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Sylliden Syllidae sind eine Familie der Vielborster Polychaeta deren Vertreter nahezu alle marinen Lebensraume besiedeln Die Grosse adulter Exemplare reicht von unter 1 mm bis zu 90 mm Die meisten Arten leben auf dem Meeresgrund Benthos bzw im Sandluckensystem Mesopsammon freischwimmend pelagisch sind sie ausschliesslich wahrend der Fortpflanzungszeit SyllidenSyllis gracilisSystematikStamm Ringelwurmer Annelida Klasse Vielborster Polychaeta Unterklasse PalpataOrdnung AciculataUnterordnung PhyllodocidaFamilie SyllidenWissenschaftlicher NameSyllidaeGrube 1850Die Arten der grosseren Syllinae Eusyllinae und Autolytinae leben meist benthisch besiedeln vorrangig Hartboden kommen aber auch schlick oder kalkhaltigen Substraten vor Haufig werden Seegras Grunalgen z B Caulerpa Enteromorpha Rotalgen oder Felsbewuchs mit Polsteralgen besiedelt Ebenso dienen lebende Korallenstocke oder die Kanalsysteme von Schwammen Porifera als Habitat bzw Nahrungsgrundlage wobei die Wirte in der Regel artspezifisch besiedelt werden Auch Wohnrohren anderer festsitzender Polychaeten werden aufgesucht Die sehr kleinen teilweise unter 1 mm grossen Exogoninae leben uberwiegend im Interstitial meist grobsandiger Sedimente Parasitismus kennt man nur von wenigen Arten z B Trypanosyllis asterobia an Muscheln bzw Seesternen Haplosyllis cephalata ektoparasitisch an anderen Polychaeten Eine besondere Eigenschaft einiger Sylliden z B Odontosyllis phosphorea ist die Befahigung zur Biolumineszenz deren Anregung wahrend der Geschlechtsreife durch Mondlicht induziert wird Inhaltsverzeichnis 1 Diagnose 1 1 Morphologie 1 2 Reproduktion 1 2 1 Epigamie 1 2 2 Schizogamie 1 2 3 Viviparie 1 2 4 Hermaphroditismus 1 2 5 Externe Gestation 1 2 6 Laterale Knospung 1 2 7 Architomie 2 Verbreitung 3 Taxonomie 4 Weblinks 5 LiteraturDiagnose Bearbeiten nbsp Lichtmikroskopische Aufnahme der Syllide Typosyllis tyrrhena Licher amp Kuper 1998 Ant Antenne Dc Dorsalcirrus Par Parapodium Ph Pharynx Pho Pharynxoffnung Pr Proventrikel Vc Ventralcirrus Z pharyngealer Zahn Morphologie Bearbeiten Der Korper der Sylliden ist im Querschnitt nahezu zylindrisch Der vordere Kopflappen Prostomium besitzt paarige grosse nach vorn gerichtete Palpen und dorsal meist drei gegliederte oder ungegliederte Anhange Antennen Neben vier Komplexaugen konnen winzige Stirnaugen Ocellen vorhanden sein Das auf das Prostomium folgende Segment Peristomium besitzt paarige dorsale und ventrale Anhange Peristomialcirren Tentakelcirren Die auf das Peristomium folgenden Borstensegmente haben paarige der Fortbewegung dienende Hautlappen Parapodien Diese tragen innenliegende Stutzborsten Aciculae und zahlreiche aus dem Parapodiallappen herausragende Borsten welche meist sehr komplex aus Borstenschaft und Borstenendglied zusammengesetzt und artspezifisch sind Dorsal sind die Parapodien je mit einem meist langeren gegliederten oder ungegliederten Anhang Dorsalcirrus und ventral mit einem kurzen ungegliederten Anhang Ventralcirrus ausgestattet Das letzte Segment Pygidium ist immer borstenlos und besitzt ebenfalls paarige Anhange Analcirren manchmal auch noch einen kurzen unpaaren Anhang Der dreiteilige Vorderdarm der Sylliden ist einzigartig innerhalb der Polychaeten Er erstreckt sich uber mehrere Segmente und besteht