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Qaraqib Einzahl qarqaba arabisch قرقبة DMG qarqaba Mehrzahl قراقب qaraqib auch krakeb in Algerien qaraqeb in Marokko qerqabat in Tunesien chkachek oder shqashiq sind ein Paar zu den Gegenschlagidiophonen gehorende Gefassklappern aus Eisen die in volksislamischen Sufi Bruderschaften im Maghreb vor allem bei den Gnawas in Marokko in der rituellen Musik gespielt werden Zwei Paar qaraqib Inhaltsverzeichnis 1 Bauform und Spielweise 2 Rituelle Funktion 3 Verbreitung 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseBauform und Spielweise Bearbeiten nbsp Qarqaba auch tiqarqabin der Gnawa aus Marokko 24 10 cm Tropenmuseum Amsterdam vor 1964Qaraqib werden aus Eisenblech gefertigt und bestehen jeweils aus zwei Halbschalen mit breitgeklopften Randern und einem verbindenden flachen Streifen von sieben Zentimetern Lange an dem die Hande greifen Die gesamte Knochenform dieser Handgriffklappern ist etwa 30 Zentimeter lang Die Rander konnen mit einfachen punzierten Mustern verziert sein Beide Teile sind durch einen kleinen Eisenring an einem Ende miteinander verbunden Die Haltung beim Spiel ist senkrecht mit dem Ring unten An den Stegen sind mittig Leder oder Schnurschlaufen angebracht Der Musiker und Tanzer halt die qarqaba mit drei zwischen den Schlaufen durchgeschobenen Fingern der Daumen druckt aussen gegen eine Schale Mittel und Ringfinger aussen gegen die andere Es entstehen sehr laute metallische Schlage von unterschiedlichem Klang Werden die Klapperhalften mit anliegenden Fingern gegeneinander geschlagen ist der Klang eher gedampft bei moglichst weit abstehenden Fingern klingt es lauter und blecherner Es konnen auch die geschlossenen Klappern beider Hande aufeinander geschlagen werden Mit den Klappern in beiden Handen produziert der Tanzer zwei unterschiedliche Rhythmen zu deren Takt er seine Fusse auf den Boden aufsetzt Tunesische shqashiq sind etwas grosser und nicht durch einen Ring miteinander verbunden Dadurch treffen beide Halften nicht so prazise aufeinander konnen aber mit grosserem Abstand und mehr Lautstarke geschlagen werden Rituelle Funktion Bearbeiten nbsp Gnawa Musiker um 1920 mit ṭbal und qaraqibDas traditionell nur von Mannern gespielte Instrument hat in allen drei Landern seinen Ursprung in der Musik und den Tanzen der schwarzafrikanischen Bevolkerung die als Nachfahren von Sklaven aus der Sudanregion eine kulturelle Minderheit bilden Sie fuhren die qaraqib in ihrer Uberlieferung auf Bilal den Gefahrten des Propheten und ersten afrikanischen Muezzin zuruck der im Maghreb als Sidi Bilal verehrt wird Die erklarende Geschichte weiss von Fatima der Tochter des Propheten zu berichten wie diese sich nach einem Streit mit ihrem Gatten Sidi Ali weigerte das Zimmer zu verlassen Bilal erfand die qaraqib und tanzte mit ihnen solange auf dem Hof bis Fatima von dem Krach herausgelockt wurde Der metallene harte Klang soll nun heute bose Geister wie die Dschinn vertreiben Einzelne Tanzformen sind der burleske wie Hexenzauber aussehende Tanz des Bou Saadiya eines wild kostumierten Schwarzafrikaners der auf offentlichen Platzen mit seinen Klappern herumspringt und Almosen sammelt Der Name ist abgeleitet von Sidi Saad einem schwarzen Heiligen der im 16 Jahrhundert nach Tunesien kam Dessen Schrein Qubba befindet sich in der Region Mornag wenige Kilometer sudostlich von Tunis Eine ahnliche Figur im algerischen Oran war der Baba Salem Sidi Saad ist auch der Schutzheilige der schwarzen Stambali Tanzer in Tunesien Der Stambali ist eine Heilungszeremonie zur Austreibung eines individuellen Geistes die mit Gesang dem Schlagen von qaraqib und der Musik einer gimbri durchgefuhrt wird Auch bei Prozessionen wird mit Klappern chkachek und Trommeln ganga musiziert Mit ganga bezeichnen die Schwarzen Tunesiens Soudanis entsprechen den marokkanischen Gnawas die