www.wikidata.de-de.nina.az
Die Sangariusbrucke oder Justiniansbrucke turkisch Justinianos Koprusu oder Beskopru ist eine spatromische Steinbrucke uber den Fluss Sangarius modern Sakarya in der heutigen Turkei Das Bauwerk wurde vom ostromischen Kaiser Justinian 527 565 zur Verbesserung der Kommunikation zwischen der Hauptstadt Konstantinopel und den Ostprovinzen seines Reichs errichtet Die beachtlichen Ausmasse der knapp 430 m langen Brucke fanden ihren literarischen Niederschlag in mehreren Werken zeitgenossischer Autoren und Dichter Die Zuschreibung der Brucke zu einem angeblich von Justinian geplanten Kanalbauprojekt zur grossraumigen Umschiffung des Bosporus durch das anatolische Hinterland wird in Fachkreisen kontrovers diskutiert Sangariusbrucke Justiniansbrucke Sangariusbrucke Justiniansbrucke Blick von Westen uber die Brucke 1838 Der Triumphbogen im Vordergrund ist heute verschwunden Uberfuhrt Strasse von Konstantinopel Richtung Osten in byzantinischer ZeitQuerung von Cark Deresi Antike Sakarya Ort Nahe Adapazari Turkei Konstruktion Bogenbrucke mit KeilsteingewolbeGesamtlange 429 mBreite 9 85 mAnzahl der Offnungen 12Lichte Weite Max 24 5 mPfeilerstarke Max 9 5 mHohe 10 mBauzeit 559 562LageKoordinaten 40 44 15 N 30 22 22 O 40 737428 30 372853 Koordinaten 40 44 15 N 30 22 22 OSangariusbrucke Turkei f1 Inhaltsverzeichnis 1 Lage und Geschichte 2 Konstruktion 3 Antike Kanalprojekte 4 Siehe auch 5 Anmerkungen 6 Einzelnachweise 7 Literatur 8 Siehe auch 9 WeblinksLage und Geschichte BearbeitenDie Sangariusbrucke befindet sich im Nordwesten Anatoliens in der antiken Landschaft Bithynien funf Kilometer von der Stadt Adapazari entfernt im Bezirk Serdivan 1 Nach dem Zeugnis des spatantiken Historikers Prokop in seinem Werk De Aedificiis ersetzte sie eine Pontonbrucke aus zusammengezurrten Kahnen die immer wieder durch die starke Stromung fortgerissen wurde wodurch der Sangarius haufig unpassierbar war 2 Der Bau einer festen Brucke auf Befehl Kaiser Justinians durfte mit der besonderen strategischen Bedeutung des Flussubergangs zusammenhangen da hier eine der antiken Heerstrassen von Konstantinopel zur persischen Grenze verlief wo es unter Justinian wiederholt zu heftigen kriegerischen Auseinandersetzungen mit dem Sassanidenreich kam 3 Die Bauzeit der Sangariusbrucke kann aus verschiedenen literarischen Quellen recht genau ermittelt werden Sie begann spatestens im Herbst 559 als Justinian von einer Inspektionsreise aus Thrakien zuruckkehrte und endete 562 nach dem Friedensschluss mit Persien Von dem spateren Chronisten Theophanes wird der Baubeginn unter dem annus mundi 6052 aufgefuhrt was dem Jahr 559 60 n Chr entspricht Fur die Fertigstellung des Bauwerks im Jahr 562 sprechen zwei Gedichte von Paulos Silentiarios und Agathias die als Lobreden auf Kaiser Justinian und seine Taten verfasst wurden 4 Umgekehrt bieten die Bruckenarbeiten vielleicht auch einen Anhaltspunkt zur Datierung antiker Literatur Da Prokop in seiner bedeutenden Schrift zur spatromischen Baukunst den besagten De Aedificiis die Brucke noch als im Bau befindlich beschreibt scheint sein Werk dessen Datierung seit langem umstritten ist laut Michael Whitby um 560 561 verfasst worden zu sein funf bis sechs Jahre spater als allgemein angenommen 5 Forscher die an der Fruhdatierung der De Aedificiis festhalten bezweifeln allerdings