp in M displaystyle M nbsp ist ist d f p T p M T f p N displaystyle mathrm d f p colon T p M to T f p N nbsp ein linearer Isomorphismus Dies ist eine Verallgemeinerung des Satzes uber inverse Funktionen auf Abbildungen zwischen Mannigfaltigkeiten Richtungen der Tangentialvektoren Bearbeiten Falls M displaystyle M nbsp eine glatte Mannigfaltigkeit mit Rand ist und p M displaystyle p in partial M nbsp dann konnen die Vektoren im Tangentialraum T p M displaystyle T p M nbsp in drei Klassen aufgeteilt werden v T p M T p M displaystyle v in T p M setminus T p partial M nbsp heisst nach innen gerichtet fur ein e gt 0 displaystyle varepsilon gt 0 nbsp wenn eine glatte Kurve g 0 e M displaystyle gamma colon 0 varepsilon to M nbsp existiert mit g 0 p displaystyle gamma 0 p nbsp und g e v displaystyle gamma varepsilon v nbsp v T p M T p M displaystyle v in T p M setminus T p partial M nbsp heisst nach aussen gerichtet fur ein e gt 0 displaystyle varepsilon gt 0 nbsp wenn eine glatte Kurve g e 0 M displaystyle gamma colon varepsilon 0 to M nbsp existiert mit g 0 p displaystyle gamma 0 p nbsp und g e v displaystyle gamma varepsilon v nbsp die Restlichen sind tangent zum Rand 1 Kotangentialraum Bearbeiten Hauptartikel Kotangentialraum Da der Tangentialraum T p M displaystyle T p M nbsp am Punkt p displaystyle p nbsp der Mannigfaltigkeit die Struktur eines Vektorraums tragt kann man den Dualraum von ihm bilden Dieser Raum wird Kotangentialraum genannt und gewohnlicherweise mit T p M displaystyle T p M nbsp notiert Der letzten Definition folgend ist der Raum also isomorph zu I I 2 displaystyle textstyle I I 2 nbsp Der Kotangentialraum spielt in der Differentialgeometrie ebenfalls eine sehr wichtige Rolle So kann man zum Beispiel das totale Differential d f p T p M R displaystyle rm d f p colon T p M to mathbb R nbsp von f C M displaystyle f in C infty M nbsp als eine lineare Abbildung verstehen welche jedem Tangentialvektor die Richtungsableitung in seiner Richtung zuordnet Das totale Differential d f p displaystyle rm d f p nbsp ist somit ein Element des Kotangentialraums T p M displaystyle T p M nbsp von M displaystyle M nbsp am Punkt p displaystyle p nbsp Literatur BearbeitenTheodor Brocker Analysis Band 3 BI Wissenschafts Verlag Mannheim u a 1992 ISBN 3 411 15851 4 Klaus Janich Vektoranalysis 5 Auflage Springer Verlag Berlin u a 2005 ISBN 3 540 23741 0 Springer Lehrbuch R Abraham Jerrold E Marsden T Ratiu Manifolds Tensor Analysis and Applications Springer Verlag Berlin u a 2003 ISBN 0 201 10168 8 Einzelnachweise Bearbeiten John M Lee Introduction to Smooth Manifolds Hrsg Springer 2 Auflage S 118 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Tangentialraum amp oldid 236355912