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Rolf Sprandel 9 November 1931 in Hamburg 17 Februar 2018 in Reichenberg war ein deutscher Historiker Rolf Sprandel 2006 Das Grab von Rolf Sprandel auf dem Hauptfriedhof WurzburgEr lehrte von 1967 bis 1973 als Professor fur Mittelalterliche Geschichte an der Universitat Hamburg und von 1973 bis 2000 als Professor fur Geschichte mit besonderer Berucksichtigung der mittelalterlichen Sozial und Wirtschaftsgeschichte an der Julius Maximilians Universitat Wurzburg Seine Forschungsschwerpunkte waren die Bereiche Wirtschaft Gesellschaft und Mentalitaten im Mittelalter Sprandel gehorte zu den wenigen deutschen Mittelalterhistorikern die die Mentalitatsforschung und die Historische Anthropologie ins Zentrum ihrer Forschungen stellten Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Forschungsschwerpunkte 3 Schriften 4 Literatur 5 Weblinks 6 AnmerkungenLeben BearbeitenDie Familie zog in den Kriegsjahren von Hamburg in die Uckermark Er absolvierte die Schulausbildung am Joachimsthalschen Gymnasium in Templin Nach Kriegsende kehrte die Familie nach Hamburg zuruck Er legte an der traditionsreichen Gelehrtenschule des Johanneums das Abitur ab Seit 1951 studierte er Geschichte in Freiburg Gottingen und Bonn Sprandel gehorte zu einer Gruppe junger Historiker die sich um Gerd Tellenbach zum sogenannten Freiburger Arbeitskreis zur mittelalterlichen Personenforschung zusammengeschlossen haben 1 Im Jahr 1955 wurde er in Freiburg bei Gerd Tellenbach promoviert mit einer Arbeit uber den merowingischen Adel und die Gebiete ostlich des Rheins Im Jahr 1957 ging Sprandel nach Paris und gehorte zu den ersten wissenschaftlichen Mitarbeitern des 1958 gegrundeten Centre Allemand de Recherches Historiques seit 1964 Deutsches Historisches Institut Paris Dort machte er sich mit den Methoden der Annales Schule vertraut 1961 erfolgte die Habilitation in Freiburg bei Gerd Tellenbach uber Ivo von Chartres und seine Stellung in der Kirchengeschichte 2 Gleichzeitig widmete er sich Fragen der Wirtschaftsgeschichte und der Historischen Anthropologie Als Privatdozent begann er die Arbeit an seiner Monographie zum Eisengewerbe im Mittelalter die 1968 veroffentlicht und ein Standardwerk zur mittelalterlichen Wirtschaftsgeschichte wurde 3 Im Jahr 1967 wurde er auf eine Professur fur Mittelalterliche Geschichte an der Universitat Hamburg berufen Dort etablierte Sprandel einen sozial und wirtschaftsgeschichtlichen Schwerpunkt und konzentrierte sich insbesondere auf die Hansegeschichte womit er die Aktivitaten seines Vorgangers Paul Johansen fortsetzte 1967 trat er auch dem Hansischen Geschichtsverein bei gehorte von 1970 bis 1990 dessen Vorstand an und war von 1971 bis 1976 einer der Herausgeber der Hansischen Geschichtsblatter Der Hamburger Reformuniversitat stand Sprandel ablehnend gegenuber was nach Eckart Krause wahrscheinlich ein Grund seines spateren Wechsels nach Wurzburg war 4 So hatte Sprandel in einer Fernsehdiskussion kritisiert dass Assistenten deren Aufgabe es doch sei zu assistieren Hochschulpolitik betrieben Sprandels Ordinariusgehabe reizte mehrfach die Studenten zu Protestaktionen 5 Er selbst hingegen sah unter dem Eindruck der hochschulpolitischen Auseinandersetzungen des Hamburger Wintersemesters 1967 68 die Moglichkeit zu freier Forschung an den deutschen Universitaten existenziell bedroht wie er im Vorwort seines Buches Das Eisengewerbe im Mittelalter das im Februar 1968 niedergeschrieben wurde festhielt 6 Obwohl