www.wikidata.de-de.nina.az
Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig Zum israelischen Diplomaten siehe Aviv Shir On 35 201361111111 36 629694444444 Koordinaten 35 12 4 9 N 36 37 46 9 OShir Shir bzw Schir arabisch شير DMG Sir ist ein spatneolithischer Fundplatz in Westsyrien zwolf Kilometer nordwestlich der Stadt Hama der Hauptstadt der gleichnamigen Provinz gelegen Die Siedlung befindet sich auf einer etwa 30 Meter hohen Terrassenformation oberhalb des Nahr as Sarut eines Nebenflusses des Orontes Inhaltsverzeichnis 1 Forschungsgeschichte 2 Die Siedlung 3 Architektur 4 Bestattungen 5 Funde 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseForschungsgeschichte Bearbeiten nbsp Lage des Fundplatzes ShirDer Siedlungsplatz Shir wurde 2005 wahrend eines Regionalsurveys im Gebiet des mittleren Orontes 1 entdeckt und von 2006 bis 2010 von der Aussenstelle Damaskus der Orient Abteilung des Deutschen Archaologischen Instituts und der Direction Generale des Antiquites et des Musees de la Syrie im Rahmen eines Kooperationsprojektes archaologisch untersucht 2 Die naturraumlichen Gegebenheiten weisen die Region des mittleren Orontes als eine der Gunstzonen Vorderasiens aus die eine wesentliche Rolle wahrend des Neolithisierungsprozesses Neolithisierung Transformation von wildbeuterisch aneignenden Wirtschaftsformen mit mobiler Lebensweise zu Nahrung produzierender Okonomie mit sesshaften Lebensformen im Zeitraum zwischen ca 10000 und 6000 v Chr gespielt haben muss in der jedoch bisher vergleichsweise wenige neolithische Fundplatze bekannt sind Die Siedlung BearbeitenDer Fundplatz Shir ist nach Ausweis von 14C Daten etwa zwischen 7000 und 6200 6100 v Chr kalibrierte Daten besiedelt Gegen Ende des 7 Jahrtausends v Chr wird der Ort offenbar aufgelassen moglicherweise aufgrund klimatischer Veranderungen und danach nie wieder dauerhaft besiedelt Dieser Umstand erlaubte die grossflachige Freilegung verschiedener Bereiche des etwa vier Hektar grossen Siedlungsplatzes in denen unterschiedlichen Fragestellungen nachgegangen wurde So wurden im Sudareal auf einer Flache von 450 m stratigraphische Untersuchungen der Gesamtsequenz durchgefuhrt im Zentralareal wurden die beiden jungsten Siedlungsschichten auf einer Flache von ca 1200 m freigelegt im Nordostareal wurden zwei Gebaude mit besonderen Funktionen auf 700 m untersucht Architektur BearbeitenDie stratigraphische Abfolge im Sudareal belegt dort fur den Zeitraum zwischen 7000 und 6450 v Chr sechs aufeinander folgende Bauschichten die jeweils verschiedene Subphasen aufweisen Hier konnte eine differenzierte Siedlungsentwicklung nachgewiesen werden die in einzelnen Phasen durch eine starke planerische Komponente gekennzeichnet ist Besonders auffallend ist in allen Schichten die spatere Entnahme des Steinmaterials das offenbar immer wieder verwendet wurde Die Bebauung der jungeren Schichten des Zentralareals ist durch zahlreiche formal heterogene Hauskomplexe charakterisiert deren Zusammenhang jedoch durch Grubenhorizonte gestort ist Diese Gebaude datieren in den Zeitraum um etwa 6300 6200 v Chr nbsp NordostarealIm Nordostareal wurde ein geplant wirkender Gebaudekomplex aus zwei Nordwest Sudost ausgerichteten Gebauden mit insgesamt 16 Raumen erfasst der wahrscheinlich gegen 6200 6100 v Chr aufgelassen wurde Diese Gebaude waren wahrscheinlich zweistockig Struktur und Rauminhalte der erhaltenen und ergrabenen Untergeschosse deuten auf eine primare Nutzung als Lagerraume Magazine die nur uber Leitern durch die Obergeschosse zuganglich waren Als Funktion dieser Gebaude ware sowohl eine Nutzung als kommunaler Speicher als auch eine Nutzung als kombiniertes Wohn Speichergebaude einer sozial herausgehobenen Person oder Personengruppe denkbar Die Gebaude in Shir weisen in der Regel Fundamentmauern aus dem in der Region anstehenden Kalkstein auf wahrend das aufgehende Mauerwerk aus Lehmziegeln oder Stampflehm Pise gefertigt wurde von dem sich wenig erhalten hat Auffallendstes Merkmal in den Wohnbauten aller Schichten bilden massive aufwandig konstruierte Fussboden aus Kalkmortel Diese Technik ist bereits im Fruhneolithikum 10 bis 8 Jahrtausend v Chr bekannt und durch einen hohen Bedarf an Brennmaterial charakterisiert so dass eine gewisse Umweltzerstorung in Siedlungsnahe nicht