die Datierung bei Theophanes weshalb sich Whitbys Position nicht allgemein durchgesetzt hat Dass die Brucke 562 fertig wurde scheint zwar festzustehen aber moglich ist auch ein etwas fruherer Baubeginn Heutzutage uberspannt der Bau nur noch den unbedeutenden Cark Deresi Antike Melas einen Abfluss aus dem nahegelegenen Sapancasee Antike Sophon wahrend der deutlich grossere Sakarya sein Bett drei Kilometer nach Osten verlegt hat 1 Konstruktion BearbeitenDie gesamte Sangariusbrucke ist aus Kalkstein errichtet 6 Das gut erhaltene Bauwerk besitzt einschliesslich beider Widerlager eine beachtliche Lange von 429 m bei einer Breite von 9 85 m 1 und einer Hohe von ca 10 m 6 Die eindrucksvolle Gesamtgrosse wird durch funf Hauptbogen unterstrichen deren lichte Weite 23 bis 24 5 m betragen 1 Die Breite der dazugehorigen Bruckenpfeiler liegt bei ungefahr 6 m Das Bogenquintett in der Flussmitte wird von zwei kleineren Bruckenbogen mit 19 5 m bzw 20 m lichter Weite eingerahmt durch einen der westlichen Bogen fliesst heute der Bach Cark Deresi 6 Ausserhalb des Flussbereichs in der Uberschwemmungszone ist die Brucke zwecks Hochwasserentlastung zusatzlich von funf Bogenoffnungen zwischen 3 und 9 m Spannweite durchbrochen zwei davon am westlichen und drei am ostlichen Flussufer 7 Letztere wurden durch den Bau einer eingleisigen Eisenbahnstrecke entlang des Flusses ganz oder teilweise zerstort 8 Die Dicke der beiden Bruckenpfeiler am Ubergang von der Uferzone zu den sieben Bogen im Flussbett bemisst sich mit jeweils rund 9 5 m 9 Die Schlusssteine der sieben grossten Bogen zierten vermutlich kleine christliche Kreuze die jedoch bis auf zwei zerstort wurden 9 Im Einzelnen betragen die lichten Bogenweiten von West nach Ost in m Pfeilerstarken in Klammern 10 3 n b 7 9 5 19 5 6 23 6 24 5 6 24 5 6 24 6 24 5 6 20 9 5 9 n b 6 n b 3 nbsp Bruckenskizze einschliesslich Triumphbogen und Konche 1838 Die Flusspfeiler sind durchgehend mit Wellenbrechern versehen die an der Stromseite eine abgerundete und flussabwarts eine spitzwinklig zulaufende Form besitzen Eine Ausnahme bildet der mit 9 5 m breiteste Pfeiler am westlichen Aufgang dessen Wellenbrecher beidseitig keilformig zulaufen A 1 Damit weicht die Konstruktion deutlich von der Mehrheit der Romerbrucken ab bei der die Wellenbrecher sowohl flussaufwarts als auch sofern vorhanden flussabwarts im spitzen Winkel von der Brucke abweisen 9 An der westlichen Zufahrt ragte bis zum 19 Jahrhundert wie bei Romerbrucken nicht unublich ein mittlerweile verschwundener Triumphbogen auf wahrend sich auf der ostlichen Seite bis in die Gegenwart eine Konche erhalten hat deren Funktion aber unklar ist 1 Moglicherweise handelt es sich bei dem nach Osten zeigenden Halbkuppelbau um einen religiosen Schrein 1 Seine Hohe betragt 11 m die Breite 9 m 11 Triumphbogen und Konche wurden 1838 von Leon de Laborde in einer Zeichnung festgehalten Sie zeigt ein ausschliesslich aus Steinquadern konstruiertes Rundbogentor unmittelbar am Zugang zur Brucke 12 Eine weitere Skizze liefert einige Abmessungen dieses Bogens Demnach war die Toroffnung 10 37 m hoch und 6 19 m breit wahrend die Pfeilerstarken 4 35 m betrugen in einem der beiden Pfeiler lief zudem eine Wendeltreppe hinauf 13 Die nicht mehr erhaltene Bruckeninschrift trug ein Epigramm des Dichters Agathias das von Kaiser Konstantin