er sich damit gegen die Entwicklung an der Reformuniversitat stellte und auch nur relativ kurz in Hamburg wirkte schuf er hier doch die Grundlagen fur ein modernes Verstandnis der Mediavistik als Gesellschaftsgeschichte das von seinen Nachfolgern wie Gerhard Theuerkauf fortgesetzt wurde 7 Vom Sommersemester 1973 bis zum Wintersemester 1999 2000 lehrte er als Professor fur Geschichte mit besonderer Berucksichtigung der mittelalterlichen Sozial und Wirtschaftsgeschichte an der Universitat Wurzburg Sprandel war dort Mitvorstand des Instituts fur Geschichte In den Jahren 1977 78 hatte er einen langeren Studienaufenthalt in Paris Sprandel war Mitglied der Vereinigung fur Verfassungsgeschichte 8 Zu seinen akademischen Schulern in Hamburg und Wurzburg gehorten Gerrit Himmelsbach Hans Peter Baum Rainer Leng Peter Ruckert und Joachim Schneider Sprandel war ab 1958 verheiratet Seine Ehefrau Lore Sprandel Krafft gehorte ebenfalls dem Freiburger Arbeitskreis an und wurde von Tellenbach mit einer Arbeit uber Bischof Ulrich von Augsburg promoviert Sie verfasste mehrere Studien zum Mittelalter Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor Sprandel starb in Reichenberg bei Wurzburg 9 Forschungsschwerpunkte BearbeitenSeine Forschungsschwerpunkte waren die Bereiche Wirtschaft Gesellschaft und Mentalitaten im Mittelalter 10 Zu Beginn seiner akademischen Laufbahn befasste er sich mit dem Adel im Frankenreich und berucksichtigte vor allem die Gruppen und Schichten des Adels Ein weiterer Schwerpunkt bildete der Investiturstreits und die damit verbundenen Rechtsfragen Ein dritter Schwerpunkt war die Wirtschaftsgeschichte Dabei befasste er sich ab 1968 mit dem europaischen Eisengewerbe In seiner 1968 veroffentlichten Arbeit Das Eisengewerbe im Mittelalter untersuchte er Eisenproduktion und Eisenhandel von 500 bis 1500 Im Jahr 1998 veroffentlichte er ein Buch uber die spatmittelalterlichen Weinmarkte in Deutschland In Hamburg widmete er sich seit 1967 hansischen Studien Sprandel erforschte auf Grundlage der Hamburger Rentenbucher den Grundstucks und Kapitalmarkt 11 Die Beschaftigung mit dem Hamburger Rentenmarkt verknupfte er mit sozialgeschichtlichen Fragestellungen Im Jahr 1975 erschien sein Buch uber das mittelalterliche Zahlungssystem nach hansisch nordischen Quellen des 13 bis 15 Jahrhunderts In Zusammenarbeit mit Jurgen Bohmbach und Jochen Goetze veroffentlichte er 1982 die Quellen zur Hansegeschichte Auch in seiner Wurzburger Zeit veroffentlichte er in den 1980er und 1990er Jahren Aufsatzen zu hansischen Geschichte so etwas 1984 zu Handelstechniken und zur Konkurrenzfahigkeit der Hanse 12 Als Professor in Wurzburg erweiterte er seine Adelsforschungen fur Unterfranken bis in das Spatmittelalter Er widmete sich dem Wechsel der adeligen Schichten besonders der frankischen Ritterschaft die aus der Ministerialitat hervorgegangen ist Durch seine Mitarbeit am Institut fur historische Anthropologie dem er seit der Grundung im Jahr 1970 angehorte verfasste er Studien uber Geschichte der Kinder der Frauen und der alten Leute In Wurzburg wurde die Chronistik zu einem Arbeitsschwerpunkt In seiner Arbeit befasste er sich mit rund 250 Chroniken des deutschen Spatmittelalters zwischen 1347 und 1517 Im Jahr 1994 erschien die Darstellung Chronisten als Zeitzeugen 13 Er legte eine Edition der sogenannten Kolner Weltchronik vor 14 Nach Sprandel ergab sich Koln als Entstehungsort aus dem Schwergewicht das ortsgeschichtliche Ereignisse in der Chronik bilden 15 Sprandel