zylinderformige Trommel ṭbal Das marokkanische und algerische Gegenstuck zum Stambali ist der Derdeba ebenfalls ein Tanz mit therapeutischer Aufgabe bei den Gnawas Qaraqib kommen hier zwar vor die zentrale Rolle zur Geistaustreibung ubernimmt jedoch die dreisaitige Zupflaute gimbri Diese drei Instrumente werden im Maghreb bei praktisch allen volksislamischen Sufi Orden mit sudanesischem Hintergrund eingesetzt Verbreitung BearbeitenEine vermutlich wahrend der Osmanischen Herrschaft im 16 Jahrhundert in den Maghreb gelangte Bezeichnung fur die Klappern ist chakchaga abgeleitet von saqsaq shaqshaq wie in der Turkei holzerne Kastagnetten genannt werden mit denen Kinder spielen 1 Auch die Namen der Kalebassenrasseln in der Sudanregion segesege seke asakasaka oder ahnlich konnten turkischen Ursprungs sein Zumindest in Tunesien dienten Klappern auch der musikalischen Untermalung des turkischen Schattenspiels Karagoz 2 nbsp Osmanische Miniaturmalerei von 1570 Tanzer mit chalparaIn der Turkei hiessen die alten Klappern der Tanzerinnen und Derwische carpara oder chalpara je zwei der Plattenklappern aus Knochen wurden mit einer Hand zusammengeschlagen In der turkischen Unterhaltungsmusik wurden sie durch Fingerzimbeln turkisch zil ersetzt In der iranischen Musik sind bis heute entsprechende Plattenklappern als chahar pare bekannt Praktizierende Sufis Derwische in Pakistan verwenden holzerne Klappern die mit Klangplattchen besetzt sind und kartala karatala khartalon oder chapriyon genannt werden Eine Besessenheitszeremonie in denen Klappern eine wichtige Funktion erfullen ist auch der Zar Kult in Agypten und im Sudan 3 Bei den Hausa sudlich der Sahara in Nordnigeria spielen nur Frauen eine ahnliche Eisenklapper namens sambani bei religiosen Festen und beim mit dem Zar Kult vergleichbaren Bori Besessenheitskult Sambani heissen auch ebensolche Klappern bei den Dagomba im Norden von Ghana wo sie Schmiede zur Tanzbegleitung einsetzen 4 Ba sambani bezeichnet auf Hausa den Sklaven eines arabischen Handlers wobei der Zusatz ba fur eine berufliche Tatigkeit steht Die qaraqib sambanis durften fruher aus dem Maghreb eingefuhrt worden sein Bei nordlich der Sahara lebenden Hausa ist das Instrument in den Besitz der Manner ubergegangen 5 Allgemein sind Schuttelidiophone Glocken und Crotales in volksislamischen Kulten weit verbreitet In Zentral und Westafrika sind Doppelglocken in der zeremoniellen Musik im Einsatz sie heissen ngonge ngunga oder engongui bei den Ewe in Ghana gankogui In der Ritualmusik der athiopisch orthodoxen Kirche hat das Sistrum ts anats el eine zeremonielle Funktion Literatur BearbeitenViviane Lievre Die Tanze des Maghreb Marokko Algerien Tunesien Otto Lembeck Frankfurt am Main 2008 ISBN 978 3 87476 563 3 S 160f Ubersetzt von Renate Behrens Franzosische Originalausgabe Editions Karthala Paris 1987 Roger Blench The Morphology and Distribution of Sub Saharan Musical Instruments of North African Middle Eastern and Asian Origin PDF 463 kB In Laurence Picken Hrsg Musica Asiatica Bd 4 Cambridge University Press Cambridge 1984 ISBN 0 521 27837 6 S 156 158 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Qarqaba Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien The chkacheks virtualmuseum caEinzelnachweise Bearbeiten Roger Blench S 156 Lois Ann Anderson The Interrelation of African an Arab Musics Some Preliminary Remarks In Klaus P Wachsmann Hrsg Essays on Music and History in Africa Northwestern University Press Evanstone 1971 S 160 Jurgen W Frembgen Kleidung und Ausrustung islamischer Gottsucher Ein Beitrag zur materiellen Kultur des Derwischwesens Harrassowitz Wiesbaden 1999 ISBN 3 447 04184 6 S 171f Richard C Jankowsky Stambeli Music Trance and Alterity in Tunisia University of Chicago Press London 2010 S 103 Roger Blench S 158 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Qarqaba amp oldid 233945760