www.wikidata.de-de.nina.az
Als Strahlenkegel auch Druckkegel oder englisch Shatter Cone Schmetterkegel bezeichnet man eine oft konisch geformte Bruchflache im Gestein auf deren Oberflache feine strahlenartige Streifen Striae zu sehen sind die von der Spitze Apex ausgehen Die Strukturen entstehen unter Drucken von 2 bis 30 Gigapascal 20 bis 300 Kilobar 1 Sie sind neben Meteoritenfragmenten die einzigen makroskopischen Anzeichen die auf einen erfolgten Impakt hinweisen Strahlenkalk aus dem Steinheimer Becken Typlokalitat Breite des Handstucks 17 cmStrahlenkalk Shatter Cone in einem Ammoniten Steinkern aus dem Steinheimer Impaktkrater Typlokalitat Breite des Handstucks 4 5 cmStrahlenkalk mit unterschiedlichen Orientierungen der vorkommenden Strahlenkegel Steinheimer Becken Breite des Handstucks 17 cmGrosser Strahlenkalk aus dem Steinheimer Becken Breite des Handstucks 25 cmTypischer Shatter Cone in Kersantit aus dem Nordlinger Ries Aufschluss Wengenhausen Breite des Handstucks 7 cm Inhaltsverzeichnis 1 Entdeckung 2 Entstehung 3 Vorkommen 4 Verwechslungsgefahr 5 Photogalerie 6 Literatur 7 EinzelnachweiseEntdeckung BearbeitenStrahlenkegel wurden um 1905 erstmals im Steinheimer Becken erkannt und beschrieben Branco und Fraas 1905 wo sie in feinkornigem Kalkstein auftreten Strahlenkalke und daher besonders deutlich ausgepragt sind Ihre Entstehung konnte damals noch nicht erklart werden Die Autoren hatten sie noch als kryptovulkanische Strukturen bezeichnet obwohl sich in unmittelbarer Nahe keinerlei vulkanische Anzeichen finden lassen 2 Erst 1947 konnte Robert S Dietz der an einer Untersuchung der kryptovulkanischen Struktur von Kentland in Indiana arbeitete neben meteoritischem Material weitere Strahlenkegel finden und an ihrer raumlichen Orientierung die Impaktnatur beweisen 3 Heute sind Strahlenkegel auch aus zahlreichen anderen irdischen Kratern bekannt und gelten als eindeutige Indikatoren fur einen Einschlag eines grossen Meteoriten z B Dietz 1967 French 1998 Auch in den Explosionskratern von Kernwaffentests konnte die Bildung von Strahlenkegeln beobachtet werden Entstehung BearbeitenStrahlenkegel werden uberwiegend in Impaktkratern gefunden Fur ihre Bildung ist die beim Meteoriteneinschlag durch das Gestein laufende Schockwelle verantwortlich Schockwelleninterferenz der genaue Mechanismus ihrer Entstehung wird jedoch noch nicht vollends verstanden und zurzeit noch erforscht 4 5 Moglicherweise entstanden sie auch unter Dehnung Zugspannung wahrend der Ruckfederung des von der Stosswelle komprimierten Impaktbereichs Eine weitere Komplikation stellt die Tatsache dar dass gelegentlich ortlich begrenztes Aufschmelzen mit Glasbildung auf den Kegelflachen angetroffen wird obwohl die Kegel selbst bei relativ niedrigen Drucken entstanden Wahrscheinlich handelt es sich hier um eine komplexe Wechselwirkung zwischen Schockwellen und Reibungsmechanismen 6 Neuerdings wurden auch Partikelreste auf Strahlenkegeloberflachen entdeckt die als wahrscheinliche Uberreste des Impaktors gedeutet werden Brekziierte Schreibersit und Eisen Nickeloxide des Agoudal Impakts in Marokko Mikropartikel meteoritischer Herkunft aus dem Ries Krater dem East Clearwater Lake in Quebec und der Marquez Dome Impaktstruktur in Texas Spuren seltener Metalle auf Strahlenkegeln im Steinheimer Becken 7 Die sehr wahrscheinlich aus einem Meteoriten stammenden Metalle wurden sodann sekundar hydrothermal entlang der Strahlenkegelbruchflachen abgelagert Individuelle Strahlenkegel haben oft eine Lange von einigen Millimetern bis Zentimetern