aus dem vorderen ausstulpbaren Pharynx dem muskulosen Proventrikel und dem dahinterliegenden Oesophagus der in den eigentlichen Darmkanal uberleitet Als endokrines Organ steuert der Proventrikel den Fortpflanzungsprozess der Sylliden und ist ein charakteristisches unverwechselbares Merkmal dieser Familie Die Pharynxoffnung kann einen einzelnen Zahn Bewaffnung haben deren Funktion unklar ist Reproduktion Bearbeiten nbsp Parapodien mit Schwimmborsten epitoker Formen A Typosyllis vittata B T armillaris C T prolifera D Haplosyllis spongicola Zur Zeit der Geschlechtsreife sammeln sich die meisten Sylliden zur Fortpflanzung an der Meeresoberflache Dazu sind morphologische und physiologische Umwandlungen dieser ansonsten benthisch lebenden Tiere erforderlich Epitokie die eine Umstellung in der Bewegung schnelles Dauerschwimmen und Veranderung des Verhaltens positive Phototaxis Reaktionen auf Sexualpheromone Einstellung der Nahrungsaufnahme zur Folge haben Dabei wird der gesamte Muskelapparat umgebildet die Muskelfasern weisen eine Zunahme von eingelagertem Glykogen und eine Vervielfachung von Mitochondrien auf Von aussen ist diese Umwandlung vor allem durch die Vergrosserung der Augen und Verlangerung der Antennen erkennbar sowie durch das Auftreten zahlreicher Schwimmborsten Kapillarborsten Zwei Grundformen der Epitokie werden unterschieden Epigamie bei der sich das gesamte Tiere in eine epitoke Form umwandelt und Schizogamie bei der die Tiere nur ihre hinteren Segmente in epitoke Sexualformen umbilden die nach Abschnurung vom Muttertier befahigt sind sich im Pelagial fortzubewegen Abgewandelte Fortpflanzungsmodi sind Viviparie Hermaphroditismus Externe Gestation Laterale Knospung und Architomie nbsp Schizogamie bei Autolytus prolifer Autolytinae Epigamie Bearbeiten Bei der Epigamie wandelt sich das vollstandige Tier in eine epitoke Form Heterosyllis um wobei die Augen der Tiere an Grosse und die Antennen an Lange stark zunehmen Die Oocyten bzw Spermatocyten entwickeln sich in nahezu allen postproventrikularen Korpersegmenten Die Befruchtung der Eizellen erfolgt in der Regel extern Ontogenese uber freischwimmende Trochophora Larve Epigamie kommt bei den meisten Eusyllinae z B Odontosyllis ctenostoma und Exogoninae z B Exogone gemmifera vor ist aber auch innerhalb der Autolytinae z B Autolytus longeferiens beschrieben worden Schizogamie Bearbeiten Bei der Schizogamie bringen die vollstandig entwickelten Tiere im Zuge eines der sexuellen Reifung parallel laufenden Metamorphoseprozesses epitoke Geschlechtstiere Stolonen hervor die nach Ablosung Stolonisation Knospung von ihrem Stammtier Amme Stock ein kurzes freischwimmendes pelagisches Eigenleben fuhren Dabei setzen die weiblichen und mannlichen Stolonen ihre Gameten zur ausseren Befruchtung nach aussen hin frei Ontogenese uber freilebende Trochophora Larve Nach Erfullung ihrer Aufgabe als Sexualstadien gehen die zu selbstandiger Nahrungsaufnahme unfahigen Stolonen zugrunde Die am Boden zuruckbleibenden Stammindividuen atoke Tiere hingegen uberleben den Stolonisationsprozess konnen die ihnen in Form der Stolonen verlorengegangenen Segmente regenerieren und erneut stolonisieren Schizogamie ist typisch fur die Syllinae und Autolytinae z B Autolytus prolifer soll aber auch innerhalb der Exogoninae vorkommen Viviparie Bearbeiten