hat die sieben Bande des Wurzburger Ratsprotokolls systematisch ausgewertet und sie in einer 2003 erschienenen Veroffentlichung zu einem Mittelding zwischen Edition und Darstellung verarbeitet 16 Er machte die Ratsprotokolle fur die Wurzburger Stadtgeschichtsforschung fruchtbar In einer sozialgeschichtlichen Untersuchung beschrieb er Wurzburg im 15 Jahrhundert als fremde Stadt 17 Schriften BearbeitenEin Schriftenverzeichnis bis 2006 erschien in Hans Peter Baum Rainer Leng Joachim Schneider Hrsg Wirtschaft Gesellschaft Mentalitaten im Mittelalter Festschrift zum 75 Geburtstag von Rolf Sprandel Beitrage zur Wirtschafts und Sozialgeschichte Nr 107 Steiner Stuttgart 2006 ISBN 3 515 08882 2 S 739 751 Monographien Das Wurzburger Ratsprotokoll des 15 Jahrhunderts Eine historisch systematische Analyse Veroffentlichungen des Stadtarchivs Wurzburg Bd 11 Schoningh Wurzburg 2003 ISBN 3 87717 789 1 Chronisten als Zeitzeugen Forschungen zur spatmittelalterlichen Geschichtsschreibung in Deutschland Kollektive Einstellungen und sozialer Wandel im Mittelalter Neue Folge Bd 3 Bohlau Koln u a 1994 ISBN 3 412 03694 3 Gesellschaft und Literatur im Mittelalter Uni Taschenbucher Bd 1218 Schoningh Paderborn 1982 ISBN 3 506 99351 8 Altersschicksal und Altersmoral Die Geschichte der Einstellungen zum Altern nach der Pariser Bibelexegese des 12 16 Jahrhunderts Monographien zur Geschichte des Mittelalters Bd 22 Hiersemann Stuttgart 1981 ISBN 3 7772 8101 8 Verfassung und Gesellschaft im Mittelalter UTB Bd 461 Schoeningh Paderborn 1975 ISBN 3 506 99175 2 Mentalitaten und Systeme Neue Zugange zur mittelalterlichen Geschichte Union Verlag Stuttgart 1972 ISBN 3 8002 1901 8 Ivo von Chartres und seine Stellung in der Kirchengeschichte Pariser historische Studien Bd 1 ISSN 0479 5997 Hiersemann Stuttgart 1962 online Edition Die Kolner Weltchronik 1273 88 1376 Monumenta Germaniae historica Scriptores Bd 15 Hahn Hannover 1991 ISBN 3 88612 031 7 Das Hamburger Pfundzollbuch von 1418 Quellen und Darstellungen zur hansischen Geschichte Neue Folge Bd 18 Bohlau Koln u a 1972 ISBN 3 412 96472 7 Herausgeberschaften Zweisprachige Geschichtsschreibung im spatmittelalterlichen Deutschland Wissensliteratur im Mittelalter Bd 14 Reichert Wiesbaden 1993 ISBN 3 88226 458 6 Quellen zur Hanse Geschichte Ausgewahlte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters Freiherr vom Stein Gedachtnisausgabe Bd 36 Mit Beitragen von Jurgen Bohmbach und Jochen Goetze Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1982 ISBN 3 534 06874 2 Literatur BearbeitenHans Peter Baum Rainer Leng Joachim Schneider Hrsg Wirtschaft Gesellschaft Mentalitaten im Mittelalter Festschrift zum 75 Geburtstag von Rolf Sprandel Beitrage zur Wirtschafts und Sozialgeschichte Nr 107 Steiner Stuttgart 2006 ISBN 3 515 08882 2 Hans Peter Baum Rolf Sprandel 9 11 1931 17 2 2018 In Hansische Geschichtsblatter 135 2017 S X XII online Peter Ruckert Rolf Sprandel 1931 2018 als Landeshistoriker In Blatter fur deutsche Landesgeschichte 154 2018 S 801 806 Joachim Schneider Rolf Sprandel 1931 2018 Nachruf In Vierteljahrschrift fur Sozial und Wirtschaftsgeschichte 105 2018 S 180 182 JSTOR 26591329 Joachim Schneider Nachruf Rolf Sprandel In Deutsches Archiv fur Erforschung des Mittelalters 74 2018 S 217 219 online Joachim Schneider Rolf Sprandel 1931 2018 In Saeculum 68 2018 S 3 5 online Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Rolf Sprandel im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Veroffentlichungen von Rolf