konnen aber auch eine Grosse von bis zu mehreren Metern erreichen 8 Die bisher grossten bekannten Strukturen messen gut 10 Meter und stammen von den Slate Islands in Ontario Weit haufiger als individuelle vollstandig ausgebildete Strahlenkegel sind jedoch nur Teilstucke deren Striemungen nicht immer gerade verlaufen sondern oft loffelformig gebogen sein konnen oder eine charakteristische Pferdeschwanz Morphologie annehmen Sofern Strahlenkegel in unveranderter Lage aufgefunden werden zeigen die Achsrichtungen primarer Kegel immer in Richtung oberhalb des Zentrums des Impakts Daneben konnen jedoch auch sekundare Kegel auftreten die durch Brechung der Schockwelle an Inhomogenitaten im Gestein Kristallkorner fossile Einschlusse Klufte entstanden und quer zu den primaren Kegeln verlaufen Dies lasst sich besonders an Funden aus dem Steinheimer Becken beobachten Im Detail lassen sich meist kleinere sekundare oder parasitare Kegelchen auf der Oberflache vollstandiger als auch nur partiell erhaltener Strahlenkegel beobachten die sich hintereinander hierarchisch aufreihen Die Oberflachen der Kegel mit ihren Striemungen die Bezeichnung striae sollte in diesem Zusammenhang lieber vermieden werden da sie fur tektonische Harnische reserviert ist sind definitiv richtungsabhangige positiv negativ Elemente Die Striemungen uberstrahlen die Kegeloberflache radial und ihre Verzweigungen zeigen stets in Richtung Kegelspitze 9 Vorkommen BearbeitenStrahlenkegel werden gewohnlich individuell oder gruppenweise in situ unterhalb des ehemaligen Kraterbodens angetroffen finden sich aber auch im Zentralbereich komplexer Kraterstrukturen und selten auch in vereinzelten verstreuten Brekzienvorkommen Sie konnen sich in allen moglichen Ausgangsgesteinen des Impaktbereichs bilden so beispielsweise in Sandsteinen Quarziten Tonschiefern Karbonaten Kalken und Dolomiten sowie in magmatischen und metamorphen Kristallingesteinen Am schonsten und am deutlichsten sind die Kegel in feinkornigen Gesteinen entwickelt insbesondere in Karbonatgesteinen In grobkornigen Gesteinen sind die Kegel undeutlicher ausgepragt ihre Striemungen jedoch tiefer breiter bzw deutlicher eingeschnitten so dass es schwierig wird sie von gewohnlichen Harnischen auseinanderzuhalten 9 Verwechslungsgefahr Bearbeiten nbsp Riesige Cone in cone Struktur im Kalkmergel des Ligerien Dordogne nbsp Cone in cone Struktur in KalkWie bereits angefuhrt sollten Strahlenkegel sehr sorgfaltig von gewohnlichem tektonisch bedingten Harnisch unterschieden werden Strahlenkegel sind Bruchstrukturen ohne Versatz wohingegen Harnischflachen Verschiebungsflachen im Gesteinskorper reprasentieren Eine weitere Struktur mit der sich Strahlenkegel moglicherweise verwechseln lassen ist rein sedimentar diagenetischen Ursprungs und wird als Cone in cone Struktur bezeichnet Struktur ineinander verschachtelter Kegel wie sie in Nagelkalken bzw Tutenmergeln auftritt Bei dieser Struktur zeigen die Kegelspitzen jedoch nicht nach oben sondern so gut wie senkrecht nach unten ins Liegende Ihre durchhaltenden Striae verlaufen im Unterschied zu den divergierenden auseinanderlaufenden Striemen in Strahlenkegeln parallel 9 Cone in cone Strukturen sind weder metamorph verandert noch weiter tektonisch uberpragt In Strahlenkegeln hingegen konnen geknickte Glimmerlamellen und planare Deformationslamellen angetroffen werden Photogalerie Bearbeiten nbsp Ungefahr 10 Meter hoher Strahlenkegel im McGreevy Harbour Slate Islands Ontario Kanada grosster bisher bekannter Strahlenkegel nbsp Shatter cone in