Viviparie ist eine Form der Brutpflege bei der sich die nachfolgende Generation bis zum Juvenilstadium im Coelomraum des Muttertieres entwickelt Die Juvenilen werden vollstandig ausgestattet mit zweiteiligem Pharynx und mehreren borstentragenden Segmenten Freisetzung geschieht durch Aufbrechen der Epidermis des Muttertieres Es existiert keine freilebende Trochophora Viviparie ist nur von wenigen Syllinae z B Typosyllis vivipara Dentatisyllis mortoni und Exogoninae z B Exogone hebes bekannt Hermaphroditismus Bearbeiten Hermaphroditismus ist nur fur wenige Sylliden nachgewiesen Bekannt sind Simultan Hermaphroditen die Oocyten und Spermien gleichzeitig bilden und Sukzedan Hermaphroditen die Oocyten und Spermien zeitlich versetzt bilden Simultan Hermaphroditen sind innerhalb der Syllinae z B Typosyllis amica und Exogoninae z B Sphaerosyllis hermaphrodita bekannt Ein Sukzedan Hermaphrodit der mannliche Gameten im Herbst und weibliche Gameten im Fruhling bildet ist z B Grubea protandrica Exogoninae nbsp Externe Gestation bei Exogone rubescens ORSTED unveroffentlicht mit Embryonen Externe Gestation Bearbeiten Externe Gestation ist eine Form der Brutpflege bei der die Embryonalentwicklung auf der Aussenseite des Muttertieres stattfindet wo sich die nachfolgende Generation in der Regel mit dem Hinterende an die Lateralseite der Segmente oder an die Dorsalcirren des Muttertieres haftend bis zum Zeitpunkt der Ablosung entwickelt Erst nach Abschluss der Juvenilentwicklung Besitz von Augen 3 5 Borstensegmente Pharynx losen sich diese Individuen von ihrem Muttertier Es existiert keine freilebende Trochophora Externe Gestation ist typisch fur die Exogoninae z B Exogone gemmifera Laterale Knospung Bearbeiten Ein Phanomen ist die laterale Knospung collateral budding der in Tiefseeschwammen Hexactinellida vorkommenden Syllis ramosa Diese Art pflanzt sich durch Verzweigung fort wobei sich die Sprosse nicht intersegmental sondern anstelle eines Dorsalcirrus eines bereits vorhandenen Segments regeneration budding oder aber an neu gebildeten Segmenten ohne Parapodien und ohne Cirren intercalary budding entwickeln Es existiert keine freilebende Trochophora Architomie Bearbeiten Eine ungewohnliche Art der Reproduktion fur Syllidae ist Architomie fragmentation bei der die Individuen in Einheiten von zwei drei oder mehreren Segmenten zerfallen und aus diesen neue vollstandig entwickelte Individuen entstehen z B Autolytus pictus Verbreitung BearbeitenDas Verbreitungsgebiet der Syllidae erstreckt sich auf beide Hemispharen von der Arktis bis zur Antarktis In allen Meeresgebieten dem Pazifik dem Atlantik dem Indik aber auch kleineren von Land umgebenen Meeren z B der Nordsee oder dem Mittelmeer sind Sylliden verbreitet Dabei werden vor allem warmere tropische oder subtropische Regionen besiedelt Vertikal sind Sylliden sowohl im seichten Eulitoral als auch in der Tiefsee verbreitet Brackwasser oder kustennahes Grundwasser werden von Sylliden nur selten besiedelt Die meisten Arten bevorzugen sauberes sauerstoffreiches Wasser obwohl leichte Wasserverschmutzungen von mehreren Arten akzeptiert werden Taxonomie BearbeitenDie traditionelle Polychaetentaxonomie verteilt die Arten der Syllidae auf vier Unterfamilien Syllinae Eusyllinae Exogoninae und Autolytinae Die fruheste Unterteilung dieses Taxon noch