Sprandel im Opac der Regesta Imperii Pressetext der Universitat Wurzburg zum 75 Geburtstag von Rolf Sprandel MS Word 22 kB Anmerkungen Bearbeiten Karl Schmid Der Freiburger Arbeitskreis Gerd Tellenbach zum 70 Geburtstag In Zeitschrift fur die Geschichte des Oberrheins 122 1974 S 331 347 Vgl dazu die Besprechung von Alfons Becker in Historische Zeitschrift 202 1966 S 633 635 Vgl dazu die Besprechungen von Knut Schulz in Deutsches Archiv fur Erforschung des Mittelalters 26 1970 S 619 online Giovanni Tabacco in Studi Medievali 9 1968 S 870 875 wiederabgedruckt in Giovanni Tabacco Medievistica del Novecento Recensioni e note di lettura I 1951 1980 Florenz 2007 S 212 217 online Eckart Krause Personen die Geschichte machten Versuch zu fast einem Jahrhundert Geschichtswissenschaft an der Hamburger Universitat In Das Historische Seminar der Universitat Hamburg Forschungsbericht 1 2002 2004 Hamburg 2005 S 268 online Barbara Vogel Geschichtswissenschaft in Hamburg seit 1970 In Rainer Nicolaysen Axel Schildt Hrsg 100 Jahre Geschichtswissenschaft in Hamburg Berlin u a 2011 S 295 330 hier S 302 Rolf Sprandel Das Eisengewerbe im Mittelalter Stuttgart 1968 S VI Barbara Vogel Geschichtswissenschaft in Hamburg seit 1970 In Rainer Nicolaysen Axel Schildt Hrsg 100 Jahre Geschichtswissenschaft in Hamburg Berlin u a 2011 S 295 330 hier S 314 Helmut Neuhaus Hrsg Verfassungsanderungen Tagung der Vereinigung fur Verfassungsgeschichte in Hofgeismar vom 15 bis 17 Marz 2010 Berlin 2012 S 324 Hans Peter Baum Rolf Sprandel 9 11 1931 17 2 2018 In Hansische Geschichtsblatter 135 2017 S X XII hier S XII Vgl dazu Rolf Sprandel Der lange Weg zur richtigen Methode und Begrifflichkeit Eine Selbstvergewisserung In Saeculum 65 2015 S 349 379 online Rolf Sprandel Der stadtische Rentenmarkt in Nordwestdeutschland im Spatmittelalter In Hermann Kellenbenz Hrsg Offentliche Finanzen und privates Kapital im Spatmittelalter und in der ersten Halfte des 19 Jahrhunderts Stuttgart 1971 S 14 23 Rolf Sprandel Die Konkurrenzfahigkeit der Hanse im Spatmittelalter In Hansische Geschichtsblatter 102 1984 S 21 38 Vgl dazu die Besprechungen von Hans Werner Goetz in Revue belge de philologie et d histoire 74 1996 S 571 572 online Wolfgang Eggert in Deutsches Archiv fur Erforschung des Mittelalters 53 1997 S 272 273 online Birgit Studt in Historische Zeitschrift 262 1996 S 580 582 Vgl dazu die Besprechungen von Matthias Thumser in Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 73 1993 S 772 online Peter Engels Eine weitere Fortsetzung der Chronik Martins von Troppau aus Koln In Geschichte in Koln 33 1993 S 97 104 Michel Pauly in Francia 21 1994 S 360 online Rolf Sprandel Die Kolner Weltchronik 1273 88 1376 Hannover 1991 S 11 Vgl dazu die Besprechung von Dietrich Horoldt in Vierteljahrschrift fur Sozial und Wirtschaftsgeschichte 91 2004 S 48 49 Christina Deutsch in Hessisches Jahrbuch fur Landesgeschichte 54 2004 S 439 441 Rolf Sprandel Eine fremde Stadt Wurzburg im Spiegel des Ratsprotokolls des 15 Jahrhunderts In Horst Brunner Hrsg Wurzburg der Grosse Lowenhof und die deutsche Literatur des Spatmittelalters Wiesbaden 2004 S 457 467 Normdaten Person GND 105204110 lobid OGND AKS LCCN n82138797 VIAF 207353427 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Sprandel RolfKURZBESCHREIBUNG deutscher HistorikerGEBURTSDATUM 9 November 1931GEBURTSORT HamburgSTERBEDATUM 17 Februar 2018STERBEORT Reichenberg Unterfranken Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Rolf Sprandel amp oldid 239181232