einem Sandstein vom Impaktkrater Gosses Bluff in Australien nbsp Ein 30 cm grosser Strahlenkegel im Saint Gervais Granit Krater von Rochechouart Chassenon Frankreich in typischer Pferdeschwanzkonfiguration nbsp Ein etwa 2 m langer shatter cone in ordovizischen Kalksteinen des Impaktkraters von Charlevoix in Quebec Kanada nbsp Strahlenkegel in feinkornigem Kalk des Charlevoix Kraters in Quebec Kanada nbsp Strahlenkegel in feinkornigem Dolomit vom Wells Creek Krater USA nbsp Strahlenkegel aus der Santa Fe Impaktstruktur bei Santa Fe nbsp Strahlenkegel des 1850 Millionen Jahre alten Sudbury Impakts Ontario KanadaLiteratur BearbeitenJ Baier Ein Beitrag zur Shatter Cone Bildung Steinheimer Impaktkrater Deutschland In Aufschluss 2018 69 6 S 370 376 J Baier V J Sach Shatter Cones aus den Impaktkratern Nordlinger Ries und Steinheimer Becken In Fossilien 2018 35 2 S 26 31 D Baratoux H J Melosh The formation of shatter cones by shock wave interference during impacting In Earth and Planetary Science Letters 2003 216 S 43 54 W Branco E Fraas Das kryptovulkanische Becken von Steinheim In Abhandlungen der konigl preuss Akademie der Wissenschaften Berlin 1905 R S Dietz Shatter Cone Orientation at Gosses Bluff Astrobleme In Nature 1967 216 S 1082 1084 French B M Traces of catastrophe Lunar and Planetary Institute 1998 usra edu abgerufen am 20 Mai 2007 V J Sach Strahlenkalke Shatter Cones aus dem Brockhorizont der Oberen Susswassermolasse in Oberschwaben Sudwestdeutschland Fernauswurflinge des Nordlinger Ries Impaktes 16 S 13 Abb 2 Tab Munchen 2014 ISBN 978 3 89937 175 8 V J Sach amp J Baier Neue Untersuchungen an Strahlenkalken und Shatter Cones in Sediment und Kristallingesteinen Ries Impakt und Steinheim Impakt Deutschland Pfeil Verlag Munchen 2017 ISBN 978 3 89937 229 8 V J Sach amp P Bockstaller Fossilobjekte mit Shatter Cones aus der Primaren Beckenbrekzie im Steinheimer Becken Baden Wurttemberg Sudwestdeutschland Online Bildersammlung auf ResearchGate 2019 20 S DOI 10 13140 RG 2 2 22416 87042 4 Einzelnachweise Bearbeiten A Sagy Z Reches und J Fineberg Dynamic fracture by large extraterrestrial impacts as the origin of shatter cones In Nature Band 418 2004 S 310 313 J Baier Zur Entdeckung und Deutung der Strahlenkalke Shatter Cones im Steinheimer Impaktkrater In Geohistorische Blatter Vol 29 2018 S 55 68 Dietz R S Meteorite impact suggested by orientation of shatter cones at the Kentland Indiana disturbance In Science Band 105 1947 S 42 43 Sagy A Fineberg J und Reches Z Shatter cones Branched rapid fractures formed by shock impact In Journal of Geophysical Research Band 109 2004 doi 10 1029 2004JB003016 D Baratoux H und J Melosh The formation of shatter cones by shock wave interference during impacting In Earth and Planetary Science Letters Band 216 2003 S 43 54 Gibson H M und Spray J G Shock induced melting and vaporization of shatter cone surfaces Evidence from the Sudbury impact structure In Meteoritics amp Planet Sci Band 33 1998 S 329 336 Buchner E und Schmieder M Rare metals on shatter cone surfaces from the Steinheim Basin SW Germany remnants of the impacting body In Geological Magazine Cambridge University Press 2017 S 1 25 doi 10 1017 S0016756816001357 Sharpton V L Dressler B O Herrick R R Schneiders B und Scott J New constraints on the Slate Islands impact structure Ontario Canada In Geology Band 24 1996 S 851 854 a b c French B M Traces of catastrophe Lunar and Planetary Institute 1998 S 36 40 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Strahlenkegel Gestein amp oldid 229067492