als Syllidea Grube 1850 geht auf Langerhans 1879 zuruck Er unterschied 1 Syllideae Syllideae palpis non coalitis 2 Exogoneae Syllideae palpis coalitis prominentibus in pharynge recto brevi dente uno und 3 Autolyteae Syllideae palpis coalitis ventralibus pharyngis ostio dentato Malaquin 1893 erkannte als wichtigstes Merkmal zur Auftrennung der Syllidae Vorhandensein oder Fehlen der parapodialen Ventralcirren Arten ohne Ventralcirren wurden zu den 1 Autolytes gestellt ganz offensichtlich eine klare Autapomorphie Innerhalb der Arten mit Ventralcirren behielt Malaquin 1893 die Exogones bei unterteilte aber die restlichen Arten in Syllides und Eusyllides Ihre differentiellen diagnostischen Merkmale sind 2 Exogones ont les palpes soudes sur toutes leur etendue 3 Eusyllides ont leurs palpes soudes a la base seulement et divergents au sommet 4 Syllides l absence de soudure Syllides und Eusyllides unterscheiden sind nach Malaquin 1893 auch in der Form ihrer Cirren des cirres nettement moniliformes c est a dire formes d articles wie bei Syllis und des cirres cylindriques presentant seulement des constrictions superficielles wie bei Eusyllis Die latinisierten Namen dieser Taxa wurden wahrscheinlich erstmals von Fauvel 1923 benutzt Seit dieser Zeit sind die Syllidae durch die Neubeschreibung zahlreicher z T sehr eng verwandter Arten zu einem der grossten und unubersichtlichsten Taxa innerhalb der Polychaeten geworden ca 60 Gattungen Dabei hat sich herausgestellt dass die differences between the subfamilies especially between the Eusyllinae and Syllinae appear to be of more practical than scientific value Fauchald 1977 So wurden immer wieder Gattungen zwischen den Unterfamilien hin und her geschoben nbsp Eusyllis blomstrandi EusyllinaeSehr wahrscheinlich umfassen die Eusyllinae eine kunstliche Gruppe von Polychaeten da die Arten dieser Unterfamilie vermutlich nicht auf nur eine ihnen gemeinsame Stammart zuruckzufuhren sind Die derzeitige auf diesen morphologischen Merkmalen aufbauende Taxonomie der Sylliden muss daher als unbefriedigend bezeichnet werden San Martin 1984 Als Syllis Komplex wird nach Licher 1999 eine Gruppe von Vielborstern Polychaeta bezeichnet die gewohnlich zu den Taxa Syllis Typosyllis Langerhansia oder Haplosyllis gestellt werden Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Sylliden Syllidae Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Revision der Gattung Typosyllis Langerhans 1879 Polychaeta Syllidae Literatur BearbeitenK Fauchald The polychaete worms Definitions and keys to the orders families and genera Science Series 28 1977 1 188 Los Angeles Natural History Museum of Los Angeles County P Fauvel Polychetes errantes In Faune de France Vol 5 1923 1 488 Paris Lechevalier A E Grube Die Familien der Anneliden In Arch Naturgesch 1850 16 249 364 P Langerhans Die Wurmfauna von Madeira Pt 1 In Z wiss Zool 1879 32 4 513 592 A Malaquin Recherches sur les Syllidiens Morphologie anatomie reproduction developpement In Mem Soc sci agricult arts Lille 1893 4e serie 18 1 477 G San Martin Estudio biogeografico faunistico y systematico de los poliquetos de la familia silidos Syllidae Polychaeta en Baleares Tesis Doctoral 187 84 Universidad Complutense de Madrid Madrid 1984 1 529 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Sylliden amp oldid 223107995