Porphyrogenetos 905 959 zitiert wird 11 Auch du Sangarios dessen ungestumer Lauf durch diese Wolbungen gebrochen ist fliessest nun hin Sklave einer Herrschertat wie das stolze Hesperien und die medischen Volker und alle barbarischen Horden Einst Emporer gegen die Schiffe einst unbezahmt liegst du jetzt in den Fesseln unbeugsamen Gesteins Antike Kanalprojekte Bearbeiten nbsp Verlauf des von Plinius vorgeschlagenen Kanals zum Meer Rekonstruktionsversuch von 1818 Der Bau der Sangariusbrucke wird von einigen Fachleuten als Indiz fur ein letztlich nicht zustande gekommenes grosses Kanalprojekt unter Justinian betrachtet das die weitraumige Umschiffung des Bosporus durch das anatolische Binnenland zum Ziel hatte Erste Berichte uber einen geplanten Kanalbau finden sich im Briefwechsel zwischen Kaiser Trajan und dem romischen Statthalter von Bithynien Plinius der einen Durchstich von dem in der Nahe zum Sangarios gelegenen Sapancasee zur Propontis vorschlug 14 Der Plan scheint jedoch nicht zuletzt aufgrund des baldigen Ablebens von Plinius niemals realisiert worden zu sein 6 Laut Moore beabsichtigte Justinian den Lauf des Sangarius zum Schwarzen Meer westwarts in den Sapancasee umzuleiten um auf diese Weise den Plan von Plinius umzusetzen Indizien dafur seien zum einen das groteske Missverhaltnis zwischen den gewaltigen Dimensionen der Brucke und dem bescheidenen Melas und zum anderen die Tatsache dass die spitzen Bruckenpfeiler entgegen romischen Gepflogenheiten heutzutage flussabwarts zeigen wurden 15 Whitby hingegen lehnt die Hypothese mit dem Hinweis darauf ab dass der Sangarios in dem betreffenden Lauf nicht schiffbar gewesen sei und dass sich keilformige Wellenbrecher an der Unterwasserseite auch bei anderen Romerbrucken finden lassen 16 Eine mittlere Position vertritt Froriep der aufzeigt dass eine Umkehrung der Fliessrichtung angesichts des sehr geringen Gefalles der lokalen Topographie durchaus umsetzbar gewesen ware 17 Siehe auch BearbeitenListe romischer Brucken Romische Architektur Romische Bautechnik Liste antiker WendeltreppenAnmerkungen Bearbeiten Was Laborde in seiner oben abgebildeten Bruckenskizze von 1838 ubersah Whitby 130 Einzelnachweise Bearbeiten a b c d e f Whitby 1985 S 129 Prokop De Aedificiis 5 3 8 11 Whitby 1985 S 141 Alle Angaben Whitby 1985 S 136 141 Whitby 1985 S 141 147 a b c d Froriep 1986 S 46 Whitby 1985 S 129f Froriep 1986 S 46f a b c Whitby 1985 S 130 Whitby 1985 S 130 Abb 2 a b Froriep 1986 S 47 Laborde 1838 Tafel 14 Nr 30 Laborde 1838 Tafel 14 Nr 31 Plinius 10 41 42 61 62 Moore 1950 S 109 Whitby 1985 S 130 133 136 Froriep 1986 S 47 50 Literatur BearbeitenSiegfried Froriep Ein Wasserweg in Bithynien Bemuhungen der Romer Byzantiner und Osmanen In Antike Welt 2 Sondernummer 1986 S 39 50 Leon de Laborde Voyage de l Asie Mineure Didot Paris 1838 S 32 34 und Tafel XIV Nr 30 amp 31 Frank Gardner Moore Three Canal Projects Roman and Byzantine In American Journal of Archaeology Band 54 Nr 2 1950 S 97 111 Michael Whitby Justinian s Bridge over the Sangarius and the Date of Procopius de Aedificiis In The Journal of Hellenic Studies Band 105 1985 S 129 148 Siehe auch BearbeitenListe romischer Brucken Romische Architektur Romische BautechnikWeblinks Bearbeiten nbsp Commons Sangariusbrucke Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Sangariusbrucke amp oldid 181173016