ausgeschlossen werden kann Die okologische Basis des Siedlungsplatzes war ausserordentlich gunstig da mindestens zwei ertragreiche Habitate genutzt werden konnten Der siedlungsumgebende offene Eichenwald und der dichte Flussauenwald des Sarut sowie des Orontes der etwa vier Kilometer westlich der Siedlung liegt Die Wasserversorgung war durch den ganzjahrig Wasser fuhrenden Sarutfluss gesichert Rohmaterialien zur Gebaudekonstruktion und Fertigung von Gegenstanden des taglichen Bedarfs wie Kalkstein und Basaltstein Silex und Ton waren in unmittelbarer Siedlungsnahe verfugbar Die fruchtbaren Terra Rossa Boden der Region erlaubten ertragreichen landwirtschaftlichen Anbau Wie die palaobotanischen Daten zeigen wurden in Shir alle wichtigen Getreide und Hulsenfruchte angebaut Gerste Emmer Einkornweizen Nacktweizen Linsen Platterbsen Kichererbsen und Linsenwicke Unter den Wildpflanzen sind Pistazie Feige und Mandel hervorzuheben Das tierische Nahrungsspektrum umfasste neben den domestizierten Arten Schaf Ziege und Rind auch Jagdtiere wie Gazelle und Hirsch Bestattungen Bearbeiten nbsp SauglingsbestattungInnerhalb des im Sudareal freigelegten Siedlungsbereiches existieren zahlreiche Bestattungen Es handelt sich dabei uberwiegend um Graber von Kindern und Sauglingen die sich in den Gebauden unter Mauern und Kalkmortelestrichen befinden Bestattungen von Erwachsenen sind seltener und liegen in Form von Einzelgrabern eher ausserhalb der Hauser In der jungsten Schicht des Zentralareals findet sich ein grosserer Bereich mit zahlreichen Bestattungen der moglicherweise als extramurale Nekropole angesprochen werden kann Alle Graber sind beigabenarm besondere Objekte sind Turkisperlen die jedoch nur bei Sauglingsbestattungen vorkommen Funde BearbeitenDie Siedlung Shir weist bereits in der altesten Schicht aus dem Zeitraum um 7000 v Chr Keramikfunde auf 3 Diese Keramik gehort damit zu den fruhesten Funden im Vorderen Orient Aus gebranntem Ton hergestellte Behalter stellen eine der wichtigsten Innovationen am Ubergang vom Fruhneolithikum zum Spatneolithikum Vorderasiens um 7000 v Chr dar Dabei ist die alteste bisher bekannte Gefasskeramik bereits von sehr hoher Qualitat Es handelt sich um die sogenannte Dark Face Burnished Ware DFBW eine mineralisch gemagerte glanzend polierte Keramik deren vorrangige Formen in Shir kleine Topfe und Schalen bilden und die wohl nur in geringen Mengen produziert wurde nbsp Gefass der Dark Faced Burnished WareEinen besonderen Typ der DFBW stellt die mit Schnur und Gewebeeindrucken verzierte Schnurband Keramik dar die wichtige Informationen zur neolithischen Textilherstellung gibt 4 Ab etwa 6500 v Chr wird Keramik in bedeutend grosseren Mengen jedoch in geringerer Qualitat hergestellt Die sog Coarse Ware ist uberwiegend vegetabil gemagert und weist selten Verzierungen auf Als bedeutende Innovation in der zweiten Halfte des 7 Jahrtausends v Chr kann das Herstellen von Grossgefassen mit Hohen zwischen 0 80 und 1 00 Meter gelten Diese wurden wahrscheinlich als Vorratsgefasse fur die Aufbewahrung von pflanzlichen Lebensmitteln verwendet nbsp Geschossspitze des Amuq TypsNeben Keramik bilden Gerate aus Silex das Gros des Fundspektrums Innerhalb des Geratespektrums ist die vergleichsweise grosse Anzahl von Sicheln die fur die Ernte der pflanzlichen Nahrungsgrundlagen verwendet wurden auffallend Daneben bilden Geschossspitzen des Amuq und Byblostyps eine weitere herausragende jedoch kleine Gruppe des Geratespektrums Dieses wird dominiert durch die sehr grosse Zahl von sogenannten Ad hoc Geraten das heisst einfachen Silexabschlagen ohne elaborierte Formen Dieser Ruckgang definierter Formen durfte einerseits mit der gunstigen Rohstoffsituation in Shir zusammenhangen wo hochqualitativer Silex direkt in der Terrassenformation unterhalb der Siedlung ansteht andererseits jedoch auch mit dem Ruckgang von Jagdaktivitaten zu tun haben Das Rohmaterial der in geringer Anzahl vorkommenden Abschlage und Gerate aus Obsidian stammt aus Zentralanatolien 5 nbsp KnochenfloteIm weiteren Fundmaterial sind Waffen wie Schleudersteine Bolas sowie Gerate zur Nahrungszubereitung wie Reibsteine Morser und Stossel besonders zahlreich vertreten Auch Gegenstande die hochstwahrscheinlich mit Textil und Lederverarbeitung zu tun haben wie Nahnadeln Ahlen und Schaber kommen haufig vor Die Objekte wurden zunachst vermutlich in einzelnen Hausern bei Bedarf hergestellt aus den jungeren Siedlungsphasen sind zudem Sammelfunde von halbfertigen Produkten z B Nahnadeln aus Tierknochen bekannt die eine gewisse handwerkliche Spezialisierung zeigen Unter den Artefakten aus Knochen ist ein perforiertes flotenartiges Objekt hervorzuheben Typische Schmuckgegenstande sind verschiedene Formen von Anhangern und Perlen sowie Finger und Armringe auch Lippenpflocke treten auf Besondere Schmuckstucke sind die sogenannten Schmetterlingsperlen aus Grunstein Serpentinit und gruner Obsidian sowie kleine zylindrische Perlen aus Turkis Diese Gesteine sind lokal nicht vorhanden und ihre Existenz bestatigt die Teilhabe der Siedlung Shir an grossraumigen Tauschnetzwerken die mindestens von Anatolien bis zur Sinai Halbinsel reichten Die Untersuchungen in Shir geben einen umfassenden Einblick in die Entwicklung eines neolithischen Dorfes uber einen Zeitraum von annahernd 800 Jahren Die erfassten Daten belegen komplexe Architektur differenzierte Rohstoffnutzung und elaborierte Technologien zur Herstellung von Gebauden und Artefakten Sie zeigen zudem dass Shir in das neolithische Austausch und Kommunikationsnetz zwischen Anatolien und dem Roten Meer eingebunden war und belegen im Vergleich mit zeitgleichen Siedlungen in der Levante Nordmesopotamien und dem anatolischen Raum die starke regionale Komponente der kulturellen Entwicklung im Spatneolithikum Literatur BearbeitenKarin Bartl A Farzat W al Hafian 2012 The Late Neolithic Site of Shir New Results from 2010 in Zeitschrift fur Orient Archaologie 5 2012 168 187 Karin Bartl A Haidar mit Beitragen von Olivier Nieuwenhuyse und Dorte Rokitta Krumnow 2008 Shir Ein neolithischer Fundplatz am mittleren Orontes Vorlaufiger Bericht uber die Ergebnisse der Testkampagne Herbst 2005 und Grabungskampagne Fruhjahr 2006 in Zeitschrift fur Orient Archaologie 1 2008 54 88 Karin Bartl M Hijazi J Ramadan mit einem Beitrag von Reinder Neef 2009 Die spatneolithische Siedlung Shir Westsyrien Vorlaufiger Bericht uber die Ergebnisse der Grabungskampagnen Herbst 2006 und Fruhjahr 2007 in Zeitschrift fur Orient Archaologie 2 2009 140 161 Karin Bartl Michel al Maqdissi 2007 Ancient Settlements in the Middle Orontes Region Between ar Rastan and Qal at Shayzar First Results of Archaeological Surface Investigations 2003 2004 in Daniele Morandi Bonacossi Hrsg Urban and Natural Landscapes of an Ancient Syrian Capital Settlement and Environment at Tell Mishrifeh Qatna and in Central Western Syria Udine 9 11 December 2004 Udine Studi Archeologici su Qatna Forum Udine 2007 227 236 Karin Bartl J Ramadan 2008 The Late Neolithic Site of Shir Third Season of Excavations 2007 in Chronique Archeologique en Syrie 3 2008 63 73 Karin Bartl J Ramadan W al Hafian 2010 Shir West Syria Results of the fourth and fifth seasons of excavations in 2008 in Chronique Archeologique en Syrie 4 2010 59 66 Karin Bartl J Ramadan W al Hafian 2011 Shir West Syria Results of the sixth and seventh season of excavations in 2009 in Chronique Archeologique en Syrie 5 2011 51 60 O Nieuwenhuyse 2009 The Late Neolithic Ceramics from Shir A First Assessment in Zeitschrift fur Orient Archaologie 2 2009 310 356 O P Nieuwenhuyse Karin Bartl K Berghuijs G Vogelsang Eastwood 2012 The cord impressed pottery from the Late Neolithic Northern Levant Case study Shir in Paleorient 38 2012 65 77 Dorte Rokitta Krumnow 2011 The lithic artifacts from the Late Neolithic settlement of Shir Western Syria in Zeitschrift fur Orient Archaologie 4 2011 212 244 Dorte Rokitta Krumnow 2012 Lithikfunde des 7 Jahrtausends v Chr in der nordlichen Levante Die Entwicklung der Steingerateindustrie der spatneolithischen Siedlung Shir Syrien Dissertation am Fachbereich Geschichts und Kulturwissenschaften der Freien Universitat Berlin 2012 onlineWeblinks BearbeitenProjektseite des DAI archive org 29 Juni 2013Einzelnachweise Bearbeiten Bartl al Maqdissi 2007 Bartl Farzat el Hafian 2012 Bartl Haidar Nieuwenhuyse 2008 Bartl Hijazi Ramadan 2009 Bartl Ramadan 2008 Bartl Ramadan el Hafian 2010 2011 Nieuwenhuyse 2009 Niewenhuyse et al 2012 Rokitta Krumnow 2011 2012 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Shir amp oldid 225544215